Audi RS 6 (C5): So wurde der erste RS 6 mit 450 PS zur Legende
Möchte man den Image-Wandel von Audi in den 90er- und 2000er-Jahren nachzeichnen, genügt dafür eigentlich schon ein Blick in die Entstehungsgeschichte des Audi RS 6 beziehungsweise seiner Ausgangsbasis A6 C5. Mit dem Ur-Quattro und seinen geistigen Nachfolgern S2 und RS 2 hatte es die Ingolstädter Marke endlich geschafft, dass aus Audi auch Gaudi werden konnte. Doch nach andächtig geflüstertem "Premium" klang das hibbelige Grummeln des Fünfzylinders eher nicht. Auf der anderen Seite hatte man sich mit dem V8 erstmals ins Luxussegment gewagt, aber hier fehlte es wiederum an Überholkraft und auch ein wenig an Prestige.
Passendes Zubehör für den Klassiker:
Als dann 1997 der erste vollwertige Audi A6 debütierte – zuvor hatte die Marke den 100er im Zuge eines Facelifts schlicht umbenannt – stand da plötzlich eine neue Basis für eine Kombination aus den bei Audi bislang eher getrennten Welten Prestige und Power. In der Basisversion glänzte das mit 110 PS (81 kW) überschaubar motorisierte Oberklassemodell vor allem mit kühler, zeitloser Eleganz und der später markentypischen Verarbeitungsqualität. Der große Erfolg der Baureihe spülte die ersten Limousinen und Avant zur Audi Quattro GmbH nach Neckarsulm, wo man nun am bis dato stärksten und schnellsten Straßenfahrzeug mit den vier Ringen tüftelte.
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Der Audi A6 Avant (2025) im Fahrbericht (Video):
Mit Cosworth-Motor und Hardcore-Fahrwerk: So wurde der Audi RS 6 zur Legende
Den 4,2 l großen V8 aus dem ersten Audi A8 (D2) schickte man zu den britischen Motorenflüsterern von Cosworth. Dieselbe Firma, die in den 60ern die Formel 1 auf den Kopf gestellt hatte und danach unter anderem Ford Sierra, Mercedes 190 E 2.5-16 und Opel Ascona 400 das Rennen beibrachte. Und auch der Audi-Motor entwickelte sich mit Biturbo-Aufladung, 450 PS (331 kW) und 560 Nm Drehmoment zum absoluten Biest. Er musste sogar PS-mäßig abgemildert werden, um das Getriebe zu schonen. Zum Vergleich: Sowohl der BMW M5 als auch der Mercedes E60 AMG 6.3 leisteten etwa 50 PS weniger und auch ein Porsche 911 Turbo kam anno 2002 nicht über 420 PS (309 kW) hinaus. Blöd war nur, dass das ausladende Triebwerk nicht ohne weiteres in den Vorderwagen des A6 passte. Die Lösung: Neben der obligatorischen Verbreiterung verlängerte das Quattro-Team die Front um vier Zentimeter.

Die Kraftübertragung in Richtung Allradantrieb übernahm ausschließlich die Fünfstufen-Automatik Tiptronic, die für den Einsatz im RS 6 mit kürzeren Schaltzeiten aufwartete. Noch knackiger gab sich aber das straffe Fahrwerk mit dem erstmals eingesetzten hydraulischen Wank- und Nickausgleich Dynamic Ride Control. Das System beeindruckte auch die AUTO ZEITUNG 2002 im Test gegen BMW M5 und Jaguar S-Type R: Im Hockenheim war der sportliche Neuling aus Ingolstadt uneinholbar.
Die Konkurrenten:
Darf es etwas mehr sein? RS 6 Plus als Zugabe
Neben dem hohen Preis von 86.500 beziehungsweise 88.600 Euro für den Avant – ein Porsche 911 kostete 63.400 Euro – fanden die Kollegen sonst nur an den Instrumenten Anlass zur Kritik: "Die Tacho-Skalierung ist bei einem Endwert von 310 km/h zu eng geraten, was die Ablesbarkeit erschwert." Praxisrelevant war dieser Makel aber nie, da Limousine und Kombi stets bei 250 km/h abgeregelt waren. Einzige Ausnahme: Der nur als Avant erhältliche RS 6 Plus bretterte zum Abgesang der Baureihe nochmal richtig aus seiner Sportabgasanlage und kletterte dank 30-Zusatz-PS auf 280 km/h Topspeed. Auf 100 km/h sprintete der Plus in damals wahnwitzigen 4,6 s. Mit dem normalen RS 6 benötigte die AUTO ZEITUNG 5,3 s für den Standardsprint.
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So schnell wie sie fuhr, so schnell verkaufte sich die damals schnellste Oberklasse auch: Mit 8126 Exemplaren begründete der erste RS 6 eine Erfolgsgeschichte, die ihn bis heute zur Benchmark unter den Sportkombis adelt. Nicht zuletzt dank ihm verdiente sich Audi endgültig einen Platz zwischen BMW und Mercedes im Premium-Triumphivat.