Neuer Lucid Air (2022): Erste Testfahrt Tesla-Gegner Lucid besticht mit Punch, Reichweite und luxuriösem Interieur
Neuer Name, traditionelle Fahrzeugklasse und ein Mix aus klassischem und modernem Interieur: Der neue Lucid Air (2022) geht in der elektrischen Oberklasse seinen ganz eigenen Weg, wie unsere erste Testfahrt unterstreicht. Das kann der Tesla-Gegner!
Der neue Lucid Air (2022), den wir erstmalig für eine Testfahrt ausleihen dürfen, lässt die Luft für Elon Musk wieder etwas dünner werden. Nachdem mittlerweile die vermeintlichen Dinosaurier der alten Autowelt mit elektrischen Neuheiten wie dem Mercedes EQS, dem BMW iX und dem Duo Porsche Taycan und Audi e-tron GT am Thron des Tesla-Chefs rütteln, schwingt sich nun der erste Newcomer zum ernsthaften Konkurrenten auf. Eleganter? Durchaus, auf jeden Fall aber frischer gezeichnet als das Tesla Model S, kommt der Lucid dank seines fast 112 kWh großen Akkupakets, seines cw-Werts von 0,21 und seines effizienten Antriebs auf eine Normreichweite von 520 Meilen (ca. 837 km). Damit ist er mit weitem Abstand der beste Langstreckenläufer in dieser Liga. Wie der Tesla in den USA entwickelt, gebaut und dort seit Herbst 2021 im Handel, geht der Neuling im zweiten Halbjahr 2022 auch in Europa an den Start. Ausgangspunkt: der erste Schauraum diesseits des Atlantiks in München. Einen Preis nennt der Herausforderer zwar noch nicht, doch soviel ist schon sicher: Der neue Lucid Air (2022) wird kein günstiges Vergnügen und dürfte angesichts von US-Preisen zwischen 79.000 und 169.000 Dollar bei allenfalls knapp unter 100.000 Euro starten. Und selbst das dürfte nur mit dem Basismodell funktionieren, das frühestens Mitte 2023 in den Handel kommt. Mehr zum Thema. Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie checkt den Mercedes EQS (Video):
Erste Testfahrt mit dem neuen Lucid Air (2022)
Trotzdem könnten die Chancen des neuen Lucid Air (2022) kaum besser sein. Denn wohl keiner kennt das Model S so gut wie Lucid-Chef Peter Rawlinson: Dieser hatte für Elon Musk die Entwicklung der ersten eigenen Baureihe geleitet. Kein Wunder also, dass der Air in vielerlei Hinsicht an das Model S erinnert – nur mit vielen kleinen wie großen Verbesserungen. Zum Beispiel im Innenraum: Wo der Tesla mit seinem großen Touchscreen als einzigem Bedienelement geradezu nackt wirkt, hat Lucid beim Air die bessere, vielleicht in dieser Klasse sogar die beste Balance aus alter und neuer Welt gefunden. Es gibt vornehme Oberflächen, edle Materialien und sogar noch ein paar klassische Schalter, etwa für Lautstärke und Lüftung. Trotzdem schwebt hinter dem Lenkrad eine schlanke Kinoleinwand, während vor der Mittelkonsole das unvermeidliche Tablet thront. Dazu bietet der Lucid jede Menge Platz: Zum gut 400 Liter großen Kofferraum kommt nochmal halb so viel Platz im Frunk, dem vorderen Kofferraum. Und obwohl nur etwa so groß wie eine E-Klasse, sitzen Personen auf der Rücksitzbank bei knapp drei Metern Radstand fast so gut wie in einer S-Klasse. Verstärkt wird der luftige Raumeindruck im neuen Lucid Air (2022) bei der ersten Testfahrt noch von der Frontscheibe, die bis weit hinter den Fahrersitz ins Dach reicht und so ganz neue Ausblicke eröffnet.
Neuer Lucid Air (2022) bis 1126 PS
Fahrdynamisch liegt der neue Lucid Air (2022) am oberen Ende seiner Klasse. Das verwundert angesichts der irrwitzigen 1126 PS und mehr als 1000 Newtonmeter Drehmoment des Sondermodells "Dream Edition" nicht. Seine Lorbeeren sammelt die Limousine nicht allein mit der brachialen Beschleunigung im Sprint-Mode, für den – wir sind schließlich in den USA – eigens einen Warnhinweis programmiert wurde. Zwar bleibt einem bei weniger als 3,0 Sekunden von 0 auf 100 km/h schon mal kurz die Puste weg, doch mehr noch beeindruckt der Punch, den der Lucid jenseits der Richtgeschwindigkeit entwickelt: Wo es bei anderen Stromern so langsam zäh wird, zieht der Air locker durch und kommt nie aus der Puste – garniert von einer erst auf 270 km/h limitierten Höchstgeschwindigkeit. Nicht minder beeindruckend ist sein lockeres Handling: Obwohl der Wagen knapp fünf Meter lang und rund 2,3 Tonnen schwer ist und sich weder einer Luftfederung leistet, noch eine Hinterachslenkung nutzt, nimmt er die Byways in den Hügeln hinter Hollywood genauso vergnüglich wie die Highways unten an der Küste: Enge Kurven, verwinkelte Canyons oder steile Pässe machen mit dem neuen Lucid Air (2022) bei unserer ersten Testfahrt überraschend viel Laune – da merkt man, dass Peter Rawlinson auch mal ein paar Jahre bei Lotus gearbeitet hat.
Selbstentwickelte Akkus & Motoren
Anders als die deutschen Dinosaurier lässt Lucid die Zulieferer weitgehend außen vor: Schlüsselkomponenten wie Akkus und E-Motoren werden deshalb nicht nur selbst entwickelt, sondern auch produziert. Die Batterieblöcke, von denen es im neuen Lucid Air (2022) je nach Konfiguration 18 oder 22 gibt, hat die Marke bereits seit Jahren an den Formel E geliefert und so hinlänglich testen können. Und der Motor, der auf maximal 650 PS gebracht werden kann, ist mit der Leistungselektronik gerade einmal 74 Kilogramm schwer und damit einer der leichtesten und obendrein einer der kleinsten in der ganzen Liga. Auf der üblichen Skateboard-Architektur kombiniert Lucid aus diesen Komponenten nach der passend zur offiziellen Reichweite auf 520 Exemplare limitierten "Dream Edition" erst einmal drei Versionen: Das in den USA 79.000 Dollar teure Basismodell "Pure" mit rund 480 PS, Heckantrieb und gute 600 Kilometer Reichweite, den "Touring" mit zwei Motoren, 620 PS und 650 Kilometern Reichweite und den Grand Touring, der als künftiges Topmodell für 139.000 Dollar auf etwa 800 PS und rund 830 Kilometer kommen soll. Die Lader, die bidirektional ausgelegt sind und mit dem Auto so auch das Haus speisen können, laden mit bestenfalls 350 kW und machen den neuen Lucid Air (2022) zu einem der schnellsten Sauger an der Steckdose: Unter optimalen Umständen fließt binnen 20 Minuten der Strom für fast 500 Kilometer.
Technische Daten des neuen Lucid Air (2022)
Lucid Air "Dream Edition" | |
Technische Daten | |
Motor | 2 E-Motoren |
Getriebe/Antrieb | k.A.; Allrad |
Gesamtleistung | 828 kW/1126 PS |
Max. Drehmoment | ca. 1000 Nm |
Batterie-Kapazität | 112 kWh |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4970/1950/1410 mm |
Leergewicht/Zuladung | ca. 2300/k.A. kg |
Kofferraumvolumen | ca. 400 l (Frunk: ca. 200 l) |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 2,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 270 km/h |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Reichweite | 837 km |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | k.A. |
Marktstart | Herbst 2022 |
Zwar ist Rawlinson mit Lucid schon weiter als so viele andere Start-ups und hat seine Fabrik in Arizona bereits zum Laufen gebracht. Doch jetzt muss er beweisen, dass er mehr als die 520 Autos seiner "Dream Edition" bauen und die angeblich über 10.000 Vorbestellungen abarbeiten kann. Und auch der Sprung über den Atlantik will erst einmal bewältigt werden, von der Erweiterung der Modellpalette und dem Start des als Projekt Gravity bereits angekündigten SUV ganz zu schweigen. Doch selbst wenn er damit länger brauchen sollte als geplant, weht mit dem neuen Lucid Air (2022) ein frischer Wind durchs elektrische Oberhaus – und bläst Elon Musk mitten ins Gesicht.