Auf einmal begehrenswert: Darum feiern Vans ein Comeback
Ist das Segment der Vans nicht tot, zusammengeschrumpft auf eine kleine Nische, verdrängt von den alles beherrschenden SUV? Und hat sich nicht eine Marke nach der anderen vom Bau der Raumschiffe verabschiedet? Die Blütezeit der Vans dauerte im Westen gerade einmal zwei Jahrzehnte. Spätestens ab 2010 brach ihr Absatz drastisch ein: So wurden in den USA in den besten Jahren 1,3 Mio. Vans verkauft. 2022 waren es weniger als 250.000 Neuwagen. In Europa fanden 2006 sogar 2,3 Mio. Vans neue Kundschaft, was einem Anteil von 15 Prozent am Gesamtmarkt entsprach. 2023 waren es nur noch magere zwei Prozent und 210.000 Verkäufe.
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Ein Symbol für den Niedergang der Vans in der Alten Welt ist der Renault Espace: 1984 war er der Pionier des Segments und gehörte bis in die 1990er-Jahre zu den meistverkauften Großraumlimousinen. Doch sein Absatz ging immer mehr zurück. 2023 zog Renault schließlich die Notbremse: Die sechste Generation des Espace ist ein großes SUV. Doch während in Europa und den USA der Abgesang auf den Van zu hören war, startete dieser sein Comeback in Asien: Heute ist China der größte Markt für die Raumschiffe, 2022 wurden fast eine Million von ihnen in der Volksrepublik verkauft. Und über 500.000 Exemplare fanden in Südostasien neue Kund:innen. Danach folgen mit Indien und Japan zwei weitere große Automärkte in Asien.
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Der Renault Espace (2023) im Fahrbericht (Video):
AUTO ZEITUNG-Analyse: Darum feiern Vans ein Comeback
Dort sind die erfolgreichen Vans jedoch nicht mehr das, was sie im Westen zu ihrer Blütezeit waren: Statt bezahlbarer Familienautos handelt es sich eher um luxuriöse Shuttles. In Asien lassen sich Wohlhabende traditionell gern im Fond kutschieren und nutzen so die Zeit, die sie ansonsten hinter dem Steuer in den riesigen Staus der Millionenstädte verbringen würden. Gegenüber flachen Limousinen bieten Vans hier zahlreiche Vorteile: Die Personen haben deutlich mehr Platz, können aufrechter sitzen und so besser arbeiten. Der Van ist das ideale Büro auf Rädern und in Zeiten von Business-Calls auch ein passabler Konferenzraum. Zudem gilt ein Privatjet in Asien als oberstes Statussymbol. Kein Wunder, dass die Innenräume der Vans an die Luxuskabinen der Flieger erinnern – samt Liegesitze und Riesen-Flachbildschirm.
Der Boom zieht viele neue und alte Marken an, die nun in das Segment der Vans einsteigen. Diese werden zumeist rein elektrisch oder elektrifiziert angetrieben. Mittlerweile haben die meisten chinesischen Hersteller solche großen Shuttles im Angebot. Doch auch Volvo will sich ein Stück vom Kuchen sichern: Der EM90 ist der erste Van der Marke und zunächst nur für den chinesischen Markt gedacht. Er basiert auf einer Elektro-Plattform des Geely-Konzerns und wird auch in der Volksrepublik gebaut. Auch Lexus debütiert als Van-Hersteller: Die Premiummarke von Toyota setzt mit dem LM auf einen Vollhybrid und besonders viel Luxus. Im Gegensatz zum Volvo gibt es den Lexus auch bei uns in Europa.
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Toyota ist übrigens heute der mit großem Abstand weltweit erfolgreichste Hersteller von Vans. Hyundai bleibt im Vergleich weit abgeschlagen, versucht mit dem Staria seit 2021 jedoch, Boden gutzumachen. Den futuristisch gestylten Van gibt es auch bei uns in Europa. Und obwohl der Westen dem Trend aus Asien noch hinterherhinkt, zeichnen sich schon erste Gewinner ab: So hat sich die Mercedes V-Klasse 2024 in Deutschland mit 21.184 Neuwagen besser verkauft als die A-Klasse – zumal voraussichtlich 2026 die nächste Generation auf den Markt kommt, im April 2025 feierte dazu in Shanghai eine spektakuläre Studie namens Vision V ihre Premiere. Und in den USA schickt sich VW an, mit dem ID. Buzz wohlhabende Menschen nicht nur für die Elektromobilität, sondern auch wieder für Vans zu begeistern.
Vans erfinden sich gerade neu: Die Einführung der Elektromobilität und die Bedürfnisse der Kundschaft in Asien verhelfen ihnen zu einem überraschenden Comeback. Ob sie ihre Erfolge im Fernen Osten künftig auch in Europa und den USA wiederholen können, bleibt abzuwarten. Eines haben sie jedoch schon erreicht: Die neuen Vans sind in Asien nicht einfach nur praktisch, sondern begehrenswert. Das ist diesem Segment selbst zu den Zeiten seines größten Erfolgs im Westen nicht gelungen.