Maserati in der Krise: Wie der Mythos auf dem Abstellgleis landete
Maserati: einst Mythos, heute Nische
Es gab eine Zeit, in der allein der Name Maserati Gänsehaut auslöste. Italienisches Temperament, Motorsport-DNA, elegante Formen – Maserati war für viele der Inbegriff des automobilen Luxus abseits des Mainstreams. Und heute? Es ist ruhig geworden um die 1914 gegründete Marke, die Produktionszahlen gehen stark zurück, die Zukunft ist ungewiss. Die traditionsreiche Marke mit dem Dreizack kämpft mit der Realität eines überfüllten Premiumsegments, interner Konzernpolitik und einer Identität, bei der Anspruch und Angebot auseinanderklaffen.
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Der Maserati GT (2023) im Video:
Zulassungszahlen: Abwärts im Rückspiegel
Ein Blick auf die Zulassungszahlen zeichnet ein deutliches Bild: Während Maserati 2017 mit weltweit über 50.000 ausgelieferten Fahrzeugen einen historischen Höchststand feierte, hat sich dieser Wert inzwischen massiv verringert. In Deutschland wurden 2023 nur rund 1000 Fahrzeuge neu zugelassen. Zum Vergleich: Porsche setzte hierzulande im gleichen Zeitraum knapp 33.000 Fahrzeuge ab. Selbst Ferrari kam hierzulande auf über 6000 Fahrzeuge. Zur weiteren Einordnung: Der exklusive Sportwagenhersteller Lamborghini brachte 2023 rund 300 Exemplare auf deutsche Straßen.
Wie schlecht es Maserati tatsächlich geht, wird auch an den Produktionszahlen sichtbar: Im Jahr 2024 erlebte Maserati einen dramatischen Rückgang seiner Produktionszahlen. Die Gesamtproduktion sank um 64 % von 27.166 Fahrzeugen im Jahr 2023 auf lediglich 9760 Einheiten 2024. Besonders betroffen war das Werk in Modena, in dem die Produktion des Supersportwagens MC20 um 79 % zurückging – von 1244 Fahrzeugen im Jahr 2023 auf nur noch 260 im Jahr 2024. Auch im Werk Cassino, das den SUV Grecale fertigt, verzeichnete man einen Rückgang von 58 %, mit 7250 produzierten Einheiten im Vergleich zu 17.242 im Vorjahr. Maserati verliert zunehmend an Relevanz – und das trotz neuer Modelle wie dem Grecale oder dem vollelektrischen GranTurismo Folgore.
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Die Rolle im Stellantis-Konzern: Randfigur mit Legendenstatus
Seit der Fusion von FCA und PSA zu Stellantis ist Maserati Teil eines riesigen Markenuniversums, das vom preisgünstigerem Segment bis zur Luxusklasse reicht. So umfasst Stellantis insgesamt 14 Automarken, zu denen auch Alfa Romeo, Citroën, DS, Fiat, Lancia sowie Peugeot gehört. Maserati soll dabei laut dem im Dezember 2024 zurückgetretenen ehemaligen Stellantis-Chef Carlos Tavares "eine strategische Premiumrolle" einnehmen. In der Realität wirkt die Positionierung jedoch unklar. Zwar erhält die Marke Freiheiten bei Design und Technik, doch Innovationen kommen langsam, Marketingbudgets bleiben schmal und Investitionsmittel werden offenbar lieber in margenstärkere Volumenmarken gesteckt. Maserati wirkt innerhalb des Konzerns wie ein edles Relikt – bestaunt, aber vernachlässigt.
Modellpalette: edel, aber nicht einzigartig
Aktuell umfasst das Maserati-Portfolio folgende Modelle:
Levante: das erste SUV der Marke, seit 2016 auf dem Markt. Mittlerweile etwas in die Jahre gekommen.
Grecale: zweites SUV der Marke, etwas kleiner als der fünf Meter lange Levante und die hauseigene Antwort auf Porsche Macan.
Ghibli und Quattroporte: Limousinen mit Charakter, jedoch technisch nicht mehr auf dem neuesten Stand.
MC20/MC20 Cielo: Mittelmotor-Sportler mit Carbon-Chassis und V6-Biturbo – ein Lichtblick, aber nur für wenige. Die Roadster-Variante Cielo (italienisch für "Himmel") mit elektrisch versenkbarem Glasdach feierte im Mai 2022 ihre Premiere.
GranTurismo: Seit 2022 gibt es die zweite Generation, bisher jedoch rar auf den Straßen. Ein neues GranCabrio wurde im Februar 2024 vorgestellt. Angeboten wird das Modell sowohl mit dem aus dem MC20 bekannten V6-Ottomotor namens Nettuno (italienisch für "Neptun") als auch erstmals in einer vollelektrischen Variante unter dem Namen Folgore ("Blitzschlag").
Ebenfalls im Portfolio – für den großteil der Kundschaft aber weniger relevant – sind der Maserati GT2 Stradale, ein straßenzugelassenes Derivat, das auf dem MC20 GT2 Rennwagen basiert, sowie der GT2-Rennwagen und das Topmodell MCXtreme, der bislang leistungsstärkste Rennwagen der Marke.
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STLA-Plattform: letzte Chance auf die Zukunft?
Doch Hoffnung kommt – ausgerechnet von der Konzernplattform STLA. Sie soll künftig für alle Maserati-Modelle als Basis dienen und flexible Lösungen für Verbrenner, Plug-in-Hybride und vollelektrische Antriebe bieten. Besonders die STLA Medium und STLA Large bieten mit Reichweiten von bis zu 800 km und 400- oder 800-V-Technik eine solide Grundlage für Luxusfahrzeuge. So sollen neben dem Alfa Romeo Stelvio auch der künftige Levante und Quattroporte auf der Plattform STLA Large basieren (alle Infos zur STLA Large Plattform und Stellantis).
Ob Maserati es aber schafft, diese Technik mit italienischem Flair zu kombinieren und in wirklich begehrenswerte Fahrzeuge zu verwandeln, ist die große Frage. Gelingt es, könnte die Marke zu alter Stärke zurückfinden. Misslingt es, droht Maserati der langsame Tod durch Bedeutungslosigkeit – trotz Konzernschutz.
Maserati steht an einem Scheideweg. Die Marke hat durchaus das Potenzial, wieder zu glänzen – mit edlem Design und einer Geschichte, wie sie nur wenige Autobauer erzählen können. Doch um im Jahr 2025 relevant zu bleiben, braucht es mehr als schöne Formen: eine klare Strategie, mutige Investitionen und Produkte, die Emotionen wecken.