Wasserstoffautos ohne Zukunft? Brennstoffzellen-Aus bei Stellantis
Stellantis erklärt Ausstieg: Markt ohne Zukunft
Stellantis nimmt Abstand vom Wasserstoff. Der multinationale Automobilkonzern beendet sein Brennstoffzellen-Programm und stoppt die Entwicklung von Wasserstoff-Fahrzeugen, wie am 16. Juli 2025 kommuniziert wurde. Der Konzern sieht weder wirtschaftliches Potenzial noch ausreichende Infrastruktur – die Investitionskosten zu hoch, die Kaufanreize fehlen und nahezu keine Tankstellen. Deshalb setze man stattdessen konsequent auf Elektro- und Hybridmodelle.
Der Rückzug von Stellantis trifft auch Zulieferer wie das Brennstoffzellen-Joint-Venture Symbio, das unter anderem von Reifenhersteller Michelin gegründet wurde. Stellantis war mit 33 % beteiligt und wichtigster Abnehmer – etwa für die geplanten H2-Transporter Opel Vivaro-e Hydrogen und Citroën ë-Jumpy Hydrogen. Ohne den Großkunden droht Symbio ein Rückschlag – ein klares Warnsignal für Europas Wasserstoffstrategie. Der Strategiewechsel zeigt: Im Pkw-Bereich hat die Brennstoffzelle kaum noch Zukunft. Doch wie halten es andere Hersteller?
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Der Opel Vivaro e-Hydrogen (2022) in Video:
Andere Hersteller: Rückzug oder vorangehend?
Schon vor Jahren setzten führende Hersteller wie VW, Mercedes, Ford, Volvo und GM ihre Brennstoffzellen-Projekte auf Eis – aus vergleichbaren Gründen wie Stellantis. BMW bleibt mit dem iX5 Hydrogen und einer Kleinserie treu, peilt aber erst 2028 eine Serienproduktion an und arbeitet mit Toyota an weiteren Plattformen. Weiter aktiv in diesem Bereich sind – logischerweise – Toyota sowie Hyundai. Toyota bietet den Mirai, Hyundai den Nexo an – beide mit mehr als 500 km Reichweite und klassischem Tankvorgang von nur drei bis fünf Minuten. Die beiden Hersteller setzen weiter auf das Segment, obwohl die Stückzahlen gering sind – in Deutschland wurden 2024 lediglich 148 Brennstoffzellen-Pkw neu zugelassen.
Wie ist die Infrastruktur der Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland?
Das deutsche H2-Netz ist schrumpfend: Aktuell existieren nur etwa 70 bis 100 öffentlich zugängliche Wasserstoff-Tankstellen. Die Tendenz ist fallend, viele sind wegen unwirtschaftlicher Auslastung im Rückbau. So zieht sich beispielsweise H2 Mobility, einer der größten Betreiber von Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland, zunehmend aus dem Betrieb kleinerer 700-Bar-Stationen zurück – weil sie kaum genutzt werden.
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Wie funktioniert ein Wasserstoffauto?
Ein Wasserstoffauto ist ein Elektrofahrzeug, das seinen Strom nicht aus einer Batterie, sondern aus einer Brennstoffzelle gewinnt. Dort reagiert Wasserstoff (H2) mit Sauerstoff (O2) aus der Luft – dabei entsteht elektrischer Strom, der den Elektromotor antreibt. Als Abfallprodukt kommt reines Wasser (H2O) aus dem Auspuff. Getankt wird gasförmiger Wasserstoff, was nur etwa drei bis fünf Minuten dauert – ähnlich wie beim Benziner.
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Wie teuer ist Wasserstoff?
Der Preis für Wasserstoff ist stark volatil, da er von der Produktionsart abhängig ist. Derzeit kostet ein Kilogramm Wasserstoff an deutschen Tankstellen rund 13 bis 15 Euro – ein Brennstoffzellenauto wie der Toyota Mirai verbraucht etwa ein Kilogramm pro 100 km, was Kraftstoffkosten von 13 bis 15 Euro pro 100 km entspricht. Zum Vergleich: Ein Elektroauto kommt mit rund fünf bis sieben Euro pro 100 km aus (bei Haushaltsstrom), ein moderner Diesel (hier geht es zur Geschichte des Dieselmotors) oder Benziner liegt bei neun bis zwölf Euro – abhängig vom Verbrauch und Kraftstoffpreis. Demnach kann man sagen, dass Wasserstoff aktuell der teuerste Antrieb im Alltag ist, auch weil der Kraftstoff aufwendig hergestellt, transportiert und komprimiert werden muss.
Expert:innen schätzen zudem, dass für eine flächendeckende Versorgung rund 1000 Stationen notwendig wären. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es aktuell über 160.000 Ladepunkte für E-Autos, Tendenz steigend.
Wo wird Wasserstoff wirklich gebraucht?
Während der Pkw-Markt für Wasserstoff stagniert, wird der Energieträger in Deutschland vor allem in der Industrie und im Schwerlastverkehr großflächig genutzt. In der Stahlproduktion, etwa bei Unternehmen wie Thyssenkrupp oder Salzgitter, dient Wasserstoff als klimafreundliche Alternative zu Koks. Auch in der Chemieindustrie ist er als Grundstoff für Ammoniak und synthetische Kraftstoffe gefragt. Zudem investieren Logistik- und Transportunternehmen zunehmend in Wasserstoff-Lkw und -Züge, wo große Reichweiten und kurze Betankungszeiten entscheidende Vorteile bieten.
Stellantis Entscheidung spiegelt den Trend wider: Brennstoffzellen-Pkw sind in Europa eher Nischenprodukte. Ohne flächendeckende Infrastruktur und klare Förderprogramme fehlt der Sprung zur Marktreife. Während Toyota und Hyundai kleinere Zell-Flotten weiterfahren, verfolgt der Großteil der Branche einen klaren Fokus – Hybrid- und Elektroautos.