BMW 320is & 333i: Classic Cars fährt die seltenen M3-Derivate
1986 geht bei der BMW M GmbH der M3 in Produktion, ein Jahr vorher wurde die Sportlimousine mit 200 PS (147 kW) starkem 2,3-l-Vierventil-Vierzylinder (S14) vorgestellt. BMW hat mit dem M3 eigentlich nur eine Homologation für die DTM (Alle DTM-Autos der aktuellen Saison) hingelegt und jetzt freut sich – DTM hin, Rennsport her – die ganze Welt auf den scharfen Renner aus Bayern. Nur ein paar Märkte bekommen aus den verschiedensten Gründen keinen M3, Südafrika gehört dazu. Und das, obwohl BMW mit dem Werk Roslynn ein offizielles Standbein am Kap besitzt und die Südafrikaner:innen als regelrecht Auto-Verrückte gelten dürfen.
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Der BMW M3 Touring (2022) im Video:
Sechszylinder im BMW 333i
Wie verrückt, das demonstriert BMW Südafrika umgehend: Als Kompensation für den ausgebliebenen M3 und das Homologationsmodell für den Tourenwagensport nach südafrikanischem Gruppe 1-Reglement wird auf Basis des E30 der sogenannte 333i "Triple Three" vorgestellt. Technische Schützenhilfe kommt aus dem Allgäu, der 333i ist eine Entwicklung von Alpina. Und von "M3 Light" kann hier keine Rede sein – der 333i hat mit dem 197 PS (145 kW) starken 3,2-l-Sechszylinder beinahe einen Liter mehr Hubraum zu bieten als der M3.
Als Basis dient ein ziviler BMW E30 325i, die Ingenieursteams aus Roslynn und Alpina schuhlöffeln aber unter die Motorhaube des 333i den sogenannten M30B32-Sechszylinder, der zu dieser Zeit nur in den viel größeren Modellen 533i, 633CSi und 733i eingebaut wird. Kühlung, Ansaug- und Abgasanlage werden von Alpina maßgeschneidert, die Bosch L-Jetronic-Einspritzung wird angepasst. Das Resultat hat breite Schultern: Mit dem bereits im unteren Drehzahlbereich kräftigen Drehmoment ist der 333i ein vehement zupackendes Fahrzeug, seine knapp 200 PS (147 kW) hustet der große Sechszylinder regelrecht nebensächlich aus.
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Der "Triple Three" ist rassiger Renner
Nervosität? Hektik? – Ganz bestimmt nicht. Ein rassiger Renner ist der BMW 333i trotzdem: Erster Gang im Getrag-Fünfgang-Getriebe links hinten, so haben das Rennautos nämlich. Klack – und dann Feuer. Sonor singend und mit zuschnappendem Biss lässt der 333i die Drehzahlmessernadel rotieren, marschiert gewaltig und lässt trotz ZF-Sperrdifferential ausgelassen die Reifen quietschen.
Kerniges Anreißen untenraus, kräftiges Nachlegen ab 4500 Umdrehungen, dazu nur 1200 kg und das gewohnt flüssige Einlenken des BMW E30 der 1980er-Jahre – es dauert nicht lange und man ahnt, dass die Südafrikaner:innen den M3 nicht vermisst haben werden. Dass BMW Südafrika dann doch nur 204 Exemplare des 333i verkauft hat und die Karriere des Südafrika-M3 nach nur wenigen Monaten beendet war, könnte an einem Kuriosum liegen: Der Sechszylinder sitzt pressgepasst im Motorraum des E30, in den wenigen Lücken balgen sich Klimaanlage und Servolenkung um eine Aufenthaltsgenehmigung.

Und zwar nach dem Motto: entweder – oder. Muskelkater oder Schwitzen, diese Wahl wollen nur wenige Südafrikaner:innen treffen, weshalb die Tage des wilden BMW 333i schon bald gezählt sind. Seine Geschichte geht aber weiter: Alpina ist von der druckvollen M30-Maschine so überzeugt, dass sie einige Monate später auch ganz offiziell im Alpina B6S zum Einsatz kommt. Der basiert auf dem M3 – ausgerechnet dessen Sahnestück, der hochdrehende Vierzylinder, wird aber von Alpina ignoriert, weil die Alpina-Kundschaft eben auf Landstraßen sowie Autobahnen jagen gehen und man schnelle Beute hier mit lässigem Motorschmalz schlägt statt giftenden Racing-Drehzahlen.
Der BMW 320is ist der M des "kleinen Mannes"
Während all dies geschieht, plagen BMW ganz eigene Sorgen. In Italien hätte man den BMW E30 M3 (Hier im Vergleich gegen den Mercedes 190 Evo) anders als in Südafrika gern angeboten, hängt aber an der sogenannten Luxussteuer fest: Für jedes Auto mit über zwei Liter Hubraum (Diesel: 2,4 l) berechnet der Fiskus zusätzliche 20 Prozent, Unternehmer:innen können den Kaufpreis nicht steuerlich absetzen. Diesen Schock könnten dralle Portemonnaies freilich entspannt verkraften – der eigentliche Haken an der Sache ist jedoch, dass man sich durch Anschaffung eines "Luxuswagens" mit über zwei Liter Hubraum quasi automatisch ins Fadenkreuz der Steuerfahndung stellt. Durch Anschaffung eines BMW M3 schlafende Hunde im Finanzamt wecken – das möchte man bei aller Liebe zum alltags- und straßentauglichen Rennwagen dann doch irgendwie nicht.

BMW zeigt Verständnis für diese Not finanzkräftiger Italiener:innen und macht mit dem BMW E30 320is einen knackigen Kompromissvorschlag: 1990 cm³ Hubraum durch eine neu geschmiedete Kurbelwelle mit weniger Kolbenhub, denselben Vierventilkopf wie im M3, deftiger Arbeitsdruck, gepfefferter Drehzahlhunger und mit 192 PS (141 kW) kaum weniger Feuer als der neue M3 – das sollte doch für ein wenig italienische Leichtigkeit sorgen, ohne aus dem Schatten des italienischen Steuerradars zu fliegen.
Weniger Hubraum, (fast) mehr Fahrspaß im 320is
Der BMW 320is ist also alles andere als ein "softer" M3, er ist genau genommen sogar dessen schärfere Variante. Und dabei erstaunlich fahrbar sowie kultiviert und trotz kürzerer Hinterachsübersetzung sogar etwas sparsamer als ein M3. Ein großer Wurf also. Der BMW 320is beschleunigt aus dem Stand zwei, drei Zehntelsekunden schneller als der M3 und rennt obenraus beinahe so schnell wie sein großer Bruder: Knapp fünf km/h lässt der 320is liegen, es bräuchte im M3 also einen bleischweren Gasfuß und gesundheitsverachtende Hingabe, um einen sauber ausgedrehten 320is aus dem Windschatten zu treiben.
Um bei zufälligen Begegnungen von M3 und 320is den "echten" M3 nicht allzu schlecht dastehen zu lassen, orientiert sich BMW beim 320is in Sachen Fahrwerksabstimmung dann eher am Standard-325i, sorgt so für guten Restkomfort – und macht den 320is auf diese Weise beinahe noch attraktiver. Mit diesem soliden Restkomfort und guten Alltagsmanieren zeigt sich der Italo-M3 von seiner besten Seite, ist dabei aber bissig und haarscharf zu fahren. Knackiges Übersteuern, turbulenter Fahrspaß in der realen Welt – der M3 dreht dagegen erst auf Rennstrecken so richtig auf.
Und weil es den 320is in Italien als Zwei- oder Viertürer zum sagenhaften Tarif von umgerechnet rund 50.000 Mark gibt, schafft es so mancher 320is auch als Privatimport auf die Nordseite der Alpen – anders als der seltene 333i aus dem weit entfernten Südafrika. Dem Mythos des M3 haben diese ersten Ausreißer übrigens nie geschadet: Sportliches Fahren im kompakten Power-BMW, das hat seit damals ungebrochene Konjunktur.
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Technische Daten von BMW 320is & BMW 333i
Classic Cars 07/2021 | BMW 320is | BMW 333i |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4 | 6/4 |
Hubraum | 1990 cm³ | 3210 cm³ |
Leistung | 141 kW/192 PS | 145 kW/197 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 210 Nm 4900/min | 285 Nm 4300/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad |
L/B/H | 4325/1645/1380 mm | 4325/1645/1350 mm |
Leergewicht | 1200 kg | 1206 kg |
Bauzeit | 1987-1990 | 1985-1986 |
Stückzahl | 3.745 | 204 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 7,9 s | 7,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 224 km/h | 228 km/h |
Verbrauch auf 100 km | k.A. | k.A. |
Grundpreis (Jahr) | 51.714 Mark (1989) | 41.300 ZAR (1985) |