close
Schön, dass du auf unserer Seite bist! Wir wollen dir auch weiterhin beste Unterhaltung und tollen Service bieten.
Danke, dass du uns dabei unterstützt. Dafür musst du nur für www.autozeitung.de deinen Ad-Blocker deaktivieren.
Geht auch ganz einfach:
Alle Tests zum Lamborghini Countach

Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022): Testfahrt Mit dem Countach zu seinen Wurzeln

Johannes Riegsinger Autor
Inhalt
  1. Erste Testfahrt mit dem neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022)
  2. Überirdisches, geboren aus der Liebe zum Gewöhnlichen
  3. Technische Daten des neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022)

Eine Zeitreise. Landmaschinen-Momente im neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022). Schwitzend und spektakulär, bodenständig und glamourös durch die  Emilia-Romagna. Und dann am Ende der ersten Testfahrt bei Ferruccio Lamborghini auf den Hof fahren – wie seinerzeit der Firmengründer selbst.

Das Klischee Italiens macht im Norden ganz schön lange Pause, wie wir bei unserer ersten Testfahrt mit dem neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022) schnell bemerken. Statt Bella Italia gibt es hier Po-Ebene: flaches Land, im Winter verregnet und grau, im Sommer schwitzend unter brütender Sonne, Industriegebiete, Kleinstädte an vom Verkehr wunden Straßen-Knotenpunkten. Selbst die Autostrada del Sole und Adriatica hat es eilig hier wegzukommen, hetzt schnurgerade runter ans Mittelmeer, wo im Sommer Sonnenschirm-Plantagen auf künstlich aufgeschütteten Stränden sprießen und sich im Winter leere Urlauber-Appartements hinter geschlossenen Fensterläden vor Regenfronten über der Adria verkriechen.  Man muss genauer hinsehen, immer wiederkommen, um den rauen Charme dieser Gegend zu entdecken. Die Wildheit der Apenninen, die tiefgründige Würde der alten Städte Parma, Modena, Bologna. All das wäre noch Stoff für wohlwollende Bildungsbürger-Reiseführer, aber für das Land dazwischen gibt es keine warmen Worte. Hier hat die Emilia-Romagna den festen Händedruck einer sonnengegerbten, rissig-schwieligen Bauernhand. Und ausgerechnet von hier kommt: Lamborghini. Ferruccio Lamborghini ist ein Gewächs dieser Gegend. Sohn von Weinbauern. Ein Mechanik-Nerd. Und das bedeutet hier in erster Linie nicht Autos wie den neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022), sondern Landmaschinen: Die machen den Sediment-Boden der Emilia-Romagna zum fruchtbaren Schoß, der Hunderttausende ernährt. Ernähren muss. Am Ende des Zweiten Weltkriegs sind Landmaschinen aber rar, verschlissen als Soldaten-Transporter und Artillerie-Schlepper. Ferruccio Lamborghini, der findige Mechaniker, der Maschinen-Versteher, repariert sie, schlossert nutzloses Mordwerkzeug zu lebenswichtigen Maschinen für Bauern um – 1952 bringt Lamborghini Trattori den ersten eigenen Schlepper heraus. Und Lamborghini strebt weiter, etabliert sich mit Klimageräten (nicht glamourös, aber im Klima der Po-Ebene äußerst naheliegend), scheitert mit einem eigenen Helikopter und entwickelt davon unverdrossen seinen Plan B: ein Sportwagen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Neuheiten Lamborghini Countach LPI 800-4 (2021)
Lamborghini Countach LPI 800-4 (2021) Die Legende kehrt zurück

Der Lamborghini Huracán STO (2021) im Tracktest (Video):

 
 

Erste Testfahrt mit dem neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022)

Die Geschichte der Automarke Lamborghini beginnt mit einem herrlichen Drama: Ferruccio habe versucht, Enzo Ferrari Änderungen an dessen Sportwagen vorzuschlagen, worauf der den Traktorenbauer als grobmotorischen Emporkömmling habe abblitzen lassen. Ferruccio Lamborghini selbst widerspricht diesem Gründungs-Mythos nie, schmückt ihn teilweise auch launig aus. Wahr oder wurscht: Hauptsache, die Story ist gut. Und das ist sie bei Lamborghini eigentlich immer. Auf den 350 GT von 1964 folgt mit einem Paukenschlag der heiße Miura, mit ihm geht Lamborghini ohne zu blinken auf die Überholspur. Aber es ist der 1974 durchstartende Countach, der die Marke Lamborghini in den Auto-Olymp schießt, eine Keiloptik-Orgie mit brüllendem Zwölfzylinder. Kein Sportwagen zum richtig Schnellfahren, aber ein Statement. Laut. Irre. Extrem. Mit dem Countach findet die Marke Lamborghini ihr Schicksal, er erklärt der Welt, dass Autos auch Haute Couture sein können. Glam Rock. Der Countach erfindet die Sparte Hypercars. Sportwagen, die man nicht in Rundenzeiten, Millisekunden, km/h oder PS misst, sondern in Durchgeknalltheit pro Herzschlag. Materialisiertes Adrenalin. Die Nachfahren des Countach heißen Diablo, Murciélago, Aventador, sie schreiben ihre eigenen Kapitel – aber irgendwie fügen die sich immer in die Geschichte des Countach ein. 2022 steht Lamborghini vor einer Zeitenwende: Die Zukunft wird elektrifiziert sein. Zeit für einen Blick zurück. Und den haut Lamborghini mit einer auf 112 Exemplare limitierten Kleinserie eines neuen Countach raus: Untendrunter stecken das Fahrwerk des Aventador SVJ sowie der 814 PS (599 kW) starke Antrieb des Über-Aventador Siàn, angerichtet wird in einer Karosserie, die pur und formell ist – das Konzentrat eines modernen Countach, ein radikaler Keil. Wir brauchen für den neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022) keine Rennstrecke. Keine Flaniermeile in Miami Beach, nicht die Skyline von Dubai. Wir brauchen nur die Po-Ebene an einem Herbsttag. Lassen uns ins fingernagellackrote Interieur fallen, ziehen die Scherentüren zu. Fühlen uns wie Ferruccio Lamborghini an einem ganz normalen Arbeitstag, wenn die Technik einen Prototyp hingestellt hat, mit dem der Chef in den Feierabend nach Hause rollen kann.

Neuheiten Lamborghini Revuelto (2023)
Lamborghini Revuelto (2023) Plug-in-Hybrid mit 1015 PS

 

Überirdisches, geboren aus der Liebe zum Gewöhnlichen

Abnahmefahrt nennt man das wohl. Oder in unserem Jargon: Testfahrt. Ferruccio soll die Wirkung seiner Autos auf der Straße getestet haben: Je mehr Köpfe sich drehen, desto besser. Und heute drehen sie sich, Mamma Mia! Das markerschütternde Röhren kündigt ihn an, diesen automobilen Halbgott, 2,4 Millionen Euro teuer, wenn man ihn denn kaufen könnte. Schließlich sind alle 112 Exemplare des neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022) längst vergriffen, wir haben die Nummer Null erwischt, ein Phantom sozusagen. Brüllend und stöhnend drängt er sich durch den Verkehr, das Fußvolk bildet eine Gasse, flüstert Countach. Und das bedeutet im Piemontesischen: Das ist ja der Wahnsinn! Draußen, auf den schnurgeraden Landstraßen zwischen den Feldern, können wir diesen Wahnsinn nur bestätigen. Martialisch schmetternd prügelt der LPI 800-4 dahin, schaufelt infernalische Motorleistung mit geradezu verächtlicher Nebensächlichkeit hinaus. Wohlgemerkt: Wir fahren im Rhythmus der Straße. Nicht schnell, nicht aggressiv, mitten im Fluss des Verkehrs. Und trotzdem sind wir in einer Kapsel aus herrlichem Irrwitz unterwegs, genießen die Blicke der Anderen, das Brodeln des Motors, die knochig-surfende Fortbewegung, die tiefe Jetfighter-Sitzposition im Cockpit. Die Diskrepanz zwischen dem, was da draußen als Realität an uns vorbeizieht, und dem Superhelden-Gefühl, in das wir uns kompromisslos hineingeworfen haben, ist unfassbar groß: Abgeerntete Felder gleiten vorbei, Traktorenreifen haben Spuren aus Erdklumpen auf der Straße hinterlassen – und wir streifen hier in einem Sechsliter-V12-Raumschiff mit Supercaps-Elektro-Nachbrenner dahin. Eigentlich lächerlich. Aber dieser Moment fühlt sich nicht absurd an, nicht surreal, sondern super-real. Der neue Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022) ist bei allem Exzess unverstellt bodenständig, ein Erlebnis, das in seiner brutalen Ehrlichkeit einfach mitreißt. Irgendwo in dieser Maschine steckt noch der Geist Ferruccio Lamborghinis, eine absolute Hingabe ans Träumen. An kindliche Freude. An eine Liebe zur Mechanik, die einen beinahe spirituellen Kern hat. Der Countach staubt jetzt über die Zufahrt zu Ferruccios Haus, im Garten steht neben einer Kinderschaukel immer noch ein alter Traktor und – etwas verschlafen im Gebüsch – ein Mini der 60er-Jahre. Lamborghini soll ein Faible für diese kleinen, magischen Maschinen gehabt haben. Aus dem offenen Fenster des Hauses tönt die Stimme von Luciano Pavarotti: unbändig energiegeladen, heiß und kalt zugleich, transzendente Obertöne und vibrierende Leidenschaft. Auch der war ein Gewächs dieses Bodens. Lebte intensiv jeden Moment. Wollte das Überirdische, geboren aus der Liebe zum Gewöhnlichen. Ziemlich Countach. Ganz wie Ferruccio.

Auch interessant:

Classic Cars Lamborghini Miura SV/Countach LP400
Countach LP400/Miura SV Lambo-Renner der 1970er

 

Technische Daten des neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 (2022)

AUTO ZEITUNG 2022Lamborghini Countach LPI 800-4
Technische Daten
Motor6,5-Liter-V12 mit E-Motor
Getriebe/Antrieb7-Stufen; Automatik; Allrad
Leistung599 kW/814 PS
Max. Drehmoment720 Nm
Karosserie
Außenmaße (L/B/H)4870/2099(2265)/1139 mm
Leergewicht1595 kg
Kofferraumvolumenk.A.
Fahrleistungen (Werksangaben)
Beschleunigung (0-100 km/h)2,8 s
Höchstgeschwindigkeit355 km/h
Verbrauch auf 100 km (Werk)19,5 l SP
Kaufinformationen
Basispreis (Testwagen)2.400.000 Euro

Tags:
Copyright 2024 autozeitung.de. All rights reserved.