Audi Q4 e-tron: Unser Fazit nach einem Jahr Dauertest
- Der Audi Q4 45 e-tron im Dauertest
- Fazit nach rund 30.000 km: Lob für Ladekurve, Innenraum & Fahrverhalten
- Das nervt: Infotainment- und Elektronik-Aussetzer
- Werkstatt & Kosten
- Fünf Fakten zum Audi Q4 e-tron
- Auf einen Blick: Positives und negatives zum Q4 e-tron
- Technische Daten des Audi Q4 45 e-tron
- Fazit
Der Audi Q4 45 e-tron im Dauertest
Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: E-Autos treffen immer noch auf große Skepsis, Kritiker:innen zweifeln oft auch an Haltbarkeit und Langstreckentauglichkeit der jungen Antriebsgattung. Die erfahrungsreich-vielfahrende Redaktion der AUTO ZEITUNG kann diese Bedenken nach vielen tausenden Elektro-Kilometern immer weniger teilen, kommt aber irgendwie auch nicht ganz aus ihrer Haut: Wir haben allesamt unser Handwerk in PS und Kurbelwellenumdrehungen gelernt, sind mit Otto und Diesel nach wie vor auf vertrautem Du und siezen die E-Modelle erst einmal vorsichtig.
Auch für den seit Ende März 2024 im Dauertest rackernden Audi Q4 45 e-tron galt das uneingeschränkt, die ersten Fahrtenbuch-Eintragungen zeugen von vorsichtiger Annäherung auf kurzen Strecken: Martin Urbanke nimmt Bedienung und Infotainment unter die Lupe, Elmar Siepen taucht sitzeklappend in die Variabilität des Autos ein, Jürgen Voigt macht sich Gedanken über Ergonomie und Assistenzsysteme – wirklich weit fährt aber niemand. Bis Mitte Mai.
Dann kommt die Sonne heraus, es stehen große Fotoproduktionen an, und das kompakte SUV taugt hervorragend als Dienstwagen des Fotografenteams: Großer Kofferraum für sperriges Equipment, Bewegungsfreiheit im Fond und an den Fenstern, die nun zu Schießscharten für die Kamera werden. Dazu kommt das feinfühlig-kraftvolle Antreten der 210 kW (286 PS) starken PSM-Maschine mit 545 Nm Drehmoment, die den Q4 mit souveränem Druck in perfekte Kamera-Schusspositionen bringt – und das ohne Getriebe-Schaltrucke oder Turbolader-Atempausen. "Foto" oder "Testbegleitung" steht also zunehmend oft im Fahrtenbuch, die gefahrenen Distanzen werden lang und länger.
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Der Audi Q6 e-tron (2024) im Fahrbericht (Video):
Fazit nach rund 30.000 km: Lob für Ladekurve, Innenraum & Fahrverhalten
Dass der Audi Q4 45 e-tron ein verlässlicher Geselle ist, scheint sich herumzusprechen. Die wohlwollenden Einträge im Fahrtenbuch nehmen zu, auch der Kilometerstand steigt. Gelobt wird der geschmeidige und souveräne Antrieb, der mit guter Effizienz und stabilen Ladeleistungen auch längere Fahrten ermöglicht. Selbst bei forscherem Reisetempo schafft er Etappen von weit über 250 km und zieht dann innerhalb weniger Kaffee-Minuten solide Ladekapazitäten zurück in den 77-kWh-Akku. Der Audi kommuniziert problemlos mit einer Vielfalt von Ladesäulen, Ladeabbrüche oder gar -verweigerungen kommen im Bordbuch nicht vor. Dass der Q4 mit einer maximalen DC-Ladeleistung von 135 kW nicht gerade zu den Schnellen gehört, macht sich in der Praxis kaum bemerkbar: Dank einer meist rasch ansteigenden Ladekurve, die über einen längeren Zeitraum stabil hoch bleibt, lädt der kleine Audi unterm Strich schneller als manche Wettbewerber, die auf dem Papier mit hohen Ladeleistungen protzen, das Tempo aber immer wieder nur für wenige Minuten durchhalten. Einen Vergleichstest zur Ladeleistung von E-Autos bieten wir hier.
Lob gibt es im Dauertest auch für die überraschend geräumige Karosserie, die mit großem Kofferraum und lichter Weite auf allen Plätzen ganze Reisepartien entspannt unterbringt. Die bequemen, vielfältig einstellbaren Sportsitze werden immer wieder ausdrücklich hervorgehoben, auch die Übersichtlichkeit des Q4 und die praktischen Ablagen gehören zu seinen unisono gepriesenen Pluspunkten.

Lediglich in einer Hinsicht ist sich das Testteam uneins: Während Testchef Michael Godde den Audi mit einem markigen Kommentar kritisiert – "Es knistert hier und da in der Struktur, insgesamt wirkt der Q4 nicht sehr Premium oder Audi-like" –, möchte Elmar Siepen ausdrücklich das Gegenteil attestieren, nämlich eine solide Karosserie: "Da scheppert nix!", lautet sein Urteil. Wir stellen aber fest, dass Godde im heißen Juli 2024 unterwegs war und der Kommentar des Kollegen Siepen aus dem kalten Februar 2025 stammt – wie war das nochmal mit den sich bei Wärme ausdehnenden Werkstoffen?
Oder könnte der Eintrag des Testredakteurs Sven Kötter einen kleinen Hinweis zur Wahrheitsfindung liefern? Der notiert auf Autobahn-Querfugen ein "streckenweises Stuckern", und das, obwohl sich die Kollegen ansonsten bezüglich der "harmonischen Federung" des Audi ebenso harmonisch in den Armen liegen. Goddes knisternde Beobachtung stammt immerhin von den wilden Straßen Italiens, Siepens Lob der soliden Karosserie entsteht auf deutschem Premium-Straßenbau … Gut, dass sich die Kollegen in einem anderen Punkt völlig einig sind, Michael Godde wird hier zum euphorischen Sprecher: "Rundes Handling, nicht zu bemüht sportiv, nicht zu distanziert – der Q4 lässt sich wunderbar schwungvoll über die Küstenstraßen Italiens führen!"
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Das nervt: Infotainment- und Elektronik-Aussetzer
Knistern hin, Nicht-Scheppern her – bis zum Sommer 2024 hat sich der Audi Q4 uneingeschränkt als Leistungsträger der Dauertest-Flotte etabliert. Wenn es Kritik gibt, bezieht sich diese nahezu ausnahmslos auf Punkte, die überhaupt nichts mit dem Antrieb zu tun haben. Testredakteur Elmar Siepen spricht Klartext: "Vorsprung durch Technik? Für die inflationäre Verwendung von Touchbedien-Elementen kann man nur sagen: Hier ist der Fortschritt ein echter Rückschritt. Die Wisch-Touch-Flächen am Lenkrad sorgen für eine unpräzise Bedienung, ich wünsche mir klassische Drucktasten, Wippen oder Walzen zurück." Ein weiterer Bordbuch-Eintrag sekundiert entschlossen: "Die Touch-Tasten am Lenkrad nerven, und das münzgroße Touch-Feld zur Audio-Bedienung ist eine Schnapsidee!" Wie gefährlich Touchscreens im Auto sind, beleuchten wir hier.
Während der Audi also durch sein Elektroauto-Sein zunehmend Punkte und Vertrauen sammelt, passiert in Sachen Elektronik das Gegenteil: Immer wieder hängt sich die MMI-Navigation auf, bleibt der Bildschirm bis zu einem erzwungenen Neustart schwarz. Bordcomputer und Navigation geben irritierend unterschiedliche Restreichweiten an, das Touchdisplay reagiert gelegentlich nur mit kurzen Verzögerungen. Michael Godde versucht es auf seiner 5300-km-Italienreise zuerst tapfer mit der Bordsoftware und freut sich dabei über "sehr gute Ladepunktinfo in der Navikarte und damit wenig Ladesorgen", muss dann aber das Hakeln der Software durch gelegentliche Nutzung der Smartphone-Navigation umschiffen.
Auch weitere Frust-Momente des Audi beziehen sich auf die Elektronik: Ein immer wieder nervös ansprechender Spurhalteassistent wird bemängelt, das schlüssellose Öffnen der Türen funktioniert nur unzuverlässig, dann tauchen willkürliche Fehlermeldungen auf: Zuerst sieht sich der SOS-Assistent gestört, bei Kilometer 26.517 ploppt schließlich die Meldung "Bordnetz: Störung! Bitte Service aufsuchen" auf. Da sich das Auto zu diesem Zeitpunkt 800 km sowie ein Wochenende von jeder Servicemöglichkeit entfernt befindet und problemlos funktioniert, sucht der Testfahrer keinen Service auf, sondern versucht diverse Neustarts und fährt ansonsten achtsam weiter. Zwei Tage später verschwindet die Meldung und taucht nicht wieder auf.

50:50-Momente hat der Q4 ebenfalls: Einerseits bietet er unter dem Kofferraumboden ein Extrafach fürs notorisch umherfliegende Ladekabel, da dies auf Reisen mit Gepäck aber unzugänglich bleibt und keine Ausweichunterbringung in Form eines vorderen "Frunks" existiert, lümmelt das Kabel dann eben doch wieder zwischen Koffern und Weinkartons. Und eine solide Anhängerkupplung verlockt zwar zu Rad- und anderen Transporten, aufgrund von schlappen 1000 kg gebremster Anhängelast müssen größere Wohnwagen & Co. aber auf andere Zugmaschinen warten.
Last but not least: Der Kofferraum bunkert mindestens 520 l Gepäck, dies muss jedoch über eine hohe Ladekante zum tief liegenden Boden gehievt werden. Eine letzte Recherche im über knapp 30.000 km akribisch geführten Fahrtenbuch bringt dann allerdings die Konsens-Sternstunde des Audi Q4 45 e-tron zutage: Alle Fahrer:innen loben begeistert das Rekuperationsverhalten des Audi: "Bereits kurze Bergabpassagen können mehrere Kilometer Reichweite zusätzlich generieren." Das klingt beinahe so, als würden wir dem Elektroauto demnächst doch noch das Du anbieten.
Der aktuelle Dauertest-Fuhrpark:
Werkstatt & Kosten
Mit weiteren Extras, darunter S-Line-Ausstattung (2650 Euro), Assistenzpaket advanced (1290 Euro), Dynamik-Paket plus (1380 Euro) und Matrix-LED-Scheinwerfern (1130 Euro), summiert sich der Preis des Dauertesters auf beträchtliche 71.175 Euro. Erfreulich: Die Wartungsintervalle hat Audi beim Q4 45 e-tron auf zwei Jahre gestreckt.
Fünf Fakten zum Audi Q4 e-tron
Elektro-Glück: Geschmeidiger und souveräner Antrieb mit guter Effizienz und sattem Antritt
Platz passt: Trotz kompakter Karosserie genug Raum für Passagiere und Gepäck und viele Ablagen
Fährt prima: Guter Langstreckenkomfort mit harmonischer Federung, dazu schwungvolles Handling
Lädt fix: Stabile Ladeleistung – in der Praxis ist das schneller als Ladeleistungs-Rekorde auf dem Papier
Beta-Version: Fummelige Touch-Bedienung, Elektronikfehler
Auf einen Blick: Positives und negatives zum Q4 e-tron
Positiv
Drehen auf dem Handtuch: Dank stark einschlagender Räder hat der Q4 einen knackig-kleinen Wendekreis
In der zweiten Reihe sitzt man gut: entspanntes Raumangebot und kein störender Mitteltunnel hinten
Ordnungshalber: Staufach fürs Ladekabel unter dem Kofferraumboden – allerdings gibt es keinen Frunk vorn
Negativ
Gruß an die Bandscheibe: Hinter der hohen Ladekante des großen Kofferraums geht es weit nach unten
Wischiwaschi: Die seifigen Touch-Bedienfelder am Lenkrad stören durch ihre unpräzise Funktion
Wer hatte denn diese Idee? Das kleine Touch-Feld zur Audio-Bedienung ist nicht der Weisheit letzter Schluss
Technische Daten des Audi Q4 45 e-tron
AUTO ZEITUNG 11/2025 | Audi Q4 45 e-tron |
Technische Daten | |
Motor | Permanenterregte Synchronmaschine |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung/Hinterrad |
Systemleistung | 210 kW / 286 PS |
Max. Drehmoment | 545 Nm |
Spannung/Batterie-Kapazität | 400 V / 77 kWh (netto) |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4588 / 1865 (2108)* / 1632 mm (*mit Außenspiegel) |
Leergewicht/Zuladung | 2145 / 515 kg |
Kofferraumvolumen | 520 – 1490 l |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-100 km/h) (Werk) | 6,7 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 180 km/h |
Verbrauch auf 100 km (Test/Werk) | 21,2 / 19,2 – 16,2 kWh |
Reichweite (Test/WLTP) | 363 / 537 km |
Kaufinformationen | |
Basispreis | 52.950 € |
Testwagenpreis | 71.175 € |
Harte Kritik? Die blieb dem Audi Q4 45 e-tron auch nach knapp 30.000 km im Dauertest erspart. Die sporadisch auftretenden Fehlermeldungen sowie gelegentlichen Softwarehänger wurden vom Testteam eher mit achselzuckendem Unverständnis kommentiert. Diese Milde rührt daher, dass sich der kompakte Audi im Prinzip als funktionaler und ebenso emotional wie effizient fahrender Reisegefährte präsentieren konnte. Wir waren gern mit ihm unterwegs.