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Geht auch ganz einfach:

Jaguar F-Type, 911 Turbo und Aston Martin Vanquish auf der Nordschleife It's only Rock'n'Roll but I like it

Infernalisch schnell und sagenhaft respektlos – der Jaguar F-Type R 2014 marschiert ins Revier der Besten. Auf der Nordschleife wird er gestellt: Der Aston Martin Vanquish will ihm Manieren beibringen, der Porsche 911 Turbo Saures geben. Vergleich

Vier Auspuffendrohre brüllen, brutales Gurgeln, Rotzen, Donnern unter Last und im Schiebebetrieb: Wenn ein Jaguar F-Type R anrückt, hört man das von Weitem. Dieser wilde Hund pfeift sich eins auf die feine englische Art. Hier scheint sich Jaguar endgültig vom Vier-Uhr-Tee-schlürfenden Landlord emanzipiert und den inneren Keith Richards umarmt zu haben – yeah, yeah, yeah! Der F-Type R hat den Unterhaltungswert eines Zoten reißenden Liverpooler Dockarbeiters, sein „God Save the Queen“ haut er im hektischen Punk-Stakkato der Sex Pistols raus, und sein menschliches Alter Ego ist nicht der kultivierte Prince of Wales – das muskulöse Power-Coupé mit dem röhrenden, kraftstrotzenden Kompressor-V8 kickt wie Beckham. Endlich dürfen auch Leute Jaguar fahren, die keine Cord-Schonaufnäher an den Ellbogen des Karo-Sakkos tragen, und nein, das ist kein Auto für Männer, die Pfeife rauchen (hier geht's zum Voting).

 

F-Type, 911 Turbo, Vanquish: Drei Helden der Rennbahn

Heute morgen ist der F-Type R in Richtung Nürburgring-Nordschleife durchgestartet, er hat ein Date mit dem Establishment, und das ist genau sein Ding. Ein Aston Martin Vanquish hat sich angemeldet. Der soll ihm bloß kommen, dieser Nobel-Hobel, der sich immer hinter dem Typen mit dem Martini-Glas versteckt. Geschüttelt, nicht gerührt, aber das wird man schon sehen. Und dann noch dieser Porsche 911 Turbo – ein Deutscher, von Beruf Ingenieur. Man weiß ja, was von denen zu halten ist – laaangweilig!

Er stellt sich ganz vorn an der Schranke an, will als Allererster auf die Strecke, und natürlich muss sich der Jaguar F-Type R überhaupt nicht fürchten. Schließlich ist das hier auch ein Stück Heimat, ein paar hundert Meter Luftlinie entfernt weht stolz der Union Jack über dem Jaguar-Testzentrum. Seit einigen Jahren muss jede Katze die brutale Mühle der legendären Eifel-Strecke über sich ergehen lassen. Und gerade ein wildes Dampfhammer-Coupé wie der F-Type R kennt hier jeden Meter, jeden Curb und ja, auch die eine oder andere Leitplanke.

Dumm nur, dass gleich nebenan auch die Aston Martin-Mannschaft ihr Quartier aufgeschlagen hat. Der Vanquish mag ein perfekt gestylter Gentleman sein, aber unter dem Savile Row-Anzug steckt tatsächlich das Herz eines Langstreckenläufers. Und auch auf der Berg-und-Tal-Bahn des Nürburgrings kennt sich der große Gran Turismo aus. Spätestens seit der Schwabe Ulrich Bez – mittlerweile Ehren-Präsident der Company – den Kurs von Aston Martin bestimmte, war das Eifel-Fitness-Training Pflicht für die englischen Sportwagen. Woher „Mischter“ Bez wusste, dass die Nordschleife unerbittlich Spreu und Weizen trennt? – Natürlich aus seiner Zeit bei Porsche.

Porsche entstehen in einem Koordinaten-System, dessen x-Achse im mythischen Urknall-Ort Gmünd/Kärnten beginnt, über den heißen Kern Zuffenhausen und die Entwicklungsschmiede Weissach verläuft und dann am Nürburgring endet. Kein Wunder, dass der Porsche 911 Turbo ziemlich lässig und natürlich auf die Minute pünktlich ebenfalls am Kassenhäuschen an der Döttinger Höhe einläuft. Eine der längsten Geraden aller Rennstrecken – und wenn man’s genau betrachtet zum Ende hin eigentlich schon keine richtige Gerade mehr.

Spätestens am sanften Linksknick unter der Überführung Antoniusbuche ist der Jaguar aus der Strecken-Einfahrt heraus bereits so schnell, dass man mit weißen Fingerknöcheln am Lenkrad und einem entgeistert gemurmelten „Auerhauerhau“ einhundertprozentig konzentriert nach links einlenkt und sich fragt, wie die im Fernsehen es da noch schaffen, einander zu überholen.

Kernbotschaften dieser ersten Fahrsekunden im F-Type R: Der Jag geht wie die Pest, bei voller Beschleunigung schielen die Insassen ganz von allein, und er ist ein Auto, das um die Hochachse viel Freude macht. Spitfire-Tiefflug-hämmernd pfeilt er dann durch die Senke am Tiergarten, zimmert die ersten Gummistriche der Runde vor die Einfahrt zur alten Boxengasse an der Tribüne 13 und segelt gleich darauf mit dem Messer zwischen den Zähnen das Hatzenbach-Geschlängel hinunter.

Zwischennotiz: Die Nordschleife ist eine Rennstrecke, die einen aus der zivilisierten StVO-Welt innerhalb von Sekunden und ohne jede Aufwärmphase in den Jurassic Park wirft, hier will dich alles fressen, was Curbs hat, selbst die verbeulten Geraden angeln mit dünnen, gierigen Fingern nach dir und versuchen, dich in nicht vorhandene Auslaufzonen zu schmettern.

Ein Jaguar F-Type R ist wiederum kein Auto, mit dem Anfänger sich diese Strecke „mal ansehen“ sollten. Er ist zu schnell, zu extrovertiert, zu lebendig, zu wild. Menschen, die aber das Autofahren lieben und die Schleife kennen, dürften mit diesem ausgelassenen Dampfhammer eine Menge Spaß haben. Seine Tendenz zum Leistungsübersteuern und zum gierigen Einlenken auf Lastwechsel hin machen ihn nicht endgültig schnell, der Jag braucht immer etwas mehr Platz als andere Autos, aber er fühlt sich kraftvoll, aktiv und dynamisch an.

Der Vanquish ist dem F-Type derweil die ganze Zeit auf den Fersen gewesen. Mit seinem langen Radstand und der etwas komfortableren Grundabstimmung schlägt er sich gerade in den vertrackten Streckenabschnitten überraschend gut: Sich ständig ändernde Kurvenradien, wüste Senken und Buckel – der Aston Martin fegt hier gelassen durch, wird nicht nervös oder aggressiv. Pfeilschnell presst er über die bitterbösen Sprungkuppen an der Quiddelbacher nicht endgültig schnell, der Jag braucht immer etwas mehr Platz als andere Autos, aber er fühlt sich kraftvoll, aktiv und dynamisch an.

Der Vanquish ist dem F-Type derweil die ganze Zeit auf den Fersen gewesen. Mit seinem langen Radstand und der etwas komfortableren Grundabstimmung schlägt er sich gerade in den vertrackten Streckenabschnitten überraschend gut: Sich ständig ändernde Kurvenradien, wüste Senken und Buckel – der Aston Martin fegt hier gelassen durch, wird nicht nervös oder aggressiv. Pfeilschnell presst er über die bitterbösen Sprungkuppen an der Quiddelbacher Höhe und am Flugplatz, inhaliert dann den weitläufigen Bogen des Schwedenkreuzes hinüber zur Aremberg-Kurve in einem einzigen Atemzug seines Sechsliter-V12 und sticht dann hinunter in die Fuchsröhre.

Fahrfehler am Adenauer Forst, der Vanquish kommt in der Schikane beinahe zum Stehen. Jetzt fehlt ihm die Urgewalt des Kompressor-V8, die den Jaguar F-Type R auch nach derben Verbremsern wieder sofort ins Spiel zurückbringt. Brüllend stürmt der Aston Martin dem Jaguar hinterher, schafft es aber nun nicht mehr, wirklich in Schlagdistanz zu kommen, da die verspielten, verschachtelten Kehren über Metzgesfeld und Kallenhard dem aufgedrehten Charakter des Jaguar eher entgegenkommen.

Und während sich die beiden Briten noch beharken, schiebt sich in der Anbremszone auf dem Sektor Bergwerk plötzlich von rechts ein gelber Porsche 911 Turbo ins Blickfeld. Wie auf Schienen saugt sich der Elfer um den weiten Radius, dann lässt er den Biturbo-Boxer von der Leine und katapultiert sich über Kesselchen und Klostertal den langen Anstieg zum Karussell hinauf.

Der F-Type R ringt zu lange um Traktion, um dem humorlos vollstreckenden Allrad-Porsche zu folgen, lässt gleich um entscheidende Meter abreißen. Der Aston Martin Vanquish hangelt sich noch elegant um die Kehre, scheitert dann aber am absurden Turbo-Antritt des Zuffenhauseners. Das ist unfair, Allradantrieb und Doppelturbolader gegen Hinterradantrieb oder Saugmotor, aber der Porsche 911 hört die Beschwerden irgendwie schon nicht mehr.

Zugegeben, es sieht auch von hinten gut aus, wie der Porsche im Zeitraffer-Tempo den langen Anstieg hinaufstürmt. Nur ein kurzes Bremslichtflackern am ersten Linksknick auf halber Höhe deutet darauf hin, dass auch der Porsche nicht in einer Physik-verleugnenden Sphäre fährt. Seine Aerodynamik-Tricks zaubern nun vollen Abtrieb und zementierte Stabilität, während der Jaguar einen Wimpernschlag später ebenso schnell in den Knick hastet, dann aber fast die Fassung verliert: hochschalten im Porsche, den Jaguar mit dosiertem Gas auf Zug halten.

Der Aston hat an dieser Stelle noch überhaupt nicht denselben infernalischen Speed aufgebaut, das elegante GT-Coupé peitscht ohne Gaslupfer, herrlich stabil, aber eben mit einem knappen Sekundenabstand hinter dem zornigen Duo her. Jetzt bloß keinen Schwung verlieren und den drehmomentstarken, wie entfesselt fahrenden Raketen da vorn wieder eine Chance geben, den Abstand zu vergrößern. Brutal hechtet der Vanquish in die nach Rudolf Caraccciola benannte Betonplatten-Steilkurve und explodiert dann regelrecht weiter den Berg hinauf.

Hohe Acht, Wippermann, Eschbach, Brünnchen, Pflanzgarten – dicht hintereinander wirbeln die drei Kontrahenten dahin. Vorn der sagenhaft effiziente, im Zweifelsfall immer noch eine Schippe mehr auflegende Porsche 911 Turbo, der mit absoluter Präzision und höllischem Druck die Pace macht. Dicht dahinter der Jaguar F-Type R, gnadenlos auf den kurzen Spurt-Geraden, mit Verve durch die tückischsten Wechselkurven drängend – und gleichzeitig auf einen Fehler des Porsche hoffend. Hier geht nun einfach nichts mehr, bei diesem mörderischen Tempo zeigt der Jaguar sein Limit. Später, auf der Landstraße, werden sich wieder alle um diesen Fahrspaß-Helden prügeln, aber im Moment möchte man lieber im Porsche sitzen.

Als das Trio dann wieder auf die Döttinger Höhe prescht, hat der Vanquish längst ein paar Meilen pro Stunde heruntergedimmt, der sexy GT hat schließlich gleich seinen wirklich großen Auftritt am Parkplatz. Jetzt nur nicht verschwitzt wirken. Cool Britannia.

TECHNIK
     

ASTON MARTIN VANQUISH
JAGUAR F-TYPE R COUPÉ
PORSCHE 911 TURBO
Motor V12-Zylinder, 4-Ventiler V8-Zylinder, 4-Ventiler, Kompressor, Direkteinspritzung 6-Zylinder-Boxer, 4-Ventiler, Biturbo, Direkteinspritzung
Hubraum 5935 cm³ 5000 cm³ 3800 cm³
Leistung 421 kW / 573 PS bei
6750/min
405 kW / 550 PS bei 6500/min 383 kW / 520 PS bei 6000 - 6500/min
Max. Drehmoment 620 Nm bei 5500/min 680 Nm bei 2500 - 5500/min 660 Nm bei 1950 - 5000/min
Getriebe 6-Stufen-Automatik; Transaxle-Anordnung 8-Stufen-Automatik 7-Gang, Doppelkupplung
Antrieb Hinterrad Hinterrad Allrad, permanent
L/B/H 4725/1910/1295 mm 4470/1923/1321 mm 4506/1880/1296 mm
Radstand 2740 mm 2622 mm 2450 mm
Leergewicht 1739 kg 1665 kg 1670 kg
Kofferraumvolumen 368 l 407 l 115 l
MESSWERTE1      
0-100 km/h 4,1 s  4,2 s 3,4 s
Höchstgeschwindigkeit 295 km/h 300 km/h 315 km/h
EU-Verbrauch 14,4 l SP/100 km 11,1 l S/100 km 9,7 l SP/100 km
CO2-Ausstoß 335 g/km 259 g/km 227 g/km
Grundpreis 249.995 Euro 103.700 Euro 165.149 Euro
1 Werksangaben

   

Johannes Riegsinger

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