Offenes Duell: Cadillac De Ville & Opel Diplomat B Cabrio
- Cadillac De Ville Convertible & Opel Diplomat B Cabriolet im Vergleich
- Nur vier Diplomat-B-Limousinen wurden zu Cabriolets umgebaut
- 5,69 m und 2014 kg vs. 4,92 m und 1550 kg
- Der Cadillac im Originalzustand, der Opel hochwertig restauriert
- Erst 1977 wurde der De Ville zu Cadillacs Basismodell
- Der Diplomat war das Spitzenmodell der KAD-Baureihe
- Technische Daten von Cadillac De Ville Convertible & Opel Diplomat B Cabriolet
- Fazit
Cadillac De Ville Convertible & Opel Diplomat B Cabriolet im Vergleich
Ein herrlich sonniger, wenngleich frostiger Tag begrüßt uns, als wir an diesem Morgen mit dem Cadillac De Ville Convertible und dem super seltenen, weil nur viermal gebauten Opel Diplomat B Cabriolet festen Willens ausrücken, dem Winter klare automobile Kante zu zeigen. Getreu dem Motto: Von Temperaturen um den Gefrierpunkt lassen wir uns das Offenfahren noch längst nicht vermiesen. Schon gar nicht rund um den bayerischen Ammersee, wo wir herrliche Landstraßen erleben dürfen.
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Nur vier Diplomat-B-Limousinen wurden zu Cabriolets umgebaut
Während Cadillac den De Ville bereits von 1959 an als eigenständige Baureihe mit Limousine, Coupé und Cabriolet führte, wagte sich Opel beim Diplomat nie an ein in Serie gefertigtes Cabriolet heran. Stattdessen entwickelte Opel 1970 den Plan, vier zu Cabriolets umgebaute Diplomat B für besondere VIP-Anlässe zu bauen, um die Akzeptanz der Opel-Modelle Kapitän, Admiral und Diplomat zu verbessern. Zu diesem Zweck beauftragte Opel 1971 Karmann in Osnabrück mit dem Umbau von vier Diplomat-B-Limousinen zu Cabriolets.

Aufgrund von Kapazitätsproblemen gab Karmann den Auftrag jedoch an den italienischen Karosseriebauer Carrozzeria Fratelli Fissore in Savigliano ab, wo die Limousinen von Mai bis Oktober 1971 umgebaut wurden. Das Faltverdeck dazu lieferte schließlich Karmann, und die elektrohydraulische Betätigung kam von General Motors. Olympiasieger:innen und Weltmeister:innen wurden mit ihnen PR-trächtig chauffiert, und einmal – so ist es überliefert – habe eines der vier Diplomat B Cabriolets sogar als Pacecar auf dem Hockenheimring Dienst getan.
Der Opel Diplomat B ist ein Vollcabriolet
Hin und wieder wurde das Diplomat B Cabriolet fälschlicherweise als Cabrio-Limousine eingestuft. Wohl deshalb, weil die vier Türen über feste Scheibenrahmen verfügen und so mancher eine nach wie vor vorhandene B-Säule vermutete. Tatsächlich handelt es sich aber um ein viertüriges Vollcabriolet mit auf Höhe der unteren Fensterlinie gekappter B-Säule und damit durchaus um eine Besonderheit, die in der automobilen Welt nicht allzu häufig anzutreffen war. Mercedes, BMW (über Baur) und Hebmüller hatten nach dem Zweiten Weltkrieg ähnliche Fahrzeuge geschaffen.
Der Umbau des Diplomat B zum Cabriolet gelang den beiden beteiligten Firmen Fissore und Karmann aber nicht nur formensprachlich und funktional ganz hervorragend, sondern auch in puncto Gewicht. Mit 1550 kg Leergewicht bringt das Cabrio trotz mächtiger Längsverstärkungen im Fahrzeugboden gerade mal 20 kg mehr als die Limousine auf die Waage. Demgegenüber stehen satte 2014 kg beim Cadillac De Ville Cabriolet, das mit zwei – wenngleich sehr stattlich bemessenen – Türen Vorlieb nehmen muss.
5,69 m und 2014 kg vs. 4,92 m und 1550 kg
Der Vergleich der Fahrzeuggewichte hinkt indes, betrachtet man Abmessungen und Motorisierung. Mit 5,69 m Länge schlägt der De Ville den nur 4,92 m kurzen Diplomat um satte 77 cm, und während der Amerikaner von einem mächtigen, schweren 7,0-l-V8 mit 340 PS (250 kW) befeuert wird, werkelt im Diplomat ein nur 2,8 l großer, wesentlich leichterer und 165 PS (121 kW) starker Sechszylinder-Reihenmotor. Dank Bosch-D-Jetronic-Kraftstoffeinspritzung sowie Hydrostößeln für den Ventilspielausgleich nimmt sich jedoch der Sechszylinder für die damalige Zeit als mustergültige Motorisierung im Hinblick auf Kraftstoffverbrauch und Wartungsaufwand aus.

Fahrwerksseitig ist das Diplomat B Cabriolet nicht nur mit vier Scheibenbremsen, sondern auch mit einer DeDion-Hinterachse ausgerüstet, bei der das Differentialgetriebe konstruktionsbedingt von der Starrachse getrennt am Rahmenkörper befestigt ist. Deutlich reduzierte ungefederte Massen und damit ein sensibleres Ansprechen von Federung und Dämpfung sind die Vorteile dieser Hinterachsbauweise. Für Hansjörg Nagel, lange Jahre für Opel tätig und Opel-Fan vom Scheitel bis zur Sohle, stellt sein Diplomat B Cabriolet fraglos etwas ganz Besonderes dar. "Am meisten gefällt mir an diesem Wagen, dass ich überhaupt die Möglichkeit bekam, ihn kaufen zu können. Das war im Jahr 2008. Der Diplomat war immer mein persönliches Traumauto, und daran hat sich auch bis heute nichts geändert", erzählt der Diplom-Ingenieur aus Dießen am Ammersee.
Der Cadillac im Originalzustand, der Opel hochwertig restauriert
Ähnlich innig verbunden ist Armin Pohl seinem Cadillac De Ville Cabriolet. Der Unternehmer und Investor aus dem schwäbischen Nürtingen erzählt: "Ich habe mir den Wagen gekauft, weil ich in den 1990er-Jahren schon einmal einen 1965er Cadillac De Ville besaß und das Auto unfassbar cool fand. Damals war es ein Calais, also eine 4-door-Variante ohne B-Säule. Ich wollte unbedingt wieder ein solches Auto haben, aber dieses Mal sollte es ein Cabriolet sein. Speziell dieses Exemplar mit weißer Lackierung und schwarzem Interieur fand ich zeitlos schön. Es war technisch in Ordnung und noch sehr original erhalten. Die leichten Gebrauchsspuren stören mich überhaupt nicht – sie geben dem Auto seinen Charakter."
Während Hansjörg Nagels Diplomat B Cabriolet einmal eine sehr aufwendige und qualitativ hochwertige Restaurierung erfuhr, darf der Cadillac De Ville Convertible von Armin Pohl getrost das Prädikat "Survivor", also "Überlebender", für sich in Anspruch nehmen. Zwar wurde der Wagen, bevor er aus den USA hierher nach Europa kam, in den 1990er- oder 2000er-Jahren einmal neu lackiert, doch ansonsten handelt es sich um ein sehr originales, unverbasteltes und vor allem ungeschweißtes Fahrzeug. "Vom Klimakühler über den Spritzwasserbehälter bis hin zum Radio ist alles original, und vor allen Dingen funktioniert auch alles. Selbst das originale Bordwerkzeug aus jenen Tagen ist noch vorhanden", sagt Armin Pohl.
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Namentlich geht Coupé De Ville ins 19. Jahrhundert zurück
Automobilhistorisch betrachtet geht die Geschichte des Cadillac De Ville bezüglich seiner Modellbezeichnung sehr viel weiter zurück als die des Opel Diplomat. Die Bezeichnung Coupé De Ville nimmt etwa auf eine Karosseriebauform Bezug, die im Automobilbereich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem im Oberklassesegment anzutreffen war. Typisch für ein solches Coupé de Ville – im Französischen "Stadt Coupé" und im Englischen "Town Car" genannt – war ein offenes Abteil für die Person am Steuer und ein davon getrenntes Abteil für die Fahrgäste mit festem Metalldach. Coupés de Ville gehen jedoch noch weiter zurück, denn es gab sie bereits im 19. Jahrhundert als Aufbauten für Pferdekutschen. Im Automobilbereich wurden sie üblicherweise als Repräsentationsfahrzeuge verwendet.
Solche Autokarosserien im Coupé de Ville-Stil waren indes keine Besonderheit Cadillacs, sondern wurden bis zum Zweiten Weltkrieg von zahlreichen Karosseriebauunternehmen in den USA und Europa für die Chassis verschiedenster Oberklasse-Hersteller angefertigt, darunter Rolls-Royce, Bentley und Packard. In den 1930ern hatte Cadillac üblicherweise als Town Car gefertigte Coupé de Ville-Aufbauten im Angebot, die bei Fleetwood produziert wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden von 1949 an als Coupé de Ville bezeichnete Cadillac-Modelle, die zwar die Bezeichnung dieser Karosserieform aufgriffen, in technischer Hinsicht aber keine Coupés de Ville darstellten, da bei ihnen das Fahrer- und das Passagierabteil eine Einheit bildeten und vollständig fest überdacht waren.
Erst 1977 wurde der De Ville zu Cadillacs Basismodell
So entstand 1949 zunächst eine besonders hochwertig ausgestattete Version des Cadillac Series 62 – eine von insgesamt vier Cadillac-Baureihen der 1940er und 1950er. Bis 1951 fungierte die Series 61 als Basismodell, und darüber rangierte als mittlere Baureihe die Series 62, die 1952, nach Einstellung der Series 61, zum Basismodell wurde. Beide Reihen waren als zweitüriges Coupé und als viertürige Limousine erhältlich, während die nächsthöher angesiedelte Series 60 nur als viertürige Limousine kam.
Schließlich gab es noch die Spitzenmodellreihe Series 75, bei der es sich um hochwertige Repräsentationsfahrzeuge handelte. Da Cadillac zu dieser Zeit das Konzept der Einheitskonstruktion verfolgte, basierten alle vier Serien technisch und auch in puncto Design auf derselben Grundkonstruktion. Die Unterschiede reduzierten sich weitgehend auf unterschiedliche Radstände, äußere und innere Gestaltungselemente sowie Ausstattungsmerkmale.

Angeregt durch den großen Erfolg von Coupé De Ville und Sedan De Ville, gliederte Cadillac die De Ville-Modelle – beginnend mit dem Baujahr 1959 – aus der Series 62-Baureihe aus und etablierte eine eigene Baureihe, die zunächst Series 63 hieß und über der Series 62, jedoch unter der Series 60 positioniert war. Das blieb auch über das Jahr 1964 hinaus so, als die Bezeichnung Series 62 entfiel und durch die Modellreihe Calais ersetzt wurde.
Erst 1977 schied die Baureihe Calais aus. Dadurch wurde der De Ville in Coupé- und Limousinenversion zu Cadillacs Basismodell. Die letzten Versionen des De Ville, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts angeboten wurden, stellten wiederum die Spitzenmodelle der Marke dar. Die erste Generation des De Ville wurde von 1959 bis 1960 gebaut, dann folgte die zweite Generation, die bis 1964 gefertigt wurde. Von 1965 bis 1970 entstanden schließlich die Modelle der dritten Generation, zu denen das Exemplar von Armin Pohl zählt.
Der Diplomat war das Spitzenmodell der KAD-Baureihe
Die Geschichte des Opel Diplomat als Spitzenmodell der Oberklasse, bestehend aus Kapitän, Admiral und Diplomat (KAD-Baureihe), ist indes etwas schneller erzählt. Die nach den Initialen von Kapitän, Admiral und Diplomat bezeichneten Wagen wurden in der ersten Serie als KAD A von Februar 1964 bis November 1968 produziert. Als Besonderheit wurde der Diplomat ab Februar 1965 als Coupé angeboten, von dem bis Juli 1967 nur 347 Fahrzeuge gefertigt wurden. Die KAD B-Reihe wurde im März 1969 eingeführt, und alle Modelle waren nur noch als Stufenhecklimousine verfügbar. Zudem wurde der Kapitän bereits im Mai 1970 eingestellt, sodass streng genommen ab diesem Zeitpunkt die Bezeichnung "KAD" nicht mehr zutraf. Die Ära der KAD-Modelle endete schließlich im Juli 1977, als der Diplomat als letzter Vertreter der Serie auslief.
Technische Daten von Cadillac De Ville Convertible & Opel Diplomat B Cabriolet
Classic Cars 04/2022 | Cadillac De Ville Convertible | Opel Diplomat B Cabriolet |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 8/2 | 6/2 |
Hubraum | 7030 cm³ | 2753 cm³ |
Leistung | 250 kW/340 PS | 121 kW/165 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 651 Nm | 225 Nm |
Getriebe/Antrieb | 3-Stufen-Automatik; Hinterrad | 3-Stufen-Automatik/Hinterrad |
L/B/H | 5690/2030/1385 mm | 4920/1852/1450 mm |
Leergewicht | 2014 kg | 1550 |
Bauzeit | 1965 bis 1970 | 1971 |
Stückzahl | 19.200 (1965) | 4 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 9,5 s | 11,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 196 km/h | 185 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 15 – 25 l S | 15 – 17 l S |
Grundpreis (Jahr) | 5639 USD | ca. 70.000 Mark (1971) |
Ihre schiere Größe, die elegante Linienführung und das souveräne Komfort- sowie Raumangebot machen sowohl den Cadillac De Ville als auch den Opel Diplomat B zu Cabriolets der absoluten Extraklasse. Verglichen mit dem Amerikaner erfreut der Deutsche mit vergleichsweise geradezu kompakten Abmessungen, einem etwas sparsameren Einspritzmotor und dem geringeren Gewicht, das ihm zu erstaunlicher Agilität verhilft. Der Cadillac hingegen ist der unangefochtene Gleiter für lange Strecken und Reisen. Wie kaum ein anderer "Straßenkreuzer" verkörpert er mit absoluter Souveränität das luxuriöse Cruising und den American Way of Drive.