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Handel mit Punkten in Flensburg: Gesetzeslücke macht es möglich

Victoria Zippmann Leitende Redakteurin

Wer zu viele Punkte in Flensburg sammelt, riskiert den Führerschein – doch ein illegaler Verkauf der Punkte unter Einsatz von Dritten, die sie übernehmen, unterwandert das System. Der ADAC warnt vor den Folgen und fordert klare Strafen für alle Beteiligten.

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Inhalt
  1. Was ist Punktehandel?
  2. Warum ist Punktehandel ein Sicherheitsrisiko?
  3. Ist es legal, Punkte gegen Geld zu übertragen?
  4. Wie groß ist das Risiko beim Punkteverkauf?
  5. Punkte verkaufen: So läuft der Punktehandel ab
  6. Wie reagieren Behörden und Polizei?
  7. Wie teuer ist der Punkteverkauf?
  8. ADAC fordert: Gesetzeslücke schließen & hohe Bußgelder
  9. So lassen sich Punkte legal abbauen
  10. Repräsentative Umfragen: Wie denkt die Bevölkerung?

 

Was ist Punktehandel?

Im deutschen Verkehrssystem dokumentiert das Fahreignungsregister (FAER) in Flensburg Verkehrsverstöße mit Punkten. Bei acht Punkten droht der Entzug der Fahrerlaubnis. Um diese Konsequenzen zu vermeiden, nutzen immer mehr Betroffene ein Schlupfloch im Gesetz: Sie lassen andere Personen – sogenannte "Strohmänner", ein Begriff aus dem juristischen Sprachgebrauch – die Verantwortung für ihre Vergehen übernehmen. Vermittelt werden diese meist über spezialisierte Onlineagenturen.

Der Verkauf von Punkten ist in den Augen des ADAC ein wachsendes Problem für die Verkehrssicherheit und der Verkehrsclub erklärt, dass ein gesetzliches Verbot solcher Vermittlungsdienste notwendig sei. Dr. Markus Schäpe, Leiter der Juristischen Zentrale des ADAC, betont in diesem Zusammenhang, dass "durch ein Verbot des gewerblichen Punktehandels bereits das Angebot der Dienstleistung unzulässig wäre".
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Warum ist Punktehandel ein Sicherheitsrisiko?

Das Punktesystem dient nicht allein der Bestrafung, sondern vor allem der präventiven Kontrolle. Es soll gewährleisten, dass potenziell gefährliche Fahrer:innen rechtzeitig identifiziert und aus dem Verkehr gezogen werden. Der Punktehandel unterläuft diesen Mechanismus, da falsche Identitäten angegeben werden. Nur wenn entdeckt wird, dass man wissentlich eine reale Person in den Anhörungsbogen eingetragen hat, welche die Tat nicht begangen hat, können strafrechtliche Konsequenzen aufgrund von Betrug folgen. Doch solange ein Betrug nicht eindeutig nachgewiesen wird, bleibt der Handel straffrei. Schäpe weist darauf hin, dass "im Bußgeldverfahren ein Betrug im Zusammenhang mit dem gewerblichen Punktehandel nur schwer nachweisbar ist" und fordert deshalb klare gesetzliche Regelungen.

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Ist es legal, Punkte gegen Geld zu übertragen?

Nein – auch wenn viele Agenturen das Gegenteil behaupten. Zwar ist es in Deutschland nicht strafbar, sich selbst eines Verstoßes zu bezichtigen oder zu schweigen, wenn man nicht gefahren ist. Trotzdem macht sich laut dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) strafbar, wer absichtlich eine falsche Person im Bußgeldverfahren nennt – besonders gegen Bezahlung. Das KBA erklärt dazu: "Verkehrssünder und Übernehmer von Verkehrsordnungswidrigkeiten, die Punkte und Fahrverbote gegen Entgelt über das Internet anbieten und übernehmen, machen sich gemäß § 271 StGB der gemeinschaftlichen mittelbaren Falschbeurkundung strafbar."

Ein Gerichtsurteil des Oberlandesgerichts Stuttgart aus dem Jahr 2015 (Az. 2 Ss 94/15) bekräftigt diese Einschätzung: Wer die Behörden wissentlich täuscht, kann wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft verurteilt werden. Auch die Person, die die Punkte übernimmt, riskiert eine Strafe wegen Beihilfe.

 

Wie groß ist das Risiko beim Punkteverkauf?

Anbieter werben oft damit, dass die Behörden keine Möglichkeit hätten, den Punktehandel nachzuweisen. Und tatsächlich: Viele Verfahren basieren auf schlechten Blitzerfotos oder automatisierten Abläufen. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Doch wer auffliegt, muss mit harten Konsequenzen rechnen.

Sowohl der Auftraggeber als auch die Person, die die Punkte übernimmt, können wegen Betrugs, falscher Verdächtigung und Beihilfe belangt werden. In vielen Fällen drohen hohe Geldstrafen – und je nach Schwere sogar mehrjährige Freiheitsstrafen. Das Kraftfahrt-Bundesamt warnt: "Es besteht ein großes öffentliches Interesse daran, dass die in einem Bußgeldbescheid festgesetzten Sanktionen, insbesondere die Bepunktung von Delikten, die wahren Täter treffen."

 

Punkte verkaufen: So läuft der Punktehandel ab

Grundsätzlich wird zwischen zwei Varianten unterschieden, dem gewerblichen und dem privaten Handel:

  • Beim gewerblichen Punktehandel vermitteln Online-Agenturen gegen Bezahlung passende Personen, die offiziell die Punkte übernehmen.

  • Im privaten Umfeld übernehmen auch Angehörige oder befreundete Personen freiwillig die Punkte – meist ohne Bezahlung, aber ebenfalls mit Täuschungsabsicht.

In beiden Fällen wird im Anhörungsbogen eine andere als die tatsächliche Person am Steuer angegeben. Ist das glaubhaft und bleibt ein Anfangsverdacht aus, schließen die Behörden den Fall oft ohne weitere Prüfung ab.

 

Wie reagieren Behörden und Polizei?

Übertreten Autofahrer:innen ein Gesetz, besteht die erste Überprüfung durch die Bußgeldstelle beispielsweise anhand des Blitzerfotos. Wenn Alter, Geschlecht und Wohnort passen, gibt es meist keinen Anlass zur tiefergehenden Prüfung. Bestehen jedoch Zweifel, können Sachbearbeitende:

  • ein Lichtbild aus dem Ausweisregister anfordern

  • eine polizeiliche Fahrerermittlung veranlassen

  • Recherchen über soziale Netzwerke anstoßen

Die Polizei fordert inzwischen klare Konsequenzen. Beim Bayerischen Polizeiverwaltungsamt wurde im Rahmen eines Fachgesprächs erklärt, dass sowohl Täter:innen als auch die Ersatzperson und Vermittlungsunternehmen konsequent bestraft werden sollten. Zudem sprachen sich die Behörden für die Sperrung entsprechender Vermittlungsseiten im Internet aus.

 

Wie teuer ist der Punkteverkauf?

Punkte übernehmen zu lassen, ist nicht nur riskant – sondern auch teuer. Die Anbieter verlangen in der Regel ein gestaffeltes Honorar. Beispielhaft hat ein bekannter Punktevermittler vor einigen Jahren unter dem Pseudonym "Rene Meyer" folgende Tarife genannt:

  • 250 Euro pro Punkt

  • 300 Euro pro Monat Fahrverbot

  • 100 Euro Bearbeitungsgebühr

Beispielrechnung: Wer innerorts 22 km/h zu schnell unterwegs war, muss mit einem Punkt und 90 Euro Bußgeld rechnen. Mit Punkteübernahme durch eine Agentur summiert sich das schnell auf 430 Euro. Ein Rotlichtverstoß mit Fahrverbot kann sogar über 1100 Euro kosten – ein Vielfaches des ursprünglichen Bußgelds.

 

ADAC fordert: Gesetzeslücke schließen & hohe Bußgelder

Der ADAC plädiert für eine eindeutige gesetzliche Grundlage zur Bestrafung des Punktehandels. Auch private Fälle sollten dabei berücksichtigt werden. Zudem spricht sich der Verband für ein deutlich höheres Ermittlungsrisiko aus. Schäpe fordert in diesem Zusammenhang "ausreichend Personal bei den Bußgeldstellen, um falsche Angaben überhaupt erkennen zu können". Ein im August 2024 vorgelegter Gesetzentwurf des Bundesverkehrsministeriums konnte vor dem Regierungswechsel nicht mehr verabschiedet werden. Der ADAC appelliert daher an die neue Bundesregierung, dieses Thema erneut aufzugreifen. Um den Handel unattraktiv zu machen, schlägt der ADAC Bußgelder von bis zu 30.000 Euro vor. Laut Schäpe würde "ein hoher Bußgeldrahmen im gewerblichen Bereich eine abschreckende Wirkung entfalten".

 

So lassen sich Punkte legal abbauen

Wer seine Punkte in Flensburg reduzieren möchte, muss dafür keinen Gesetzesbruch begehen. Eine legale Möglichkeit bietet das Fahreignungsseminar (FES). Teilnehmen können Autofahrer:innen mit maximal fünf Punkten. Das Seminar wird von Fahrschulen angeboten, dauert wenige Stunden und kostet rund 300 bis 400 Euro. Pro Jahr kann damit ein Punkt abgebaut werden – ohne Risiko und ohne strafbare Tricks. Auch wenn der finanzielle Aufwand dem eines illegalen Punktehandels ähnelt, ist das Aufbauseminar der einzige sichere und gesetzlich anerkannte Weg, das Punktekonto zu entlasten. Alle Informationen zum legalen Punkteabbau hier.

 

Repräsentative Umfragen: Wie denkt die Bevölkerung?

Im Frühjahr 2025 befragte der ADAC 2473 Personen über 16 Jahren in Deutschland, darunter 2018 Autofahrer:innen und 138 Personen mit Punkten in Flensburg.

  • Würden Autofahrer:innen den Punktehandel selbst nutzen?
    44 Prozent der befragten Personen ohne Punkte in Flensburg würden Punktehandel sehr unwahrscheinlich nutzen, 17  Prozent sind unentschieden, und 20 Prozent halten es für (sehr) wahrscheinlich. Nur 21 Prozent der Befragten mit Punkten in Flensburg lehnen die Nutzung klar ab. 14 Prozent sind unentschieden und 50 Prozent (34 % wahrscheinlich, 16 % sehr wahrscheinlich) würden den Punktehandel tendenziell nutzen. Je stärker ein Fahrverbot droht, desto eher wird Punktehandel also als legitime Ausweichstrategie gesehen – trotz illegaler Dimension.

  • Soll Punktehandel bestraft werden?
    72 Prozent aller Befragten befürworten eine klare Bestrafung für gewerblichen Punktehandel. Bei Fahrer:innen mit Punkten sind es immerhin noch  48 Prozent. Bei der privaten Punkteübernahme stimmen 52 Prozent aller Umfragebeteiligten einer Bestrafung zu, bei den Personen mit Punkten waren es 44 Prozent. 36 Prozent der Punktebesitzer:innen finden die private Punkteübernahme sogar "in Ordnung".

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