MPU: Vorbereitung, Ablauf & Kosten Schon ab 1,1 Promille droht eine MPU

- Wann droht eine MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung)?
- Wer darf eine MPU durchführen?
- Wie sieht der Ablauf einer MPU aus?
- Was kostet eine MPU?
- Vorbereitung auf eine MPU?
- Kann man eine MPU durch eine höhere Geldstrafe abwenden?
- Trotz MPU-Anordnung mit ausländischem Führerschein in Deutschland fahren?
- Frist für MPU abgelaufen: Nach wie vielen Jahren muss der Führerschein komplett neu gemacht werden?
Wenn Autofahrer:innen ihre Fahrerlaubnis wegen Alkohol, Drogen oder zu vielen Punkten in Flensburg verlieren, ist häufig eine MPU (Medizinisch-Psychologische-Untersuchung) die Konsequenz. Alle Informationen zu Vorbereitung, Ablauf & Kosten!
Die meisten Autofahrer:innen verbinden das Wort "MPU" (Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung) mit Angst. Angst, für immer ohne Führerschein zu sein, Angst, den Job zu verlieren. Und: Die wenigsten Betroffenen reden über die Schmach, zu der im Volksmund immer noch oft "Idiotentest" genannten MPU zu müssen. "Der flapsige Begriff rührt noch aus den 50er-Jahren, als es beispielsweise darum ging, abzuklären, warum jemand die theoretische Führerscheinprüfung dreimal nicht bestanden hatte und Intelligenzdefizite ausgeschlossen werden sollten", erklärt der Dekra-Verkehrspsychologe Thomas Wagner. Die heutige MPU jedoch habe mit diesem Test nichts gemeinsam. Nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) haben sich 2018 rund 87.000 Personen im Rahmen einer MPU begutachten lassen. Knapp 60 Prozent wurden dabei als "geeignet" und rund 36 Prozent als "ungeeignet" berurteilt. Der Rest wurde als "nachschulungsfähig" eingestuft, was bedeutet, dass der:die Autofahrer:in erst nach dem Besuch einer anerkannten Schulung die Fahrerlaubnis ohne eine weitere MPU zurückbekommen. Die AUTO ZEITUNG beantwortet die wichtigsten Fragen zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU), der Vorbereitung, dem Ablauf und den damit verbundenen Kosten. Mehr zum Thema: Alkohol auf dem Fahrrad
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Alkohol-Interlock-System im Video:
Wann droht eine MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung)?
Ist die Fahrerlaubnis entzogen, prüft die Führerscheinstelle vor deren Wiedererteilung, ob eine medizinisch-psychologischen Untersuchung nötig ist. Angeordnet wurde eine MPU bislang immer dann, wenn jemand etwa mit 1,6 Promille oder mehr Alkohol im Blut erwischt wurde. Fahrer:innen, die mit 1,1 bis 1,59 Promille im Blut unterwegs waren, drohte eine MPU nur dann, wenn die betroffene Person weitere Auffälligkeiten zeigte. Auch bei Wiederholungstätern reicht ein geringerer Wert, um den Führerscheinentzug zu verordnen. Seit Mitte März 2021 wird eine MPU auch dann erforderlich, wenn bei der Kontrolle ein Promillewert von 1,1 bis 1,59 festgestellt wird, Betroffene aber keine oder kaum alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 17. März 2021 entschieden. Der Grund: In solch einem Fall muss laut aktuellem wissenschaftlichen Kenntnissstand von einer außergewöhnlichen Alkoholgewöhnung ausgegangen werden. In Folge ist davon auszugehen, dass Betroffene regelmäßig viel trinken und das auch in Zukunft tun werden – und sich eben auch alkoholisiert hinters Steuer setzen. Das Fehlen der alkoholbedingten Ausfallerscheinungen muss dann bei der ersten Trunkenheitsfahrt dokumentiert werden. Laut der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ist Alkohol am Steuer mit 42 Prozent der häufigste Anlass für eine MPU, dicht gefolgt von Drogen- und Medikamentenmissbrauch (29 %) sowie einem vollen Punktekonto (18 %). Ist man als Gewohnheitskonsument von Drogen oder Alkohol bekannt, kann der Führerschein auch unabhängig davon, ob man tatsächlich Auto gefahren ist, entzogen werden und eine MPU zur Wiedererlangung erforderlich machen. Letzten Endes liegt eine solche Anordnung aber immer im Ermessen der verantwortlichen Führerscheinstelle.
Wer darf eine MPU durchführen?
Eine MPU darf von 14 anerkannten Trägern in Deutschland an rund 270 Beratungsstellen, darunter auch Dekra und TÜV-Gesellschaften, durchgeführt werden. Eine Übersicht gibt die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). >> Übersicht zur MPU
Wie sieht der Ablauf einer MPU aus?
Die eigentliche MPU dauert in der Regel zwei bis drei Stunden und umfasst vier Schritte: eine medizinische Untersuchung, ein psychologisches Gespräch, einen Reaktionstest und Fragebögen. Bei der medizinischen Untersuchung handelt es sich um einen Gesundheitscheck. Hier möchte der:die Arzt:Ärztin im Falle eines Alkoholdeliktes etwa ausschließen, dass durch eine Alkoholvorgeschichte erhebliche Erkrankungen aufgetreten sind, die ein sicheres Führen von Kraftfahrzeugen beeinträchtigen können. Darüber hinaus werde auch das aktuelle Konsumverhalten durch Labortests erfasst, so der Dekra-Verkehrspsychologe Thomas Wagner. Auch die Befunde von MPU-Teilnehmer:innen, die zuvor an einer Entwöhnung in einer Klinik teilgenommen haben, werden ihm zufolge berücksichtigt. Die meiste Zeit nimm in der Regel das psychologische Gespräch in Anspruch: "Hier wird ein zweckgerichtetes, diagnostisches Interview durchgeführt, auf das sich der Psychologe auch sehr umfassend vorbereiten muss", so Wagner. Es gehe hierbei nämlich auch darum, anhand der Historie des:der Betroffenen herauszufinden, inwiefern die Gründe für den Entzug der Fahrerlaubnis auf- und verarbeitet wurden. Darüber hinaus umfasst die MPU Leistungstests – etwa zum Reaktionsvermögen oder der Konzentrationsfähigkeit. Die Fragebögen können neben persönlichen Daten zur Ausbildung und Fahrsituation auch das Abfragen von Vorerkrankungen und Fachwissen zum Beispiel über Alkohol im Straßenverkehr beinhalten. Die Reihenfolge der einzelnen Schritte einer MPU ist übrigens nicht festgelegt, was einen ganz praktischen Grund hat: "Der Betroffene soll so wenig Wartezeit und Leerlauf wie möglich bei einer MPU haben", erklärt Wagner. Bis das endgültige Ergebnis einer MPU vorliegt, dauert es in der Regel gut zwei Wochen und wird dem Teilnehmer in Form eines Gutachtens mit den wesentlichen Befunden inklusive stichhaltiger Begründung übermittelt. "Eine erste Tendenz jedoch kann man dem Betroffenen durchaus schon direkt mit auf den Weg geben", berichtet Wagner. "Final entscheiden Arzt und Psychologe dann aber gemeinsam auf Basis der Untersuchungsergebnisse, denn beide müssen den Veränderungsprozess beurteilen."
Was kostet eine MPU?
Bis Juli 2018 waren die Kosten einer MPU bundeseinheitlich geregelt und damit deutschlandweit identisch – egal ob die Begutachtung bei TÜV, Dekra oder einer anderen Begutachtungsstelle durchgeführt wurde. Seit dem 1. August 2018 kann jedoch jede Begutachtungsstelle die Kosten für die MPU frei festlegen. Um die genauen Preise zu erfahren, müssen betroffene Autofahrer:innen daher bei der jeweiligen Stelle selbst nachfragen. Der ADAC nennt Kosten von circa 350 bis 750 Euro – diese muss der:die Betroffene selbst zahlen. Im Vorfeld der MPU können zudem Kosten zwischen 50 und 350 Euro für Blut-, Urintests und Haaranalysen anfallen. Wer spezielle Vorbereitungskurse in Anspruch nimmt, muss – je nach Umfang und Anbieter des Seminars – mit weiteren 150 bis 800 Euro rechnen. Und tatsächlich sollten Autofahrer hier nicht an der falschen Stelle sparen: Meist ist es billiger, die MPU mit Hilfe einer Beratung beim ersten Mal zu bestehen, als die Untersuchung mehrmals über sich ergehen lassen zu müssen. Denn: Bei Nichtbestehen fallen bei einer Wiederholung zu einem späteren Zeitpunkt die gesamten Kosten für die MPU erneut an. Zur Orientierung zeigt die folgende Tabelle die bis Juli 2018 gültigen Preise für die MPU.
MPU-Gebühren (bis Juni 2018) | Kosten |
---|---|
wegen einer oder mehrerer Alkoholauffälligkeiten | 402,22 Euro |
wegen Punkten im Straßenverkehr oder Straftat(en) | 347,48 Euro |
wegen Alkoholauffälligkeit und Punkten im Straßenverkehr | 575,96 Euro |
wegen Drogenauffälligkeit | 554,54 Euro |
wegen Drogenauffälligkeit und Punkten | 728,28 Euro |
wegen Drogen- und Alkoholauffälligkeit | 755,65 Euro |
wegen Drogen - und Alkoholauffälligkeit sowie Punkten im Straßenverkehr oder Straftat(en) | 929,39 Euro |
Vorbereitung auf eine MPU?
Die Vorbereitung spielt für das Bestehen einer MPU eine wichtige Rolle. "Denn eine Untersuchung der BASt zeigt: Personen, die sich frühzeitig informieren, beraten und schulen lassen, bestehen die MPU zu 81 Prozent", sagt Axel Uhle vom TÜV Süd. Die Dauer einer MPU-Beratung liegt "bei klassischen Alkoholdelikten" zwischen zehn bis 20 Stunden, so der Verkehrspsychologe. Dabei sind sowohl Gruppen- als auch Einzelsitzungen möglich. "In den allermeisten Fällen stecken unreflektierte Gewohnheiten hinter den Auffälligkeiten, die dann zu einer MPU-Aufforderung geführt haben", weiß Uhle. Bei den Beratungsangeboten zur Vorbereitung auf eine MPU gibt es allerdings große Unterschiede. "Leider herrscht hier regelrechter Wildwuchs, was damit zusammenhängt, dass der Begriff 'verkehrspsychologischer Berater' nicht geschützt ist", so der Verkehrspsychologe. Daher würden MPU-Beratungen von ganz unterschiedlichen Berufsgruppen – vom Fahrlehrer bis zum Physiotherapeuten – angeboten. "Viele dieser Angebote zielen jedoch drauf ab, ein Rollenspiel zu bestehen, was der komplett falsche Ansatz ist", kritisiert Thomas Wagner. In einer guten MPU-Beratung hingegen werde den Ursachen des Fehlverhaltens auf den Grund gegangen. Schließlich sei es auch das Ziel einer MPU, festzustellen, inwiefern sich der:die betroffene Verkehrsteilnehmer:in mit seinem Fehlverhalten hinterm Steuer auseinandergesetzt, dieses reflektiert und seine Einstellung sowie Verhalten stabil geändert habe.
Kann man eine MPU durch eine höhere Geldstrafe abwenden?
Nein, denn anders als bei einem Fahrverbot kann eine MPU nicht durch eine höhere Geldbuße abgewendet werden. Wer also einmal zu einer MPU verdonnert wurde, kann diese nicht durch höhere Zahlungen umgehen.
Trotz MPU-Anordnung mit ausländischem Führerschein in Deutschland fahren?
Nein, hier wird keine Ausnahme gemacht: Wer trotz MPU-Anordnung mit einem ausländischen Führerschein erwischt wird, macht sich einer Straftat schuldig, nämlich dem Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Frist für MPU abgelaufen: Nach wie vielen Jahren muss der Führerschein komplett neu gemacht werden?
Die MPU ist zwar verpflichtend, um die einmal entzogene Fahrerlaubnis wiederzuerlangen, man kann allerdings nicht zu einer Teilnahme gezwungen werden. Das Absolvieren einer MPU geschieht daher auf freiwilliger Basis. Das sorgt dafür, dass manch einer gleich ganz auf das Fahren verzichtet, statt sich der vermeintlich peinlichen MPU zu unterziehen und dafür viel Geld auszugeben. Kommt dann doch wieder der Wunsch nach dem Führerschein auf, steht vor allem eine Frage im Raum: Kann eine angeordnete MPU verjähren oder muss nach einer bestimmten Frist der Führerschein komplett neu gemacht werden? Im Grunde existiert eine offizielle Verjährung nicht, da Anordnungen der Straßenverkehrsbehörde rein rechtlich nicht verjähren können. Dennoch kann nach fünf Jahren schuldfreiem Verhalten im Straßenverkehr eine Verjährung der MPU eintreten: Ab dem sechsten Jahr dauert es dann noch zehn Jahre, bis der Führerschein neu beantragt werden kann. Dann wird allerdings ein erneutes Ablegen der theoretischen und praktischen Fahrprüfung erforderlich. Zudem wird davon ausgegangen, dass erneute Fahr- und Theoriestunden nötig sind. Für Autofahrer:innen, die eine MPU verordnet bekommen haben, gibt es also nur zwei Optionen, um seine:ihre Fahrerlaubnnis zurückzubekommen: das erfolgreiche Absolvieren der MPU oder eine erneute Führerscheinprüfung 15 Jahre nach der MPU-Verordnung.