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Tempolimit (Deutschland): Aktuelle News Tempolimit spart laut Studie 950 Millionen Euro ein

AUTO ZEITUNG 09.05.2023
Inhalt
  1. Allgemeines Tempolimit kontrovers diskutiert
  2. Ampelkoalition: Bundesregierung streitet um Tempolimit
  3. Umfragen: So positionieren sich Autofahrende für/gegen das Tempolimit
  4. Erhöht ein generelles Tempolimit die Sicherheit? Studien & Fakten zum Thema
  5. Studie: Verkehr durch Tempolimit kaum langsamer
  6. Tempolimit: Studien zu Auswirkungen auf die Umwelt
  7. Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR) für Tempolimit & ADAC rückt von Nein ab

Obwohl von Seiten der Bundesregierung eindeutig abgelehnt, steht ein allgemeines Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen immer wieder im Diskussionsmittelpunkt. Welche Auswirkungen es auf die Umwelt und die Sicherheit im Straßenverkehr haben könnte, fasst die AUTO ZEITUNG hier zusammen. Dieser Artikel wurde zuletzt am 08.05.2023 aktualisiert.

 

Allgemeines Tempolimit kontrovers diskutiert

Die politischen und gesellschaftlichen Kontroversen um ein mögliches Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen gleicht dem US-Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" mit Bill Murray: Kaum ist die eine, von einer Partei initiierte Diskussion ad acta gelegt, ploppt die nächste Studie oder Forderung einer Nichtregierungs-Organisation auf. Dabei werden viele Argumente eingebracht – mal stimmig, mal polemisch. Damit Autofahrer:innen den Überblick behalten, wie der aktuelle Stand ist, wie sich die Politik zu einem möglichen allgemeinen Tempolimit positioniert und wie sich die Studienlage zu Vor- und Nachteilen einer Geschwindigkeitsbeschränkung darstellt, aktualisiert die AUTO ZEITUNG diesen Übersichtsartikel regelmäßig und hat dieses Thema außerdem in einem Kommentar eingeordnetAuch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Darum haben deutsche Autobahnen kein generelles Tempolimit (Video):

 
 

Ampelkoalition: Bundesregierung streitet um Tempolimit

  • Mit ihrem Vorstoß zu einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) Anfang Mai 2023 eine erneute Debatte zu dem Thema entfacht. "Nahezu täglich grüßt ein neuer Tempolimit-Vorschlag aus Reihen der Grünen", kommentiert die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad. "Das ist nicht nur dreist, weil es im Koalitionsvertrag ausgeschlossen ist, sondern ändert auch nichts daran, dass die überschaubare Klimawirkung eines Tempolimits eher zu vernachlässigen ist." Die Umweltministerin hatte zuvor im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur mehr Anstrengungen für Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr gefordert und dazu ein Tempolimit auf Autobahnen ins Spiel gebracht. Ein Tempolimit könne einen wesentlichen Beitrag für den Klimaschutz leisten, so Lemke. Tatsächlich gilt der Verkehr als ein Sorgenkind, wenn es um Klimaziele geht: In dem Sektor wurden gesetzliche Vorgaben zur CO2-Einsparung für das Jahr 2022 verfehlt. Die Emissionen stiegen im Vergleich zum Vorjahr leicht an.

  • Allerdings haben sich SPD, Grüne und FDP im November 2021 in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, weder ein generelles Tempolimit auf Autobahnen (maximal 130 km/h) und Landstraßen (80 km/h), noch flächendeckend 30 km/h in Städten einzuführen. Man kann das Aus für ein generelles Tempolimit als Zugeständnis an die FDP werten. Denn noch vor der Bundestagswahl 2021 hatten die Grünen bekräftigt, im Falle einer Regierungsbeteiligung möglichst schnell ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen durchsetzen zu wollen.

 

Umfragen: So positionieren sich Autofahrende für/gegen das Tempolimit

  • Die Ergebnisse einer Studie, die der Automobilclub Mobil in Deutschland in Auftrag gegeben hat, zeigt im September 2021, dass 52 Prozent der befragten Autofahrer:innen ein Tempolimit von 130 km/h ablehnt.

  • Anders sieht es bei einer Studie der Allianz Direct-Versicherung – ebenfalls aus dem September 2021 – aus. Sie hat nicht nur Autofahrer:innen befragt, sondern auch Menschen, die ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad nutzen oder nur zu Fuß unterwegs sind. Zudem war die Umfrage nur an Personen mit einem Alter unter 45 Jahren gerichtet. Beim Ergebnis der Allianz Direct-Studie haben 39 Prozent der Befragten für ein Tempolimit von 130 km/h gestimmt. 32 Prozent würden ein höheres Tempolimit, wie es aktuell jedoch nicht politische diskutiert wird, bevorzugen. Die Schlussfolgerung der Allianz Direct-Versicherung ist, dass 71 Prozent ein Tempolimit befürworten. Die jüngsten Umfrageteilnehmer:innen hatten übrigens den größten Anteil an Tempolimit-Gegner:innen.

  • Die Mehrheit der Deutschen ist für ein Tempolimit auf der Autobahn. Zu dem Ergebnis kommt wiederum eine repräsentative Bevölkerungsumfrage im Auftrag des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamts im April 2021. Demnach sprachen sich 64 Prozent "auf jeden Fall" oder "eher" für ein Tempolimit von 130 km/h aus. Lediglich 36 Prozent gaben an, dass "eher nein" oder "auf gar keinen Fall" ein Tempolimit wollen.

  • Zu einem ähnlichen Ergebnis kam 2020 eine Studie des Meinungsforschungsinstitutes Civey im Auftrag des Nachrichtenportals t-online.de. Von 5061 befragten Menschen sprachen sich 41 Prozent für ein Tempolimit aus, 31 Prozent waren dagegen. Die repräsentative Umfrage beschäftigt sich auch mit der konkreten Höchstgeschwindigkeit eines möglichen Tempolimits: 15 Prozent der Befragten sind demnach der Meinung, dass ein Tempolimit auf der Autobahn sinnvoll wäre, jedoch oberhalb der geplanten 130 km/h liegen müsste. Für ein Tempolimit von 120 km/h sprachen sich weitere neun Prozent aus.

News Tempolimit aufgehoben Schild
Tempolimit aufgehoben Extinction Rebellion hängt Schilder ab

 

Erhöht ein generelles Tempolimit die Sicherheit? Studien & Fakten zum Thema

  • Ein Tempolimit von 130 km/h auf Deutschlands Autobahnen würde nach einer Studie neben dem Klimaschutzeffekt auch einen erheblichen wirtschaftlichen Nutzen haben. Eine internationale Forschergruppe ermittelte sogenannte Wohlfahrtsgewinne von mindestens 950 Millionen Euro pro Jahr. Besonders der eingesparte Treibstoff, weniger Unfälle, geringere Lieferkettenkosten und Einsparungen bei der Infrastruktur seien dafür neben dem Klimaschutzeffekt relevant, heißt es in der Ende April 2021 bekannt gewordenen Studie, die im Fachjournal "Ecological Economics" veröffentlicht wurde und über die "Spiegel online" berichtete. Auch ohne Emissionseinsparungen ergebe sich ein Wohlfahrtsgewinn von 660 Millionen Euro jährlich.

    Die Expert:innen bewerten das Tempolimit daher als Win-win-Situation: Gut fürs Klima und mit erheblichem Gewinn für die Gesellschaft. Deutschland ist nach Darstellung der Autoren der Studie nach wie vor das einzige große Land der Welt, in dem es keine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen gibt. Eines der Hauptargumente dafür sei, dass niedrigere Geschwindigkeiten Kosten für die Reisezeit verursachten, die nicht durch Vorteile wie eine Verringerung der Treibhausgasemissionen aufgewogen würden. Aus Sicht der Autor:innen sind die vorgebrachten Argumente irreführend.

    ​Als Wohlfahrt wird in der Ökonomie den Angaben zufolge der Nutzen für Einzelne oder die Gesellschaft bezeichnet. Wie genau Wohlfahrt im Einzelnen bestimmt werden könne, etwa über das Bruttoinlandsprodukt oder weitere Indikatoren, sei unter Ökonom:innen noch umstritten. Die Experten aus Deutschland, Schweden und Kanada stützten sich den Angaben zufolge auf öffentlich zugängliche Daten. Mit Hilfe einer Kosten-Nutzen-Analyse ermittelten sie demnach die Auswirkungen eines Tempolimits auf Reisezeiten, Treibstoffverbrauch und -subventionen, Lieferketten, Infrastrukturausbau und -unterhalt sowie Unfälle, ferner Landnutzung, Emissionen von Luftschadstoffen und Treibhausgasen. Dabei berechneten sie, welche ökonomischen Schäden und Vorteile dadurch entstehen würden.

    Aus Sicht von Prof. Udo Becker vom Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr an der TU Dresden zeigen die Ergebnisse der Studie, dass ein Tempolimit volkswirtschaftlich sehr vorteilhaft sei. Autofahrer:innen würden durch ein Tempolimit Kraftstoff im Wert von 766 Millionen Euro pro Jahr sparen. In der Studie seien alle wesentlichen Wirkungen einbezogen worden. "Um die Klimaprobleme ebenso wie die Flächenverbrauchs-, Abgas- und Lärmprobleme des Verkehrs zu reduzieren, ist ein Tempolimit auf Bundesautobahnen damit ein volkswirtschaftlich sinnvolles Vorgehen", sagte Becker. Prof. Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin nannte die Annahmen und Methodik der Studie plausibel. Die Annahmen seien konservativ getroffen, insbesondere bei den sozialen Kosten der CO2-Emissionen.

  • Was würde ein generelles Tempolimit von 130 km/h auf Deutschlands Autobahnen für die Sicherheit bedeuten? Zunächst muss man berücksichtigen, dass Deutschland zwar auf der ganzen Welt für seine unbeschränkten Autobahnen bekannt ist, dies aber nur noch für knapp die Hälfte aller Strecken gilt: Während rund ein Drittel aller Autobahnkilometer bereits beschränkt sind, müssen auch noch die Baustellen auf Strecken ohne Tempolimit abgezogen werden – im Januar 2019 waren das immerhin 1667 Kilometer. Das heißt: Nur auf 57,2 Prozent aller Autobahnstrecken gibt es kein Tempolimit – hier gilt die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.

    Zudem ist die Autobahn bereits ohne Tempolimit die sicherste Straßenart in Deutschland: So gab es 2017 auf Landstraßen mehr als dreimal so viele Verletzte und mehr als viermal so viele Getötete bei Unfällen. Auch in den Innenstädten ist der Straßenverkehr wesentlich gefährlicher. Rechnet man die Opferzahlen auf die gefahrenen Kilometer um, ergibt sich ein ähnliches Bild: Gibt es innerorts pro einer Milliarde gefahrener Kilometer 4,8 Verkehrstote, sind es auf der Landstraße sogar 6,6. Auf der Autobahn liegt die Quote bei 1,75. Überraschend: Während die Anzahl der Verletzten innerorts in den vergangenen Jahren wieder deutlich ansteigt, fällt der Zuwachs auf der Autobahn deutlich geringer aus.

    Generell hat sich die Anzahl der Verkehrstoten in Deutschland seit 1990 jedoch stark reduziert – auf der Autobahn um 72 Prozent. Die Ursachen: bessere Straßen (vor allem im Osten) und technischer Fortschritt in Sachen Sicherheitstechnik bei Neuwagen. Dank Airbags, soliderer Crashstrukturen, ESP und zahlreicher Assistenten sind unsere Autos heute sicherer als je zuvor. Wachsende Gefahren entstehen dagegen in der zunehmenden Ablenkung von Fahrern und anderen Verkehrsteilnehmern durch Smartphone und Co. Deren oft tödliche Auswirkungen betreffen aber den Verkehr in den Städten und auf den Landstraßen deutlich schwerer als auf den Autobahnen. Ein generelles Tempolimit würde daran nichts ändern.

  • Dass ein generelles Tempolimit auf Autobahnen nicht unbedingt mehr Sicherheit bedeutet, zeigt auch der internationale Vergleich: So gibt es in den meisten Ländern mit Tempolimits mehr Verkehrstote pro einer Milliarde gefahrener Kilometer als in Deutschland – sogar in Belgien, wo die Neuwagendichte ähnlich hoch ist wie in Deutschland. Unfallforscher:innen erklären das mit der erhöhten Monotonie auf Autobahnen mit niedrigem Tempolimit. Hier erreichen Menschen ihren Leistungszenit, wenn sie weder über- noch unterfordert sind. Mit weniger Überholvorgängen und ohne deutliche Tempounterschiede zwischen den Fahrspuren wären die eingelullten Fahrer:innen im Ernstfall nicht reaktionsbereit. Zudem würde die Gefahr von Müdigkeit am Steuer deutlich erhöht. Und die dadurch ausgelösten Unfälle enden oft tödlich. Außerdem sind an den schweren Unfällen auf Autobahnen mit Verletzten und Getöteten überdurchschnittlich häufig Lastwagen beteiligt. So geschehen 58,9 Prozent aller fatalen Lkw-Unfälle auf Autobahnen, bei Autos sind es nur 15,7 Prozent. Und für Lastwagen gilt bereits ein Tempolimit.

  • Eine österreichische Analyse der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) von Juli 2018 hingegen kommt zum Schluss, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung das Unfallrisiko auf Deutschlands Autobahnen deutlich senken würde. Der Pressemitteilung zufolge gab es in Deutschland im Schnitt der Jahre 2015 bis 2017 pro 1000 Autobahnkilometer 35 Prozent mehr Verkehrstote als auf Österreichs Autobahnen (93 zu 69). Auch die Zahl der Unfälle und der Verletzten war nach Angaben des VCÖ deutlich höher. Den Grund für das deutlich höhere Unfallrisiko führen die Österreicher:innen darauf zurück, dass es in Deutschland auf mehr als der Hälfte des Autobahnnetzes kein Tempolimit von 130 km/h gibt. In Österreich hingegen schon. Deutschlands Autobahnnetz ist 12.996 Kilometer lang, Österreichs Autobahn- und Schnellstraßennetz umfasst 2208 Kilometer.

    Pro 1000 Autobahnkilometer gibt es in Österreich deutlich weniger Unfälle, weniger Verletzte und Todesopfer", fasst VCÖ-Experte Markus Gansterer die Analyse auf Basis von Daten des Deutschen Statistischen Bundesamts und der Statistik Austria zusammen. "Deutschlands Unfallbilanz könnte deutlich besser sein, wenn es am gesamten Autobahnnetz ein Tempolimit von 130 km/h gibt und nicht wie derzeit nur etwa auf der Hälfte. Mit dem Tempo nimmt der Anhalteweg zu, das Risiko eines Unfalls steigt dadurch", führt Gansterer weiter aus. So kam es 2017 je 1000 Autobahnkilometer in Österreich zu 1065 Verkehrsunfällen, in Deutschland waren es mit 1610 ganze 51 Prozent mehr. Mit 2592 Verletzten je 1000 Autobahnkilometer liegt die Zahl in Deutschland im gleichen Zeitraum 65 Prozent über der in Österreich (1573). Und die Zahl der Verkehrstoten auf Deutschlands Autobahnen und 1000 Autobahnkilometer war um ein Viertel höher. Im Schnitt der Jahre 2015 bis 2017 war sie sogar um ein Drittel höher, so das Ergebnis der VCÖ-Analyse.

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Studie: Verkehr durch Tempolimit kaum langsamer

In einer Studie von 2010 bis 2014 hat die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) herausgefunden, dass ein Tempolimit den Verkehr auf der Autobahn kaum ausbremsen würde. Die meisten Autofahrer:innen halten sich nämlich ohnehin an die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Nur jede dritte Person fährt auf Autobahnabschnitten ohne Geschwindigkeitsbegrenzungen schneller als 130 km/h. Schneller als 150 km/h ist wiederum nur jede zehnte unterwegs. Des Weiteren vergleicht die Studie die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit mit dem jeweils erlaubten Tempo – mit erstaunlichen Ergebnissen: Bei erlaubten 80 km/h betrug die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit 87,4 km/h. Bei Tempo 100 waren es 103,3 km/h im Durchschnitt. Auf Autobahnabschnitten mit erlaubten 120 km/h wurden durchschnittlich lediglich 115,6 km/h gemessen. Bei erlaubten 130 km/h wurden im Durchschnitt sogar nur 118,3 km/h gefahren. Auf Strecken ohne Tempolimit betrug die Durchschnittsgeschwindigkeit 124,7 km/h. Die Daten der BASt-Studie wurden an 100 Messstellen zwischen den Jahren 2010 und 2014 gesammelt. Erkenntnisse, ob ein Tempolimit Auswirkungen auf die Umwelt und die Sicherheit hätte, liefert die Studie allerdings nicht. Laut einer Umfrage von Autoscout24 aus dem Juli 2020 beträgt die höchste je gefahrene Geschwindigkeit der Deutschen im Schnitt übrigens 194 km/h. Nur 15 Prozent der Befragten sind jemals schneller als 240 km/h unterwegs gewesen.

 

Tempolimit: Studien zu Auswirkungen auf die Umwelt

Laut dem Bundesverkehrsministerium wurden 2020 3,82 Milliarden Liter Benzin und 18,3 Milliarden Liter Diesel von Autos verbraucht. Eingespart werden können mit einem Tempolimit von 130 km/h einem Bericht der "tz" unter Berufung auf aktuelle Berechnungen zufolge 600 Millionen Liter Sprit, was 1,5 Millionen Tonnen CO2 entspricht. Auch Berechnungen des Umweltbundesamts (UBA) zufolge würde der Ausstoß von Treibhausgasen durch eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung deutlich gemindert. 1,9 Millionen bis 5,4 Millionen Tonnen CO2 könnten je nach Ausgestaltung pro Jahr eingespart werden, wie die Behörde am 28. Februar 2020 mitteilte. Bei erlaubten 120 km/h würden demnach 2,6 Millionen Tonnen CO2 vermieden, ein Tempolimit von 130 km/h noch 1,9 Millionen Tonnen – "und zwar sofort und ohne Mehrkosten", wie UBA-Präsident Dirk Messner sagte. Und wenn höchstens Tempo 100 erlaubt wäre, ließen sich sogar 5,4 Millionen Tonnen CO2 sparen.

Für die Berechnungen, die dem UBA zufolge auf aktuellen Verbrauchsdaten von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen basieren, seien Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen zu Geschwindigkeiten auf der Autobahn herangezogen worden. Demnach hatten Pkw und leichte Nutzfahrzeuge auf deutschen Autobahnen in 2018 Treibhausgasemissionen in Höhe von rund 39,1 Millionen Tonnen CO2 verursacht, teilte das UBA mit. Bei einem Autobahn-Tempolimit von 120 km/h gebe es in Deutschland damit eine Einsparung von 6,6 Prozent in diesem Bereich. Allerdings muss jedoch beachtet werden, dass die Verkehrsdichte auf unseren Autobahnen mittlerweile so hoch ist, dass ohnehin im Durchschnitt kaum mehr als Richtgeschwindigkeit gefahren werden kann.

Apropos Ersparnis: Von 2012 bis 2016 ging der durchschnittliche CO2-Ausstoß aller Neuwagen auf allen Straßen um 10,2 Prozent zurück. Wegen der Abkehr vom Diesel steigt er seitdem wieder. Bei Stickoxiden würde ein Tempolimit auf Autobahnen nicht zu einer messbaren Reduktion führen: Durch die starke Verwirbelung bei hohem Tempo wandelt sich das reaktionswillige NOX sowieso viel schneller in ungefährlichen Stickstoff um. Befürworter:innen eines Tempolimits versprechen sich, dass dann kleinere und schwächer motorisierte Neuwagen gekauft würden. Dem stehen die Erfahrungen aus Österreich und der Schweiz entgegen, wo seit Jahren streng überwachte Tempolimits gelten – trotzdem werden dort häufiger leistungsstarke Modelle gekauft. Von den spritfressenden Pick-ups und den SUV in den USA ganz zu Italien USA schweigen.

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Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR) für Tempolimit & ADAC rückt von Nein ab

  • Mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) hat die Forderung nach einem Tempolimit von 130 km/h auf Deutschlands Autobahn im Mai 2020 einen neuen Fürsprecher gewonnen, wie Spiegel Online berichtet. Der DVR hat sich die Senkung der Anzahl von Schwerverletzten und Toten im Straßenverkehr zur Hauptaufgabe gemacht und beschloss deswegen bereits 2010 die "Vision Zero" von null Verkehrstoten. Nach anfänglichen Anfeindungen steht diese heute im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung. Nun sieht der DVR auch in einer generellen Geschwindigkeitsbegrenzung eine kostengünstige und schnell umsetzbare Option, um die Sicherheit im Straßenverkehr weiter zu erhöhen.

  • Vor allem auf den rund 70 Prozent der deutschen Autobahn ohne Tempolimit würde dies dem DVR zufolge zu kürzeren Anhaltewegen und weniger schweren Unfällen führen. In besonderen Fällen wolle der DVR aber auf geeigneten Streckenabschnitten ein höheres Tempolimit als das generell angepeilte Tempolimit von 130 km/h erlauben, so der Spiegel weiter. Die Stimme des DVR hat in der Diskussion um ein Tempolimit auf der deutschen Autobahn durchaus politisches Gewicht, da dort zahlreiche Organisationen, die mit dem Thema Verkehrssicherheit zu tun haben – etwa der ADAC und der Verband der Automobilindustrie – Mitglied sind.

  • Der ADAC, mit gut 21 Millionen Mitgliedern der größte Automobilclub Deutschlands, rückt von seiner jahrzehntelangen ablehnenden Haltung gegenüber einem Tempolimit in Deutschland ab. Der ADAC "sei nicht mehr grundsätzlich" gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung, sagte der Verkehrspräsident, Gerhard Hillebrand, im Januar 2020 der Deutschen Presse-Agentur. Aber auch wenn der ADAC von seinem strikten Nein abrückt – ein Ja bedeutet das auch nicht. Hillebrand erläutert, dass die Diskussion um Tempo 130 emotional geführt werde und bei den Mitglieder polarisiere. "Deshalb legt sich der ADAC in der Frage aktuell nicht fest", so Hillebrand weiter. Die Auswirkungen eines Tempolimits sollten ihm zufolge dringend in einer umfassenden Studie geklärt werden. "Diese würde eine belastbare Entscheidungsgrundlage liefern."

    52 Prozent der Mitglieder hatten zuletzt im Mai 2022 im Rahmen einer Umfrage für ein Tempolimit votiert, 44 Prozent dagegen. Im Zuge dessen bekräftigte der ADAC seine Haltung, der Politik keine Empfehlung auszusprechen und appelierte erneut an eine Versachlichung der Tempolimit-Debatte. Die Autoindustrie hält derweil an ihrem Nein zu einem generellen Tempolimit in Deutschland fest. Die Haltung sei unverändert, sagte ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA) und verwies dabei auf eine Mitteilung aus dem Dezember 2019. Der VDA hatte damals erklärt, die Debatte sei "nicht hilfreich" und helfe weder der Umwelt noch der Sicherheit. Zudem seien deutsche Autobahnen die sichersten Straßen.

Mit dpa

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