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Eigenbau-Roadster mit VW-Technik: Ausfahrt im Hübers H2

Arne Olerth Freier Mitarbeiter

Puristisch, leicht, kostengünstig: Ein Münsterländer Roadster-Fan schwärmte für den Lotus Seven – und übertrug das Konstruktionsprinzip 1971 auf den VW Käfer. Wir fahren mit dem Classic Car Marke Eigenbau!

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Inhalt
  1. Fahrerlebnis im Hübers H2 Roadster
  2. Hübers Roadster mit Lotus Seven-Vorbild
  3. Leidenschaft und Handarbeit
  4. Die Glanzmomente des Hübers H2
  5. Das Vermächtnis von Jannie Hübers
  6. Technische Daten des Hüber H2

Aufmerksamkeit garantiert: Wir sind auf Augenhöhe mit einem Labrador, der auf dem Trottoir nebenan spaziert, ein Kleinkind im Buggy schaut neugierig auf uns herab. Am Steuer des Münsterländer Roadsters Hübers H2 präsentiert sich die Welt aus einer ganz neuen Perspektive. Das Auto misst gerade einmal 110 cm in der Höhe und führt Parkhaus-Bezahlschranken ad absurdum. Frühsommerliche Temperafturen, strahlender Sonnenschein und lauschige Landstraßen in der Münsterlander Provinz bilden den perfekten Rahmen zur Ausfahrt mit einer der radikalsten Fahrmaschinen, die je auf Käfer-Basis entstanden.
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Der Lotus Eletre (2022) im Video:

 
 

Fahrerlebnis im Hübers H2 Roadster

Bereits der Einstieg verdeutlicht ihren Sonderstatus: Sitz zurückschieben, das linke Bein im Ausfallschritt in den Beifahrerfußraum stellen, um sich danach in die schmale Fahrerkabine zu fädeln – der Hübers sitzt slimfit wie ein Maßanzug. Die Hände greifen an ein Sportlenkrad im Format einer Schallplatten-Single. Gestartet wird links, der 1,8-l-Boxer signalisiert mit dumpfer Stimme seine Bereitschaft. Jetzt den Schaltstummel um wenige Zentimeter durch die Gasse dirigieren, um den ersten Gang einzulegen: Los gehts.

Was folgt, ist ein Fahrvergnügen der Extraklasse, ein Fest für alle Sinne. Nur eine starke Kugelschreiberlänge von 17 cm über dem Asphaltband flitzend, reißt der Fahrtwind in den Haaren, bringt den Schlüsselbund am Zündschloss zum Klingeln. Der Duft von frisch geschnittenem Gras steigt in die Nase, der Boxer posaunt seine Lebensfreude in die Morgenluft. Mit den 705 kg des Hübers H2 hat er leichtes Spiel und drückt den silbernen Roadster mit Nachdruck an. Nicht machoartig brutal, doch mit einer derartigen Vehemenz, die die Nähe zu klassischen Volkswagen vergessen lässt. Die Aussicht? Erinnert mit den im Blickfeld liegenden Kugelscheinwerfern eher an einen Austin Healey Frogeye (Sprite Mk I), flankiert von den üppig gerundeten Radabdeckungen.

 

Hübers Roadster mit Lotus Seven-Vorbild

Der knorrige Hübers H2 würde jedem Fan britischer Roadster Tränen der Begeisterung in die Augen treiben – dabei hat das Auto seine Wurzeln in Bocholt im Münsterland. Gerd Jan Hübers verwirklichte sich mit der puristischen Fahrmaschine einen Traum – der tatsächlich britische Einflüsse hat.

Und die gehen zurück in das Jahr 1961: Beim Großen Preis von Holland in Zandvoort entdeckte Hübers einen Lotus Mark 6, das erste Serienauto der Marke Lotus. Ihr Gründer Colin Chapman hatte einen radikal auf das Wesentliche reduzierten Roadster entwickelt, der, befreit von allem Wohlstandsballast, keine 450 kg auf die Waage brachte und damit auf den bei Engländern so beliebten Clubsport-Rennen wesentlich potenteren Autos Paroli bieten konnte. Das Auto wurde auch als Kitcar-Bausatz geliefert, der neben dem Rohrrahmen-Chassis alle Spezialteile enthielt und steuerlich begünstigt war. Die Kundschaft musste lediglich einige Komponenten von Ford oder Austin ergänzen, günstige Großserienbauteile. Preiswerter konnte man kaum einen sportlichen Roadster verwirklichen – Hübers war angefixt.

Im Jahr darauf brannte sich ihm der Nachfolger Lotus Seven während eines Englandaufenthalts ins Gedächtnis, Hübers wollte selbst einen Roadster entwickeln. Endgültig schlaflose Nächte bereitete ihm Chapmans Roadster 1968, als sein Nachbar zur Spritztour in einem Seven einlud. Hübers entwickelte die Idee, Chapmans Konzept eines radikalen Roadsters mit Großserien-Komponenten auf hiesige Bedingungen zu übertragen. Volkswagen war auf unseren Straßen omnipräsent, die Teile waren entsprechend leicht verfügbar. Der Hübers Roadster sollte also die Lotus-Bauart mit VW-Teilen umsetzen.

Als gelernter Anlagenbauer im väterlichen Betrieb für Imprägnier- und Gießharzverarbeitung bringt er das technische Verständnis mit, als er sein Projekt im Sommer 1971 startet – parallel mit dem Einstieg in die Firmenleitung. Er entpuppt sich als begnadeter Konstrukteur. Abends und am Wochenende arbeitet Hübers an der Umsetzung, unterstützt von seinem Freund, dem Maschinenschlosser Eckhard Hemsing. Das Team konstruiert, laminiert und schleift – um oft wieder von vorn anzufangen. Und wächst mit Erich Blitz zu einem Trio an.

 

Leidenschaft und Handarbeit

Nach drei Jahren ist das Chassis fertig. Ein Zentralrohrrahmen aus Stahl mit integriertem Überrollbügel sichert die nötige Steifigkeit, seine tiefe Platzierung unterhalb des Getriebes sichert einen optimalen Schwerpunkt. Zur Verkleidung des Bodens kommen Aluplatten zum Einsatz, die seitlich hochgezogen werden. Achsen, Motor, Getriebe und Lenkung stammen vom Käfer. Anstelle der hinteren Drehstabfedern setzt Hübers aber auf je zwei Federbeine pro Seite, die eine leichtere und weitere Abstimmung zulassen. Kotflügel und Hauben entstehen in Handarbeit, sie werden aus GFK laminiert. Ein Kofferraum ist genauso wenig vorgesehen wie ein Dach – zumindest eine Persenning wird später entwickelt.

Im Januar 1977 bewegt sich der Hübers H1 das erste Mal aus eigener Kraft – fünfeinhalb Jahre nach Projektbeginn. Doch die große Hürde steht noch bevor, immerhin plant Hübers eine reguläre Straßenzulassung für seinen Roadster. Er führt den H1 beim lokalen TÜV vor, ehe er zu einer Sonderabteilung in Essen weitergeleitet wird. Einiges müssen der Konstrukteur und sein Team abändern, was den puristischen Charakter des Roadsters teilweise verwässert. So müssen die beiden kleinen Steckscheiben einer durchgehenden Windschutzscheibe in deutlich größerem Format weichen. Zudem kommen Kfz-Sachverständige zu Besuch ins Münsterland, um die Werkstatt zu begutachten. Doch Hübers erreicht final sein Ziel: Er bekommt eine Zulassung für den Hübers H1.

 

Die Glanzmomente des Hübers H2

Foto: Michael Claushallmann

Bereits im April 1977 präsentiert er seinen Roadster auf der Hannover Messe dem Publikum – auf einem Stand, auf dem seine Firma Produkte der Verfahrenstechnik ausstellt. Der Name "Contra" "zielt auf den Zivilisationsplüsch", wie Hübers in der HAZ vom 26. April 1977 zu Protokoll gibt. Im Detail verbessert, überführt Hübers den Roadster in die Baureihe H2, die anstelle des Typ 1-Motors aus dem Käfer vom Typ 4 aus dem VW 411/412 befeuert wird und mit bis zu 85 anstelle von 50 PS (63 statt 37 kW) das Fahrerlebnis auf eine ganz neue Stufe hebt.

Populär wird der Hübers H2 im Sommer 1978: Valvoline setzt den Münsterländer Roadster beim Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring als Pace-Car ein und lässt ihn im Anschluss bei vielen weiteren Motorsport-Veranstaltungen fahren. Mit diesem Auto erfährt Hübers 1980 auch seinen größten persönlichen Triumph, denn kein geringerer als Colin Chapman lässt sich im Hübers H2 über den Hockenheimring pilotieren – beim GP von Deutschland. Doch wirtschaftlich lässt der Erfolg auf sich warten. Nur 15 Chassis werden gebaut, ganze neun H2 darauf umgesetzt. 1982 zieht Jan Gerd Hübers, der später zur Jannie Hübers wird, die Reißleine und beendet das H2-Projekt. Hübers stirbt 2020.

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Das Vermächtnis von Jannie Hübers

Und heute? Fast alle Roadster haben überlebt, nur ein Fahrzeug gilt in Dubai als verschollen. Die Firma Hübers selbst zeigt großes Interesse an diesem einmaligen Kapitel ihrer Firmengeschichte, hat sie als Hersteller von Gießharz-Anlagen doch von Haus aus eine große Nähe zum Automobil – immerhin acht von zehn Zündspulen weltweit werden aktuell auf Maschinen aus Bocholt gefertigt. Sie veranlasste die Instandsetzung der drei von Jannie Hübers 2017 an das Volkswagen-Museum übergebenen Roadster durch die Boxermotoren-Manufaktur Ahnendorp, die ebenfalls im Münsterland ansässig ist. So konnte ein bisher kaum bekanntes Kapitel der Käfer-Kitcar-Geschichte wiederbelebt werden, das eindrucksvoll unterstreicht, welche Kraft die Passion einer einzelnen Person entfalten kann.

 

Technische Daten des Hüber H2

Classic Cars 08/2025Hübers H2
Zylinder/Ventile pro Zylin.B4/2
Hubraum1759 cm³
Leistung63 kW / 85 PS
Max. Gesamtdrehmoment bei135 Nm bei 3400/min
Getriebe/Antrieb4-Gang manuell / Heckantrieb
L/B/H3800 / 1800 / 1100 mm
Leergewicht705 kg
Bauzeit1977 bis 1982
Stückzahl9
Beschleunigung
null auf 100 km/h
k. A.
Höchstgeschwindigkeit150 km/h
Verbrauch auf 100 kmk. A.
Grundpreis (Jahr)Bausatz (Chassis, Hauben, Rahmen, Kotflügel; 1978): 3390 Mark

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