Testfahrt im Dodge Charger Daytona: Kann ein Muscle Car Elektro?
- Das Elektro-Muscle Car klingt wie ein Batmobil aus der Adam West-Ära – nur lauter!
- 670 PS (493 kW) Systemleistung dank STLA-L-Plattform
- Erste Testfahrt: Neuer Dodge Charger Daytona (2025) überraschend gut
- Viel Platz vorne, wenig Platz hinten
- Deshalb ist der Misserfolg des Charger Daytona vorprogrammiert
- Technische Daten des Dodge Charger Daytona Scat Pack (2025)
Das Elektro-Muscle Car klingt wie ein Batmobil aus der Adam West-Ära – nur lauter!
Es ist kurz nach Sonnenaufgang an einem nahezu perfekten Morgen im Zentrum von Palm Springs. Plötzlich drehen sich die Senior:innen auf ihrer morgendlichen Power-Walking-Runde erschrocken nach einem unverschämt lauten Geräusch um. Der Grund: der batterieelektrische Dodge Charger Daytona Scat Pack (2025), den wir auf dem Parkplatz zur ersten Testfahrt starten. Verantwortlich ist das sogenannte "Fratzonic Exhaust Sound"-System, ein künstliches Auspuffgeräusch, das mit der Subtilität eines Feuerwerks zum Unabhängigkeitstag ertönt. Es ist nicht nur laut wie der peitschende Startsound eines Jaguar F-Type – es erinnert an das Anlassen des Batmobils aus der Adam West-Ära. Nur noch lauter.
Nützliches Zubehör rund ums Elektroauto:
Die Entwicklung des ersten Elektro-Muscle-Cars sorgt bei traditionellen Fans für erheblichen Unmut – einige kündigen offen an, sich vollständig von der Marke abzuwenden. Und das ist nicht bloß Gerede. Die Situation ist derart angespannt, dass Dodge das Einstiegsmodell Charger Daytona R/T bereits wieder vom US-Markt genommen hat – offenbar mangels Kauf- oder Leasinginteresse.
Offiziell macht Dodge die sogenannten "Trump-Zölle" verantwortlich – die Charger werden im benachbarten Kanada gefertigt und unterliegen (Stand: Juli 2025) einem Importzuschlag von 25 Prozent. Doch die wahren Gründe liegen wohl tiefer. Aufgrund eines besonderen Vertriebssystems kalkuliert kaum jemand so realitätsnah wie US-Autohändler. Ist ein Modell begehrt, wird es deutlich über Listenpreis verkauft. Wird es als Ladenhüter eingeschätzt, sind selbst massive Preisnachlässe kein Tabu. Aktuell stehen mehrere neue Dodge Charger Daytona mit über 25.000 US-Dollar Rabatt auf den Höchstpreis bei den Händlern.
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Der Ford Mustang Mach-E (2021) im Fahrbericht (Video):
670 PS (493 kW) Systemleistung dank STLA-L-Plattform
Aber nun zurück zu unserer ersten Testfahrt: Unser neuer Dodge Charger Daytona (2025) steht auch in dunklem Blau visuell auffällig da, mit zahlreichen Linienführungen und Details, die unmissverständlich Dodge-DNA transportieren – jedoch ohne platte Retro-Anspielungen. Zumindest nicht direkt. Auffälligstes Designelement ist der sogenannte "R-Wing" auf der Motorhaube aller Charger Daytona – eine Hommage an den ursprünglichen Nascar-Charger Daytona, der mit einem geradezu absurd großen Heckflügel ausgestattet war, auf dem man theoretisch Mittag essen konnte. Zur Klarstellung: Alle elektrischen Charger-Modelle heißen Daytona. Die später erwarteten Sechszylinder-Reihenmotoren – und ein möglicherweise kommender V8 – werden lediglich Charger heißen. Diese Varianten erhalten keinen R-Wing.
Wer die Motorhaube öffnet, versteht auch warum. Dodge wird jeden verfügbaren Zentimeter benötigen, um einen klassischen Verbrenner samt Anbauteilen unterzubringen. Derzeit befindet sich dort ein kleiner Frunk, der in der Praxis wohl kaum genutzt wird. Solche Kompromisse gehören zu den Eigenheiten von Plattformen mit Multi-Modellstrategie. Im Fall des Charger heißt die Plattform STLA-L. Sie soll künftig Modelle von Dodge, Maserati bis hin zu Ram-Pick-ups tragen. Aktuell nutzt lediglich der batterieelektrische Jeep Wagoneer S diese Architektur in vergleichbarer Form.
Beim Daytona liefern zwei E-Motoren jeweils 335 PS (247 kW) – einer vorne, einer hinten – und damit zusammen 670 PS (493 kW) sowie ein Drehmoment von 850 Nm ab null km/h. Selbst das üppige Leergewicht des Charger Daytona kann die Fahrleistungen nicht wirklich bremsen. Die Testfahrt aus Palm Springs hinauf in die Berge über den Highway 74 wird zur souveränen Demonstration: Der Sprint von 0 auf 60 mph (96 km/h) gelingt in 3,3 s, die Viertelmeile liegt im unteren Elf-Sekunden-Bereich – genau wie bei klassischen Muscle Cars.
Die Konkurrenten:
Erste Testfahrt: Neuer Dodge Charger Daytona (2025) überraschend gut
Doch das Fahrverhalten überrascht bei der ersten Testfahrt: Es ist deutlich besser. Der neue Dodge Charger Daytona (2025) schneidet durch die aufeinanderfolgenden Haarnadelkurven ruhig, stabil und kontrolliert – eine völlig andere Welt im Vergleich zur vorherigen Modellgeneration. Zugegeben, das Testfahrzeug ist mit dem optionalen "Track Pack" ausgestattet, inklusive adaptiver Dämpfer und den eindrucksvollen Goodyear Eagle F1 SuperCar 3-Reifen.
Dennoch: Das Fahrgefühl entspricht eher einem souveränen Gran Turismo als einem brachialen Dragster. Im "Sport"-Modus zeigt sich das Handling bislang als sicher und berechenbar – wenn auch mit einer Tendenz zum Überregulieren. Als Allradfahrzeug – der vordere Motor wird bei Nichtbedarf deaktiviert – neigt der Charger stark zum Untersteuern, sofern man ihn nicht gezielt herausfordert. Was, wie sich in enger werdenden Passagen zeigt, nicht unbedingt ratsam ist.

Der "Race"-Modus hingegen ist ein audiovisuelles Spektakel: ein schmutziger Elektro-V8-Sound, kombiniert mit Reaktionen, die eher an eine drei Tonnen schwere Gottesanbeterin erinnern. Ein paar beherzte Durchfahrten enger Kurven machen jedoch schnell klar: Das ist weder der bevorzugte Modus noch das ideale Terrain für den neuen Dodge Charger Daytona (2025) – es sei denn, man plant die erste Testfahrt mit einem Segelflug oder einem Crash in die Felswand zu beenden. Genau das würde man von einem Dodge-Muscle Car erwarten.
Was jedoch überrascht: die vollkommen kompromisslose, fast schon roboterhafte Weigerung, einen Burnout hinzulegen. So sinnfrei diese Disziplin auch erscheinen mag – das Verkokeln der Hinterreifen in einer Rauchwolke gehört zur Grundausstattung jedes Fahrzeugs mit Charger- oder Challenger-Emblem. Dass genau das nicht jederzeit abrufbar ist, wirkt befremdlich. Unamerikanisch. Als sei etwas kaputt. Zwar versucht das Auto, dies mit einem "Donut"- und einem "Drift"-Modus auszugleichen – hierbei wird der Frontmotor deaktiviert, wodurch man im Fahrbetrieb das Heck per Gasstoß zum Ausbrechen bringen kann. Aber es fühlt sich trotzdem falsch an. Als würde etwas fehlen.
Viel Platz vorne, wenig Platz hinten
Unser Testwagen verfügt über das optionale Ausstattungspaket mit Carbon- und Wildleder-Akzenten – sowie so gut wie allen anderen verfügbaren Extras. Dadurch kommen farbliche Kontraste und das schwarze Gewebemuster an verschiedenen Stellen zum Einsatz. Doch besonders auffällig sind die Proportionen. Der Wagen misst über fünf Meter in der Länge und mehr als zwei Meter in der Breite, dennoch ist das Interieur überraschend hoch gebaut, der Platz im Fond hingegen eher knapp bemessen.
Ein Alleinstellungsmerkmal der bisherigen Charger- und Challenger-Generation war die Fähigkeit, vier vollwertige US-Erwachsene samt "Big Gulp"-Becher und In-N-Out-Burger komfortabel zu transportieren – während die Fahrleistung für Unterhaltung sorgte. Der neue Charger Daytona bricht mit dieser Tradition: Die hoch positionierten Vordersitze sind gemütlich, doch das Einsteigen in den Fond ist ein Kraftakt in Zeitlupe. Das liegt vor allem daran, dass es sich um einen Zweitürer handelt. Eine viertürige Version soll im Laufe des Jahres 2025 folgen.
Deshalb ist der Misserfolg des Charger Daytona vorprogrammiert
Wenn man zwei Jahrzehnte lang das "Brotherhood of Muscle"-Narrativ aufbaut und zum zentralen Bestandteil des "Fast & Furious"-Franchise wird, sollte man meinen, Dodge wisse genau, was die Kundschaft erwartet: dramatische, preislich attraktive, leistungsstarke Fahrzeuge. Und genau das müsste man dann doch zuerst liefern? Stattdessen bringt Dodge ein Elektroauto auf den Markt, das doppelt so viel kostet wie das, was die Zielgruppe gewohnt ist – und erwartet, dass sie das einfach akzeptiert. Es ist, als würde ein Steakhaus über Nacht komplett auf vegane Küche umstellen – und sich dann wundern, warum die Stammkundschaft verärgert davonläuft. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass einige Händler die neuen Charger behandeln wie alte Zeitungen.
Es ist bekannt, dass bald Sechszylinder-Benziner mit Biturbo und über 500 PS (368 kW) auf den Markt kommen. Der Charger bringt gute Voraussetzungen mit, und mit einer Tonne weniger Gewicht sollte er als Verbrenner für ordentlich Fahrspaß sorgen. Doch dieses Modell wird vom ersten Tag an kämpfen müssen – denn Dodge hat beim Roulette auf Rot gesetzt, doch die Kugel ist auf Schwarz gefallen.
Die vielleicht wirklich überraschende Nachricht von der ersten Testfahrt lautet: Der neue Dodge Charger Daytona (2025) ist ein ausgezeichnetes Auto. Dennoch werden viele Dodge-Fans sicherlich auf den gerüchteweise wiederkehrenden aufgeladenen "Red Eye"-V8 warten. Das ist keine kluge oder rationale Entscheidung – so wie es auch nicht vernünftig ist, ein lärmendes Auto in einer verschlafenen Wüstenstadt früh am Morgen zu starten. Aber was solls? So sind eben echte Muscle Cars.
Von Pat Devereux
Technische Daten des Dodge Charger Daytona Scat Pack (2025)
AUTO ZEITUNG | Dodge Charger Daytona Scat Pack |
Technische Daten | |
Motor | 2 E-Motoren |
Antrieb | Konstantübersetzung; Allrad |
Systemleistung | 493 kW/670 PS |
Max. Drehmoment | 850 Nm |
Kapazität/Spannung | 100,5 kWh / 400 V |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 5248/2027/1499 mm |
Leergewicht | 2616 kg |
Ladevolumen | 646–1090 l Kofferraum + 42 l Frunk |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-60 mph / 0-96 km/h) | 3,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | k.A. |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Reichweite | 418 km |
Kaufinformationen | |
Grundpreis | 63.354 € (umgerechneter US-Preis, zzgl. Steuern & Überführung) |
Marktstart (Deutschland) | Ende 2025 |
Alle Daten Werksangaben |