Isdera: Die Geschichte vom Imperator bis zur Pleite
Was soll man auch erwarten von einem jungen Automobil-Ingenieur, der die Sportwagen-Hochburg Porsche verlässt, um in einer Hinterhof-Garage seinen Traum von einem noch schnelleren, noch beeindruckenderen Zweisitzer zu verwirklichen? Eberhard Schulz wählt den steinigen, holprigen, kompromisslosen Weg und verliert sein Ziel selbst dann nicht aus den Augen, als er in einer Sackgasse landet. Nach mehreren Anläufen klappt es schließlich doch: Das Ingenieurbüro für Styling, Design und Racing – kurz Isdera – bringt 1984/85 den Imperator 108i zur Zulassungsreife – einen fast 300 km/h schnellen, aerodynamisch hocheffizienten Mittelmotor-Zweisitzer mit Flügeltüren (Diese Türvarianten gibt es). Der Traum wird wahr. Aber Schulz lässt seine Fantasie weiter fliegen.
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Von diesem Ergebnis war der junge Student noch so weit entfernt wie sein Geburtsort Hildesheim von Stuttgart-Zuffenhausen. Eberhard Arthur Schulz, geboren im Kriegsjahr 1940, flitzt 1964 zur Uni nach Braunschweig in einem tiefergelegten VW Typ 3 mit Abarth-Auspuff und stellt sich vor, es wäre der brandneue Porsche 904. Er pilgert zum 1000-km-Rennen an den Nürburgring (Übersicht aller Nordschleifen-Rekordzeiten) und sieht seinen ersten Traumwagen in Aktion, aber auch den Prototyp des neuen Ford GT40. Einen echten 904 wird er später lange Zeit besitzen.
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Die Geschichte von Isdera beginnt in der Waschküche
Den Ford GT40 aber nimmt er sich zum optischen Vorbild für den ersten Eigenbau, besichtigt sogar 1969 den stillgelegten GT40 der Deutschen AUTO ZEITUNG, den der als "Gärtner des Chefs" auftretende Financier Hans G. Lehmann in einem Gewächshaus untergestellt hat. Für 5000 Mark hätte er damals den ausgemusterten Renner kaufen können, erinnert sich Schulz. Stattdessen fuhr er mit einer Ersatz-Bremsscheibe auf der Rücksitzbank nach Hause. Im November 1970 wird der quietschgelbe Erator vom TÜV abgenommen (Das muss man zur Einzelabnahme wissen). Zwei Monate später tritt Schulz eine Stelle als Ingenieur unter Richard Söderberg und Anatole Lapine im Porsche-Design an.

Schulz lernt den Prototypenbau, ist beteiligt an der Entwicklung von 924, 928 und 930 Turbo, erlebt den Zank zwischen der Transaxle-Fraktion und den Heckmotor-Fans und beschließt, ein neues eigenes Projekt zu pushen. Den Erator baut er daheim in der Waschküche, die Zeichnungen für den neuen Supersportler entstehen im Wohnzimmer. Inspiration liefert nicht Porsche, sondern Mercedes: Die Konstruktion des Wankel-Versuchswagens C 111 wird studiert. Während Porsche im Zickzack den 928 zur Serienreife bugsiert, wechselt Schulz 1976 in die Versuchsabteilung von Peter Falk und geht innerlich auf Distanz zu Porsche. Stattdessen knüpft er Kontakte zu den Tunern Hans-Werner Aufrecht (AMG) und Rainer Buchmann (b+b). Der bietet ihm eine Teilhaberrolle an.
1985 startet der Imperator, 40 Jahre später folgt die Insolvenz
Dieser Deal bringt die Premiere des CW 311 nicht zu Fall, doch alle Aussichten auf eine Kleinserie zerschlagen sich, als Schulz und Buchmann ihre nie funktionierende Kooperation vor Gericht beenden. Schulz zahlt Lehrgeld und muss erneut neu anfangen, nun endlich unter eigener Flagge. Bis 1983 entwickelt er einen radikal offenen Spyder mit Scherenschlag-Türen, anfangs geplant mit einem Motorradantrieb, dann VW- und letztlich Mercedes-Vierzylindern. Auftragsarbeiten für Porsche, Opel und Erich Bitter, Irmscher und die Karosseriefabrik Baur halten ihn über Wasser. Sein berühmtester Fremdauftrag ist die Gestaltung der bei Ronal produzierten "Pirelli"-Felge, die schließlich sogar zur Standardausstattung einer Golf GTI-Sonderserie avanciert.
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1985 steigt der Isdera Flügeltürer wie Phönix aus der Asche, jetzt heißt er Imperator 108i. Trotz des schweren Mercedes-V8 wiegt das Auto nur 1250 kg. Bis 2001 werden etwa 30 Exemplare gebaut. 1992 startet er die Entwicklung des 112i Commendatore: In diesem Boliden, der optisch Anleihen beim Porsche-Design nimmt, arbeitet der Mercedes-V12 mit 408 PS (300 kW). Der Motor bleibt zugunsten der Standfestigkeit im Serienzustand. Im Windkanal wird am Modell ein cW-Wert (Das sagt der cW-Wert aus) von 0,306 gemessen. Mit Sechsgang-Getriebe rennt der Commendatore 342 km/h. Das Ende der Fahnenstange? Weit gefehlt. Ehe Schulz seine Firma 2016 verkauft, baut er noch den Autobahnkurier mit zwei V8-Motoren und 600 PS (441 kW). Unter neuer Führung residiert Isdera heute im Saarland, wo man mit chinesischen Partnern einen Commendatore GT mit E-Antrieb entwickelt hat. Doch der Erfolg bleibt aus: Am 11. April 2025 meldet das Unternehmen Insolvenz an. Wie die Chancen auf eine Rettung stehen? Unklar.