Aral-Chef im Interview: "Könnten 1000 Ladepunkte mehr haben"
Aral-Chef Achim Bothe spricht über die Hürden beim Ausbau der Infrastruktur für E-Autos, neue Ladeparks und emissionsärmere Kraftstoffe für Verbrenner.

Herr Bothe, ein Elektroauto lässt sich auch zu Hause laden. Ist die E-Mobilität eine Bedrohung für Tankstellen?
"Ganz im Gegenteil: Sie ist eine wichtige Ergänzung unseres Angebots. Mit ultraschnellem Laden bieten wir ein Qualitätsprodukt, das sich gegenüber dem Home Charging abhebt. Je nach Fahrzeugtechnik können Elektroauto-Fahrer an unseren Ladesäulen an zentral gelegenen Standorten in rund zehn Minuten mehrere hundert Kilometer Reichweite laden. Ich sehe ultraschnelles Laden als wichtigen Baustein der Zukunftsentwicklung von Tankstellen."
Welche Erwartungen haben Sie an die neue Bundesregierung? Wie wichtig ist für Aral Technologieoffenheit?
"Sehr wichtig. Wir haben zurzeit rund 49 Mio. Autos in Deutschland, darunter 1,65 Mio. Elektrofahrzeuge. Das heißt, die Antriebssysteme werden noch viele Jahre nebeneinander existieren, und wir müssen an unseren Tankstellen Produkte für Verbrenner sowie für E-Fahrzeuge bereithalten. Von der Politik wünschen wir uns daher insbesondere Steueranreize für emissionsärmere Kraftstoffe, damit der Biokraftstoff-Anteil weiter erhöht werden kann. Das abrupte Ende der Förderung für Elektroautos war zudem ein schlechtes Signal für den weiteren Hochlauf der E-Mobilität."
Aral bietet HVO für Lkw als Diesel-Alternative an. Was steckt hinter dem Kraftstoff, und eignet er sich für Autos?
Wir bieten Aral HVO derzeit an rund 30 Standorten in Deutschland an – aktuell nur für Lkw, wobei die weitere Nachfrageentwicklung auch für Pkw abzuwarten bleibt. Aral HVO ist mit vorhandener Dieselmotorentechnik einsetzbar, und viele Lkw- sowie Bus-Hersteller haben die Freigabe für die Nutzung erteilt. Prinzipiell gilt das auch für Pkw. Mit Aral HVO aus hydriertem Pflanzenöl können mindestens 85 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu rein fossilem Diesel eingespart werden. Ziel ist es, die wichtigsten Ballungszentren und Transitstrecken in Deutschland mit Aral HVO zu versorgen."
In einem Pilotprojekt wurden die neuen Kraftstoffe Futura Super 95 und Futura Diesel angeboten. Wie haben die Kund:innen reagiert?
"Die Aral Futura-Kraftstoffe haben wir im November 2022 testweise an zwei Stationen eingeführt und die Pilotierung nach positiver Kundenresonanz im vergangenen Jahr auf acht Tankstellen erweitert. Damit wollen wir die bisher gewonnenen Erkenntnisse in weiteren Regionen Deutschlands vertiefen. Mit den Kraftstoffen können mindestens 25 Prozent CO2-Emissionen im Vergleich zu rein fossilen Kraftstoffen eingespart werden. Sie sind damit eine zusätzliche Dekarbonisierungsoption für den aktuellen Fahrzeugbestand."
Ihre Forscher:innen haben zudem die Formel für Aral Ultimate Diesel überarbeitet. Was wurde verbessert?
"Die neue Formel besitzt unverändert die von unseren Kunden geschätzten Hochleistungseigenschaften wie die höhere Reichweite pro Tankfüllung, die Anti-Schmutz-Formel, die außergewöhnliche Winterqualität sowie zusätzlich eine höhere Cetanzahl von mindestens 60 und eine hochwertige, erneuerbare, hydrierte Komponente (HVO). Die neue Formel ist ein Beleg für Qualität und Innovation, für die Aral in unserer über 100-jährigen Geschichte immer stand und weiter stehen wird. Sie wurde in unserem Forschungszentrum in Bochum entwickelt."
Wie kommt der neue Diesel bei den Kund:innen an?
"Wir bieten die neue Formel für Aral Ultimate Diesel bereits bundesweit an rund 1500 Aral-Tankstellen an. Die Kundenresonanz ist sehr positiv, wir verzeichnen wachsende Volumina."
Auch interessant:
Zurück zur E-Mobilität: Aral pulse ist einer der größten Schnelllade-Anbieter. Wird der Ausbau weitergehen?
"Der Ausbau geht weiter, aber natürlich behalten wir dabei auch die Marktentwicklung im Blick. Wir haben inzwischen mehr als 3600 Ladepunkte an über 500 Standorten am Netz – größtenteils an Aral-Tankstellen. Kürzlich konnten wir den fünfmillionsten Ladevorgang an unseren Säulen seit dem Start des Geschäfts Ende 2020 verzeichnen. Aral pulse ist offizieller e-Charge Partner des ADAC und wurde mehrfach im Connect-Ladenetztest zum besten Schnelllade-Anbieter Deutschlands gekürt. Über die im letzten Jahr eingeführte Aral pulse App und die Ladekarte bieten wir unseren Kunden attraktive Konditionen. Wir stellen ihnen Ladeleistungen von bis zu 400 kW zur Verfügung, dazu unsere Tankstellen-Infrastruktur, Beleuchtung, Personal vor Ort und nicht zuletzt das Shop-Angebot unter der Marke Rewe To Go."
Sie haben 2024 den ersten Aral-Ladepark in Mönchengladbach eröffnet. Werden noch an weiteren Orten reine Ladeparks errichtet?
"Es wird weitere Aral-Ladeparks dieser Art geben, etwa am Hamburger und Berliner Flughafen sowie an der A40 in Bochum. Unser erster Ladepark in Mönchengladbach – in unmittelbarer Nähe zur A61 – war also nur der Anfang. Entscheidend ist bei Ladeparks wie bei Tankstellen: Lage, Lage, Lage! Der Ladepark in Mönchengladbach umfasst 14 Ultraschnell-Ladesäulen mit einer Leistung von bis zu 400 kW. Auf dem Dach der Anlage wurde eine Photovoltaik-Anlage installiert, die den Bedarf des Ladeparks an Ökostrom anteilig deckt."
Mit über 3600 Ladepunkten hat Aral eine Menge Erfahrung beim Aufbau der E-Infrastruktur. Welche Hürden bremsen am meisten?
"Beim Ausbau bremst uns in erster Linie die in Deutschland überbordende Bürokratie. Wir könnten schon rund 1000 Ladepunkte mehr am Netz haben, wenn Genehmigungs- und Netzanschlussprozesse schneller und einfacher wären. Unsere zentrale Forderung sind einheitliche Baugenehmigungsregelungen für Trafostationen in allen Bundesländern. Trafos sind notwendig für die Errichtung von ultraschnellen Ladesäulen und müssen daher von der Genehmigungspflicht befreit werden. Erste Bundesländer gehen Schritte in diese Richtung. Außerdem fordern wir standardisierte und digitalisierte Prozesse, verbindliche Fristen sowie einen vorausschauenden Netzausbau."
In Mönchengladbach gibt es auch einen Smart Store mit kostenlosem WLAN und einem Selbstbedienungs-Shop ohne Verkäufer:in. Sehen wir hier schon die Zukunft?
"So weit würde ich nicht gehen, zumal wir aus Kundenbefragungen an Tankstellen wissen, dass Personal vor Ort ein entscheidender Faktor ist. Wir ziehen Smart Shop-Konzepte – auch aufgrund des Investitionsvolumens – zunächst nur an ausgewählten Standorten wie in Mönchengladbach in Betracht. Der Einkauf läuft über ein bargeldloses Zahlungsmittel, etwa eine Kreditkarte, und unter Einsatz Künstlicher Intelligenz. Mit Blick auf das Straßennetz und die Entwicklung des Mindestlohns müssen wir in Zukunft Vereinfachung und Automatisierung weiter im Fokus haben."
In den Shops der Aral-Tankstellen gibt es ein breites Warenangebot. Richten Sie sich damit auch vermehrt an Nicht-Autofahrer:innen?
"Auf ganz Deutschland bezogen wissen wir, dass rund 20 Mio. Menschen im Umkreis von rund 500 m um eine Tankstelle wohnen und darüber hinaus rund 80 Mio. Autos täglich an einer vorbeifahren. Ich sehe also großes Potenzial für hochwertige Convenience-Angebote, wie wir sie inzwischen an mehr als 900 Aral-Tankstellen unter der Marke Rewe To Go seit 2014 etabliert haben. Der Ausbau geht fokussiert weiter. Unsere Kunden können hier flexibel ihren Bedarf für unterwegs decken."