close
Schön, dass du auf unserer Seite bist! Wir wollen dir auch weiterhin beste Unterhaltung und tollen Service bieten.
Danke, dass du uns dabei unterstützt. Dafür musst du nur für www.autozeitung.de deinen Ad-Blocker deaktivieren.
Geht auch ganz einfach:

VW LT Westfalia Sven Hedin: Dieser Bus machte Camper cool

Christian Steiger Freier Mitarbeiter

1975​ will der VW LT die Transporter-Szene aufmischen, doch die größte Karriere gelingt ihm auf dem Campingplatz: Als Sven Hedin ist er in den Siebzigern ein Lifestyle-Wohnmobil. 

Hinweise zu den Affiliate-Links
Die genannten Produkte wurden von unserer Redaktion persönlich und unabhängig ausgewählt. Beim Kauf in einem der verlinkten Shops (Affiliate Link) erhalten wir eine geringfügige Provision, die redaktionelle Selektion und Beschreibung der Produkte wird dadurch nicht beeinflusst.
Inhalt
  1. VW LT 28 Westfalia Sven Hedin: Ein Transporter wird wohnlich
  2. VW und Mercedes teilten sich die Transporter-Entwicklung
  3. Milde 75 PS – und Lärm wie im Lastwagen
  4. Die Landstraße liegt dem VW LT
  5. Solide Verarbeitung samt moderner Maße
  6. Der Sven Hedin kostete so viel wie ein Mercedes 450 SE
  7. Technische Daten des VW LT 28 Westfalia Sven Hedin
  8. Fazit

Die große Freiheit endet für Campingfans der Siebziger bei der Wahl des passenden Wohnmobils. Natürlich können sie auch den VW Bulli nehmen, den Westfalia zum Campingbus macht, doch für das Fernweh von Familien ist er schon damals eine Nummer zu klein. Und ja, Erwin Hymer hat sein Hymermobil bereits erfunden, doch für Normalverdienende ist so ein Luxusquader mit massivhölzernen Landhaus-Möbeln und der Cinemascope-Frontscheibe nicht drin. Bei den mittelgroßen Campern siehts schütter aus, was nicht an der mangelnden Kreativität der Wohnmobilbauer liegt, sondern am Markt der Transporter, dem es an Auswahl fehlt.

Das ändert sich im Frühjahr 1975, als Volkswagen den LT vorstellt. "Alles Gute vom Lkw, alles Gute vom Transporter" soll er bieten, so verspricht es zumindest das erste Prospekt. Dass er anfangs nicht die besten Motoren an Bord hat, erschwert zwar seinen Start ins gewerbliche Leben, doch die Caravaning-Branche stört es nicht: Für sie ist der LT von Anfang an ein gefragter Typ.
Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Der VW ID. Buzz (2022) im Fahrbericht (Video):

 
 

VW LT 28 Westfalia Sven Hedin: Ein Transporter wird wohnlich

Natürlich ist Westfalia ganz vorn dabei, wenn es darum geht, den LT bewohnbar zu machen. Kein deutscher Ausbauer hat damit so viel Erfahrung wie das Familienunternehmen aus Rheda-Wiedenbrück. Die Geschichte beginnt 1951 mit der Campingbox, einem modularen System, das den VW T1 mit ein paar Handgriffen zum Feriendomizil macht. Und sie wird zum Erfolgsmodell, als der Camping-Bulli aus Germany in den Fünfzigern auf dem US-Markt boomt. Kurz darauf können sich auch deutsche Gutverdienende einen VW-Bus mit Kleinküche, Kühlschrank und Aufstelldach leisten. Und mit dem Erscheinen des LT sind sie reif für den Komfort-Camper, der sogar eine Nasszelle an Bord hat.

Auch die Optik soll jetzt zeigen, dass Campen nichts mehr mit Verzicht zu tun hat. Das GFK-Hochdach, das Westfalia dem LT aufsetzt, sieht nicht mehr nach umgestülpter Badewanne aus, es ist ein abgestuftes Designerteil von damals erstaunlicher Eleganz. Dazu kommt das Foliendekor der Flanken, das den LT vollends vom Mief des Gewerbehofs befreit. Zudem nennt Westfalia seinen Luxus-LT nicht mehr nach Städten wie den kleineren Bulli, sondern tauft ihn auf den Namen des schwedischen Entdeckungsreisenden Sven Hedin.

Fürs Image der ganzen Wohnmobil-Branche ist das eine revolutionäre Idee, weil sie aufräumt mit dem Klischee vom Feinripp-Camper mit Aldi-Dauerwurst und Billig-Bier im Kühlschrank. Wer einen Sven Hedin fährt, will nicht als Billigheimer:in reisen, sondern mehr von der Welt sehen. Das passt zum VW LT, denn der will ja nicht nur ein Malocher sein, sondern ein Transporter mit den Manieren eines Personenwagens. 

Produkte für den Klassiker:

 

VW und Mercedes teilten sich die Transporter-Entwicklung

Seine Geschichte beginnt in den Sechzigern, als VW-Chef Heinrich Nordhoff vom Megakonzern aus Volkswagen und Daimler-Benz träumt. Eine Vorstufe davon bilden der Mercedes-Motor, den 1965 der neue Audi trägt, und der gemeinsame Messestand auf der IAA, doch zum ganz großen Zusammenschluss kommt es bekanntlich nicht. Was dagegen bleibt, ist eine Kooperation auf dem Markt der leichten Nutzfahrzeuge. Tatsächlich machen sich beide Unternehmen um 1970 an die Entwicklung eines Gemeinschafts-Modells. Erst drei Jahre später trennen sich die Wege, weil sich die Partner nicht über das Layout des leichten Lastwagens einig werden: Während VW zugunsten der geringen Verkehrsfläche den Motor zwischen den Vordersitzen einbauen will, besteht Daimler-Benz auf einer möglichst komfortablen Kabine und nimmt dafür auch einen Vorbau für den Motor in Kauf.

Bei Volkswagen haben sie zwar nicht viel Erfahrung mit Lastwagen, doch das stört nicht weiter, weil in der Technischen Entwicklung ein ehemaliges Borgward-Konstrukteursteam sitzt. Das war in den Fünfzigern am Borgward-Frontlenker B 611 beteiligt, dessen kultivierte Fahreigenschaften damals als vorbildlich gelten. "Anders als die VW-Kollegen wussten wir genau, wie sowas geht", erinnert sich einer von ihnen später. Deshalb ist die Ähnlichkeit des LT-Chassis mit dem Frontlenker von Borgward kein Zufall: Den Leiterrahmen, die Vorderachse mit Dreieckslenkern und Schraubenfedern sowie die hintere Starrachse an Längsblattfedern haben beide gemeinsam. Dazu kommt in der Basisversion ein Benzinmotor, der aus dem Pkw stammt: Beim Borgward ist es das 1,5-l-Triebwerk der Isabella, beim VW LT der gedrosselte Vierzylinder des ersten Audi 100, der hier bis 1982 noch einmal ran muss.

VW LT 28 Westfalia Sven Hedin
Foto: Wolfgang Groeger-Meier
 

Milde 75 PS – und Lärm wie im Lastwagen

Es sind 75 PS (55 kW), die dem Basis-LT für 2,8 t Gesamtgewicht reichen müssen. In den Siebzigern ist das kein Grund zur Kritik, immerhin entlässt Volkswagen noch Zehntausende neuer 50-PS-Bullis auf die Straßen der Bonner Republik. Auch ein Sven Hedin kommt den Camper:innen der Siebziger nicht lahm vor, denn zum Überholen der damals noch mit Tempo 80 vor sich hinschleichenden Caravan-Kolonnen reicht sein bisschen Kraft aus. Natürlich ist er bei Tempo 100 laut wie ein Lastwagen, ein Tester jener Jahre misst 82 Dezibel (A) und merkt an, dass von Urlaubserholung keine Rede mehr sein kann.

Doch ein Bulli, ein Transit oder die anderen Transporter sind auch nicht leiser. Und keiner von ihnen bietet 1975 die unverkrampfte Sitzposition, die gute Sicht und die leichte Bedienbarkeit des LT, bei dessen Entwicklung zum ersten Mal bei Volkswagen die Arbeitswissenschaftler:innen mitgewirkt haben. "Nicht nur ökonomisch, sondern auch ergonomisch", beschreibt der Werbetext. Von Verbräuchen über 15 l haben ihnen das Entwicklungsteam vermutlich nichts gesagt.

Auch interessant:

 

Die Landstraße liegt dem VW LT

Wer heute in Begleitung des Sven Hedin seine Erholung sucht, findet sie vor allem auf der Landstraße, wo der LT dank seiner kurz übersetzten drei unteren Gänge nicht vollkommen verloren ist. Auch das harmonisch abgestimmte Fahrwerk macht lange Reisen erträglich. Und beim Wohnkomfort ist der Sven Hedin überhaupt nicht von gestern, obwohl es in Anbetracht der Einrichtung mit ihren zahlreichen Braun- und Beige-Tönen zunächst einmal so wirkt. Selbst die Decke ist mit zimtfarbenem Samtstoff bespannt, während der Teppichboden eher in Richtung Milchkaffee tendiert und die Kunststoffverkleidung der Nasszelle mit einem scharfen Curry-Ton schockt. Wer die Siebziger erlebt hat, der würde jetzt am liebsten in den Frottee-Schlafanzug schlüpfen und sich mit einem Schneider-Buch ins Hochbett zurückziehen.

 

Solide Verarbeitung samt moderner Maße

Doch wer die kompakten Camper von heute kennt, der staunt auch über die solide Verarbeitung des Sven Hedin und noch mehr über die Großzügigkeit, die sich hier auf knapp fünf Meter Länge einstellt. "Zwölf Quadratmeter Wohnfläche, die zweite Liegefläche in Dachnähe mitgerechnet", misst ein damaliger Sven Hedin-Tester, der nicht ahnt, dass es ein Sechseinhalb-Meter-Kastenwagen des Modelljahres 2025 nicht besser kann. Natürlich liegt das vor allem an der Breite des LT, der schon damals die Zwei-Meter-Marke reißt und damit zwei plüschige Vis-à-vis-Sofas von 1,17 und 1,30 m Breite möglich macht.

Wer sie versenkt und gegeneinander schiebt, hat ein Doppelbett von stattlichen 1,95 m Länge. Er kann aber auch das große, dreiteilige Dachbett herausziehen, das es auf 1,60 m Breite bringt. Erst jetzt wird es knapp mit der Stehhöhe. Ansonsten fällt diese sogar in der Duschkabine üppig aus, allerdings müssen fülligere Personen erst einmal die Luft anhalten, um durch die schmale Eingangstür zu kommen. Aber immerhin, es gibt ein Bad – auch da müssen Fünf-Meter-Camper von heute passen.

VW LT 28 Westfalia Sven Hedin
Foto: Wolfgang Groeger-Meier
 

Der Sven Hedin kostete so viel wie ein Mercedes 450 SE

Und warum haben eigentlich nicht alle Wohnmobile die weichen Kunststoff-Keder an den Möbeln, die das Kopfnuss-Risiko auf ein Minimum reduzieren? Natürlich ist es die alte Preisliste, die uns das erklärt. Wer im Sven Hedin losziehen will, kauft ihn nicht von der Stange, sondern ordert einen neuen LT 28, den er zu Westfalia liefern und nach seinen Wünschen ausbauen lässt. Man könnte sich auch einen Mercedes 450 SE bestellen, denn weniger als 45.000 Mark stehen am Ende nur dann auf der Rechnung, wenn es das Zwei-Betten-Modell mit Flachdach ist.

Wo das viele Geld bleibt, lässt sich auch heute noch spüren, wenn der Velours der Doppelsofas leise knistert und die Schrankklappen mit sattem Ton einrasten. Doch weil es ein LT ist und kein Bulli, gibt es den Sven Hedin und seinen Nachfolger, den VW Florida, noch immer zum Nice-Price-Tarif. Wer ein Wohnmobil lieber selbst ausbaut, stößt auf Feuerwehr-LT, die ihre 50.000 km noch vor sich haben. Die große Freiheit braucht Geduld und Watte im Ohr, doch vorbei ist sie für den LT und seine Bewohner:innen noch lange nicht.

 

Technische Daten des VW LT 28 Westfalia Sven Hedin

Classic Cars 7/2025VW LT 28 Westfalia Sven Hedin
Zylinder/Ventile pro Zylin.4/2
Hubraum1984 cm³
Leistung55 kW / 75 PS bei 4300/min
Max. Gesamtdrehmoment bei150 Nm bei 2400/min
Getriebe/Antrieb4-Gang (ab 1979 5-Gang optional)/Hinterrad
L/B/H4840 / 2020 / 2900 mm
Leergewicht2400 kg
Bauzeitab 1975
Stückzahlk.A.
Beschleunigung
null auf 100 km/h
ca. 37 s
Höchstgeschwindigkeit110 km/h
Verbrauch auf 100 km16 l
Grundpreis (Jahr)43.361 Mark (1979)

 
Christian Steiger Christian Steiger
Unser Fazit

In der Oldtimerszene ist der LT noch nicht wirklich angekommen, dabei bringt es in der VW-Geschichte nur der Käfer auf eine längere Laufzeit als er. Die junge Vanlife-Gemeinde weiß den großen Bruder des Bulli dagegen zu schätzen – weil er günstig ist, viel Platz bietet und mit den späteren Sechszylinder-Motoren auch auf der Autobahn mitschwimmen kann. Der frühe Benziner mit 75 PS (55 kW) fühlt sich dagegen an wie aus der Zeit gefallen – aber auch das hat einen speziellen Reiz, wie die Sven Hedin-Innenausstattung in allen Beige- und Braun-Nuancen der späten Siebziger zeigt.

Tags:
Copyright 2025 autozeitung.de. All rights reserved.