Ford Sierra XR4i & Opel Monza GSE: Schicke Coupés im Vergleich
Im Vergleich mit dem Opel Monza GSE: Der Ford Sierra XR4i & ist einfach zu fahren
"Also ich bin absolut begeistert", resümierte Klaus Ludwig 1983 seine Fahrt mit dem Ford Sierra XR4i nach ein paar flotten Runden über den klatschnassen Hockenheimring. Ludwig war damals als Werksfahrer in Diensten des Kölner Herstellers und hatte in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft bereits einige Erfolge mit dem Capri Turbo eingefahren.
Kein Wunder, dass der gebürtige Bonner vom zweitürigen Ford Sierra XR4i angetan war, denn das Auto ist noch heute recht einfach zu fahren, überzeugt mit guter Straßenlage und zumindest von hinten extrovertierter Doppeldecker-Spoiler-Optik, nur getoppt vom zwei Jahre später präsentierten RS Cosworth (hier der Sierra RS Cosworth im Vergleich mit Mercedes 190 E AMG). Doch auch der XR4i war ein Sportskamerad – und darüber hinaus zudem alltagstauglich.
"Der Anmacher" titelten die AUTO ZEITUNG-Kollegen 1983 beim Test des XR4i, mit dem Ford die erste Coupé-Version des Sierra einführte, die im Profil mit zwei Fond-Fenstern und doppelter C-Säule auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig aussah. Doch die Luftleiter nebst Seitenbeplankung und die geschlossene Front verpassten die Ford dem Zweitürer nicht aus Jux und Tollerei, sondern erreichte damit einen im Vergleich zur Limousine verbesserten cW-Wert von für damalige Serienfahrzeuge allgemein sehr guten 0,32.
Auch interessant: Unsere Produkttipps bei Amazon
Der Ford Capri (2024) im Video:
Kräftiger V6 unter der Haube
Unter der flachen, nicht gut einsehbaren Fronthaube sitzt ein längs eingebauter V6-Motor mit 2,8 l Hubraum und 150 PS (110 kW) sowie 216 Nm Drehmoment. Das Grauguss-Aggregat wurde bereits im Granada und im Capri verwendet, wegen einer veränderten XR4i-Abgasanlage allerdings zehn Pferde schwächer. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Maschine einen aufgeweckten Eindruck macht, die Drehzahlnadel schon im Stand zuckt, als warte sie nur darauf, dass endlich mal jemand per Fußtritt die Drosselklappen öffnet.
Auch dank der recht kurzen Übersetzung des Fünfgang-Getriebes geht es flott voran, die Gasannahme ist gut, und man kann recht schaltfaul fahren. 8,8 s brauchte der Ford Sierra XR4i, der über die Hinterachse angetrieben wird, im Test für den Sprint auf 100 km/h. Auch heute überzeugt der Ford Sierra XR4i mit guter Elastizität, klingt aber ein wenig rau und brummig – vor allem oberhalb von rund 4000 Touren. Etwas Übung brauchen schnelle Gangwechsel, nicht immer trifft man die nächste Stufe perfekt.
Passendes Zubehör für den Klassiker:
Trotz Sportfahrwerks mit angepasstem Feder-Dämpfer-Set-up sind Räder und Fahrwerk recht gut von der Karosserie entkoppelt, sodass auf der einen Seite Unebenheiten gut gefiltert werden, auf der anderen das Gefühl fürs Fahrzeug aber nicht verloren geht. So gelingt dem Sport-Sierra auch dank Einzelradaufhängung und Stabilisator hinten ein sehr guter Kompromiss aus Dynamik und Komfort mit sicherem Fahrverhalten und nur leicht eindrehendem Heck bei Lastwechseln.
Abstriche muss man beim Geradeauslauf machen, da der Ford Sierra XR4i gern Längsrillen nachläuft – was allerdings auch für andere Sierra-Varianten gilt, wie Tests Anfang der 1980er-Jahre notierten. Die Sitze sind bequem, sie bieten aber nach heutigen Standards nur wenig Seitenhalt. Platz hat man im Sierra genug, vor allem im Fond, wo sich die Maße nur marginal von denen der Limousine unterscheiden. Allerdings muss man dafür zunächst zwischen vorgeklapptem Vordersitz und B-Säule durchschlüpfen.
Opel Monza GSE: Rüsselsheimer mit Premiumanspruch
Das ist im Opel Monza GSE nicht anders. Und obwohl der auf dem Senator basierende Rüsselsheimer zur Oberklasse gehört, offeriert er hinten etwas weniger Platz über dem Kopf und vor den Beinen – ein Tribut auch an die flacher abfallende Heckscheibe. Die macht ihn im Profil betrachtet jedoch deutlich eleganter als den damals mindestens 28.350 Mark teuren Kölner Sportsfreund. Eleganter wirkt auch das Interieur des 1985 rund 14.000 Mark teureren Opel. Textilbezogene Verkleidungsteile, weiche Kunststoffe und eine sehr solide Verarbeitung zeigen, dass man auf Augenhöhe mit BMW 630 CS und Mercedes 280 CE fahren wollte.
Im Monza, der technisch auf dem Rekord E basiert, fühlt man sich spontan wohl, die Sitze sind bequem, der Schaltknauf des Fünfgang-Getriebes liegt gut zur Hand, die dahinterliegende Bedienkonsole ist leicht zum Fahrersitz gewandt. Ein Indiz dafür, dass es sich hier nicht um eine Standard-Variante des Komfort-Coupés handelt, sondern um eine sportlichere, sind die gut ablesbaren lesbaren, digitalisierten Instrumente von VDO hinter dem großen Vierspeichen-Lenkrad. Die modernen Anzeigen waren dem Opel Monza GSE vorbehalten und kamen später auch im Kadett GSI zum Einsatz. Geschwindigkeit, Öldruck, Batteriespannung, Wassertemperatur, Tankfüllstand: Alle Infos bekommt man digital serviert, natürlich auch die Drehzahl, deren Verlauf wie ein ansteigender Berg aussieht und analog zur maximalen Leistung des Reihensechszylinders bei 5800 Umdrehungen gipfelt.
Auch interessant:
Mehr Leistung, aber auch ein höheres Gewicht
Auf 180 PS (132 kW) und 248 Nm Drehmoment bringt es der Einspritzer, und er brilliert mit Laufruhe sowie Elastizität. Drei Liter Hubraum hat der längs eingebaute Zweiventiler, der mit dem Opel Monza GSE rund 220 kg mehr Masse bewegen muss als die schwächere 2,8-l-Maschine im Ford Sierra XR4i. Trotzdem reicht die Power für einen Sprint von Null auf 100 in unter neun Sekunden und eine im Test ermittelte Höchstgeschwindigkeit von 217 km/h, sodass der Monza damals in einer Liga mit den Produkten der etablierten Premiumhersteller fuhr. Allerdings mangelte es dem eher beliebig gestalteten GSE-Bug an Überholprestige, wie die Tester vor knapp 40 Jahren bemerkten. Potente BMW- und Mercedes-Modelle waren leichter zu identifizieren als das Fastback-Coupé aus Rüsselsheim mit der starken Maschine.
Auch dem Opel Monza GSE gelingt der Spagat aus Komfort und Sportlichkeit sehr gut. Allerdings liegt der Fokus schon wegen des höheren Gewichts mehr auf Komfort, denn das Handling ist eine Spur träger als das des aufgeweckten Kollegen aus Köln. Vibrationen und Geräuschniveau sind im Oberklasse-Coupé dafür niedriger, die Drehzahlen wegen des im Vergleich zum Sierra länger übersetzen Getriebes ebenfalls, das Schluckvermögen des Fahrwerks ist größer. Trotzdem neigt der Monza, der eine Schräglenker-Hinterachse hat, nicht zum Schaukeln oder Nachwippen, er hält den Aufbau angenehm neutral.
Jedoch fehlt es ein wenig an Lenkgefühl, denn die Lenkwinkel mit dem üppig dimensionierten Volant sind groß, die Rückmeldung über das Steuer ist geringer als beim deutlich leichteren, kompakteren Ford Sierra XR4i. Dafür erreicht dieser nicht die Lässigkeit des Opel, dessen Triebwerk auch in oberen Drehzahlregionen sanft läuft, dessen Schaltung präzise funktioniert und der den Fahrgästen trotz der möglichen Dynamik einen ausgezeichneten Langstreckenkomfort bietet. Auch in diesem Fall wäre Klaus Ludwig wahrscheinlich "absolut begeistert" gewesen.
Technische Daten von Ford Sierra XR4i & Opel Monza GSE
Classic Cars 01/2022 | Ford Sierra XR4i | Opel Monza GSE |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | V6/2 | R6/2 |
Hubraum | 2792 cm³ | 2969 cm³ |
Leistung | 110 kW/150 PS bei 6700 U/min | 132 kW/180 PS bei 5800 U/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 216 Nm bei 4000 U/min | 248 Nm bei 4200 U/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang, manuell/Hinterrad | 5-Gang, manuell/Hinterrad |
L/B/H | 4459/1728/1392mm | 4720/1722/1380 mm |
Leergewicht | 1230 kg | 1450 kg ² |
Bauzeit | 1983–1985 | 1982–1986 |
Stückzahl | 29.400 | 16.594 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 8,8 s ¹ | 8,9 s ² |
Höchstgeschwindigkeit | 209 km/h ¹ | 217 km/h ² |
Verbrauch auf 100 km | 13,4 l S ¹ | 12,0 l S ² |
Grundpreis (Jahr) | 28.350 Mark (1983) | 42.580 Mark (1985) |
¹ AZ Ausgabe 10/83
² AZ Ausgabe 21/83
Fastback ist keine Erfindung der 2000er, sondern war schon in den 1980ern en vogue. Opel stellte damals den Monza GSE als elegantes, alltagstaugliches, komfortables Heckklappen-Coupé mit dynamischen Qualitäten in die Verkaufsräume. Ford hatte den XR4i im Angebot, einen Sportler, der auch für den täglichen Familientransport taugt, eine große Portion Spaß bietet und mit seinem Doppel-Spoiler bis heute bewusst polarisiert.