close
Schön, dass du auf unserer Seite bist! Wir wollen dir auch weiterhin beste Unterhaltung und tollen Service bieten.
Danke, dass du uns dabei unterstützt. Dafür musst du nur für www.autozeitung.de deinen Ad-Blocker deaktivieren.
Geht auch ganz einfach:

Land Rover Defender/Suzuki Jimny: Vergleich

Hauen und Stechen

Johannes Riegsinger Autor
Inhalt
  1. Mit Defender und Jimny über Stock und Stein
  2. Echte Geländewagen sind immer seltener geworden
  3. Der Defender fährt mit Knöpfchen, im Jimny fährt man mit Köpfchen
  4. Das Fahrfreude-Auto im Vergleich ist offiziell ein Nutzfahrzeug

Es gibt sie noch: Offroader, deren wichtigste Kernkompetenz das Fahren im Gelände ist. Wie eng es aber in diesem anspruchsvollen Biotop wird, zeigen Suzuki Jimny und Land Rover Defender im Vergleich.

Ganz so leicht ist es nicht, wenn man in Deutschland seinen Geländewagen vom Schlage eines Suzuki Jimny oder Land Rover Defender artgerecht bewegen möchte. Wer nicht eh im Forst und auf Jagd oder beruflich auf Baustellen unterwegs ist, wird es schwer haben, legal auch nur einen Zentimeter Gelände unter die grobstolligen Reifen zu bekommen. Und um das Wort "Gelände" zu präzisieren: Schotterstraßen, Schlechtwege-Passagen oder Feldwege zählen nicht. Echtes Gelände geht da los, wo tiefer Schlamm unwiderstehlich saugt, wo Böschungen und Steilpassagen sowie tiefe Furten selbst zu Fuß nicht mehr machbar sind, wo Steine nicht orangen-, sondern melonengroß sind, wo Felsen Beine brechen, Reifen schinden und die Anbauteile naiv hierher gesteuerter SUV zerfetzen.

Apropos SUV: Nur weil so ein Lifestyle-Mobil Allradantrieb und etwas Bodenfreiheit hat, ist es noch lange kein Geländewagen. Alles was ohne Getriebeuntersetzung und Sperrdifferenziale befahrbar ist, geht mit Schwung und milder Rücksichtslosigkeit gegen das Material auch mit einem VW Golf. Um also Bedingungen zu finden, die für die Kapazitäten echter Hardcore-Offroader zur wirklichen Herausforderung werden, muss man in Deutschland intensiv suchen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Der Land Rover Defender (2022) im Fahrbericht (Video):

 
 

Mit Defender und Jimny über Stock und Stein

Offroad-Parks auf ehemaligen Truppenübungsplätzen und in stillgelegten Steinbrüchen oder die Trainingsgelände von Motorsport-Clubs sind die letzten Dreck-Oasen in einem sauber asphaltierten und zunehmend dicht bevölkerten Land, in dem man – verständlicherweise – nicht einfach nach Lust und Laune querfeldein fahren kann. Aber selbst in diesen vermeintlichen Reservaten des unbekümmerten Ackerns, Wühlens und Kraxelns wird der Spielraum immer klammer. Ohne Vereins-Mitgliedschaft oder teilweise verblüffend hohe Einfahrts-Tarife kommt man nicht aufs Gelände. Und ist man dort angelangt, darf erst einmal eine umfangreiche Platzordnung studiert werden. Wildes Draufloshakeln? – Kannste vergessen.

Längst haben Naturschützer:innen festgestellt, dass die Pfützen, Steilhänge, Dickichte und Tümpel der von Baggern und Panzern geschaffenen Offroad-Areale nicht nur den Geländeauto-Grobianen taugen, sondern auch anderen vom Aussterben bedrohten Arten: Da wird fleißig gebrütet, abgelaicht und besiedelt, Kröten und Unken, Insekten und Vögel, seltene Kräuter, wilde Blüten und wucherndes Gehölz machen sich in allen Ritzen breit. Diese Ritzen werden von den Grobstolligen gefräst und von ihrem Treiben offen gehalten – danach beginnt der Interessenkonflikt: Sollen die Motorist:innen dem von ihnen ermöglichten Idyll weichen, oder dürfen sie bleiben? – Und die Antwort ist nahezu überall dieselbe: ein klares Jein! Es darf zwar weiter über Stock und Stein gefahren werden, aber bitteschön nach klaren Regeln. Der Geländeautosport wird so selbst zu einer bedrohten Art in einer künstlich am Leben gehaltenen Nische, und vermutlich ist das auch irgendwie OK so. Mit etwas Glück wird es aber auch noch in Zukunft eine üppig florierende Natur in friedlicher Koexistenz mit Geländewagen geben und umgekehrt.

 

Echte Geländewagen sind immer seltener geworden

Gefährlicher für das Herzensanliegen der Offroad-Fans ist vielleicht sogar eine andere Sache: Es gibt kaum noch echte Geländewagen. Zuerst wurde ihr hemdsärmeliger, abenteuerlicher Geist per DNA-Übertragung aufs Segment der SUV transferiert – der wurde dann immer weicher und straßenfokussierter, der alte Offroad-Spirit geriet zur Abenteuer- und Freiheits-Metapher in einer staugeplagten, zugeparkten und bis in die letzten Winkel GPS-kartografierten Welt. Die Inspiration spendenden Offroad-Werkzeuge schließlich gerieten in diesem Zeitgeist-Trend unter die Räder. Der Land Rover Defender hat hier ein besonders plakatives Schicksal: Die legendäre Ikone des harten Hinlangens, ein knorriger Leiterrahmen-Prügel alter Schule, musste am Ende seiner viele jahrzehntelang währenden Karriere – von modernen Fußgängerschutz-, Abgas- und Crash-Regulationen geschoben – über die Planke.

Eine Neukonstruktion im alten, urtümlichen Geist wurde von Land Rover als unrentabel eingeschätzt: Kompromisslose Geländewagen sind eine Nische und finanzieren sich nur durch Anpassung an einen komfort- sowie Lifestyle-orientierten Markt. Wiedergeboren wurde der Defender dann als hoch computerisiertes Mischwesen aus moderner Großkonzern-Plattform-Technik und gekonnt gestylten Zitaten alter, kantiger Strenge. Der neue Defender fährt komfortabel und schnell, er ist kamera- sowie sensorbestückt bis unter die Dachlinie und schick gemacht – er bietet sozusagen das Neueste in Sachen Hardware, Software und Mens Wear. Land Rovers ganzer Stolz gilt dabei den Features, die den Defender an alte Kernkompetenzen im Gelände anknüpfen lassen, mittlerweile aber durch Hightech statt Rustikal-Tech realisiert werden: Eine Luftfederung sorgt für Fahrkomfort und Straßenlage onroad, offroad aber auch für eine höheneinstellbare Maximal-Bodenfreiheit. Sperrdifferenziale rundum sind möglich, geschaltet werden sie aber vollelektronisch statt manuell. Und das nicht einmal nur auf expliziten Fahrerwunsch, sondern eingepackt ins Regime einer automatisierten Fahrprogramm-Strategie.

Wer weiß, wie ein Thermomix funktioniert oder Malen-nach-Zahlen, dürfte das Prinzip logisch und hilfreich finden: Geländeart (Fels, Sand, Gras, Schlamm, Schnee) einstellen, Gas geben – den Rest macht die Maschine. Was so abschätzig klingt, funktioniert bemerkenswert gut: Der Defender stellt sich mit vorprogrammierten Regelstrategien für Motorkennlinie, Getriebe, Differenziale und Fahrwerk auf das angewählte Terrain ein, taxiert dann beim Fahren jeden Millimeter Schlupf, die Drehzahlunterschiede zwischen den Rädern oder ein Wegrutschen und reagiert blitzschnell durch entsprechende Adaptionen. Im Cockpit wechselt man so vom Fahren zum Systembetreuen, zum Supervisor der Technologie.

 

Der Defender fährt mit Knöpfchen, im Jimny fährt man mit Köpfchen

Besonders geländegängige Speerspitze des Defender-Modellprogramms ist dabei der zweitürige 90, dessen kurzer Radstand ihn zur wahren Macht in engen Winkeln oder an steilen Böschungen macht. Während die längeren 110- und 130-Modelle trotz einer auf krasses Hochniveau fahrbaren Bodenfreiheit auf Kuppen oder besonders kernigen Verschränkungspassagen irgendwann doch aufsetzen, schiebt der knackige 90 lässig über diese wüsten Stellen. Und wenn es zwischen Felsen eng wird, muss man mit ihm eindeutig weniger rangieren oder taktieren als mit den längeren Versionen. Kenner:innen der Materie wissen trotzdem, dass selbst der Defender 90 einen wahren Angstgegner hat, der ihm in seiner ureigenen Disziplin auf den Pelz rückt: Der Suzuki Jimny kann kaum etwas von der hochgerüsteten Technik des modernen Defender bieten, klettert aber beinahe genauso gut – und manchmal sogar besser, weil er kleiner und leichter ist, aber auch bewusster gefahren werden muss. Mit seinen knapp 1170 kg schlittert der kleine Suzuki durch dicke Suppen, die einen über 2,3 t schweren Defender 90 magisch anziehen.

Der kompakte Jimny mag mit seinem 1,5-l-Vierzylinder und dessen 102 PS (75 kW) weit entfernt sein vom druckvoll wetternden Oberklasse-Diesel-Reihensechszylinder des Defender (einen V8 gibt es auch), benötigt aber dessen überlegene Leistung überhaupt nicht: Wenn es schmierig oder steil wird, legt man im Suzuki einfach die Getriebe-Reduktionsstufe ein, vervielfacht so die zur Verfügung stehende bescheidene Motorkraft, stellt dann mit eingelegten Sperrdifferenzialen die komplette Mühle auf stur und fährt mit zwei entscheidenden Regelstrategien: viel Gefühl und wohldosiertem Schwung. Beigesteuert wird das nicht vom Bordrechner, sondern von Hirn und Erfahrung. Was so ungekünstelt, echt und handfest klingt, ist allerdings regelrecht alternativlos: Der Suzuki Jimny kann nahezu jedes Gelände queren, braucht dafür aber jemanden, der:die weiß, was zu tun ist. Er wirkt leicht, macht es einem aber nicht leicht. Während einen der Defender mit sattem Drehmoment und millimeterfeiner Kontrolle aus knietiefen Schlammlöchern schiebt, sollte man sich im Suzuki erst gar nicht in dieselbigen verirren – oder nur ganz bewusst: sachte hineintasten, damit einen die Bugwelle nicht ersäuft, und erst kurz vor dem Moment des Festfahrens das Gaspedal in die Bodenplatte rammen, um sich mit Schwung ans andere Ufer zu retten. Während der Defender dann auf Felsen oder Klippen seine luftgefederten Beine dem Untergrund stelzenartig entgegenstreckt, um mit kurz scharrenden Reifen jedes Quäntchen Traktion auszunutzen, egal an welchem Rad die gerade zufällig anfällt, muss man im Jimny dosiert an Kipp-Punkte heranfahren und den kleinen Kerl herzhaft darüberhieven.

 

Das Fahrfreude-Auto im Vergleich ist offiziell ein Nutzfahrzeug

Das wippelt und wackelt, macht enorm Freude, sorgt aber auch immer wieder für heftige Transpiration und volle Hosen – der Land Rover gibt in solchen Situationen den gelassenen, na ja, "Defender". Er schützt vor Unruhe und Unsicherheit, aber auch vor größeren Gefühlsaufwallungen. Steile, Schuttbröselnde Abfahrten nimmt man im Defender mit eingelegter Hill Descent Control, lässt den Bordrechner hundertfach pro Sekunde eine perfekte Quersumme aus minimalem Radschlupf kalkulieren und den britischen Offroad-Koloss sich per radselektiven Bremsimpulsen abseilen – den Jimny dagegen wirft man einfach in der ultrakurzen Getriebe-Reduktionsstufe über die Klippe, versucht, nicht ins Rutschen zu geraten, zielt gut, hofft aufs Beste und redet sich auf dem Weg nach unten ein, dass der abrollende Suzuki ja deutlich weniger Flurschaden anrichtet als weit über zwei Tonnen Land Rover. Und wenn es dann auf den Nachhauseweg geht, schnürt der Defender mit Autobahn-Reisetempo hochkomfortabel dahin, stakt sogar Kurvenstrecken mit Anstand ab und lässt dabei den schlingernden, hüpfenden, rumorenden Jimny weit hinter sich. Dessen Fahrer:in ist aber eh noch damit beschäftigt, sich die Freudentränen über ein gefühlsechtes Offroad-Erlebnis aus den Augen zu wischen – das vielleicht gar nicht mehr so lange anhält: Immer schärfere Abgas-Gesetzgebungen haben Suzuki bereits dazu gezwungen, den Jimny nur noch als Nutzfahrzeug anzubieten – zweisitzig und mit einem Fond als reine Ladefläche. Das kleine Glück im Gelände-Biotop ist gefährdet.

AUTO ZEITUNG 22/2023Land Rover Defender 90Suzuki Jimny 1.5 Allgrip
Technik
Zylinder/Ventile pro Zylin.6/44/4
Hubraum2997 cm³1462 cm³
Leistung249 PS/183 kW
bei 4000 /min
102 PS/75 kW
bei 6000 /min
Max. Drehmoment570 Nm bei 1250 /min130 Nm bei 4000 /min
Getriebe8-Stufen-Automatik5-Gang-Handschaltung
Messwerte
Leergewicht2316 kg1165 kg
Beschleunigung 0-100 km/h (Test)8,0 sk.A.
Höchstgeschwindigkeit (Werk)188 km/h145 km/h
Verbrauch auf 100 km (WLTP)8,3 l D7,7 l S
Preise
Grundpreis68.900 €26.990 €

Tags:
Copyright 2024 autozeitung.de. All rights reserved.