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VW Sciwago von Artz: So kam es zum Scirocco Shooting Brake

von Eberhard Kittler

Rätsel über Rätsel: Sciwago? Aus dem Film "Doktor Schiwago" mit Omar Sharif? Weit gefehlt: Dieser schicke Shooting Brake basiert auf einem VW Scirocco und wurde nur in wenigen Exemplaren von Günter Artz gebaut.

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Inhalt
  1. Artz-Umbauten als  PR-Maßnahme?
  2. "Sciwago" leitet sich von "Scirocco Station Wagon" ab
  3. Von Scirocco zu Sciwago: Extrem aufwändiger Umbau
  4. Sonderfall mit Abt-Log und GTI-Motor
  5. Technische Daten des VW Sciwago von Artz

 

Artz-Umbauten als  PR-Maßnahme?

Die Idee für dieses Auto hatte Günter Artz, der damalige Geschäftsführer des hannoverschen VW-Autohauses Nordstadt. Zu seinen PR-Maßnahmen – die später vielfach nachgeahmt wurden – gehörten die Festpreiswartung, das Gebrauchtwagenzelt und der Nordstadt-Heckscheibenaufkleber. Für "seine" Firma hatte der umtriebige Artz sogar ein eigenes Logo entwickelt: einen Rosenkäfer. Viel wichtiger: Das Autohaus Nordstadt – auf der Vahrenwalder Straße 193 in Hannover – bot Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre einige Umbauten auf Basis von Audi, VW und Porsche an. Meist handelte es sich um Einzelstücke, doch es gab auch Kleinstserien mit bis zu 30 Einheiten.

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Alle Stückzahlen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen: Manche Motorjournalist:innen ließen sich nur zu gern vom überaus eloquenten Artz einwickeln. Die Umbauten wurden im Autohaus und in einer benachbarten Werkstatt vorgenommen. Erste Projekte waren ein VW Karmann-Ghia Typ 34 mit einem luftgekühlten Sechszylinder-Boxermotor aus dem Chevrolet Corvair und – 1969 – der Nordstadt-Express, ein silberfarbener VW 411 mit Porsche-911-Motor. Besonderes Aufsehen erregten beispielsweise ein Käfer mit Mittelmotor aus dem Elfer und ein Golf I auf Porsche-928-Basis, der sogenannte Artz-Golf. Ein Geheimnis von Artz bleibt, wie es ihm gelang, Volkswagen und Porsche zur Zustimmung zu diesen Autos zu bewegen. Nur in einem einzigen Fall – bei einem seiner Power-Käfer – trat er als Hersteller auf.
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"Sciwago" leitet sich von "Scirocco Station Wagon" ab

Der selbstbewusste, schillernde Artz liebte die Bühne, hatte ständig neue Ideen – nahm Unzulänglichkeiten, insbesondere bei der Qualität, allerdings recht gelassen. Wichtig waren ihm polarisierende Hingucker, die er dank guter Verbindungen zur Fachpresse gezielt positionierte. Durch seine gut situierte Ehefrau konnte er sich viele Extravaganzen leisten – legte aber letztlich finanziell deutlich drauf. Zu seinen Mitarbeitenden, allen voran zu seinem versierten Schrauber Celeste di Santolo und zu Produktionsleiter Wolfgang Plinske, pflegte er ein hervorragendes Verhältnis. Das Team mochte ihn und seinen visionären, manchmal etwas ungestümen, aber zupackenden Charakter. Seine liebenswürdige und mitunter überraschend großzügige Art überstrahlte vieles – das Team lässt noch heute nichts auf ihn kommen und hüllt sich ansonsten in Schweigen.

Den ersten großen Aufschlag mit einem erklecklichen Volumen landete Artz mit dem Umbau des VW Scirocco ab 1976. Er mochte trendige Kombiheck-Zweitürer à la MGB GT, BMW 02 Touring oder Reliant Scimitar. Als Basis für eine vergleichbare Kreation nahm er sich den ersten "Rocco" her (seit 1974 auf dem Markt), von dem er bei Karmann in Osnabrück "zwei oder drei Posten zu Sonderkonditionen" (so seine Erklärung) komplett übernahm. Der Name "Sciwago" leitet sich von "Scirocco Station Wagon" ab. Ob Artz dabei den 66er-Blockbuster "Doktor Schiwago" im Hinterkopf hatte?

Der VW Sciwago von Artz stehend von der Seite fotografiert.
Foto: Thomas Starck
 

Von Scirocco zu Sciwago: Extrem aufwändiger Umbau

Die Scirocco wurden in Hannover überaus aufwändig umgebaut. Ab den B-Säulen musste fast alles von Hand angefertigt werden. Dazu wurde die Karosserie horizontal aufgetrennt und mit anders aufgesetzten Blechen des Originalautos umgestaltet. Das Dach wurde verlängert, wobei sehr viel Spachtelmasse zum Einsatz kam. Die hinteren Seitenscheiben und die geteilte Hutablage waren Spezialanfertigungen. Bei der Heckklappe handelt es sich um ein modifiziertes Teil des Golf I, das allerdings alles andere als passgenau ausfiel. Darum bekamen die Nachfolger des hier gezeigten, drittgebauten Sciwago VIN 537 200 3622 (zugelassen am 26. August 1976) neu geformte Heckklappen aus Kunststoff. Bis 1981 lief die Kleinstserienproduktion.

69 Exemplare des Sciwago sollen nach Aussage seines Erbauers entstanden sein, wobei es Zeitzeug:innen gab, die von nur acht bis 15 Einheiten berichteten. Tatsächlich dürften es nicht mehr als zwölf Stück gewesen sein. Heute bekannt sind acht Fahrzeuge in Deutschland, Österreich und Luxemburg. Erstaunlicherweise durften sie "Volkswagen" heißen – liefen sie doch laut Zulassung als "Volkswagen Scirocco mit Umbauteilen". Gekauft werden konnten sie aber nur in Hannover – für sehr deutlich über 30.000 Mark. Allein die Umbaukosten für die Karosserie schlugen laut Preisliste mit 11.098 Mark zu Buche. Bestellt und geliefert wurden alle gängigen Motorisierungen – mit 70 PS (51 kW), 85 PS (62 kW), aber auch mit 110 PS (81 kW). Mindestens ein Fahrzeug besaß ein Automatikgetriebe. Nur ein Diesel kam nie zum Einsatz.

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Sonderfall mit Abt-Log und GTI-Motor

Das hier abgebildete Auto war ein Sonderfall – es wurde in Abt-Konfiguration geordert und trägt darum das Abt-Logo auf dem Grill. Es verfügt über einen auf 1,8 l vergrößerten und leistungsgesteigerten GTI-Motor mit 148 PS (109 kW), Fünfgang-Getriebe, Bilstein-Sportfahrwerk, ATS-Räder, elektrische Fensterheber, Blaupunkt-Radio, weiße Leder-Innenausstattung und Lederlenkrad, Dachreling (vom Mercedes S123) und Chrom-Stoßfänger. Der Preis für dieses in der Originalfarbe Schwarz lackierte Fahrzeug lag bei 60.500 Mark – für 5000 Mark mehr hätte man auch den damals aktuellen Porsche 911 (930) Turbo kaufen können. Es ging noch teurer, wenn man denn wollte: So wurden anno 1981 Fahrzeuge mit Autotelefon und TV für 71.314 Mark inseriert.

Die Sportsitze im VW Sciwago von Artz und die weiße Lederausstattung.
Foto: Thomas Starck

Auch wenn Artz die verschiedensten Lackierungen anbot – die Kundschaft wählte überwiegend Weiß oder eben Schwarz. Der VW Sciwago soll – so die von Insider:innen beschworene Saga – dem VW-Konzern später als Vorlage für den Steilheck-Polo Typ 86C ("Schweinekisten-Polo") gedient haben. Angeblich soll Artz ein Fahrzeug nach Wolfsburg entliehen haben. Der Polo kam 1981 auf den Markt – vom Vorlauf her hätte diese Geschichte passen können. Aber ob sich das Team um den statusbewussten VW-Designchef Herbert Schäfer wirklich von einem Außenseiter wie Günter Artz beeinflussen ließ? 1981 war der Zenit der Hannoveraner erreicht, eine Vielzahl von Projekten befanden sich in der Pipeline. Ein Jahr später schied der mittlerweile 42-jährige Artz nach einer Steuerprüfung im Streit mit den Eignern des Autohauses aus.

Unterlagen aus jener Zeit gibt es nicht mehr, sie gingen infolge eines Bürobrandes verloren. Der kreative Macher gründete anschließend unweit des Autohauses Nordstadt seine eigene Firma "Opel-Blitz". Eine Zeitlang baute er dort GM- und Mercedes-Modelle um, wobei ihm General Motors jedoch keine solchen Freiheiten erlaubte wie zuvor Volkswagen und Porsche. Nach diesen Aktivitäten beschränkte sich Artz mit einer eigenen Firma auf Langzeitkonservierungen von Fahrzeugen und betrieb dafür höchst professionell Werbung – einschließlich entsprechend gebrandeter Rennautos. Das Unternehmen A.R.T.Z. Autokonservierung existiert bis heute. 1996 ging Günter Artz in den Ruhestand, später folgten familiäre Tragödien. Seine geheimnisumwitterten Fahrzeuge erfreuen sich ungebrochen großer Nachfrage – ungeachtet ihrer Unzulänglichkeiten.

 

Technische Daten des VW Sciwago von Artz

Classic Cars 04/2019VW Sciwago vn Artz
Zylinder/Ventile pro Zylin.4/4; Turbo
Hubraum1781 cm³
Leistung110 kW/148 PS bei ca. 6100/min
Max. Gesamtdrehmoment170 Nm bei ca. 4500/min
Getriebe/Antrieb5-Gang-Getriebe/Vorderrad
L/B/H3850/1625/1320 mm
Leergewicht850 kg
Bauzeit1976 – 1981
Stückzahlca. 12
Beschleunigung
null auf 100 km/h
8,1 s
Höchstgeschwindigkeit212 km/h
Verbrauch auf 100 km9,5 l
Grundpreis (Jahr)über 30.000 Mark

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