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Geht auch ganz einfach:

Mercedes Vision EQXX (2022): Rekordfahrt Wie Doppel-X 1000 km weit fuhr

Johannes Riegsinger Autor

Mit dem Fahrtwind schmusen, kaum Widerstand beim Rollen leisten, Leichtgewicht sein, Sonne angraben und mit Elektronen knausern: So macht das der Mercedes Vision EQXX (2022) – 1000 Kilometer weit. Am Watt-Spartag, bei der Rekordfahrt.

Am 5. April 2022 um 6:30 Uhr denkt "Mercedes Vision EQXX" noch, dass heute wieder ein ganz normaler Arbeitstag als rollender Entwicklungsträger zu absolvieren sei. Daten produzieren, Parameter ausspucken, Funktion und Materie in Know-how verwandeln. Seine Macher:innen haben aber Größeres im Sinn, eine Rekordfahrt: Eine kleine Truppe ist bereits am Vortag nach Süden gefahren und wartet nun an strategischen Punkten entlang einer gedachten Route Stuttgart – Genua auf etwas, das kommen soll. Der große Rest des Teams klemmt sich an die Monitore eines Kontrollzentrums, mit dem man vermutlich auch Raumschiffe zur Venus schießen könnte, und fährt die Rechner hoch. Lediglich eine ganz kleine Einsatztruppe hat es mit dem EQXX zu tun: Fahrer und Beifahrer, eine Support-Gruppe von Ingenieur:innen in Begleitfahrzeugen, basta. Um Punkt 7:00 Uhr rollt der Mercedes Vision EQXX (2022) mit Batterieladestand (SoC) 100 Prozent durchs Werkstor des Mercedes-Entwicklungszentrums in Sindelfingen. Raus auf die öffentliche Straße – zum ersten Mal, seit es ihn gibt. Bis zum 5. April hat EQXX nur abgeschottete Teststrecken gesehen. Jetzt rollt er ganz selbstverständlich durch den Stuttgarter Speckgürtel, während sich die Begleitfahrzeuge wie Bodyguards zwischen ihn und den anbrandenden Pendler-Verkehr werfen: Das EQXX-Einzelstück ist millionenteuer, die Vorstellung, es bei einem Unfall zu verlieren, ein Albtraum. Vor allem, weil heute der große Tag eines lange geplanten Projekts gekommen ist: S-EQ 1010E fährt seiner Bestimmung entgegen. Und die liegt weit entfernt am Mittelmeer: Cassis, die 7000-Seelen-Gemeinde in der Provence, ist zum Ziel der Fahrt erklärt worden, weil man hier aus Stuttgart kommend genau 1000 Kilometer auf dem Kilometerzähler hat. Eintausend Kilometer – so weit soll Doppel-X heute fahren. Vollelektrisch. Und zwar mit genau einer Batterieladung. Mehr zum Thema: Unsere Produkttipps auf Amazon

Elektroauto Mercedes Vision EQXX (2022)
Mercedes Vision EQXX (2022): Reichweite EQXX knackt die 1000-km-Marke

Der Mercedes Vision EQXX (2022) im Video:

 
 

Die Rekordfahrt des Mercedes Vision EQXX (2022)

Verbrenner-Fans und Elektro-Zyniker:innen müssen jetzt ganz stark sein, denn zum Problem wird dieses Vorhaben in erster Linie für die Begleitfahrzeuge: Selbst die Diesel-Meilenfresser im Mercedes-Modellprogramm schaffen solch eine Distanz nur theoretisch. Und weil der Mercedes Vision EQXX (2022), abgesehen von zwei Fahrerwechseln, die 1000 Kilometer durchfahren soll, ist auch keine Zeit zum Nachtanken. Tolles Szenario: ein E-Auto, das keine Zeit hat, Verbrennern beim An-den-Zapfsäulen-Rumstehen zuzusehen ... Deshalb also die vorausgeeilten Teams, die einen schnellen Fahrerwechsel und kontinuierliche Begleitunterstützung garantieren sollen. Der TÜV Süd hat die Ladebuchse des XX versiegelt, jetzt läuft die Wette. Auf die Autobahn A81 nach Süden. Mit spätwinterlichen Temperaturen und leichtem Nieselregen macht es der 5. April der Rekordfahrt nicht gerade leicht. Akkus mögen keine extremen Temperaturen, für die 100-kWh-Hochleistungsbatterie im EQXX gilt das selbstverständlich auch. Und trotzdem lässt es das Team im EQXX nicht langsam angehen: Mit bis zu 140 km/h surft der Mercedes stetig dahin, duckt sich tief, macht es mit einem Rekord-cW-Wert von 0,17 dem Fahrtwind möglichst schwer, ihn auszubremsen, und rollt auf den rollwiderstandsoptimierten Bridgestone Turanza Eco-Reifen (185/65 R 20) wie auf Zehenspitzen. Vorn breite Spur, nach hinten schmaler auslaufend, die Räder mit Kappen verschlossen – perfekte Tropfenform. Am Heck ist nun der mächtige Diffusor ausgefahren, die Lufteinlässe an der Front sind verschlossen. Effizienz ist eben die eigentliche Geschichte des Mercedes Vision EQXX (2022). Doch dazu zählt nicht unbedingt nur der hochenergiedichte Silizium-Anoden-Akku aus einer Entwicklung mit CATL, der beinahe die Kapazität der Akkus in den mitfahrenden EQS besitzt, aber 50 Prozent kleiner sowie mit 495 Kilogramm 30 Prozent leichter ist und künftig deshalb problemlos auch in Kompaktklässler passen soll. Die Botschaft des EQXX: Akku-Kapazität ist gut, Effizienz besser.

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Mercedes Vision EQXX (2022)
Der Doppel-X, von Begleitfahrzeuge wie Bodyguards beschützt, auf dem Weg zum Rekord – trotz widrigen Wetters. Foto: Mercedes
 

Vision EQXX (2022) – mit 140 Rest-Kilometern am Ziel

Oben in Sindelfingen werden Fingernägel gekaut und Kaffee literweise getrunken (kein Red Bull, logo!) – wegen eines Staus und nur drei Grad Außentemperatur liegt man etwas hinter der vorher errechneten Pace. Viele Köpfe begleiten den Mercedes Vision EQXX (2022) in Gedanken, selbst die Mit-Entwickelnden des Mercedes-AMG Petronas-F1-Teams sitzen gefühlt auf dem Beifahrersitz. Und so schnürt S-EQ 1010E in die Schweiz hinein, vorbei an Zürich und zieht weiter zum Gotthard. Auf den langen Rampen hinauf zum Pass-Tunnel profitiert der Doppel-X von etwas, das er nicht hat: zu viel Gewicht. Ganze Rohbau-Segmente wurden im 3D-Drucker gefertigt aus Material, das im Computer errechneten Lastpfaden folgt. Wie Knochenstrukturen sehen die aus, organisch und außerirdisch und überhaupt nicht technisch. Ohne Dämmmaterial, aber mit Kunststoffscheiben ist er unterwegs – und nervt trotzdem nicht durch schütteres Fahrwerkspoltern oder scharfen Fahrtwind. Jedes Kilogramm, das nicht in die Höhe geschleppt werden muss, spart Strom, und so kommt es, dass die Ingenieur:innen im Kontrollzentrum immer entspanntere Gesichter bekommen: Im Gotthard-Tunnel rechnet die vorausfahrende Simulation einen entspannten Erfolg aus. Und das bleibt auf dem Rest der Rekordfahrt so und wird gar immer besser. Rekuperierend und segelnd rollt der Mercedes Vision EQXX (2022) nach Mailand hinunter und dann bis nach Genua ans Meer – dem Ziel entgegen. 18 Grad milde Meeresbrise strömt inzwischen am luftgekühlten Akku am Unterboden vorbei – das mögen die Zellen, sie knausern, was das Zeug hält. Im Cockpit freut sich das mittlerweile letzte Fahrer-Duo derweil an den Sitzen mit Überzügen aus Recycling-Kunststoffgewebe, an Armaturentafelüberzügen aus Pilzmycel-"Leder", an flauschigen Teppichen aus Bambus-Gewebe. "So fühlt sich die Zukunft an", denken sie. Und dann knallen am Hafen von Cassis die Korken: geschafft! Der EQXX hätte sogar noch 140 Kilometer weiterfahren können. So ein Streber!

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