Frische Oldtimer: Audi Cabrio trifft BMW 3er und Saab 900
- Vergleich dreier Frischluft-Charakterköpfe: Audi 2.6E Cabrio, BMW 320i Cabrio und Saab 900 SE 2.3i Cabrio
- Subjektives Gefühl grenzenloser Sicherheit im Saab 900 Cabrio
- 3115 Mark Aufpreis für das elektrische Verdeck im Audi Cabrio
- Das BMW 320i Cabrio ist das Fahrerauto in diesem Trio
- R6, V6 oder Vierzylinder? Hauptsache Offenfahren
- Technische Daten von Audi Cabrio, BMW 320i Cabrio und Saab 900 SE 2.3i Cabrio
Vergleich dreier Frischluft-Charakterköpfe: Audi 2.6E Cabrio, BMW 320i Cabrio und Saab 900 SE 2.3i Cabrio
Auf Rømø (Dänemark) nahe der deutschen Grenze ist Ruhe eingekehrt. Rømø macht Urlaub – Ferien vom Ansturm sonnenhungriger Gäste, die im Sommer die Insel bevölkern. Jetzt im Herbst zeigt sich das Wetter eher von der launischen Seite. Die Sonne wechselt sich ab mit kurzen, aber heftigen Regenschauern. Der Wind baut sich zu Sturmböen auf, peitscht hohe Wellen an den Strand und lässt selbst der Drei-Wetter-Taft-Frisur kaum eine Chance. Kleiner Heimvorteil für das neue 900 Cabrio von Saab, weil es weiter nördlich im finnischen Uusikaupunki vom Stapel läuft und hier auf die angereiste Konkurrenz aus Deutschland, das Audi Cabrio und das BMW 320i Cabrio, trifft?
Nun, zumindest das Thema Cabrio hat bei Saab eine lange Tradition. Schon 1955 griffen die Schwed:innen beherzt zur Blechschere und stellten mit dem Sonett ihren ersten Luftikus auf die Räder (Die Markenhistorie von Saab). Die Nachfrage im eigenen Land kann dafür nicht als plausible Erklärung dienen: Zwischen 1989 und 1994 fanden ganze fünf Saab ohne Blechdach ein Zuhause im Reich der Elche. Trotzdem missriet das Cabrio-Abenteuer für Saab nicht zum Flop: Der gleichnamige Vorgänger des neuen Saab 900 Cabrio konnte bis zum Produktionsstopp 1993 weltweit 50.000 Käufer:innen für sich gewinnen.
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Der Audi A6 Avant (2025) im Fahrbericht (Video):
Wie bei BMW und Audi hat auch das aktuelle Saab Cabrio seine Wurzeln im Coupé-Ableger der Modellfamilie. Als Einstiegsvariante wird vorerst der 900 SE 2.3i mit 150 PS (110 kW) starkem Vierzylindermotor für 58.000 Mark angeboten. Nach oben runden ein V6 mit 170 PS (125 kW) und ein Zwei-Liter-Turbo (So funktioniert ein Turbolader) mit 185 PS (136 kW) die Flotte ab. Zum Modelljahr 1995 schiebt die Marke noch einen Zwei-Liter-Saugmotor mit 133 PS (98 kW) ans Ende der Leistungsskala. Bei Audi und BMW beginnt das Offenfahren schon mit vier Zylindern und 115 beziehungsweise 113 PS (85 bzw. 83 kW). Nach oben setzen je zwei Sechszylindermotoren den Schlusspunkt in der Preisliste.
Wie bei Saab liegt auch für die Bayern-Marke die goldene Mitte bei 150 PS (110 kW). Für das Audi 2.6E Cabrio verlangen die lngolstädter:innen 59.900 Mark. In München stellt man für das BMW 320i Cabrio 59.100 Mark in Rechnung. Damit bewegt sich das Trio in einem finanziellen Rahmen, in dem die Luft dünn und der Anspruch der Kundschaft größer wird. Wer kauft für 60.000 Mark schon biedere Massenware? So steuern die drei Planwagen die emotionale Ebene der Kaufmotivation aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen an.
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Subjektives Gefühl grenzenloser Sicherheit im Saab 900 Cabrio
Da ist zunächst das Saab 900 Cabrio. Bei geschlossenem Verdeck verdichten sich alle Blickwinkel zu einer Botschaft: Der Schwede mit seiner hohen, leicht ansteigenden Seitenlinie und den kleinen Fensterflächen strahlt die schützende Ruhe einer Deichanlage aus. Wind und Wetter scheinen an ihm abzuprallen wie zarte Regentropfen am Friesennerz. Aus der gleichen Richtung versucht der Audi, ins Käuferherz zu treffen. Die massiven, bauchigen Blechflächen, die hohe Gürtellinie und die wuchtigen Stoßfänger signalisieren grundsolide Werte. Chrom an Scheibenrahmen und Gürtellinie verleiht dem Auftritt einen Hauch Eleganz.

Ganz anders setzt sich das BMW Cabriolet in Szene. Der Open-air-Dreier spielt mit anderen Akzenten und übernimmt im Trio die Rolle des Filigran-Technikers. Die klar gezeichnete Karosserie wirkt eine Spur leichter und smarter als die der Rivalen. Im Innenraum setzt das Saab 900 Cabrio seinen Stil fort. Bei geschlossenem Verdeck umschließt der 900 seine Besatzung wie eine Klammer. Das Armaturenbrett baut sich mächtig und dominant vor den vorne Sitzenden auf. Die beiden Säulen wirken wie stählerne Stützpfeiler einer Hafen-Landebrücke. Aber das subjektive Gefühl grenzenloser Sicherheit wird in der Praxis mit einem gravierenden Nachteil erkauft. Die Rücksicht tendiert – bedingt durch das hoch ansteigende Heck, das schmale Heckfenster und das breite Stoffverdeck (So das Cabriodach pflegen) im Bereich der C-Säule – U-Boot-mäßig gegen null.
3115 Mark Aufpreis für das elektrische Verdeck im Audi Cabrio
Im Gegensatz zu den Kunststoff-Fenstern von Audi Cabrio und BMW 3er Cabrio ist das Rückfenster aber aus Glas und beheizbar, was an feuchten Tagen schnelleren Durchblick auf Fahrzeuge im Kielwasser verschafft. Traditionell ordnet BMW den Innenraum konsequent den Bedürfnissen der Person am Steuer unter. Das Cockpit ist übersichtlich wie der Sandstrand von Rømø im Spätherbst, man blickt auf das schönste Airbag-Lenkrad (Interessante Fakten zum Airbag) seit Erfindung des Volants, alle Bedienelemente liegen gut zur Hand. Das Entfernen der Stoffmütze entlockt den Saab-Pilotierenden dann ein überlegenes Lächeln. Die Marke spendiert serienmäßig ein elektrisches Verdeck.

Beim BMW 320i Cabrio muss man dafür 1605 Mark extra zahlen, Audi verlangt für die elektrischen Helfer gar 3115 Mark. Aber: Auch mechanisch sind beide Softtops schnell unter Dach und Fach. Der Saab-Mensch muss dazu zwei Spannhaken lösen, Audi und BMW erfordern nur einen Griff zum Zentralverschluss. Eine pfiffige Detaillösung präsentiert die schwedische Marke im Kofferraum. Während beide Bayern einen festen Kasten als Verdeckherberge besitzen, ist der Kapuzenschacht im Saab 900 Cabrio variabel. Benötigt man für den Großeinkauf mehr Platz im Kofferabteil, kann er bei geschlossenem Verdeck den Stoffkasten etwas anheben und verriegeln. Das schafft mehr Raum für Fracht. Zwei Sensoren sorgen dafür, dass das Verdeck nicht geöffnet wird, wenn der Kofferraum bis zur Oberkante Unterlippe beladen ist.
Das BMW 320i Cabrio ist das Fahrerauto in diesem Trio
Auch mit nur vier Zylindern fällt der Saab-Motor gegenüber der sechszylindrigen Konkurrenz vom Audi 2.6E Cabrio und vom BMW 320i Cabrio nicht stark ab. Das aus dem Saab-Programm bekannte Aggregat mit zwei Ausgleichswellen versieht seinen Job treu und brav ohne lästige Brummfrequenzen und gefällt sowohl im Antritt als auch durch gutes Drehvermögen.
Nicht so überzeugend wirkt die Antriebseinheit. Das Technikteam hat dem Motor/Getriebeverbund auch die Aufgabe aufgehalst, lästige Schwingungen, die nun mal bei einem Auto mit Hut anfallen, zu reduzieren. Anfahrmanöver oder Gaswechsel provozieren so oft spürbare Lastwechselschläge, die bis in den Innenraum dringen. Zudem führt die weiche Abstimmung der Vorderachse dazu, dass das Schweden-Cabrio bei Unebenheiten, wie sie in Autobahnkurven auftreten, nachwippt. Die nicht ganz knisterfreie Karosserie erschüttert das Vertrauen in die Stabilität des Saab 900 Cabrio doch nachhaltig, und das Überfahren von Bodenwellen verursacht Geräusche im Armaturenbrettbereich.

Hier spielt das BMW seine Trumpfkarte aus. Der Aufbau lässt sich selbst bei forcierter Fahrt nicht zu störenden Geräuschen verleiten. Das BMW 3er Cabrio hinterlässt den stabilsten Eindruck. Da kann auch das Audi Cabrio nicht ganz mithalten, obwohl er vom subjektiven Qualitätseindruck her den Saab auf den dritten Platz verdrängt.
R6, V6 oder Vierzylinder? Hauptsache Offenfahren
Besonders wenn fahrdynamische Talente im Vordergrund stehen, ist das BMW 320i Cabrio eine Klasse für sich. Der einzige Hecktriebler im Trio umrundet Kurven wie mit dem Zirkel gezogen. Dabei nerven weder lästige Antriebseinflüsse in der Lenkung noch übermäßige Bewegungen der Karosserie. Der Bayer ist zwar straff, aber unnötige Härte bringt er nicht ins Spiel. Zusammen mit der guten Sitzposition fühlt sich die Person am Steuer als Einheit im Mensch-Maschine-Komplex integriert und nicht als blinder Passagier an Bord. Der Reihensechszylinder ist zwar kein Ausbund an Drehmoment, denn unter 4000 Touren wirkt er träge. Aber die Drehfreude in Verbindung mit dem gut abgestuften und exakt schaltbaren Fünfgang-Getriebe (No-Gos beim Schaltgetriebe) ist ein Aktivposten, der Fahrspaß pur vermittelt.
Der V6-Motor im Audi 2.6E Cabrio kommt dem ursprünglichen Cabrio-Gedanken am nächsten. Er schöpft die Kraft aus dem Keller und ermuntert zu schaltfauler Fahrweise, obwohl er nicht die seidige Laufkultur des BMW erreicht. Er glänzt, wenn geruhsames Dahingleiten gefragt ist. Wer möchte schon beim Flanieren entlang der Strandpromenade eifrig im Getriebe rühren? Zum schnellen Fahren verführt das Audi-Cabriolet ohnehin nicht, weil bei geschlossenem Verdeck die Windgeräusche ab 150 km/h zur Orkanstärke anschwellen. Leiser geht es im BMW zu.
Dem Saab 900 SE 2.3i Cabrio gebührt schließlich die Ehre, den Innenraum am besten gegen störende Geräusche isoliert zu haben. Es kokettiert mit optischer Stabilität und grundfesten Werten, die aber im Fahrbetrieb nicht ganz erfüllt werden. Trotzdem: Das beste Preis/Leistungsverhältnis und vor allem klug durchdachte Details verleihen dem schwedischen Cabrio in der Praxis eine eigenständige Note. Der Audi scheint in die Jahre gekommen. Hohe Innengeräusche stören, dafür gewinnt der drehmomentstarke Motor alle Sympathien. Beim BMW überwiegen fahraktive Elemente. So bleibt jedem der drei ein kleines Stück vom Himmel über uns.
Von Manfred Daun
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Technische Daten von Audi Cabrio, BMW 320i Cabrio und Saab 900 SE 2.3i Cabrio
AUTO ZEITUNG 22/1994 | Audi Cabrio 2.6 E | BMW 320i Cabrio | Saab 900 SE 2.3i |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 6/2 | 6/4 | 4/4 |
Hubraum | 2596 cm³ | 1991 cm³ | 2290 cm³ |
Leistung | 110 kW/150 PS 5750/min | 110 kW/150 PS 5750/min | 110 kW/150 PS 5700/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 225 Nm 3500/min | 190 Nm 4700/min | 210 Nm 4300/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Vorderrad | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad | 5-Gang-Getriebe/Vorderrad |
L/B/H | 4370/1720/1380 mm | 4435/1710/1350 mm | 4640/1710/1440 mm |
Leergewicht | 1415 kg | 1410 kg | 1380 kg |
Bauzeit | 1993-2000 | 1993-1999 | 1994-1998 |
Stückzahl | 71.510 (Cabrio ges.) | 30.565 | 273.568 (900 II ges.) |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 9,7 s | 9,9 s | 10,1 s |
Höchstgeschwindigkeit | 209 km/h | 211 km/h | 210 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 11,6 l S | 10,4 l S | 11,2 l S |
Grundpreis (Jahr) | 59.900 Mark (1994) | 59.100 Mark (1994) | 58.000 Mark (1994) |