Tommykaira ZZ II: Gran-Turismo-Kult auf Skyline GT-R-Basis
Wer die 2000er-Jahre auf dem Rücksitz erlebt hat und nur auf der heimischen Playstation ins Lenkrad greifen durfte, dem oder der wird dieses Auto sicherlich bekannt vorkommen. Und das liegt nicht nur daran, dass der blaue Supersportler je nach Betrachtungswinkel an einen McLaren F1 oder die später vorgestellten Mazda RX-8 sowie Lotus Evora erinnert. Dem Tommykaira ZZ II verdankt die Spielerreihe "Gran Turismo" (Gran Turismo 7 im Test) das wohl ultimative Budget-Supercar, während der japanische Exot ohne den Rennsimulator zugegebenermaßen längst völlig in Vergessenheit geraten wäre.
Passendes Zubehör für den Klassiker:
Dabei bot das ehrgeizige Projekt auch ohne die Gaming-Geschichte und JDM-Folklore reichlich Material zum Staunen. Die japanische Firma Tommykaira, (auch namentlich) zusammengesetzt aus den Gründern Yoshikazu Tomita und Kikuo Kaira, hatte 1996 nach einigen Jahren in der Tuningbranche den ZZ als Eigenentwicklung auf die Räder gestellt. Das Erstlingswerk sah ein bisschen so aus, als hätte man eine Lotus Elise mit einem plattgetretenen Frosch gepaart. Weniger wegen der rundgelutschten Optik als vielmehr wegen seines Nissan-Vierzylinders mit 180 PS (132 kW), der nur 650 kg zu beschleunigen hatte, verkaufte sich der Sportler knapp 220 Mal.
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Ärgster Konkurrent des Tommykaira ZZ II? Porsche Carrera GT!
Im Jahre 2000 plante Tommykaira mit dem ZZ II den nächsten Coup: Porsche hatte nach dem Le-Mans-Ausstieg soeben die erste Studie zum Carrera GT vorgestellt und Tomita sowie Kaira genau diesen zum direkten Konkurrenten auserkoren. Dementsprechend stellte der ZZ II nicht den Nachfolger des Lotus-Rivalen dar, sondern eher dessen Verdopplung in vielerlei Hinsicht. Nummer Zwei war mit einer Länge von 4,3 m und einer Breite von 1,86 m ganze 70 cm länger sowie zehn Zentimeter breiter und wog nunmehr 1000 kg. Um den Supersportler mit hauseigenen Alu-Chassis und Kohlefaser-Haut auch standesgemäß zu beschleunigen, bediente man sich erneut bei Nissan.

Die Wahl fiel auf das Nonplusultra des Nissan-Motorenbaus namens RB26 DETT. Beim Klang dieses Namens müssen einem nur wenige Tröpfchen Benzin durchs Blut wirren, um Letzteres in Wallung zu bringen. Der Reihensechser samt Biturbo trieb sonst vornehmlich den Nissan Skyline GT-R zu Höchstleistungen an und streute leistungsmäßig rekordverdächtig oberhalb der angegebenen 280 PS (206 kW). Im Tommykaira ZZ II gönnten die Tuner dem 2,6er nicht nur eine adäquate Kraft-Eskalation auf 550 PS (405 kW) samt leichter Hubraumerhöhung auf 2,7 l, sondern drehten den gesamten Antriebsstrang einmal um 180 Grad, um das Godzilla-Herz mittig hinter die Sitze zu transplantieren.
Unter 3 s auf 100, 330 km/h Topspeed – in Gran Turismo
Sogar der Allradantrieb des Skyline fand unter der schlanken Sportwagenhülle Platz, zumindest offiziell. Hinter den Kulissen war die Unternehmung in Schieflage geraten, weil der Firma Investorengelder fehlten. Auch der ZZ II bekam das zu spüren: Tommykaira musste die vorderen Antriebswellen rausschmeißen, weil sie unter (finanziell) vertretbarem Aufwand nicht in den Prototyp passten. Ergo muss sich das Einzelstück bis heute mit reinem Hinterradantrieb zufriedengeben. Auch im Innenraum vermengten sich Ehrgeiz und Engpässe, wie beispielsweise der Handschalter aus dem Audi TT zu berichten weiß. So hatte das invertierte Getriebe den ersten Gang Rennwagen-verdächtig hinten links und den zweiten Getriebeschaden-verdächtig vorne links.
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So richtig glänzen kann der Tommykaira ZZ II deshalb bis heute nur im Showroom in Kyōto (Japan), abgesehen natürlich von den Gran-Turismo-Spielen. Dort, in der Gaming-Welt, ist der Supersportler nicht nur problemlos käuflich, sondern rast samt Allradantrieb in unter drei Sekunden auf 100 und bis auf 330 km/h Vmax weiter. An einer Probefahrt interessiert? Zwischen Gran Turismo 3 und 6 war der Carrera-GT-Rivale fester Bestandteil der Simulator-Reihe.