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Geht auch ganz einfach:

Neuwagen-Geruch kein Zufall Damit es nicht vom Himmel stinkt

Zum Wohlfühlen im Auto zählt auch der Geruch. Der ist zwar schwer in Worte zu fassen, entscheidet aber auch ganz wesentlich darüber, ob wir ein Auto mögen oder nicht. Das gilt vor allem für Neuwagen. Entsprechend viel Aufwand betreiben hier die Autohersteller

Hineinsetzen und wohlfühlen. Das ist der Idealfall beim Kauf eines neuen Autos. Spielt zunächst die Optik eine große Rolle, folgt irgendwann die erste Sitzprobe mit anschließender Probefahrt. Spätestens dann wird auch der Geruch des Fahrzeugs unwillkürlich bewertet - und kann Einfluss auf die Kaufentscheidung haben.

 

Neuwagen-Geruch: Der Mix macht's

«Der Neuwagengeruch darf nicht aufdringlich sein und muss zum Auto passen», sagt Vincenzo Lucà vom TÜV Süd. Eine zu starke Blumennote kann ebenso abschreckend sein wie ein intensiver Eigengeruch der Kunststoffe. Um eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, helfen einige Autohersteller daher durchaus auch mit Geruchsspendern nach und platzieren etwa textile Duftbänder unter den Sitzen, weiß Lucà.

Kann ein potenzieller Kunde ein Auto nicht riechen, hat der Verkäufer schlechte Karten. «Der erste Eindruck kann tatsächlich eine sehr wichtige Rolle spielen. Insbesondere, wenn es sich um einen störenden Geruchseindruck handelt», bestätigt Michael Franke von Volkswagen. Generell würden schlechte Gerüche schneller wahrgenommen als gute.

Nahezu alle Hersteller betreiben daher einen erheblichen Aufwand, um ihre Autos angenehm riechen zu lassen. Zu stark riechende Bauteile sollen gar nicht erst ins Auto. Mercedes beschäftigt ein eigenes «Nasenteam», das sich um die Gerüche der verbauten Materialien kümmert. Bereits seit 1992 werden hierzu in einem standardisierten Test Proben entnommen, zwei Stunden lang auf bis zu 80 Grad erhitzt und anschließend von mehreren Prüfern bewertet. Die anschließende Beurteilung von «nicht wahrnehmbar» bis «unerträglich» ist ausschlaggebend dafür, ob das Material verbaut werden darf.

«Unser Ziel ist es, einen angenehmen, möglichst neutralen Geruch zu schaffen», erläutert Claudia Schempp, die sich bei Daimler mit Geruchstests und Olfaktometrie befasst. Dabei wird am Ende auch noch einmal überprüft, ob die Gerüche der Bauteile in der Summe nicht doch eine unangenehme Note erzeugen. Einen Einheitsgeruch für alle Modelle gibt es nicht, weil Innenausstattung und Materialzusammensetzung in jedem Modell anders ist. Das Ziel der Geruchstester: «Der einzige Geruch, der in einem Mercedes-Benz bewusst wahrgenommen werden darf, ist der von Leder», sagt Schempp.

Ziel: Geruchsneutralität

Einen ähnlich hohen Aufwand betreibt Audi in der olfaktorischen Abteilung. Rund 500 verschiedene Bauteile werden pro Modell per Geruchstest analysiert. Auch hier ist das Ziel ein neutraler Geruch. Denn: «Das geruchslose Auto kann und wird es nicht geben, das ist auch nicht gewollt. Genauso wenig möchte man in einem schalltoten Auto sitzen», erklärt Heiko Lüßmann-Geiger, Leiter des Geruchsteams. Dennoch soll ein neues Fahrzeug einen typischen Geruch aufweisen. Ob A1 oder A8 - eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Modellen macht Audi hierbei nicht, ebenso wenig wird mit Duftstoffen nachgeholfen, sagt Pressesprecher Josef Schloßmacher.

Als Geruchsträger kommen alle Teile infrage. «Großflächige Bauteile wie Sitzbezüge, Teppiche, Dachhimmel, Sitzschaum und Instrumententafel haben prinzipiell einen größeren Einfluss als kleinere Bauteile», erklärt Isfried Hennen von Ford. «Bauteile, die Naturfasern wie Holz enthalten, riechen auch stärker, aber nicht unbedingt unangenehm.» Ein Geruchsdesign im Sinne von bewusst zugesetzten Stoffen gibt es bei dem Kölner Autobauer nicht.

Vor 20 bis 30 Jahren jedoch war es bei vielen Neuwagen kaum möglich, es ohne Duftbaum oder andere Hilfsmittel hinterm Steuer auszuhalten.
«Der Begriff «Neuwagen-Geruch» war lange gleichbedeutend mit starkem Plastikgeruch» sagt Lucà. Die Kunststoff-Ausdünstungen seien bei vielen Modellen so stark gewesen, dass die Scheiben beschlugen, erinnert sich der TÜV-Mann. Besonders bei höheren Außentemperaturen trat dieser «Fogging-Effekt» auf. Bei heutigen Neuwagen sei das aber nur noch selten zu beobachten.

«Bis Anfang der 90er-Jahre hat das Thema Gerüche eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Der Neuwagen-Geruch als Eigenschaft des Fahrzeugs war sogar durchaus erwünscht», erklärt VW-Sprecher Michael Franke. Das habe sich grundlegend geändert, weshalb heute sehr stark auf geruchsarme Kunststoffe geachtet werde.

Minderwertige Kunststoffe sorgen für schlechte Gerüche

«Stinker» unter den Neuwagen aber gibt es dennoch, speziell wenn minderwertige Kunststoffe verarbeitet werden. Wer sich dadurch gestört fühlt, dem empfiehlt TÜV-Süd-Experte Eberhard Lang intensives und langes Lüften. Denn die Dämpfe könnten auch müde machen und so das Reaktionsvermögen beeinträchtigen.

Obwohl die Autohersteller ihre Fahrzeuge möglichst geruchsneutral ausliefern wollen, lassen es sich viele Autofahrer nicht nehmen, eine eigene Note in ihren Wagen zu bringen. «Viele möchten ihr Auto auch über den Geruch individualisieren», erklärt Lucà den Griff zu Duftbaum & Co. Der Fachhandel bietet hierfür eine große Palette an Duftspendern, die beispielsweise auch direkt an den Lüftungsauslässen platziert werden können. Mercedes bietet seinen S-Klasse-Kunden auf Wunsch im Air-Balance-Paket eine «aktive Beduftung» an. Der Fahrer kann die Intensität einstellen und auch eine Duftauswahl treffen.

Erwünscht ist der Neuwagengeruch auch bei Gebrauchtwagenhändlern und Fahrzeugaufbereitern. Sie betreiben einen hohen Aufwand, um die Gerüche der Vorbesitzer zu entfernen und den Geruchscocktail verschiedener Kunststoffe wieder ins Fahrzeug hineinzubringen. Schließlich soll der Gebrauchte wie ein Neuwagen wirken.

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