BMW M5 im Tracktest: Stören die 2,4 t auf dem Nürburgring?
BMW M5 hat harte Tracktest-Konkurrenz
Herausforderungen muss man annehmen und sich mit den Besten messen, auch wenn es noch so aussichtslos erscheint. Nur wenn man über sein Limit geht, findet man den Weg zur Perfektion. Das gilt zumindest für die M GmbH, die die Herausforderung, den neuen BMW M5 zu entwickeln, offensichtlich sehr ernst genommen hat. Die Hürde, über die sie dabei springen musste, hat sie sich mit dem letzten M5 selbst ziemlich hoch gelegt, vor allem weil sie der vorigen Baureihe mit dem M5 CS bereits ein Denkmal gesetzt hat.
Warum? Weil der CS mit einer Rundenzeit von nur 1:37,1 min – 1:37,12 min, um genau zu sein, das wird noch wichtig – in unserem Tracktest auf dem Grand-Prix-Kurs des Nürburgrings dem normalen M5 noch einmal eine halbe Sekunde abgenommen hat – hier gehts zum M5 CS-Tracktest. Schneller war und ist in seiner Klasse bisher niemand. Zur Einordnung: Ein Mercedes-AMG C 63 E Performance benötigte im Tracktest 1:40,6 min. Auch das Dynamik-Aushängeschild der Affalterbacher, der Mercedes-AMG GT 63 4Matic+, hinkte mit 1:37,8 min der bisherigen M-Limousine mit CS-Signet hinterher (hier gehts zum GT 63-Tracktest). Selbst der M3 CS musste beim Tracktest konzentriert bewegt werden, um 1:36,2 min auf die Strecke zu legen.
Der neue BMW M5 muss aber auch der Botschafter zwischen der alten und der neuen Fahrspaß-Welt sein, dabei unausgegorene gesetzliche Auflagen erfüllen, gleichzeitig Leidenschaft entfachen und trotz allem einen neuen Maßstab setzen – was in seiner Welt schlicht Bestzeiten auf der Strecke bedeutet. Und beim flüchtigen Blick auf die Daten können einem schon Zweifel kommen, ob das, was BMW hier kreiert hat, seinen Zweck erfüllen kann. Die Ausgangslage war alles andere als optimal: Anfänglich wird wohl in den Entwicklungshallen der M GmbH beim Blick auf die neue Basis der über fünf Meter langen und zudem schweren G60-Baureihe lautes Schweigen geherrscht haben. Jemand muss dann allerdings ebenso laut gedacht haben: "Geht nicht, gibts nicht, oder?" Und damit hat die Person beim M5 verdammt recht gehabt.
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Der BMW M5 (2024) im Fahrbericht (Video):
65 km vollelektrisch? Beim Tracktest uninteressant
Der BMW M5 muss Effizienz- und Emissions-Auflagen erfüllen, die ihm die Akzeptanz für die Zukunft ermöglichen. Und das macht er vorbildlich: Kein anderer Plug-in-Hybrid schnürt so dramatisch lautlos über die Zufahrt zum Grand-Prix-Kurs wie er. Dort, wo fragwürdige Auspuff-Experimente Kraft heucheln, predigt der M5 Zeitgeist. Er würde es problemlos schaffen, zwei gemütliche Runden mit maximal 140 km/h rein elektrisch um die Nordschleife zu stromern. Auf der AUTO ZEITUNG-Normrunde waren es immerhin 65 km. Im Schnitt gönnte sich der 1000-Nm-M5 hier 7,9 l und 9,3 kWh auf 100 km – beachtlich, bei einem Tracktest aber eher unwichtig.
Zubehör für BMW-M-Fans:
V8-Biturbo und E-Maschine liefern 727 PS & 1000 Nm
Mit der Einfahrt in die Box und dem Aktivieren der M1-Taste, die alle Systeme nach den eigenen hier abgespeicherten Wünschen scharf stellt und den V8 mit tief grollendem Bass aus acht Brennräumen in Stimmung bringt, wird aus Dr. Jekyll dann Mr. Hyde. Natürlich lässt sich sein Gewicht nicht gänzlich wegschmeicheln: Für den Test gewogene 2388 kg sind ein K.o.-Kriterium für asketische Sportwagenfans. Die wichtige Frage hinter jedem Kilo ist aber, was einem der BMW M5 für das Zusatzgewicht zusätzlich bietet.
Und das ist eine ziemlich gute Portion Performance. Die im Fahrzeugboden zwischen den Achsen integrierten Akkus sind schwer, aber sie liegen schwerpunktmäßig günstig tief und liefern die Power für die in die Automatik integrierte E-Maschine. Diese boostet zusammen mit dem V8-Biturbo 727 PS (535 kW) und 1000 Nm an die Antriebsräder.
Die schiere Kraft, mit der der BMW M5 im Test auf die Strecke schiebt, ist schlicht unfassbar. Unvergleichlich filigran lässt sich der Bayer dank seines exzellent arrangierten Gaspedalwegs in die ersten Kehren treiben. Hier treffen sich Tradition und Zukunft, wenn der M5 mit organischer Authentizität den eigenen Wünschen folgt und einem das Gefühl gibt, über jedes PS individuell verfügen zu können. Sein Antriebssystem füllt die kleinen Ansprechdellen des aufgeladenen Verbrenners, trägt den BMW immer und überall ohne Wenn und Aber vorwärts und entzieht, wenn es seine Kraftverschmelzung in einer Leistungseruption entlädt, allen Zweifelnden den Nährboden ihrer Kritik.

Nach ein paar Runden im neuen Takt des V8-Biturbo-Plug-in-Hybrids heißt es beim Überfahren der Start- und Ziellinie: alles oder nichts. Schon beim Anwärmen der Reifen hat der BMW M5 ein Gefühl dafür vermittelt, mit welcher Stabilität er sich seine Linie im Grenzbereich erarbeitet. Das Zusammenspiel der neuen, dem M5 geradezu auf den Leib geschnittenen Pirelli P Zero R-Pneus mit dem mit unzähligen Verstrebungen und Schubfeldern optimierten Chassis und den – dank neuer Lager – verbindlicher damit verbundenen Aufhängungen von Motor und Fahrwerk erzeugt ein unerschütterliches Vertrauen beim Maßnehmen der Ideallinie.
Die Zeit des BMW M5 auf der Nürburgring-GP-Strecke
Die Vorderräder werden von Doppelquerlenkern geführt, dem Besten, was es in Sachen Spurführung gibt – nicht umsonst vertraut man auch in Zuffenhausen beim Topmodell 911 GT3 RS darauf (hier gehts zum GT3 RS-Tracktest). Die Hinterachse lenkt dezent (maximal 1,5°) mit und bereichert die Grenzbereich-Erfahrung mit fantastischer Kontrolle rund um den Scheitelpunkt. Gaspedal und Lenkung gehen eine perfekte, übergeordnete Verbindung ein, sodass sich der BMW M5 ganz leichtfüßig über Pedal- und Lenkwinkel beim Ritt am Limit dirigieren lässt.
Ach ja: Das Gewicht spielt sich keineswegs negativ in den Vordergrund – schon eher der Handling-befürwortende tiefe Schwerpunkt, mit dem der M5 hochpräzise den Scheitelpunkt touchiert dank einer bedingungslos der vorgegebenen Spur folgenden Vorderachse. Am Ende der Start-/Zielgeraden im fiesen Ravenol-S verliert der eine oder andere Supersportler gern die Contenance an der Vorderachse – der BMW M5 beim Tracktest nicht. Er lässt sich sogar herrlich mitteilsam leicht in die Kehre hineinbremsen.

Apropos Bremse: Der BMW M5 steht mit sportlich-festem Pedaldruck nach nur 31,2 m (warm) und zeigt sich auch der Dauerbelastung gut gewachsen. Das verdient Respekt – nicht nur für eine 2,4-t-Sportlimousine. Stress oder feuchte Hände bekommt hier niemand hinter dem perfekt in den Händen liegenden Lenkrad. Das einfühlsam und großzügig arbeitende DSC (ESP) mit viel Verständnis fürs Hochdynamische empfiehlt sich dabei zudem als Lehrstück für alle Hersteller, die noch etwas Nachhilfe auf diesem Gebiet brauchen.
Auch die Konsequenz, mit der das Allradsystem im heckbetont sportlichen Set-up die Kraft stets vorhersehbar auf die einzelnen Räder verteilt, such ihresgleichen. Ja, man kann den M5 komplett auf Heckantrieb trimmen, aber wozu? So entspannt, sicher und dennoch äußerst agil bis leichtfüßig haben wir die Hot-Lap des Tracktests noch nie absolviert. Der M5 sitzt auf Anhieb ebenso wie die letzte Kehre.
Die Zeitmessung dokumentiert 1:37,15 min, – damit ist der neue BMW M5 deutlich schneller unterwegs als der bisherige, hält aber mit drei Hundertstel-Sekunden den Respektabstand zum CS – und bestätigt damit dessen Werterhalt. Aber bei der M GmbH dürfte bereits wieder lautes Schweigen herrschen, bis jemand es wagen wird, die nächste Frage zu stellen: "Warum machen wir eigentlich nicht wieder einen CS?"
Technische Daten & Messwerte des BMW M5
AUTO ZEITUNG 11/2025 | BMW M5 |
Technische Daten | |
Motoren | V8-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo; 4395 cm³; eine permanenterregte Synchronmaschine |
Antrieb | 8-Stufen-Automatik; Allrad; elektronisch geregelte Differentialsperre |
Systemleistung | 535 kW/727 PS |
Systemdrehmoment | 1000 Nm |
Kapazität/Spannung | 18,6 kWh (netto)/348 V |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 5096/1970 (2151)*/1510 mm |
Leergewicht/Zuladung | 2388/552 kg |
Kofferraumvolumen | 466 l |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (Test; 0–100 km/h / 0–200 km/h) | 3,4 s/10,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h (305 km/h mit opt. M Driver's Package) |
Verbrauch auf 100 km (WLTP/Test) | 1,6 l + 25 kWh / 7,9 l + 9,3 kWh |
Elektrische Reichweite | 65 km |
Kaufinformationen | |
Grundpreis | 144.000 € |
Marktstart | Im Handel |
Alle Daten Werksangaben (außer "Test"); *Breite mit Außenspiegel |
Der neue BMW M5 ist bereits Zeitgeschichte und räumt jegliche Zweifel aus, dass neue Technologien bestehende Systeme bereichern können. Er liegt extrem verbindlich in der Hand und überzeugt auf der Linie mit herrlich vorhersehbarem Fahrverhalten. Zudem lässt er Spielraum für eine CS-Variante – es geht eben doch immer noch etwas besser. Und vor allem schneller …