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Geht auch ganz einfach:

Elektroautos für Petrolheads: Der große Vergleich!

Nur einer kann unser Elektro-Eifelmeister 2024 werden

Johannes Riegsinger Autor
Inhalt
  1. Elektro-Eifelmeister 2024: Sieben Modelle im Rennen
  2. Tesla Model S Plaid – Pate aller hyperstarken Elektrolimousinen
  3. Lucid Air Dream Performance – der geht gewaltig vorwärts
  4. BMW i5 M60 – eine Art M5 in vollelektrisch und kultiviert
  5. Lotus Eletre R – eine Multikulti-Überraschung mit Feuer
  6. Pininfarina Battista – die lebende Elektro-Legende
  7. Porsche Taycan Turbo GT – aus Weissach in die Welt
  8. Hyundai Ioniq 5 N – das Fahrspaß-Wunder
  9. Abrechnung: Eifelmeister 2024 kann nur einer sein

Wenn unser britisches Schwestermagazin CAR anruft, helfen wir immer gern. Teilen Kurven und Geraden, Logistik und Know-how oder auch mal sieben Elektroautos der absoluten Hochleistungsklasse. Die englische Kollegschaft erlebt Wetter wie Zuhause, wir nennen das Ganze: Elektro-Eifelmeister 2024!

 

Elektro-Eifelmeister 2024: Sieben Modelle im Rennen

"Vom Regen in die Traufe kommen" nennt man das dann wohl: Zusammen mit den Kolleg:innen des englischen CAR Magazine hatten wir gehofft, Ende April in Deutschland gutes Wetter zu finden, die Rechnung aber ohne die Eifel gemacht. Drei Tage fahren, filmen, fotografieren waren der Plan, die Wetter-App zeichnet allerdings ein realistischeres Bild: sieben Stunden Frühlings-Sonne am Montag, danach Temperatursturz und "Niederschlag". Also: Gas geben! – Oder im konkreten Fall: Strom anlegen!

Das sollte kein Problem sein, schließlich prügeln sich mit BMW i5 M60 xDrive, Hyundai Ioniq 5 N, Lotus Eletre R, Lucid Air Dream Performance, Pininfarina Battista, Porsche Taycan Turbo GT Weissach und Tesla Model S Plaid gleich sieben Über-Elektroautos mit zusammen weit über fünf Megawatt Leistung um den Eifelmeister-Titel 2024, den jährlichen Fahrfreude-Wanderpokal der AUTO ZEITUNG. Vortrieb gibt es also genug, und solange die Straße trocken bleibt, könnte die Sache auch unfassbar unterhaltsam werden.

Nur der 1400 kW (1903 PS) starke Pininfarina Battista in Kombination mit einer Chance auf Schneeregen macht uns etwas nervös. Dass es sich um eines von fünf (!) Exemplaren der über 2,6 Millionen Euro teuren Sonderserie "Nino Farina" handelt, erhöht den Ruhepuls weiter. Die Kollegen Piers Ward und Ben Miller zeigen sich allerdings bemerkenswert tiefenentspannt – etwas später wissen wir auch weshalb: "Ihr habt in Deutschland doch bestimmt eine Vollkaskoversicherung für solche Fälle …" – "Nö, wir dachten ihr …" – "Ok, Schere-Stein-Papier, der Gewinner darf mit dem Pininfarina im Trockenen loslegen, dem Verlierer wünschen wir viel Glück. Einverstanden?"
Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Der Porsche Taycan Turbo GT (2024) im Fahrbericht (Video):

 
 

Tesla Model S Plaid – Pate aller hyperstarken Elektrolimousinen

Die 750 kW (1020 PS) des Tesla Model S Plaid freuen sich auch über etwas Traktion, denken wir ein paar Minuten später und überlassen den Gästen aus England großzügigerweise den Pininfarina. Ein klein wenig hat Tesla ja nicht nur das Elektroauto-Bauen neu erfunden, sondern mit dem Model S Plaid auch die erste vollelektrische Performance-Limousine auf Kiel gelegt. Einen hyperstarken M5-Killer mit drei E-Maschinen und aufreizendem Understatement: Von außen ist dem eher konservativ gestylten Model S nur an einer winzigen Heckspoiler-Lippe anzusehen, dass unter dem Blech die materialisierte Plaid-Eskalation steckt.

Tesla Model S Plaid und BMW i5 M60 fahrend von vorne
Foto: Olgun Kordal

Innenraum? Dasselbe Reinraum-Ambiente wie in allen Tesla: Riesen-Tablet, sonst nix, die blütenweiße Lederausstattung unseres Testwagens sorgt für zusätzliches Sterilitätsgefühl. Das kann man mögen, muss man aber nicht, die Hauptgeschichte ist jedenfalls das Fahren: Mit beängstigender Gewalt nach vorn schieben, bis sich die Umgebung zu Star Wars-Hyperraum-Strichen längt. Der ärgste Gegner dieser Brutalitätserfahrung ist der Plaid selbst: Die Sache fühlt sich an wie eines der Unterhaltungs-Spielchen auf dem XXL-Monitor – seltsam künstlich und entkoppelt.

Rohe Kraft, nebensächliches Hineinfahren in den Grenzbereich, als seichte Unterhaltung präsentiert. Die Lenkung leicht, die Bremse diffus und das Gefühl fürs Fahrzeug unkonkret. Die Kernkompetenz des Tesla liegt da, wo sie auch sonst ist: mit spektakulärer Effizienz beeindruckende Reichweiten einfahren, dann im immer noch latent unterforderten Supercharger-Netzwerk rasend schnell Kilowattstunden nachladen und komfortabel, gelassen weiter strömen. Braucht es dafür den Plaid? – Nein. Eher nicht.

Technische Daten des Tesla Model S Plaid

  • Permanent-Synchronmaschine & zwei Asynchronmaschinen/750 kW (1020 PS)/1424 Nm

  • Lithium-Ionen-Batterie/400 V/95 kWh (netto)

  • Konstantübersetzung/Allradantrieb

  • Leergewicht: 2265 kg

  • 0 auf 100 km/h in 2,1 s/322 km/h Vmax/600 km Reichweite/18,7 kWh Verbrauch

  • Preis: 107.990 Euro

 

Lucid Air Dream Performance – der geht gewaltig vorwärts

Der Lucid Air Dream Performance fahrend von vorne
Foto: Olgun Kordal

Obendrein bekommt Tesla nun auch noch Konkurrenz: Der Ex-Tesla-Chefentwickler Peter Rawlinson entwirft und baut in Kalifornien unter der Marke Lucid das, was seine Version eines modernen Tesla Model S sein könnte. Der Lucid Air läuft sich gerade in Europa warm, wird in Varianten vom 85.000 Euro teuren Pure RWD mit 325 kW (442 PS) bis zum 250.000-Euro-Modell Sapphire mit 920 kW (1251 PS) angeboten. Das Dream Edition-Sondermodell des Air zeigt uns in seiner Performance-Version, was da in Zukunft zu erwarten ist: entfesselte Längsdynamik, luftig-leichtes Raumangebot, schönes Fahren. Er beschleunigt diabolisch, lässt im Sprint-Modus gefühlt die Reifen auf den Felgen qualmen. Dabei lenkt er aber flüssig und leicht ein mit gefälliger Neutralität.

Es ist nicht schwer, der Anziehungskraft des Lucid zu verfallen, der Lucid Air Dream Performance wirkt raffinierter und feiner als der Tesla, bietet dasselbe Sprint-Potenzial, legt den Fokus aber konsequent aufs raumgreifende Reisen. Beeindruckende Reichweite, schnelles Laden, sinnvolle Bedienung ohne Albernheiten wie Knöpfchen-Blinker oder Touchscreen-Wischer, weniger infantiler Habitus. Ein echter Herausforderer der sportlichen Wettbewerber in dieser Konkurrenz ist der Air in seiner Dream-Edition aber nicht. Vermutlich hat Lucid in der offiziellen Modellpalette deshalb auch die Touring- und Grand Touring-Modelle zu den Stars erklärt, und in den Schatten der Zukunft lauert eine 920-kW-Bestie namens Sapphire – die laden wir dann nächstes Jahr zum Tanz in den Mai ein.

Technische Daten des Lucid Air Dream Performance

  • Zwei Permanent-Synchronmaschinen/828 kW (1126 PS)/1390 Nm

  • Lithium-Ionen-Batterie/800 V/118 kWh (netto)

  • Konstantübersetzung/Allradantrieb

  • Leergewicht: 2435 kg

  • 0 auf 100 km/h in 2,7 s/270 km/h Vmax/665 km Reichweite/17,7 kWh

  • Preis: 218.000 Euro

 

BMW i5 M60 – eine Art M5 in vollelektrisch und kultiviert

Nachdem der US-amerikanisch-interne Wettbewerb damit eher salomonisch geklärt ist, will jetzt der neue BMW i5 M60 xDrive wissen, ob es für ihn auf einen vorderen Platz im Eifelmeister-Treiben reicht. Ein klein wenig scheint er dabei auf die patriotischen Gefühle der AUTO ZEITUNG zu setzen, fasst deutsche Ur-Parameter wie humorlose Solidität oder anspruchsvolles Durchentwickeltsein in ein dicht gepacktes Paket.

Während die Amis munter knarzend als dritte Qualitätssieger und immer wieder Beta-Versionen ihres möglichen Soll-Zustands um Kundschaft werben, nimmt der BMW alles bitter ernst. Selbst das Spaßhaben: Der i5 mag mit seinen 442 kW (601 PS) nicht deren absurden Anriss haben, ist aber schnell. Verdammt schnell. Vielleicht gerade, weil seine Entwicklungsteam nicht auf Leistungs-Vollanschlag gesetzt hat, sondern auf packende Leistung in jeder Disziplin. Sein Chassis baut phänomenale Traktion auf, die Lenkung ist ausgewogen und präzise, das Feedback makellos, der Antriebsstrang herrlich gefühlvoll abgestimmt.

Der BMW i5 M60 xDrive fahrend von vorne
Foto: Hardy Mutschler

Das wird nun vor allem deshalb interessant, weil sich die "hohe Niederschlags-Wahrscheinlichkeit" mittlerweile zu "völlig sicher" entwickelt hat: Ein ergiebiger Landregen hat die Eifel von den Britischen Insel her erreicht. Der BMW gibt sich ungerührt: Er feuert zielsicher über den gefluteten Nürburgring, segelt definiert über die kleinen, nassen Straßen im Umfeld. Einlenken, Bremsen, Leistungsentfaltung – alles auf den Punkt. Nach den opulenten Amis fühlt sich das kompakt und athletisch an, der BMW hat aber ein Problem: Er verfängt nur durch dieses enorme Maß an Perfektion, nicht aber durch rohen, mitreißenden und durchgeknallten Fahrspaß.

Genau den hätten wir ein klein wenig erwartet. Immerhin geht es hier um die Suche nach einem Elektroauto, das einen alle Verbrenner-Entzugserscheinungen vergessen lässt. Und im BMW i5 M60 fragt man sich die ganze Zeit, wie wohl der kommende M5 wird. Heftig? Räudig? Wild? Ein paar Minuten lang stehen wir mit dem i5 traurig im Regen, dann fahren wir in den Abend des ersten Tags. Erfreuen uns am auskomponierten Charakter und an den aufwendig inszenierten Cockpit-Details. Der i5 ist kein Eifelmeister, aber ein Meister seines Fachs.

Technische Daten des BMW i5 M60 xDrive

  • Zwei stromerregte Synchronmaschinen/442 kW (601 PS)/820 Nm

  • Lithium-Ionen-Batterie/800 V/81,2 kWh (netto)

  • Konstantübersetzung/Allradantrieb

  • Leergewicht: 2380 kg

  • 0 auf 100 km/h in 3,8 s/230 km/h Vmax/511 km Reichweite/18,4 kWh Verbrauch

  • Preis: 99.500 Euro

 

Lotus Eletre R – eine Multikulti-Überraschung mit Feuer

Der nächste Morgen beginnt gut, weil dann irgendwie doch die Sonne aufgeht. Nicht wirklich, aber mit dem Lotus Eletre R. Das sonnenblumengelbe Kraft-SUV ist das Einhorn im Vergleich – weitestgehend unbekannt, eine Promenadenmischung der aktuellen Automobil-Landschaft: Traditionsmarke aus Großbritannien, Design von der Insel, entwickelt in Deutschland, gebaut in China. Nach vielen Jahren am gefühlten Existenzminium gehört Lotus nun zu 51 Prozent dem chinesischen Automobil-Konzern Geely und damit ins Universum der Marken Volvo, Polestar oder Smart. Das alles hast du beim Einsteigen im Kopf, die federleichten Boden-Boden-Raketen früherer Jahre à la Elise oder Exige natürlich auch, und du bist skeptisch. Genau zehn Sekunden lang. Und dann hat dich der Eletre.

Nicht einmal der Millionen-Euro teure Pininfarina oder der teutonisch-penibel durchinszenierte BMW i5 haben ein ähnlich wertiges Cockpit. Dass Lotus die Instrumentenanzeige auf einen schmalen Displaybalken reduziert, wirkt im ersten Moment schockierend,  ergibt in Fahrt aber Sinn. Bedienung und Anzeige von Infotainment sowie System-Funktionen über das große Touch-Zentraldisplay sind gut gemacht, da häufig genutzte Funktionen auf echte Schalter ausgelagert werden und die Menüs weder allzu verschachtelt oder überfrachtet noch fummelig zu bedienen sind. Der Klang des Audio-Systems vom britischen Hi-Fi-Spezialisten KEF kann sich hören lassen, das Raumangebot ist immens.

Der Lotus Eletre R fahrend von vorne
Foto: Hardy Mutschler

Die Marke Lotus ist durch ihren Exotenstatus eher im Ferrari- oder Porsche-Universum unterwegs, Preis und Leistung finden sich aber in den Schnittmengen von Mercedes, Audi, BMW … Durch seine eigenständige wie gelungene Umsetzung hat sich der Eletre bei uns spontan für einen Eifelmeister-Platz ganz weit vorn freigeschaltet – jetzt muss er nur noch durchs Fahren überzeugen. 2,7 t Kraft-SUV, über fünf Meter lang und zwei Meter breit, sind natürlich nicht exakt unsere Vorstellung von einem Lotus und noch weniger von der eines Eifelmeisters – mit einer Tonne weniger auf den Rippen und ringsum 20 cm weniger würden wir jetzt zumindest auf Verdacht den Champagner kaltstellen, dann die 675 kW (918 PS) zünden. Drei Sekunden von null auf 100 oder in unter zwei Sekunden von 80 auf 120 km/h – da sollten Spucktüten zur Serienausstattung gehören.

Genau wie die Zwei-Kammer-Luftfederung an den Multi-Link-Achsen oder die präzise und direkt abgestimmte Lenkung, die den Lotus Eletre R wie ein Derwisch durch die kalte, nasse Eifel tanzen lässt. Buckelpisten wegbügeln, mit abartigem Grip ins Land feuern – der kann wirklich was. Nur eben nicht seinen Stiernacken kaschieren. Solange die Route auf weiten Bögen läuft, fährt der Über-Brite haarsträubend schnell. Wenn es eng und selektiv wird, wird er trotz Allradlenkung zum Klotz. Entgegenkommender Verkehr? – Da ist erhöhter Ruhepuls auf allen Seiten garantiert. Also es lieber doch etwas ruhiger angehen lassen. Von hinten melden sich jetzt auch der Hyundai und der Pininfarina, die jeweils eine halbe Tonne weniger wiegen und konzeptbedingt die authentischeren Fahrfreude-Autos sind. Mehr Eifelmeister pro Kilogramm sozusagen.

Technische Daten des Lotus Eletre R

  • Zwei Permanent-Synchronmaschinen/675 kW (918 PS)/985 Nm

  • Lithium-Ionen-Batterie/800 V/109 kWh (netto)

  • Konstantübersetzung/Allradantrieb

  • Leergewicht: 2725 kg

  • 0 auf 100 km/h in 2,9 s/265 km/h Vmax/455 km Reichweite/24,0 kWh Verbrauch

  • Preis: 151.990 Euro

 

Pininfarina Battista – die lebende Elektro-Legende

Der Pininfarina Battista steht am Straßenrand, sendet das pulsierende Summen eines ganzen Hornissenschwarms aus, sagt so: Ich bin hier, und ich bin heiß. Kollege Ben Miller steht daneben, schlottert mit den Knien, knetet zitternde Finger und hat leuchtende Augen: "Um es mit Steve McQueen zu sagen – der Battista ist das pure Leben, alles davor oder danach einfach nur Warten."

Nun denn, meine Wartezeit ist vorbei. An der mächtigen Scherentüre vorbei ins Cockpit, kurze Orientierungsphase: Auf drei kleinen Displays sortiert der Battista essenzielle Fahrzeugfunktionen, Tachometer und eine Infotainment-Kompaktfassung – spannend zu sehen, dass in der absoluten Königsklasse das Display-Zollgrößen-Wettrüsten im bürgerlichen Lager eher belächelt wird. Hier geht es ums Autofahren, nicht um Gadgets. Das Cockpit des Pininfarina passt auch Großgewachsenen, ist aber auf Passung geschnitten. Wertig, fließend, intim, du sitzt eher zwischen den Segmenten der T-förmig angeordneten 120-kWh-Batterie als auf ihnen. Hauptdarsteller ist der Fahrmodus-Schalter in der Tür …

Der Pininfarina Battista fahrend von schräg vorne
Foto: Olgun Kordal

"Calma ist quasi der Reichweiten-Modus", erklärt Ben, "den kannst du auslassen. Sogar bei diesem Wetter. Pura hat Sinn, um sich ins Auto reinzufühlen, danach kannst du es mal mit Energica versuchen. Ganz achtsam …" – Er grinst kaum merklich. – "Und Furiosa?" – Ben lächelt jetzt nicht mehr. Schlägt die Kapuze gegen den Regen hoch. "1900 PS und 2340 Nm. Bei dem Wetter? Auf der Straße?" Er nickt mit dem Kinn in Richtung des Asphalt-Gewürms, das vom Wanderparkplatz der Hohen Acht runter nach Adenau führt: "Hast du nen Knall?!"

Nach dem nun folgenden Pininfarina Battista-Vollwaschgang ganz bestimmt. Das Auto spielt jede Karte einer feinst austarierten Entwicklung aus. Da passt alles. Die Sitzposition, die ebenso leicht wie unvergleichlich exakt arbeitende Lenkung, das feinfühlig an jedes Rad abgesetzte Drehmoment, die Traktion, die Balance, das unbestechliche Bremsgefühl, das Feedback und selbst die feist und präzise klackenden Bedienelemente. Könnte man natürlich von einem Auto dieser Preisklasse erwarten. Bekommt man auch. Wirklich bestechend ist aber, wie man sich im Battista in die Herzkammer eines traditionell hoch oktanhaltigen Fahrgefühls hineinfährt.

Ein Battista kostet so viel wie zehn Taycan Turbo GT oder 33 Ioniq 5 N

Der elektronische Sound, die rohe, schiere Kraft, freundlich ausgeliefert in Geschenkpapier samt Schleifchen, das ist so gut wie in den besten V8-, V12-Verbrennern. Oder besser? Man kann keinen Verbrenner so präzise führen und die Leistung so millimeterpapierpräzise an die Räder bringen wie mit den vier E-Maschinen des Pininfarina Battista. Auf einer schnellen Nürburgring-Runde zoomt er sich zum Dominanzbeweis absurd schnell um den Kurs, die Beschleunigung lässt bestimmt Gehirnzellen absterben, das Grinsen in den Mundwinkeln und die schreckgeweiteten Augen muss man hinterher mit Botox wegspritzen. Gut, dass bei dem Speed der Akku schnell leer ist, die Gefahr innerer Blutungen kann so eingegrenzt werden. 455 km soll der Battista schaffen, bei artgerechter Haltung (Maschine, nicht Mensch!) dürften es auch nur 200 km sein …

Party Fast and Hard, das ist die Maxime der Hypercar-Liga, und wir können dem eine Menge abgewinnen. Aber dann schlägt am Ende doch wieder die bewährte deutsche Humorlosigkeit zu, und wir beginnen zu rechnen. Teilen den Preis des Battista großzügig durch Zehn und überlegen uns, ob ein Porsche Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket tatsächlich nur ein Zehntel der Battista-Fahrfreude locker macht. Das Ergebnis ist nüchtern und kurz: Nein. – Präziser ausgedrückt: ganz im Gegenteil. Und auch ein Großteil der anderen Konkurrenten werden vom Taycan mit Clubsport-Technik solide eingenordet.

Technische Daten des Pininfarina Battista

  • Vier Permanent-Synchronmaschinen/1400 kW (1900 PS)/2340 Nm

  • Lithium-Ionen-Batterie/730 V/120 kWh (brutto)

  • Konstantübersetzung/Allradantrieb

  • Leergewicht: ca. 2300 kg

  • 0 auf 100 km/h in 1,9 s/350 km/h Vmax/455 km Reichweite/Verbrauch: k.A.

  • Preis: 2.618.000 Euro

 

Porsche Taycan Turbo GT – aus Weissach in die Welt

Die US-Limos von Lucid und Tesla haben eine immens starke Seite in Sachen Effizienz – wenn es ums Gesamtpaket geht, sind sie aber chancenlose Opfer des Taycan. Der ist so dicht gewoben, so makel- und schnörkellos in jeder Hinsicht, dass die Amis dagegen wie Spielzeug wirken. Die sind die sonnenbankgebräunten Muskel-Männchen am Venice Beach – der Porsche Taycan Turbo GT ist der Triathlon-Hardbody. Drei Drag Strip-Sprints oder schnelle Nürburgring-Runden, und der Tesla Plaid ist im Notlauf-Programm oder hechelt eine Viertelstunde lang mit keuchendem Lüfter auf Hochdrehzahl gegen den Hitzetod an. Der Porsche? – Haut die ganze Performance raus, bis der Akku leer ist. Dann 35 min Schnellladen, und weiter gehts. So sehen zu Ende entwickelte High Performance-Elektroautos aus, Elon …

Auch der BMW i5 M60 wehrt sich letztlich ergebnislos gegen den Porsche, streicht als feingeschliffener Reisewagen mit Dampf schnell die Segel gegen das messerscharf geschliffene Skalpell aus Weissach. Lotus? 2,7 t schwer, noch Fragen? Pininfarina? – Wie gesagt: Der Porsche macht genauso viel Spaß für einen Bruchteil der Kohle, fährt gelassen durch den ganz normalen Auto-Alltag und ärgert am Wochenende 911 GT3 beim freien Fahren auf der Nordschleife. Und weil die sich zum Tanken vorn an der Döttinger Höhe immer lange anstellen und danach Benzin quatschen müssen, ist der Taycan hinten am Schnelllader fast genauso schnell wieder auf dem Kurs. Im Brutto/Netto-Vergleich kann die schöne, neue Elektro-Welt manchmal überraschend konkurrenzfähig sein.

Der Porsche Taycan Turbo GT Weissach fahrend von schräg vorne
Foto: Olgun Kordal

Dass Porsche Autos bauen kann, ist bekannt, der Taycan Turbo GT repräsentiert das mit breiter Brust: Lenkung mit solidem Gewicht und feinster Direktheit, Hochperfektions-Fahrwerk mit irrwitziger Traktion, unbestechliche Bremsen, dazu ein Doppelmotor-Antrieb, der einen lässig in eine erdnahe Umlaufbahn sprengt. Reinste fahrerische Glückseligkeit, absoluter Wahnsinn. Wenn das nicht der Eifelmeister ist … "Moment", sagt da der hellblaue Hyundai Ioniq 5 N, "habt ihr nicht was vergessen?"

Technische Daten des Porsche Taycan Turbo GT Weissach

  • Zwei Permanent-Synchronmaschinen/760 kW (1034 PS)/1340 Nm

  • Lithium-Ionen-Batterie/800 V/97 kWh (netto)

  • Konstantübersetzung (v.)/2-Gang-Autom. (h.)/Allradantrieb

  • Leergewicht: 2295 kg

  • 0 auf 100 km/h in 2,2 s/305 km/h Vmax/556 km Reichweite/20,6 kWh Verbrauch

  • Preis: 240.000 Euro

 

Hyundai Ioniq 5 N – das Fahrspaß-Wunder

Stimmt. Die Sache mit Preis und Leistung. Gegen den Pininfarina ist der Porsche ein verschenktes Schnäppchen, als Eifelmeister mit seinen 240.000 Euro aber immer noch enorm teuer. Schließlich hat sich die AUTO ZEITUNG beim geistreichen Austüfteln der Eifelmeister-Idee die inoffizielle Regel gesetzt, dass ein Eifelmeister ansatzweise bezahlbar (oder mindestens realistisch beträumbar) sein muss. Bodenhaftung nennt man das. Der Ioniq 5 N ist mit seinen knapp 75.000 Euro immer noch furchtbar teuer, aber man darf ihn in Größe, Leistung und Anspruch durchaus mit einem aktuellen Porsche Macan Turbo Electric vergleichen – und der kostet 40.000 Euro mehr. Für das Geld gibt es on top noch einen fröhlichen Benzin-Rumtreiber wie den Hyundai i30 N Performance … Sie verstehen die Idee?

Der Hyundai Ioniq 5 N fahrend von vorne
Foto: Olgun Kordal

Dass ich bis jetzt nicht ans Steuer des Hyundai gekommen bin, liegt am Kollegen Sebastian Koch. Der fährt gerade für den Fotografen der Engländer Donuts, Drifts und andere Deko-Manöver, getarnt als solide Testarbeit, und hört nicht mehr auf. Ein ganzer Menschenpulk hat sich draußen auf der Teststrecke versammelt, es herrscht Party-Stimmung. Irgendwann bleibt der Hyundai in einer Qualmwolke stehen, Tür auf, der Koch entsteigt dem Auto wie Taylor Swift der Nebelmaschinen-Disco-Kugel. Huldigungen entgegennehmen, Autogramme verteilen, dann ist "Cock" bereit für substanzielle Beiträge: "Ich dachte ja, der müsste sich digitaler anfühlen, aber das Gerät ist der Hammer. Du bekommst exakt, was du verlangst: Lenkung, Kraftentfaltung, Gasannahme, Bremsen – alles auf den Punkt. Und in den Drift geht der Ofen ganz lässig auch ohne Drift-Mode. Einfach ESC aus – und los gehts, ganz stabil und gut kontrollierbar."

Anmerkung zur Vollständigkeit: Den Drift-Mode hat der 5 N natürlich und die Möglichkeit, das Antriebsmoment beliebig zwischen den Achsen hin und her zu schieben, totale Stabilität oder wilde Wutz, beides geht. Und ja, im Drift-Mode brauchst du keinen Koch in dir, der seit Jahren für die AUTO ZEITUNG Testwagen durch Pylonengassen und über Rennstrecken prügelt. Du stellst scharf und lässt den Hyundai tanzen. Einfach so. Spielernaturen legen sich auch sonst ihre Fahrdynamik-Favoriten auf die Tasten am Lenkrad und haben Instant-Spaß dann immer griffbereit.

Technische Daten des Hyundai Ioniq 5 N

  • Zwei Permanent-Synchronmaschinen/448 kW (609 PS)/740 Nm

  • Lithium-Ionen-Batterie/800 V/84 kWh (netto)

  • Konstantübersetzung/Allradantrieb

  • Leergewicht: 2275 kg

  • 0 auf 100 km/h in 3,5 s/260 km/h Vmax/448 km Reichweite/21,2 kWh Verbrauch

  • Preis: 74.900 Euro

 

Abrechnung: Eifelmeister 2024 kann nur einer sein

Als zweifelnder Thomas steige ich in den Hyundai ein, mit feuchtem Hosenboden von der Freudentränen-Lache im Schalensitz falle ich später wieder heraus. Größte Überraschung: Wie der "N Active Sound+" den sonoren Brumm einer heißen Fahrmaschine emuliert, abhängig von Gaspedalstellung oder Geschwindigkeit, dazu sogar immer wieder den minimalen Schaltschlag eines Getriebes einblendet und wie ernstzunehmend das rüberkommt – auf dem Papier denkst du: Fummelkram. In Echt denkst du: geil!

Aber eigentlich sind das alles nur strahlende Effekt-Momente in einem ausgesprochen überzeugenden Gesamtpaket. Der Hyundai Ioniq 5 N fährt ausgelassen und quirlig und natürlich, mit biestigem Punch und feinfühliger Kontrollierbarkeit, die Lenkung sitzt, gebremst wird autoritär und gefühlvoll, es macht sich Freude breit. Von der ganz tiefen Sorte. So sieht ein Eifelmeister aus ...

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