BMW M3 Evolution vs. Alpina C2 2.7: Charaktertypen im Duell
Alpina C2 2.7 und BMW M3 Evolution im Vergleich
Undenkbar heute, so etwas. Der Legende nach sagte BMW-Chef Eberhard von Kuenheim 1985 nach einem Besuch der BMW Motorsport GmbH zu deren technischem Geschäftsführer Paul Rosche eher beiläufig: "Wir brauchen für die 3er-Reihe einen sportlichen Motor." Diese Worte waren wohl Wasser auf den Mühlen von "Nocken-Paule", dessen Handschrift nicht nur der geniale Sechszylinder-Vierventiler des M635 CSI und des M1 trug, sondern auch der kleine Vierzylinder-Turbo, der mit bis zu 1400 PS (1030 kW) Leistungsprüfstände wie Konkurrenten in die Knie gezwungen und Nelson Piquet 1983 auf Brabham-BMW den F1-Weltmeistertitel beschert hatte.
Passendes Zubehör für den Klassiker:
Rosche und seine Mannen griffen zum schon vorhandenen Zweiliter-Block der M10-Baureihe und passten den Vierventil-Kopf des Sechszylinders M88 an. Da der Zylinderabstand identisch war, war diese Operation recht unkompliziert – es entstand ein einfach aufgebauter, kurzer und im Renntrimm bis 10.000 Touren drehzahlfester Motor, der mit den 195 Kat-PS (143 kW), die er in seiner ersten Ausbaustufe bei 6750 U/min abgab, noch große Reserven hatte.
Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Alpina B7 GT (2024) im Fahrbericht (Video):
Bis zum Produktionsende 1992 wurden 17.970 M3 gebaut
Montiert wurde er in eine Karosserie, die mit ausgestellten Radhäusern Platz für größere Räder und mehr Spurweite bot als der schlanke 3er BMW der Baureihe E30. Die Heckscheibe wurde für bessere Aerodynamik flacher gestellt, der Kofferraumdeckel verlief vier Zentimeter höher als bei der Limousine, bestand aus Kunststoff und wurde gekrönt von einem Heckflügel. Hinzu kamen Feinschliff am Fahrwerk mit stärkeren Stabilisatoren, handlingfreudiger Geometrie mit mehr Nachlauf, verstärkten Radnaben mit fünf statt vier Radbolzenaufnahmen und größere Bremsen.
Fertig war das von Fans sehnlichst erwartete Homologationsmodell für den Tourenwagensport, das im ersten Jahr mindestens 5000 Käufer:innen finden musste, damit der BMW M3 E30 auf die Rennstrecke durfte. Dort leistete er von 1987 bis 1992 Großes, setzte sich auch gegen die Turbo-Konkurrenz durch und sicherte sich so den Titel des erfolgreichsten Tourenwagens aller Zeiten. Mit vielen Sondermodellen schlachtete BMW diese Erfolge aus. Bis zum Produktionsende 1992 wurden 17.970 M3 gebaut – 1988 auch eine auf 500 Stück limitierte BMW M3 Evolution-Serie mit 220 katlosen PS (162 kW), aus der das hier gezeigte Exemplar stammt.
Auch interessant:
Alpina C2 2.7: Kraft ohne Komfort macht nicht glücklich
Auf diesem Leistungsniveau war Alpina-Chef Burkard Bovensiepen schon viel früher angekommen. Sein Programm auf 3er-Basis reichte bereits bis 261 PS (192 kW) und 3,5 l Hubraum des B6 3.5, als im April 1986 der Verkauf des Alpina C2 2.7 begann. 210 PS (154 kW) leistete dessen Sechszylinder aus der Motorenbaureihe M20, die in der BMW-Serie im 171 PS (126 kW) starken 325i gipfelte. Alpina kombinierte die Kurbelwelle des 2,7 l mit Mahle-Kolben und einem bearbeiteten Zylinderkopf, passte die Motorelektronik an und gab dem Reihensechser einen Fächerkrümmer und eine neue Abgasanlage. So entstand ein nach unruhig sprotzelndem Kaltstartleerlauf seidenweich laufender, bis 6700 Umdrehungen jubilierender Motor mit viel Kraft im Drehzahlkeller.
Wie es gute Tradition ist im Hause Alpina, nahm man sich auch des Fahrwerks und der Bremsen an, ohne dabei zu sehr in die Sportler-Ecke zu driften. Kraft ohne Komfort, so lautet ein Credo Bovensiepens, macht auf Dauer eben nicht glücklich. Der Alpina C2 2.7 wurde als Zwei- und Viertürer, als Cabriolet und sogar als Allradler (auch als Kat-Modell mit 204 PS/150 kW) nur 16 Monate lang gebaut, ehe ihn der im Grunde baugleiche B3 2.7 ablöste.

Der M3 fordert dich, der C2 begleitet dich
Mit 159 produzierten Exemplaren ist der Alpina C2 2.7 eine Rarität und grüßt mit verchromten Stoßstangen aus einer Zeit, als der Kunststoff noch nicht überall am Auto zu sehen war. Er wirkt neben dem BMW M3, der für manchen seine Nähe zum Rennsport mit Spoilern und Schwellern ein wenig zu stark betont, sehr schlicht und dezent. Beim Fahren dieser beiden 3er-Spielarten wird schnell klar, dass das sehr unterschiedliche Äußere perfekt auf die verschiedenen Charaktere dieser zwei auch heute noch schnellen Limousinen vorbereitet.
Der Vierzylinder des BMW M3 etwa ist kein begnadeter Sänger im klassischen Sinn. Bei niedrigen Drehzahlen klingt er stumpf, gelangweilt. 4000 Touren sollte der Drehzahlmesser mit der integrierten Öltemperaturanzeige schon zeigen, ehe ihm die Sache Spaß macht. Jenseits der 5500/min kommt ein deutlicher Wind, der bis 7000 anhält – und den jener harte metallische Ton begleitet, der viele auf höchste Effizienz getrimmt Rennmotoren kennzeichnet. Der Sechsender des Alpina wiederum summt nur sonor vor sich hin, während er den leichten Zweitürer kräftig anschiebt. Ab etwa 4200 Umdrehungen entsteht durch Ansaug- und Auspuffgeräusch dann ein Posaunen, das bis zum Schaltvorgang bei spätestens 6700 Touren von kontinuierlich wachsender Kraft unterfüttert wird. Die Gänge flutschen mit zwei Fingern rein, die Kupplung verlangt nicht mehr Kraft als in einem 325i.
Im M3 (erster Gang hinten links) brauchen Gangwechsel mehr Kraft und Konzentration – es sei denn, man fährt richtig schnell. Voll gefordert, findet sich alles wie von selbst in diesem Straßenrenner, der im Vergleich auch exakter und dank direkterer Lenkung mit weniger Umstand einlenkt als der Alpina und Kurven mit weniger Seitenneigung umrundet.

Auf der Rennstrecke genossen, passt im BMW M3 alles – und die nicht so geschmeidige Federung stört plötzlich nicht mehr. So nutzen auch viele M3-Eigner:innen ihr Auto: Man gibt es sich ein Wochenende auf abgesperrter Piste mit Gleichgesinnten und rollt dann erschöpft, aber glücklich auf eigener Achse wieder heim. Der Alpina C2 2.7 gestaltet An- und Abreise zur Rennstrecke komfortabler, weil leiser und besser gefedert, ohne dass ihm der M3 auf freier Strecke nennenswert wegfahren könnte. Er ist verbindlicher als der M3, ein Gentleman-Sportler mit hoher Alltagstauglichkeit, unter dessen Motorhaube einer der besten Motoren dieser Epoche schnurrt.
Vielleicht ist diese universelle Einsetzbarkeit auch der Grund dafür, dass der Alpina heute so viel günstiger gehandelt wird als der M3. Der sonnt sich im Glanz seiner großen Motorsportgeschichte, während der feine Kleine aus Buchloe nur ein ganz ausgezeichnetes Allroundtalent ist, dessen Vielseitigkeit der ganz großen Anerkennung im Wege steht.
Von Mike Goodbun und Michael Harnischfeger
Technische Daten des BMW M3 Evolution und Alpina C2 2.7
Classic Cars 09/2020 | Alpina C2 2.7 | BMW M3 Evolution |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 6/2 | 4/4 |
Hubraum | 2693 cm³ | 2302 cm³ |
Leistung | 154 kW/210 PS | 162 kW/220 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 267 Nm 4500/min | 245 Nm 4750/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang manuell/Hinterrad | 5-Gang manuell/Hinterrad |
L/B/H | 4325/1645/1355 mm | 4345/1680/1370 mm |
Leergewicht | 1160 kg | 1200 kg |
Bauzeit | 1986–1987 | 1988 |
Stückzahl | 159 | 500 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 6,9 s | 6,7 s |
Höchstgeschwindigkeit | 230 km/h | 243 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 9,3 l S | 9,5 l S |
Grundpreis (Jahr) | 61.600 Mark (1987) | 69.900 Mark (1988) |
Die Motorsport GmbH und Alpina haben der 3er-Reihe E30 auf ganz verschiedene Weise Glanzlichter aufgesteckt. Nicht, dass dieser 3er das nötig hätte, denn schon im Serientrimm ist er ein hervorragend gelungenes und zeitlos schön gestaltetes Auto. Der BMW M3 Evolution verkörpert den Sportsgeist des Hauses lupenrein, ungefiltert und mit der Unschuld der frühen Jahre. Er ist ein Racer, angekommen im Olymp. Der Alpina C2 ist der geschliffene 3er für Kenner:innen. Er trägt in sich vieles von dem, was Alpina-Automobile seit jeher ausmacht – Harmonie mit einem Extra-Schuss Dynamik.