Lkw extrem: Bühne frei für den Fulda Showtruck
Der Stolz ist Lars Sältzer noch heute, 25 Jahre nach der Präsentation des Fulda Showtruck, anzuhören. Wenn der Autodesigner über sein erstes großes Projekt spricht, ist es, als würden die Bilder des Einzelstücks auf MAN-Basis verschwimmen und sich wieder in anfängliche Skizzen verwandeln. "Der Fußgängerschutz war eine große Herausforderung, weil der Showtruck eine spitz zulaufende Front mit flacher Scheibe haben sollte", erinnert sich der Diplom-Designer, der der Autoindustrie unter dem Pseudonym "Larson" bekannt ist. "Die sollte eigentlich noch flacher werden, aber dann hätte man als Fahrer nicht mehr gesehen, was vor beziehungsweise unter einem los ist."
Reifen-Riese Fulda hatte bereits in den 90ern eine gewisse Tradition, Lkw zu Showtrucks umzurüsten und wollte sich zum 100-jährigen Firmenjubiläum selbst übertreffen. Dazu wandte sich das Unternehmen an die für ihren Studienschwerpunkt Transportation Design renommierte FH Pforzheim und rief zwischen den Studierenden einen Wettkampf um das innovativste Konzept aus. Sältzer nahm teil, begann mit der Seitenansicht, entwickelte daraus den bahnbrechenden Ansatz, die Bühne in Y-Form aufzufächern und setzte sich damit durch.
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Der Mercedes 560 SEC von Bruno Sacco im Fahrbericht (Video):
Fulda Showtruck: eine Art Lamborghini Murciélago des Lkw-Universums
Sein Entwurf ging natürlich noch weit über den Klappmechanismus hinaus: Die ursprünglich in Orange-Blau angedachte Studie war ihrer Zeit stilistisch Jahre voraus. Ende der 90er sahen die meisten Lkw bereits in der Produktionsstraße aus, als hätten sie bereits eine Dekade auf dem Buckel. Inklusive des MAN TG510A, auf dessen Basis der Fulda Showtruck entstand. Letzterem zeichnete Sältzer ein deutlich aerodynamisches Fahrerhaus, dessen monolithisch-kantige Formensprache entfernt an eine Art Lamborghini Murciélago des Trucker-Universums erinnert. Nur dass die Musik hier weniger aus den Endrohren als von der Bühne kommt. Apropos Heck: Der ungewöhnliche, spitz zulaufende Rücken des Lkw trug die Heckleuchten des Ferrari F355 (Das ist der Ferrari F355 von Michael Schumacher). Und damit alle Alufelgen in der Seitenansicht exakt gleich wirkten, hatte die kürzere Antriebsachse einen Aluminum-Einsatz im Design der Felge.

Trotz seiner Höhe von vier Metern wirkt der 16,5 m lange und 2,5 m breite Sattelzug geduckt, was optischen Kniffen wie dem stilisierten Dreieck zwischen den vorderen und hinteren drei Achsen zu verdanken ist. "Ursprünglich sollte das Dreieck einen Diamanten darstellen", erklärt der Showtruck-Designer. Mit der Realisierung des Lkw und der anschließenden Lackierung samt schwarzem Puma ging diese Idee allerdings verloren. Damit hören die Besonderheiten des Fulda-Mobils aber noch längst nicht auf: Damit der Bühnen-Auflieger auch im geschlossenen Zustand einzigartig aussieht, kam Larson die Idee des Zylinders, der formal den Drehpunkt des Fahrzeuges zeigt. Letzterer trennt außerdem die Zugmaschine vom Trailer und symbolisiert die Drehbewegung beim Öffnen der Bühne. Fulda ließ allerdings auch noch einen Transport-Auflieger entwickeln, der aus praktischen Gründen ohne Zylinder und mit klassischem Abschluss daherkam.
Innenraum von Porsche-Tuner Techart veredelt
Der Fokus aber lag natürlich auf dem Show-Auflieger. Für Konzerte teilt sich dieser in der Mitte auf und fährt über zwei um 90 Grad gedrehte Räder auseinander. Zwischen den beiden Teilstücken entfaltet sich dann eine bis zu 62 qm große Bühne, gänzlich ohne Fremdaggregate. Der große Zylinder zwischen Bühne und Fahrerhaus dient dabei nicht nur als wortwörtlich bühnenreifer Durchgang, sondern auch als Steuerzentrum für die Licht- und Beschallungstechnik. In dessen Dach ist sogar eine ausfahrbare und selbstausrichtende Satelliten-Empfangsanlage untergebracht.
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Die Show hörte auch nicht hinter den sonderangefertigten Fensterscheiben auf, es gab von Webasto (aus der Mercedes A-Klasse) ein Lamellenschiebedach. Für die standesgemäße Auskleidung der Fahrerkabine hatte sich Fulda niemand Geringeres als Porsche-Veredler Techart (Das ist der Porsche Cayenne von Techart) dazu geholt. Und die schönen Luftdüsen steuerte der Audi TT der ersten Generation bei. Trotz Techart- und TT-Teilen blieb es antriebsseitig aber bei den serienmäßigen 510 PS (375 kW) des aufgeladenen Reihensechszylinder-Diesels, der aus prallen 12,8 l Hubraum schöpft. 16 Gänge portionieren die Power an erste der beiden Hinterachsen des Sattelschleppers. Das 35 t schwere Einzelstück existiert übrigens noch immer – heute steht es bei einem privaten Sammler.