Kantig, kühl, konzeptlos? Jaguars neue Markenausrichtung irritiert
Vom Traditionshersteller zur Luxus-Elektromarke: 1922 als Jaguar Cars Limited gegründet, konnte sich die britische Marke historisch gesehen insbesondere mit ihren ikonischen Modellen wie dem E-Type und dem XJ sowie Erfolgen im Motorsport etablieren. Seit einigen Jahren hat die Marke, die seit 2008 zu Tata Motors gehört, jedoch Schwierigkeiten und die Verkaufszahlen lassen deutlich nach. So wurden in Deutschland 2023 laut dem Kraftfahrt-Bundesamt lediglich 3198 neue Jaguar zugelassen. Darauf hat die Marke mit einem radikalen Schritt reagiert und sich für einen Neustart entschieden (Ob die Jaguar-Neuausrichtung funktionieren kann, schätzen wir hier ein). Ab sofort wird die Produktion sowie der Verkauf aller aktuellen Modelle eingestellt. Lediglich der Jaguar F-Pace wird noch in einigen Ländern bis Ende 2025 gebaut. Dann wird keines der noch aktuellen Fahrzeuge von Jaguar mehr erhältlich sein.
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Ab 2025 positioniert sich die Marke neu, kommt nach vierjähriger Entwicklungszeit mit neuem Logo, neuen Modellen und neuer Identität. Jaguar wird ausschließlich vollelektrische Fahrzeuge im Premiumsegment anbieten. Anfang Dezember 2024 wurde ein Konzeptfahrzeug mit der Bezeichnung Type 00 auf der Miami Art Week in Florida gezeigt, für Ende 2025 ist das erste Modell der Marke angekündigt: ein viertüriger GT, der bereits auf Erprobungsfahrten unterwegs ist und im britischen Solihull gefertigt wird. Wie die Kund:innen reagieren? Sehr skeptisch. So wurden im Mai 2025 lediglich acht neue Jaguar-Modelle neu zugelassen. Verglichen mit dem Vorjahr ein Minus von über 95 Prozent. Für den Werbespot zur neuen Markenausrichtung gab es einen Shitstorm, weil Jaguar mit dem Spot Diversität zeigen wollte, dabei aber künstlich und inszeniert wirkte – vielen erschien das als unglaubwürdiges Marketing statt echter Haltung. Selbst Elon Musk fragte: "Verkauft ihr Autos?"
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BMW M8, Jaguar F-Type und Polestar 1 im Vergleich (Video):
Neues Logo und neue Fahrzeuge für eine neue Kundschaft
Jaguar will sich als Marke komplett neu gestalten und greift mit ihrem Prinzip "Copy nothing" die Grundwerte des Gründers Sir William Lyons auf, nichts zu kopieren und einzigartig zu sein (Interview vom Jaguar-Chef zur Entwicklung der Markenidentität, hier). Die Historie soll dabei nicht vergessen werden, spiele aber keine sehr große Rolle mehr, denn die Zielgruppe habe sich ebenfalls verändert. "Es ist eine Neuinterpretation, die die Essenz von Jaguar und die Werte, die die Marke einst so beliebt gemacht haben, wieder aufgreift und sie gleichzeitig für ein modernes Publikum relevant macht. Wir gestalten Jaguar für die Zukunft und stellen seinen Status als Marke wieder her, die das Leben unserer Kundschaft und der Jaguar-Enthusiasten bereichert“, so Professor Gerry McGovern, Chief Creative Officer bei Jaguar Land Rover, bei der Vorstellung der neuen Markenidentität.
Die künftigen Elektrofahrzeuge basieren auf der neu entwickelten Plattform JEA (Jaguar Electric Architecture). Das erste Modell, ein viertüriger GT, soll eine Reichweite von bis zu 700 km ermöglichen. Er wird unter dem neuen Logo und dem Namen JLR erscheinen. Zusammen mit Range Rover, Defender und Discovery gehört Jaguar zum sogenannten "House of Brands" von JLR. Näheres dazu will der Autobauer zeitnah kommunizieren. Dabei sollen auch Details zum künftigen Kundenerlebnis und den neuen Verkaufsräumen, die nichts mehr mit einem gewöhnlichen Autohaus gemeinsam haben sollen, bekanntgegeben werden. Bei all den großen Veränderungen ist etwas Bekanntes geblieben: Neugestaltet als Silhouette wird sich der "Leaper", der springende Jaguar, der als Kühlerfigur bekannt wurde, auch auf den künftigen Fahrzeugen wiederfinden.
Jaguar steht vor einem radikalen Umbruch – doch der Neustart wirkt weniger wie ein mutiger Aufbruch, sondern eher wie ein Bruch mit der eigenen Identität. Mit dem Abschied vom Verbrenner und der traditionsreichen Markengeschichte will sich Jaguar als moderne, luxuriöse Elektromarke neu erfinden. Die elektrische Luxusausrichtung trifft in Deutschland – wo die Marke ohnehin an Relevanz verloren hat - auf wenig Resonanz, relevanter dürften Märkte wie China oder Nordamerika sein.