BMW 1800, Audi Super 90, Opel Rekord: Dynamik-Duell der 60er
- BMW 1800, Audi Super 90, Opel Rekord: Sportliches Mittelklasse-Duell der 60er
- Der Audi Super 90 war das beste Pferd im Stall
- Der BMW 1800 ist der fahraktivste – aber auch der teuerste
- Opel Rekord B mit butterweichem Fahrwerk und viel Oldtimer-Feeling
- Wegweisend, sportlich oder grundsolide?
- Technische Daten von BMW 1800, Audi Super 90 und Opel Rekord
- Fazit
BMW 1800, Audi Super 90, Opel Rekord: Sportliches Mittelklasse-Duell der 60er
Mitte der 60er-Jahre waren 90 PS (66 kW) in Mittelklasselimousinen wie BMW 1800, Audi Super 90 oder Opel Rekord 1,9 L eine echte Ansage. In Zeiten, in denen der gerade frisch vorgestellte, reinrassige Sportwagen Porsche 911 mit 130 PS (96 kW) und einer Spitze von 210 km/h vorliebnehmen musste und die VW Käfer mit 105 km/h dahinkrabbelten, konnte man mit den drei Limousinen noch durchaus den Ton angeben auf der linken Spur – und das für nicht einmal 10.000 Mark. Zum Vergleich: Ein Elfer kostete bei seiner Markteinführung 21.900 Mark. Der Vergleich mit dem Zuffenhausener Sportler hinkt natürlich. Dafür lohnt ein abwägender Blick auf Audi, BMW und Opel.
Damals war die Schlacht um das beste Antriebs- und Fahrwerkskonzept noch lange nicht geschlagen. Außerdem waren gerade Audi und BMW zu jener Zeit höchst interessante Marken, denn in der Mittelklasse betraten die beiden bayrischen Firmen neues Terrain – eines, auf dem Opel sich schon lange und erfolgreich bewegte. Gemeinsam mit Ford war man der Platzhirsch im Segment und bekannt für solide, aber auch biedere Wagen von hoher Zuverlässigkeit. Seit 1965 gab es wieder Autos mit dem Markennamen Audi zu kaufen. Die Nachkommen des DKW, die unter der Ägide von Mercedes-Benz viertaktend das Laufen lernten, erwiesen sich vor allem dank der wirtschaftlichen Mitteldruckmotoren sehr schnell als Publikumslieblinge.
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Der Mercedes 560 SEC von Bruno Sacco im Fahrbericht (Video):
Der Audi Super 90 war das beste Pferd im Stall
In der schärfsten Ausprägung tritt hier der Super 90 an, wie ihn Audi ab 1966 anbot. Mit einem Porsche 356 Super 90 hat dieser Audi nur den Namen gemeinsam. Die Formel aber ist die gleiche: "Super" als Hinweis auf das beste Pferd im Stall und "90" für die Anzahl der Pferde unter der Haube. Und dass diese Pferde fix antraben, belegen die alten Werksangaben und auch der Blick auf alte Testergebnisse, die bestätigen, dass der Super 90 von null auf 100 gerade mal 12,2 s benötigt. Einige Testmagazine unterboten diesen Wert sogar noch. Damit ist der Audi der spurtstärkste Wagen in diesem Vergleich. Doch der weit vorn liegende Motor offenbart auch Schwächen. Der Super 90 ist sehr kopflastig.

Nur den langen Torsionsstäben ist zu verdanken, dass der Fronttriebler recht weich und komfortabel einfedert. Bei schneller Kurvenfahrt neigt der Audi aber zum Untersteuern. Der recht große Wendekreis (11,3 m zu 10,4 m beim BMW und 11,5 m beim Opel), gepaart mit der reichlich indirekten Zahnstangenlenkung (vier Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag; BMW: 3,25; Opel: 3,5), machen den Fahrerplatz zum Arbeitsplatz. Die Lenkradschaltung verlangt Konzentration. Bald hat man sich daran gewöhnt, dass die Präzision nicht an die einer Mittelschaltung heranreicht.
Der Audi ist innen am knappsten geschnitten. Die Sitze des Super 90 geben durchaus ein wenig Seitenhalt. Die Armaturentafel mit Kunststoff-Holzdekor wirft leichte Falten, doch ansonsten ist der Innenraum in Würde gealtert und eine Augenweide. Die etwas wahllos angeordneten Schalter stören das Bild; vor allem der weiche Gummiknopf für die Scheibenwischer will nicht recht gefallen. Aber das sind nur kleine Detailmängel. Der Audi Super 90 war zu seiner Zeit ein gelungenes Auto, das auch heute noch überzeugen kann.
Der BMW 1800 ist der fahraktivste – aber auch der teuerste
Nicht weniger als eine "Neue Klasse" versprach BMW 1962. Ein Vertreter dieser Reihe räumte im Vergleich bei uns bereits ab: Der 2000 tii gewann gegen Opel Commodore und Ford 17M RS. Die Hecktriebler mit dem blau-weißen Emblem gelten als fahraktive Zeitgenossen. Das beweist auch der 1800, dem die Testmagazine seinerzeit Bestnoten für Fahrwerk und Motor gaben. Auf dem Papier steht der BMW dem Audi allerdings in der Beschleunigung etwas nach. Dafür lenkt er direkter ein, vermittelt in Kurven das Gefühl, das er sich satter in sie hineinstemmt, und er lässt sich gut ausbalancieren. Das Heck wird beim Gaswegnehmen leicht. Doch das geschieht kalkulierbar und kommt einem nie unsicher vor.

Im Innenraum zeigt sich ein Qualitätsunterschied zu Audi und Opel: Der BMW wirkt wertiger und gediegener. Die Bedienlogik erschließt sich sofort. Die knackige Schaltung macht bei jedem Gangwechsel Spaß. Der BMW 1800 ist innen größer als der Audi 90, hat serienmäßig vier Türen (Aufpreis bei Audi: 300 Mark, bei Opel 400 Mark) und eine ausgesprochen niedrige Ladekante nebst großem Kofferraum – etwa in der Größe des Audi-Gepäckabteils. Der BMW war seinerzeit auch der teuerste dieser Kandidaten.
Opel Rekord B mit butterweichem Fahrwerk und viel Oldtimer-Feeling
Der Rekord B wiederum erwies sich nicht als der große Wurf, den Opel eigentlich landen wollte. Er war ein Facelift des Rekord A mit dem Fahrwerk des Vorgängers. Doch im Rekord B hielt eine neue Motorengeneration Einzug: die CiH-Motoren. Diese Triebwerke mit im Zylinderkopf befindlicher Nockenwelle neben den Ventilen waren lange Jahre prägend für die Rüsselsheimer Produkte und gelten bis heute als ungeheuer robust und langlebig – nur spritzig sind sie nicht. Das zeigt auch der Rekord. Obwohl er nicht der schwerste Wagen im Vergleich ist, beschleunigt er doch am gemächlichsten von null auf 100 km/h.

Sein Fahrwerk kann man im Vergleich zu denen von Audi und BMW nur als veraltet bezeichnen. Die Starrachse an Blattfedern hinten scheint immer etwas völlig anderes zu tun als die Vorderachse. Der butterweich abgestimmte Wagen neigt sich stark in Kurven und verliert an der Hinterachse früh die Bodenhaftung. Doch wer mit einem Oldtimer gemütlich reisen will, ist hier richtig: Kein anderer Vergleichskandidat wirkt so üppig oder reizt mit aus heutiger Sicht herrlichem Balkentacho. Hinzu kommt der flüsterleise Lauf. Da können der kernige BMW und der etwas dröhnige Audi nicht mithalten.
Wegweisend, sportlich oder grundsolide?
90 PS (66 kW) sollten alle Kandidaten haben, doch entsprechende Autos in gutem Zustand zu einem bestimmten Termin zusammenzubringen ist nie ganz leicht. So stehen hier ein getunter BMW 1800 in Bestzustand aus privater Hand, ein Audi Super 90 und ein Opel Rekord 1,5 L auf den Fotos nebeneinander. Für Raumangebot und Fahrgefühl ist die unterschiedliche PS-Zahl nicht von Bedeutung. In puncto Motor haben wir in diesem Vergleich allerdings nur Bezug auf alte Werksangaben genommen. Und auch das sportlichere Fahrwerk "unseres" BMW floss nicht ein. Hier konnten wir auf die Erfahrungen aus früheren Vergleichen zurückgreifen.
Letztlich zeigte sich aber, dass abseits der Punktewertung jeder der drei ein Charakterbild lieferte: der Audi Super 90 als modernes Konzept mit allen Zutaten, die Audi auf dem Weg zur Premiummarke dienlich waren; der BMW 1800 als starker Vertreter mit Oberklasseanspruch; der Opel als Volkstribun mit solider Technik bei günstigem Preis. Welcher nun heutzutage der Favorit in der Garage ist, liegt im Auge des Oldtimerfans. Wir waren glücklich, diese drei Klassiker bewegen zu dürfen. Gerade wegen ihrer liebenswerten Macken.
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Technische Daten von BMW 1800, Audi Super 90 und Opel Rekord
Classic Cars | Audi Super 90 | BMW 1800 | Opel Rekord B 1,9 L |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2 | 4/2 | 4/2 |
Hubraum | 1760 cm³ | 1773 cm³ | 1897 cm³ |
Leistung | 66 kW/90 PS 5200/min | 66 kW/90 PS 5250/min | 66 kW/90 PS 5100/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 147 Nm 3000/min | 143 Nm 3000/min | 146 Nm 2500-3100/min |
Getriebe/Antrieb | 4-Gang-Getriebe/Vorderrad | 4-Gang-Getriebe/Hinterrad | 3-Gang-Getriebe/Hinterrad |
L/B/H | 4380/1626/1451 mm | 4500/1710/1450 mm | 4529/1690/1442 mm |
Leergewicht | 980 kg | 1070 kg | 1000 kg |
Bauzeit | 1966-1972 | 1963-1972 | 1965-1966 |
Stückzahl | 412.852 (Audi 60 bis Super 90) | 147.160 | ca. 296.000 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 12,2 s | 13,2 s | 14,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 163 km/h | 160 km/h | 158 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 12,0 l S | 11,0 l S | 12,0 l S |
Grundpreis (Jahr) | 8390 Mark (1967) | 9985 Mark (1963) | 7375 Mark (1965) |
Diese drei machen es einem nicht leicht. Dass die Punktewertung so zu Ungunsten des Opel ausfällt, liegt an objektiven Zahlenwerten und den Fahrwerks- und Motorkonstruktionen. Und dennoch: Der Rekord B ist der eigentliche Held des Duells, denn der seltene Rüsselsheimer bietet aus heutiger Sicht den meisten Charme. Das behäbige Fahrverhalten, der herrliche Balkentacho: Was Testmagazine damals mit Grausen als "veraltet" abgetan haben, wirkt auf uns heute klassisch.
Legt man aber nüchtern die Vergleichskriterien an, dann muss man anerkennen, dass der Audi wie Phönix aus den Trümmern von DKW emporstieg und die Konkurrenz gehörig aufmischte. Für BMW gilt das Gleiche: Im großen Loch zwischen Luxus- und Kleinwagen platzierte die Marke die "Neue Klasse". Und machte damit alles richtig: Sie begründete BMWs Ruf, sportliche Mittelklasse zu bauen. Bis heute. Und Opel? Nun, erst der C-Rekord machte alles besser. So verliert der Rekord B nach Punkten – aber erobert die Herzen.