Lamborghini Temerario (2025): Erste Testfahrt auf der Rennstrecke
Fünfunddreißig Grad Celsius in der Boxengasse, und alle 30 s brüllt ein Huracán über die Start-Ziel-Linie. Der metallische, gellende Sound seines Zehnzylinders brandet gegen die Tribünen, gießt pure Aggression und Hysterie in rotglühende Emotion. Diese Maschine hat vor zwei Jahrzehnten den Gallardo vom Einstiegs-Lamborghini zum Klassiker gemacht, das Kraftfeld rund um Sant'Agata verbogen und dann auch mit dem Gallardo-Nachfolger Huracán die downgesizte, turbogeladene und hybridisierte Konkurrenz zu Spielzeug gemacht. Und jetzt ist das alles zu Ende – der neue Lamborghini Temerario (2025) steht bereits neben uns – lockt zur ersten Testfahrt auf einer Rennstrecke.
Von der AUTO ZEITUNG getestet und empfohlen:
Lamborghini hat den V10 in Rente geschickt und durch einen Vierliter-Biturbo-V8 ersetzt. Downsizing nennt man das wohl. Zugegeben: Die stark kurzhubig ausgelegte Maschine ist mit ihren 800 PS (588 kW) und einer Maximaldrehzahl von bis zu 10.000 /min eine Sensatio. Dazu kommen auch noch drei Elektromotoren mit je 110 kW (150 PS) – einer befindet sich zwischen V8-Motor und dem quer eingebauten Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe (DCT), zwei weitere treiben die Vorderachse an. Das ergibt Allradantrieb und bis zu acht Kilometer elektrische Reichweite, wenn die 3,8-kWh-Lithium-Ionen-Batterie vollgeladen ist.
Das Chassis basiert auf einem neuen Aluminium-Spaceframe und ist deutlich gewachsen: Der neue Lamborghini Temerario (2025) ist 139 mm länger als der Huracán, 36 mm höher und signifikant schwerer – Lamborghini gibt 1690 kg im Trockenzustand an, das sind nur 82 kg weniger als beim größeren Revuelto, der einen V12-Motor mit einer Kohlefaserkarosserie kombiniert.
Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Lamborghini Temerario (2025) im Video:
Mehr Kopffreiheit, zig Fahrmodi und surrend-leise durch die Boxengasse
Schön, dass Lamborghini es geschafft hat, mehr Kopffreiheit zu realisieren, ohne den klassischen Lambo-Keil zu verderben. Während man im Huracán bei Rennstrecken-Einlagen kaum noch mit Helm unterkam, ist das im neuen Lamborghini Temerario (2025) kein Problem. Und auch für den Alltag hat der Neue ein Herz – die Sicht nach hinten hat sich drastisch verbessert. Drei Infotainment-Displays balgen sich zudem um Aufmerksamkeit, das kleine Zifferblatt auf der linken Seite des Lenkrads scrollt durch die Fahrmodi Città, Strada, Sport und Corsa, die rechte Seite steuert verschiedene Hybridmodi. Es gibt viel zu programmieren im Temerario, die IT-Abteilung war ausgesprochen fleißig.
Los ghts mit der ersten Testfahrt. Wir rollen durch die Boxengasse, vollelektrisch und leise, während hinter der trennenden Barriere zur Start-Ziel-Geraden immer noch ein Rudel Huracán gegen die Schallmauer tritt. Fühlt sich sonderbar an, also raus aus Città, direkt rein in den Corsa-Modus. Wenn schon, denn schon. Sofort kräht der V8 los mit technischem, heiserem Sound, die Gänge knallen beim Zug an den langen Kohlefaser-Schaltwippen durchs DCT, als hätte man es immer noch mit einem sequenziellen Getriebe zu tun. Drama, Baby! Ob der saugende, genickbruchsgefährliche und verzögerungsfreie Antritt nun auf die E-Maschinen oder den famosen V8 zurückzuführen ist oder aus ihrer flüssigen Zusammenarbeit, lässt sich nicht feststellen – allerdings ist die Wirkung beeindruckend.
Die Konkurrenten:
Der Temerario marschiert bei der ersten Testfahrt brutal vorwärts
Sekunden später geht uns die Zielgerade aus, wir werfen den neuen Lamborghini Temerario (2025) auf den phänomenal zupackenden Zehn-Kolben-Carbon-Keramik-Ankern in die erste Ecke und verkosten dann die ganze Querdynamik-Palette des neuen Sterns am Autohimmel: Stabilität und Ausgewogenheit, Reaktionsschnelle und den Drang zum Kurvenausgang, neutrale Balance. Besonders gegenüber dem lebhaften Huracán mit Heckantrieb wirkt der Temerario stabiler, zumindest im Corsa-Modus mit der straffsten von zwei Federungsabstimmungen. Beim Einlenken schlägt er überzeugender zu und scheint höhere Anfahrgeschwindigkeiten als der Huracán zuzulassen, lässt sich aber immer noch flüssig um die Hochachse drehen.
Die Lenkung arbeitet leicht genug, um sich verspielt anzufühlen, aber schwer genug, um Ruhe auszustrahlen. Außerhalb der neutralen Mittellage wird sie schnell, ohne unruhig zu wirken. Hart zurück ans Gas, die Leistung legt im klassischen Stil eines Saugmotors zu, aber mit beängstigender Eindringlichkeit: Der Temerario prügelt in 7,1 s von null auf 200 km/h, bei etwa 7000 oder 8000 Touren schalten wir instinktiv hoch, um etwas Wasser ins lodernde Feuer der brutalen Beschleunigung zu gießen. Auf unserer Schulter taucht dabei Lamborghini-Testfahrer Marco Passerini auf und brüllt uns als kleines Teufelchen ins Ohr: "Stehenlassen! Drehen! Die Drehzahl bis mindestens 9000 schäumen lassen, dort oben leuchtet die Sonne!"
Auch interessant:
Der neue Lambo ist ein "kraftvolles, unglaublich intensives Gerät"
Wir retten uns herzrasend in die nächste Kehre, dort referiert Lamborghini-CTO Rouven Mohr als Engelchen von der gegenüberliegenden Schulter: "Die vorderen E-Motoren simulieren keinen mechanischen Allradantrieb, sondern sollen eher als Torque Vectoring-Spieler Fahrdynamik holen." Könnte so stimmen. Allerdings auch, dass die Motoren ein leichtes Übersteuern am Kurvenausgang neutralisieren und der neue Lamborghini Temerario (2025) so etwas weniger flüssig fährt, als es Hitzköpfe mögen.
Unsere besten Testrunden fahren wir im Sportmodus, der die Kraft stärker zur Hinterachse leitet und in dem mit anderen Federungseinstellungen gespielt werden kann. In der weicheren Variante entsteht plötzlich ein fast organisches Heckantriebsgefühl, mit dem der Temerario intuitiver ausbalanciert und durch gefühlvolle Lastwechsel per Gaspedal in Kurven gedreht werden kann.
Zwölf Runden später rollen wir aus. Suchen nach Worten. Was für ein kraftvolles, unglaublich intensives Gerät mit superscharfem Ansprechverhalten – irgendwie fehlt uns das aufregende Feuerwerk eines V10 oder V12 aber doch. Der Huracán war seit 2013 im Handel, daher musste sein Nachfolger einen großen Schritt machen – der Temerario schafft genau das. Mit einem völlig neuen Motordesign macht er sogar noch einen mutigeren Schritt in die Zukunft als der Revuelto. Ob wir seine immense Komplexität aber verstanden haben? Bestimmt nicht bis ins Detail. Wir wollen
mehr. Mehr Kilometer, tiefer eintauchen, mehr Temerario. Sein Drama hat uns am Haken.
Von Ben Barry & Johannes Riegsinger
Zubehör für Lamborghini-Fans:
Technische Daten des Lamborghini Temerario (2025)
AUTO ZEITUNG 17/2025 | Lamborghini Temerario (2025) |
Technische Daten | |
Motoren | 8-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo; 3995 cm³; drei E-Motoren |
Antrieb | 8-Gang, Doppelkupplung, Allradantrieb |
Systemleistung | 676 kW / 920 PS |
Systemdrehmoment | k.A. |
Kapazität | 3,8 kWh |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4706 / 1996 / 1201 mm |
Leergewicht | 1765 kg |
Kofferraumvolumen | k.A. |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 2,7 s |
Höchstgeschwindigkeit | 343 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 11,2 l SP + 26,8 kWh |
Elektrische Reichweite | k.A. |
Kaufinformationen | |
Grundpreis | 307.500 Euro |
Marktstart | 2025 |
Alle Daten Werksangaben |