Motoröl für Oldtimer (Test): Die Ergebnisse! Oldie-Öle im Test
Motoröle sind ein ewiges Stammtischthema. Wir haben 15 Öle der Klasse 20W-50 für Oldtimer überprüft. Drei waren Ausreißer. Unter den restlichen zwölf aber sind echte Highlights – und das schon ab 4,59 Euro pro Liter
Welches ist das beste Öl für Oldtimer? Wenn man mal unter Clubkollegen fragt, hat jeder „sein“ ganz spezielles Öl, auf das er schwört. Manche nehmen das billigste mineralische Baumarktöl, weil ja selbst das besser sei als alles, was es in alter Zeit gab – so sagen sie.
Andere erheben mahnend den Zeigefinger und geben zu bedenken, dass klassische Motoren besondere Öle brauchen, weil moderne Additive alte Dichtungen angreifen können. Jeder verteidigt seine Wahl. Am Ende aber weiß doch niemand so recht, was drin ist im Öl.
Deshalb wollten wir es wissen und haben 15 Öle der Viskositätsklasse 20W-50 testen lassen, denen die Hersteller eine besondere Eignung für klassische Automobile zusprechen.
Der Test eines frischen Öles ist eine Momentaufnahme. Er beschreibt exakt, um welches Öl es sich handelt und welche Zusätze darin enthalten sind. Mit dem Test lässt sich zudem feststellen, ob die ausgelobten Eigenschaften und der Einsatzzweck vom frischen Öl auch tatsächlich erfüllt werden.
Doch über die Dauerhaltbarkeit entscheiden zum Beispiel auch viele innermotorische Einflüsse, über die im Rahmen eines solchen Tests keine sicheren Schlüsse gezogen werden können.
Motoröle für Oldtimer im Test unter Laborbedingungen
Aus ganz verschiedenen Quellen haben wir 15 Öle wie jeder normale Kunde gekauft und uns vom Labor Oelcheck in Brannenburg bei Rosenheim 15 neutrale Probenbehälter schicken lassen. In diese haben wir in zufälliger Reihenfolge Probe für Probe abgefüllt und selbst dorthin gebracht.
Wir waren während der gesamten Tests anwesend und konnten uns von der absoluten Transparenz der Laboruntersuchungen überzeugen. Die Öle, die wir ausgewählt haben, sollten in der Regel zu Fahrzeugen der 60er- und 70er-Jahre passen.
Ein Opel Rekord C, ein Peugeot 504, ein VW Käfer – das könnten Autos sein, die mit solchem Öl der Klasse 20W-50 unterwegs sind, vielleicht schon mit überholtem Motor, in jedem Fall jedoch mit einem Feinölfilter.
Wir haben aber auch zwei Öle hinzugenommen, die im Labor stutzig machen sollten: Rektol Regular als wenig additiviertes Öl für Vorkriegsklassiker und Erwinol TV für den klassischen Mini, der bekanntlich sein Getriebe in der Ölwanne spazieren fährt und deshalb ganz andere Anforderungen an den Schmierstoff stellt.
Die Preisspanne für klassische Öle schwankt enorm: 2,76 oder 18,90 Euro je Liter – das ist schon ein ganz erheblicher Unterschied. Ist der am Ende gerechtfertigt? Wir waren gespannt!
Rowe und Millers: Zwei günstige Motoröle machen das Rennen
Nach den Blindtests haben wir uns einen guten halben Tag mit dem Oelcheck-Experten Carsten Heine zusammengesetzt und jede Probe diskutiert. Hier die wichtigsten Ergebnisse, sortiert nach Preis vom billigsten bis hin zum teuersten Öl.
[1] Delticom High Performer:
Ein einfacher Kunststoff-Kanister mit Beschriftung für Experten: Herstellerfreigabe von MAN? Caterpillar? Carsten Heine bestätigt: Das ist ein Öl für den gemischten Fuhrpark, also für Lkw und Diesel-Pkw aus den 70er-Jahren. Das umfangreiche Additivpaket hat in einem Benzinmotor eher nichts verloren – schon gar nicht in einem Oldtimer-Pkw. Damit bringt man z. B. seinen Triumph nicht um, doch einen Gefallen tut man ihm bestimmt nicht damit.
[2] Millers Oil Classic:
Wieder ein einfacher Kanister, ein etwas liebevolleres Etikett. Experte Carsten Heine attestiert diesem englischen Öl eine gute Qualität, denn es sei rundum gelungen und passe zum vom Hersteller versprochenen Einsatzzweck. Für 4,59 Euro je Liter ein echtes Schnäppchen.
[3] Rowe Vintage:
Auch im Anthrazit-farbenen Kanister aus deutschen Landen steckt Gutes: Rowe bietet für nur einen Cent pro Liter mehr als das Millers ein ganz ähnliches Öl, das ebenfalls auf ein gutes Grundöl mit ordentlichem Additivpaket setzt. Damit wird jeder Normalfahrer unter den Oldtimer-Besitzern glücklich. Wer oft auf Rennstrecken unterwegs ist, findet in unserem Test aber Kandidaten mit noch mehr Potenzial. Doch dazu später mehr.
[4] Classol Youngtimer 80:
In dem schwarzen Fünf-Liter-Kanister steckt ein recht passables Öl, das – wenn man es wie vorgeschrieben anwendet – ebenfalls in jedem normal gefahrenen Oldtimer anstandslos seinen Dienst verrichtet. Die Firma Landyman aus Österreich, die dieses Öl vertreibt, weist auf Wechselintervalle zwischen 5000 und 7000 Kilometer hin. Für 5,50 Euro pro Liter ist es ein faires Angebot. Die Low-Budget-Öle können also bis auf eine Ausnahme für Pkw überzeugen. Wie sieht es bei den mittelpreisigen Ölen aus?
Viskositätstest: Erwinol und Gulf liegen daneben
[5] Rektol Regular:
Die Überraschung steht Carsten Heine ins Gesicht geschrieben, als er die Testwerte dieser Probe sieht: „Dieses Öl hat in einem Oldtimer der 60er- oder 70er-Jahre nichts verloren! Da passt ja nichts zusammen!“ Die BN-Zahl (siehe Galerie) sei viel zu niedrig, keine reinigenden Additive, nichts, was dazu geeignet wäre, Rückstände in Schwebe zu halten. Als wir ihm sagen, dass dies ein Öl für Vorkriegsklassiker ist, hellen sich seine Züge auf: „Dann passen die Werte wieder ins Bild.“ Und das für schmale 6,85 Euro. Wieder ein Treffer also in schmucker Blechdose.
[6] Motul Mineral Classic Oil:
Diesmal ist das Überraschungsmoment auf Carsten Heines Seite: „Das kommt aus Frankreich“, sagt er nach kurzem Blick auf den Bildschirm. Wir sind platt. Woran sieht man das? Natrium, 201 mg/kg – alle anderen Öle haben höchsten 8 mg/kg. So bauen nur wenige Hersteller ihr Öl. Ein gutes Mittelklasseöl für 6,98 Euro pro Liter, wiederum verpackt in einer schönen Blechdose.
[7] Penrite Classic:
Das englische Öl in seinem reichlich billig wirkenden Kanister ist absolut in Ordnung – sowohl vom Grundöl her als auch von den Additiven. Dennoch gibt es Kritik: 0,18 Prozent Wasser? Sowas findet man normalerweise nicht in einem frischen Öl. Sämtliche anderen Proben waren da im nicht messbaren Bereich, also praktisch wasserfrei. Vermutlich ist beim Transport durch Temperaturschwankungen Luftfeuchtigkeit eingedrungen. Motorschäden sind deswegen zwar nicht zu erwarten. Dennoch: Das darf nicht sein. Penrite sollte an seiner Verpackung arbeiten. Das geht besser für die verlangten 7,20 Euro pro Liter.
[8] Kroon-Oil Classic Multigrade:
Schöner gelber Blechkanister, gutes Grundöl, im Vergleich etwas sparsam additiviert und deshalb auch mit geringer alkalischer Reserve. 7,99 Euro pro Liter kostet das Öl aus den Niederlanden.
[9] Gulf Multi G:
Nur einen Cent teurer (acht Euro pro Liter) ist das Öl für ältere Motoren von Gulf. Explizit Oldtimer steht zwar nirgendwo drauf, doch es wird in diesem Umfeld angeboten. Die Test offenbarte: Dieses Öl ist zu dünn und erfüllt die Norm 20W-50 nicht. Damit muss es als nicht empfehlenswert eingestuft werden.
[10] Erwinol TV:
Die gleiche Einstufung gilt für das Öl von Erwinol, das wesentlich zu dickflüssig ist. Auch eine zweite Probe (siehe Probennummer 13B), die wir von Oeltech Apeler, dem deutschen Importeur, angefordert hatten, bestätigte diese Tendenz. Ein Messfehler ist ausgeschlossen. Es handelt sich um ein kombiniertes Motor-/Getriebeöl. Doch Carsten Heine schüttelt den Kopf: Das sei kein Grund für die Dickflüssigkeit. Und auch die Additivwerte sind ungewöhnlich hoch – ein Produktionsfehler? Wir bleiben dran. Im mittleren Segment gibt es also zwei Ausreißer, dafür aber auch zum Beispiel mit Rektol ein Spezialöl, das sehr überzeugt.
Premium-Öle: Durchaus sinnvoll für harten Oldtimer-Einsatz
Für die Premium-Öle gilt: Das Grundöl ist tendenziell etwas hochwertiger, die Additivpakete sind ausgewogener. Geringe Streuung und niedrigste Verdampfungsverluste belegen das.
[11] Castrol Classic XL:
Für 11,85 Euro pro Liter darf man mehr erwarten als einen schicken grünen Kanister – und man bekommt es auch: Das Classic XL ist ein sehr geeignetes Oldtimer-Öl ohne die geringsten Auffälligkeiten, von dem man erwarten kann, dass es auch unter harten Bedingungen problemlos schmiert.
[12] Liqui Moly Classic:
Auch der klassische Schmierstoff dieses deutschen Traditionsproduzenten überzeugt: Ein sehr gutes modernes Grundöl mit sinnvollem Additivpaket für den Einsatz im Oldtimer. Mehr muss man nicht sagen.
[13] Östol Oldtimer Öl:
Kein Alarm trotz roter Dose - Ein perfektes Funktionieren in Oldtimer der 60er- und 70er-Jahre verspricht der Hersteller, und genau das prognostiziert auch der Experte von Oelcheck: Sehr gutes Grundöl, ein gut kombiniertes Additivpaket für Oldtimer.
[14] Porsche Classic Motoroil:
Der Newcomer im Markt ist mit 15,34 Euro je Liter nicht billig. Das Gesamtkonzept dieses Öl lässt eine sehr gute Standfestigkeit und mithin eine besondere Sporteignung erwarten. Und genau das soll dieses Öl auch leisten.
[15] Mathé Chromjuwelen:
Das mit 18,90 Euro teuerste Öl im Test ist sicherlich der am liebevollsten verpackte und mit dem meisten Drumherum (Aufkleber, Ölwechsel-Schildchen, etc.) ausgestattete Schmierstoff. Sein Additivpaket und das hochwertige Grundöl geben keinen Anlass zur Kritik. Im Gegenteil: Experte Heine ist sich sicher, dass auch noch jüngere Klassiker als von Mathé angegeben mit diesem Öl anstandslos laufen.
Nur das Motul zeigte sich beim Schwefelgehalt mit 9159 mg/kg leicht auffällig. Alle Öle hatten geringe Verdampfungsverluste – alles in allem ein gutes Ergebnis in diesem Frischöltest, der aber sicherlich auch nicht für ein Ende der Stammtisch-Diskussionen sorgen wird. Aber wir diskutieren gerne mit und hoffen auf Erfahrungsberichte von vielen Lesern.
ANMERKUNG:
Die Firma Oeltech Aperer hat inzwischen das Produkt "Erwinol TV" vom Markt genommen. Eigene Tests dieses und eines weiteren Produktes durch die jeweiligen Hersteller stehen noch aus. Wir werden darüber in der kommenden Ausgabe der "AUTO ZEITUNG Classic Cars" (Heft 12/2014) weiter berichten. Die neue AUTO ZEITUNG Classic Cars ist ab dem 5. November am Kiosk erhältlich.
DAS TEST-ERGEBNIS ZUM NACHLESEN (PDF)
Produkte, die genau so sind, wie es der Hersteller verspricht: Das gibt es selten. Und so beruhigt es, dass zwölf dieser 15 Öle exakt so aufgebaut sind wie versprochen. Das billigste Öl im Test schrammt allerdings an einem Etikettenschwindel vorbei. Natürlich gibt es auch Lkw-Oldtimer. Doch das macht ein Öl nach alter Rezeptur „für den gemischten Fuhrpark“ nicht zum Oldtimer-Öl. Die beiden „Viskositäts-Ausrutscher“ Erwinol und Gulf überraschen. Hier muss die Qualitätskontrolle sicherlich verbessert werden. Die Grundöle sind gut, deshalb muss der Fehler im späteren Mischverfahren stecken. Egal ob Budget-Öl, mittelpreisiges Öl oder Premium-Öl: In jeder Klasse gibt es echte Gewinner. Besonders Porsches neues Öl beeindruckt durch ein intelligent geschnittenes Additivpaket, das im Sporteinsatz sein Vorteile ausspielen dürfte. Wer allerdings in seinem Kadett B, seinem Käfer oder Granada durch die Lande cruist und sein Gaspedal in der Regel nur ein wenig streichelt, der darf sich zu recht die Frage stellen, ob er über zehn Euro je Liter ausgeben muss, wenn doch schon für unter fünf Euro klasse Qualität geboten wird. Das eine beste Öl gibt es nicht – aber viele gute Angebote.
Thorsten Elbrigmann