Umgekrempelter E-Pionier: Erster Testfahrt im neuen Nissan Leaf
Der Nissan Leaf ist eine lebende Legende – das Urgestein des modernen, alltagstauglichen Elektroautos. Umso bemerkenswerter ist es, dass Nissan in den vergangenen Jahren trotz seines frühen Vorsprungs im Wettbewerb um batterieelektrische Fahrzeuge hinter andere Marken zurückgefallen ist. Mit der dritten Generation des Leaf soll sich das nun ändern: Sie bringt eine deutlich verbesserte Aerodynamik, größere Reichweiten und neue Technologien.
Seiner Einordnung als Kompaktwagen bleibt der Leaf treu. Allerdings hat sich das Wettbewerbsumfeld inzwischen deutlich erweitert – von klassischen Kompakten wie dem VW ID.3 über Crossover wie dem Citroën ë-C4 und Kia EV3 bis hin zu kompakten SUV wie dem Skoda Elroq. Gegen diese Konkurrenz muss sich die 4,35 m lange fünftürige Fließhecklimousine nun behaupten. Unsere erste Testfahrt in einem Vorserienmodell verrät, ob die Rechnung aufgeht.
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Der Kia EV3 (2024) im Fahrbericht (Video):
Plattform & Antriebstechnik des neuen Nissan Leaf (2025)
Der neue Nissan Leaf (2025) basiert auf einer überarbeiteten Version der CMF-EV-Plattform, die auch beim Nissan Ariya und dem Renault Megane zum Einsatz kommt. Angeboten wird er mit zwei Lithium-Ionen-NMC-Batterien: eine mit einer nutzbaren Kapazität von 52 kWh und eine mit 75 kWh. Die offizielle WLTP-Reichweite liegt je nach Variante bei 437 km (52-kWh-Batterie) beziehungsweise 603 km (75-kWh-Batterie). Zum Vergleich: Der Kia EV3 erreicht ebenfalls bis zu 603 km WLTP-Reichweite – allerdings mit einer größeren 78-kWh-Batterie.
Der Leaf überzeugt demnach durch eine hohe Effizienz in Aerodynamik und Antriebstechnik. Für diese Effizienz arbeiten unter anderem die tropfenförmige Karosserie, aktive Luftklappen, ein glatter Unterboden, neue permanenterregte Synchronmaschinen, die flüssigkeitsgekühlte Batterie mit intelligenter Thermosteuerung und ein Ducktail-Spoiler zusammen.
Steckt da etwa ein bisschen Honda CRX oder gar Pontiac Firebird Trans Am im Leaf? Insgesamt hebt sich das Design des neuen Leaf deutlich von der Konkurrenz ab. Die Front wirkt modern, wenngleich etwas konventionell, das Heck hingegen auffällig und eigenständig. Wichtig für die Markenidentität: Der Leaf wirkt bei der ersten Testfahrt in keinem Moment wie ein umgelabelter Renault, sondern vermittelt in Optik und Haptik durchgehend den Eindruck eines "echten" Nissan.
Die Konkurrenten:
Alles auf Effizienz getrimmt: Ladeleistung & Ladezeiten
Die Fahrleistungen sind klar auf Effizienz ausgelegt. Der cW-Wert beträgt 0,25. Der Leaf ist vorerst ausschließlich mit Frontantrieb erhältlich, wahlweise mit 130 kW (177 PS) oder 160 kW (218 PS). Der Spurt auf 100 km/h gelingt damit in 8,6 s beziehungsweise 7,6 s. Zwar ist die Plattform für Allradantrieb vorbereitet, konkrete Pläne für eine solche Variante gibt es derzeit laut Nissan aber nicht. Während die WLTP-Reichweite bereits einen starken Eindruck macht, hebt Nissan lobenswert hervor, dass die Normwerte im Alltag – insbesondere auf der Autobahn – oft nicht erreichbar sind. Für realistische Bedingungen bei konstant 130 km/h gibt der Hersteller eine Reichweite von 340 km an. Eine erfreuliche Transparenz, die man sich auch von anderen Herstellern wünschen würde.
Die maximale Ladeleistung des neuen Nissan Leaf (2025) beträgt 150 kW. Damit lässt sich die Batterie laut Nissan in rund 30 min von zehn auf 80 Prozent aufladen – eine mittlerweile gängige Angabe in dieser Fahrzeugklasse. Anders als viele Wettbewerber nennt Nissan allerdings auch praxisrelevante Werte: So sollen in 30 min Ladezeit bis zu 417 km Reichweite nachgeladen werden können.
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Erste Testfahrt: Nicht sportlich, aber ruhig, souverän und vertraut
Der Nissan Leaf (2025) ist kein Fahrzeug, das man primär wegen seiner Fahrdynamik kauft. Dennoch überrascht er bei unserer ersten Testfahrt in einem Prototyp mit einem willigen Einlenkverhalten und einer angenehm abgestimmten Lenkung, die sich – insbesondere in Kurven – mit spürbarem, mechanisch wirkendem Widerstand aufbaut. Im Sportmodus, aktiviert über eine physische Taste am Armaturenbrett, wird die Lenkung deutlich schwerer – spürbar, aber ohne merklich mehr Fahrspaß zu generieren. Die Rekuperation lässt sich in vier festen Stufen über Lenkradpaddles regeln – von komplett deaktiviert bis sehr stark. Zusätzlich steht der adaptive "e-Pedal"-Modus zur Verfügung, der One-Pedal-Driving in der Stadt ermöglicht. Die Regelung erfolgt in allen Modi angenehm linear und voraussehbar, sodass sich die Verzögerung gut dosieren lässt.
Unser Leaf fährt bei der ersten Testfahrt mit 75-kWh-Akku und auf 235/45 R19-Bereifung von Hankook vor. Damit bringt er 1937 kg auf die Waage und ist das schwerste Modell der Baureihe. Dieses Gewicht ist bei schnellen Richtungswechseln spürbar, obwohl die Karosserie kaum zum Wanken neigt. Die MacPherson-Vorderachse und die Mehrlenker-Hinterachse sorgen auch bei Unebenheiten in der Kurve für sicheren Bodenkontakt. Der Federungskomfort ist insgesamt ordentlich. Zwar spürt man harte Kanten wie Dehnungsfugen recht deutlich, doch auf rauem Belag bleibt der Leaf stabil und souverän. Insgesamt vermittelt der Leaf kein sportliches Fahrgefühl, dafür aber Ruhe, Souveränität und eine sofortige Vertraut – genau das, was viele in dieser Klasse erwarten.
Innenraum rundum modernisiert

Den Innenraum des neuen Nissan Leaf (2025) dominieren zwei 14,3 Zoll große Displays, die sich mit ihrer hohen Auflösung, flotten Reaktionszeit und moderner Menüführung klar vom Vorgänger absetzen. Neben einer individuell konfigurierbaren Startseite gehören kabelloses Apple CarPlay und Android Auto zur Ausstattung. Die Integration von Google Maps und weiteren Apps sorgt für eine vertraute Benutzererfahrung. Verarbeitet wurden im Innenraum zahlreiche Recyclingmaterialien, die in Kombination mit farblichen Akzenten eine hochwertige Anmutung erzeugen. Auf Wunsch sind Massagesitze, ein Head-up-Display sowie ein festes Panorama-Glasdach mit variabler Tönung verfügbar – letzteres projiziert sogar den spiegelverkehrt eingeprägten Leaf-Schriftzug als Schattenwurf in korrekter Leserichtung ins Fahrzeuginnere.
Nissan Leaf: Produktionsstart noch 2025
Die Serienproduktion des neuen Nissan Leaf startet Ende 2025 im britischen Nissan-Werk in Sunderland. Der Marktstart ist spätestens für Anfang 2026 vorgesehen. Besonders bemerkenswert: Auch die Batterien – inklusive der Zellfertigung – werden im benachbarten Werk des Tochterunternehmens AESC hergestellt. Es handelt sich also nicht um eine bloße Montage mit zugelieferten Komponenten, sondern um eine vollständige Fertigung. Zur Serienausstattung und Preisstruktur liegen derzeit noch keine finalen Informationen vor. Nissan kündigt jedoch eine umfangreiche Basisausstattung an, wobei die Topversionen auch sämtliche Komfort-Features serienmäßig bieten sollen. Erwartet wird ein Einstiegspreis von rund 40.000 Euro für die 52-kWh-Variante, während die 75-kWh-Version bei etwa 47.000 Euro starten dürfte.
Von Vicky Parrott
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Technische Daten
AUTO ZEITUNG | Nissan Leaf (75 kWh) |
Technische Daten | |
Motor | Eine permanenterregte Synchronmaschine |
Antrieb | Untersetzungsgetriebe; Vorderrad |
Systemleistung | 160 kW/218 PS |
Max. Drehmoment | 355 Nm |
Kapazität/Spannung | 75 kWh/400 V |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4350/1810/1550 mm |
Leergewicht | 1937 kg |
Kofferraumvolumen | 437 l |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 7,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Reichweite (WLTP) | 603 km |
Kaufinformationen | |
Grundpreis | k.A. |
Marktstart | Ende 2025/Anfang 2026 |
Alle Daten Werksangaben |
Nissan hatte es in den letzten Jahren schwer – auch von außen war das nicht leicht mitanzusehen. Schließlich ist die Marke verantwortlich für bedeutende Modelle wie den Leaf der ersten Generation, den K10 Micra, den R35 GT-R oder den 350Z. Umso erfreulicher ist es, dass Nissan mit dem neuen Leaf offenbar wieder zur alten Stärke findet. Die neue Generation bricht deutlich mit dem Vorgänger, im positiven Sinne. Das beginnt beim eigenständigen Design, setzt sich über die neue technische Solidität fort und zeigt sich in der praxisnahen, fortschrittlichen Ausstattung. Der neue Leaf ist kein fahrdynamisches Highlight, dafür aber ein rundes, durchdachtes Elektroauto. Vollgepackt mit moderner Technik, effizientem Antrieb und klarer Handschrift – ein "richtiger" Nissan. Und genau das war nötig.