Allradantrieb erklärt: Verschiede Varianten sowie Vor- & Nachteile
Die Zulassungszahlen von Autos mit Allradantrieb sind seit 2010 deutlich angestiegen. Aber welche verschiedenen Möglichkeiten gibt es eigentlich, um alle vier Räder anzutreiben – und was sind die Vor- und Nachteile?

Laut Kraftfahrt-Bundesamt betrug 2010 der Anteil der Neuzulassungen in Deutschland der Autos mit Allradantrieb noch elf Prozent, 2024 waren es bereits rund 25 Prozent (hier gehts zu den aktuellen Zulassungszahlen). Dieser Trend dürfte auf den SUV-Boom zurückzuführen sein, denn besonders die Großen mit viel Bodenfreiheit werden häufig als Allrad ausgeliefert. Zudem setzte sich in dieser Zeitspanne der automatisch zuschaltende Allradantrieb durch, der das Sicherheitsplus des Prinzips beibehält, ohne aber den Verbrauch in die Höhe zu treiben – doch dazu später mehr. Zuerst kommen wir zu den verschiedenen Arten des Allradantriebs, der im Sprachgebrauch häufig synonym als 4x4 beziehungsweise AWD (All-Wheel-Drive) und 4WD (Four-Wheel-Drive) bezeichnet wird.
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Der permanente Allradantrieb
Die offensichtlichste Variante des Allradantriebes ist der permanente Allradantrieb. Dabei werden jederzeit alle vier Räder vom Motor angetrieben. Autos mit permanentem Allradantrieb verfügen zwangsweise über ein Mitteldifferential (auch Zentraldifferential oder Längsdifferential), das die Antriebskraft auf beide Achsen verteilt. Denn nicht nur die kurveninneren beziehungsweise -äußeren Räder legen bei Kurvenfahrt unterschiedlich viel Strecke zurück, sondern auch die Vorder- und Hinterräder.
Das Mitteldifferential berücksichtigt die Drehzahlunterschiede der beiden Achsen, wodurch diese passend angetrieben werden können. Befindet man sich beispielsweise im Gelände in einer brenzligen Situation, in der mindestens ein Rad keinen Vortrieb erzielen kann, sperrt man temporär das Mitteldifferential. Andernfalls kann es passieren, dass sich durch die Reaktion des Differentials kein Rad mehr dreht. Der permanente Allradantrieb ist heute größtenteils in Autos zu finden, die großen Wert auf Geländetauglichkeit legen, beispielsweise in der Mercedes G-Klasse oder im Land Rover Defender.
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Der automatisch zuschaltende Allradantrieb
Einer der Nachteile des Allradantriebes ist der hohe Kraftstoffverbrauch, der durch die zusätzlich angetriebenen Räder und die aufwendige und verlustbehaftete Antriebstechnik entsteht. Um dem entgegenzuwirken, wurde der automatisch zuschaltende AWD entwickelt. Bei dieser inzwischen häufigsten Art wird im Regelfall nur eine Achse angetrieben und Sensoren schalten die zweite Achse bei Bedarf automatisch zu. Irreführend: Häufig wird diese Variante auch als "permanent" bezeichnet, da man hinter dem Lenkrad selbst nichts einschalten muss und der Allradantrieb jederzeit eingreifen könnte. In der Praxis fahren solche Autos jedoch die meiste Zeit mit nur zwei Antriebsrädern.
Technisch schwankt die Umsetzung dieses Allradantriebes von einer starr zugeschalteten zweiten Achse bis hin zu einer aufwendigen Radansteuerung durch das Mitteldifferential. Dieses Prinzip ist die am stärksten wachsende AWD-Technik und wird bei vielen Autoherstellern mit einem eigenen Namen vermarktet. So findet die bei VW 4Motion genannte Technik zumindest optional in allen Autos von Golf bis Touareg Verwendung, während BMW den Allradantrieb mit xDrive betitelt.
Der manuell zuschaltbare Allradantrieb

Bei der dritten Variante ist der Allradantrieb manuell zuschaltbar: Erkennt man einen Bedarf, aktiviert man die zweite Antriebsachse. In diesem Fall ist kein Mitteldifferential eingebaut – das bedeutet, dass der Allradantrieb auf griffigem Untergrund aufgrund des Drehzahlunterschiedes der Achsen ausgeschaltet bleiben sollte. Ein bekannter Vertreter mit dieser Technik ist der Geländewagen Suzuki Jimny, auch ältere Generationen des Fiat Panda griffen auf diese 4x4-Variante zurück.
Elektroautos mit Allradantrieb
Auch im wachsenden Angebot der Elektroautos sind viele Allradler zu finden, vor allem unter den leistungsstärkeren Modellen – in der Regel sitzt dabei jeweils mindestens ein Elektromotor auf Vorder- und Hinterachse. Der Bedarf der beiden Antriebsachsen wird dabei automatisch erkannt und elektronisch über die beiden separaten Motoren für jede Achse realisiert. Ein Mitteldifferenzial ist damit überflüssig. Dass auch dieses System bei schwierigen Witterungsbedingungen durchaus funktionieren kann, zeigte unser Test mit allradbetriebenen Elektroautos auf Schnee. Autos mit einem solchen Antrieb sind zum Beispiel der VW ID.7 GTX und das Tesla Model 3. Bei extrem performanten E-Autos wie dem Rimac Nevera sitzen teilweise gar zwei Motoren auf einer Achse, wovon jeder sein Drehmoment dezidiert an ein Rad weitergibt.
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Allradantrieb bei Autos: Vor- und Nachteile
Ein Allradantrieb mit Mitteldifferential verbessert die Fahreigenschaften eines Autos, denn mit 4x4 hat man grundsätzlich mehr Traktion und fährt stabiler. Auch bei schwierigen Bedingungen ist man deutlich im Vorteil. Ob bei Eis und Schnee, im Schlamm, auf unebenem Gelände oder bei starken Steigungen – spätestens, wenn die Haftung ein Problem wird, ist man mit AWD in der Regel besser bedient.
Nachteilig ist jedoch das Mehr an Technik durch die zusätzlichen Radantriebe und das Mitteldifferential. All das erhöht nicht nur das Fahrzeuggewicht signifikant, sondern bringt automatisch ein gewisses Maß an Verschleiß und Pannenrisiko mit sich. Außerdem steigt durch die zusätzliche Masse und den aufwendigen Antrieb der Verbrauch, von nachteiligen Auswirkungen auf Produktionskosten und Kaufpreis ganz zu schweigen. Dem Verbrauchsproblem haben Autohersteller jedoch durch den automatisch zuschaltenden Allradantrieb deutlich entgegenwirken können.
Während er früher meist Geländewagen vorbehalten blieb, findet der Allradantrieb heutzutage eine immer größere Verbreitung. Ob man ihn gerne für den Notfall an Bord hat oder in ihm eine unnötig teure Option sieht, ist eine Frage der Perspektive. Faktisch ist der Allradantrieb im Alltag der meisten Menschen in Deutschland nur selten von Bedeutung. Bei stärkeren E-Autos mit mehreren Motoren hingegen liegt er schon aus konstruktiver Sicht nahe.