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Geht auch ganz einfach:

Fakten über Wasserstoff: Einfach erklärt! Was man über Wasserstoff wissen muss

Holger Ippen Freier Mitarbeiter
Wasserstoff tanken
Foto: Daimler
Inhalt
  1. Was ist Wasserstoff eigentlich?
  2. Wie gefährlich ist die Nutzung von Wasserstoff?
  3. Wie explosiv sind Wasserstoff-Tanks?
  4. Gibte es Vorteile beim Tanken von H2?
  5. Materialverträglichkeit von Wasserstoff
  6. Wie funktioniert die Herstellung von Wasserstoff?
  7. Wo kommt künftig Grüner Wasserstoff eigentlich her?
  8. Wie ergiebig ist Wasserstoff in einer Brennstoffzelle?
  9. Brennstoffzelle oder Verbrennungsmotor?
  10. Wie lässt sich Wasserstoff lagern und transportieren?
  11. Erzeugt der Wasserstoffantrieb Schadstoffe?
  12. Reicht der Vorrat, und wie teuer ist Wasserstoff?

Ist Wasserstoff der rettende Energieträger mit Zukunftspotenzial oder seine Nutzung doch viel zu gefährlich? Fragen über Fragen – wir geben Antworten und stellen das Wichtigste in zehn Punkten zusammen.

 

Was ist Wasserstoff eigentlich?

Wasserstoff (H2) ist das kleinste chemische Element im Periodensystem und das häufigste Element im Universum. Es ist gasförmig, völlig ungiftig, farb- sowie geruchslos und gilt als überaus reaktionswillig. Deshalb tritt es in der Natur nur in gebundener Form auf. Die bekannteste Verbindung ist H2O – also pures Wasser. Und genau diese enorme Reaktionswilligkeit macht Wasserstoff als potenten Energieträger für viele Wirtschaftsbereiche, natürlich auch für den Einsatz als Energiequelle beim Autoantrieb, interessant.

H2 wird nicht stofflich verbrannt, sondern gibt seine 
gespeicherte Energie bei der reaktiven Wandlung zu H2O ab. Durch seinen großen Energieinhalt von 33 kWh pro Kilogramm – das ist dreimal so viel wie jener von Diesel – eignet er sich besonders gut für den mobilen Einsatz. Ein Beispiel: Der Hyundai Nexo Fuel-Cell mit seinem 6,3-kg-Wasserstoff-Vorrat schafft eine Norm-Reichweite von immerhin 666 Kilometern. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Leslie & Cars fährt den BMW iX5 Hydrogen (2023) im VIdeo:

 
 

Wie gefährlich ist die Nutzung von Wasserstoff?

Anders als oft behauptet birgt Wasserstoff – im Vergleich zu anderen Brennstoffen – keine neuen großen Risiken. In seiner Reinform kann er nicht einmal explodieren, denn dazu benötigt er ein exakt stimmiges Reaktionsverhältnis (stöchiometrisch), wie es in der Umgebungsluft üblicherweise nicht vorkommt. Anders ist es, wenn eine hohe H2-Konzentration im Raum (ca. vier bis 77 Volumenprozent) vorliegt und ein Zündfunke als Auslöser fungiert.

Deshalb gelten für Labore und Anlagen des H2-verarbeitenden Gewerbes besondere Sicherheitsmaßnahmen mit Gasmessdetektoren und speziellen Entlüftungen. Wenn wegen eines Unfalls im Straßenverkehr der Drucktank bersten sollte, entfleucht das Gas sehr schnell himmelwärts, schließlich ist es 14 Mal leichter als Luft. Benzin läuft dagegen bei einem vergleichbaren Szenarium nach unten aus. Im schlimmsten Fall grillt es dann das Auto, wenn es sich entzündet.

 

Wie explosiv sind Wasserstoff-Tanks?

Tanks explodieren nicht, denn bei einem Überdruck strömt das Gas – zum Beispiel aus einem Drucktank in einem Auto – auf dem kürzesten Weg nach oben aus. Da Wasserstoff sehr viel leichter als Luft ist, verweilt er nicht und würde sogar im Fall eines Brands in Form einer sehr schnellen und kurzen Stichflamme steil nach oben abbrennen, wodurch eine Entzündung anderer Materialien sehr viel unwahrscheinlicher ist als bei Erdgas, Benzin oder Propan- sowie Campinggasbränden.

 

Gibte es Vorteile beim Tanken von H2?

Anders als beim lästigen und langwierigen Strom-Laden läuft die Druckbefüllung des 700-bar-Wasserstoff-Tanks ähnlich schnell und unkompliziert wie beim Benzin-Tanken. An den modernen Tanksäulen wird auch gleich über die Zugangs-Tankkarte abgerechnet. Lange Wartezeiten sind damit passé. Die Rechnung über den Tankvorgang erhält man digital via Smartphone oder E-Mail. Pro Kilogramm Wasserstoff werden derzeit 13,85 Euro abgerechnet (Stand: Februar 2024). Allerdings ist die Zahl der Zapfstellen immer noch sehr begrenzt. In Deutschland 
sind es gegenwärtig 92, europaweit wird nur an 254 Tankstellen Wasserstoff angeboten. Zu 
wenig für den alltäglichen Einsatz. Hier alle Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland finden!

 

Materialverträglichkeit von Wasserstoff

Wasserstoff ist das kleinste aller existierenden Moleküle und kann dadurch recht leicht Materialien, auch manche Metalle, durchdringen und so verloren gehen. Bei Eisenmetall, vor allem aus Guss, verursacht Wasserstoff dabei eine Werkstoffveränderung, was in manchen Fällen zu Versprödungen und möglichem Bruch führt. Aus diesem Grund werden für Lagertanks in der Regel Edelstähle und für Fahrzeugtanks in Brennstoffzellenautos Kunststoff-Verbundwerkstoffe verwendet.

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Wie funktioniert die Herstellung von Wasserstoff?

Während herkömmlicher "Grauer Wasserstoff" über Dampfreformierung aus fossilem Erdgas (mit CO2-als Nebenprodukt) hergestellt wird, entsteht "grüner" Wasserstoff durch die Elektrolyse aus Wasser. Für die Wasserstoff-Herstellung wird erneuerbare Energie, also beispielsweise Solar-Strom, verwendet, weshalb Grüner Wasserstoff komplett CO2-frei und damit klimafreundlich ist. Anders als bei der Lithium-Ionen-Batterie häuft sich weder bei der Herstellung von Wasserstoff oder der Speichertanks noch beim Verfahren der Grünen Wasserstoff-Produktion mit Strom aus Windkraftwerken oder Solaranlagen ein CO2-"Rucksack" an. Brennstoffzellen-Fahrzeuge sind somit faktisch von Anfang an und über das gesamte Fahrzeug-Leben komplett klimaneutral.

Da grüner Wasserstoff – wenn einmal die 
Anlagen vorhanden sind und auch genug regenerativ gewonnener Strom zur Verfügung steht – kontinuierlich in großen Mengen 
gewonnen werden kann, sind lediglich die Starthürden zu überwinden. Dann lässt sich Wasserstoff auch mit wenig Aufwand zu günstigen Kosten und in großen Mengen herstellen. Der Knackpunkt: Für die Gewinnung von 
grünem Wasserstoff benötigt man riesige Mengen erneuerbarer Energien, die hierzulande nicht ausreichend vorhanden sind. Genau deshalb plädieren viele Entscheidungstragende weiterhin für eine direkte Verwendung von Strom für batterieelektrische Antriebe, statt den "Umweg" über eine chemische Energiespeicherung via Wasserstoff zu fördern. Das ist nachvollziehbar, aber zu kurz gedacht.

Große Hoffnungen auf einen besseren Wirkungsgrad von über 40 Prozent verspricht ein neues Wasserstoff-Gewinnungsverfahren, das in den USA vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt wurde. Statt der herkömmlichen energieintensiven Elektrolyse wird hier eine katalytische Trennung per
thermo-chemischer Wasserspaltung eingesetzt. Dabei wird Wasserdampf durch einen Eisenoxid-Katalysator gepresst, um die Wasserstoff- von den Sauerstoffmolekülen zu 
trennen. Das soll sich mit einem geringeren Energieaufwand erreichen lassen.

 

Wo kommt künftig Grüner Wasserstoff eigentlich her?

Würden die langen Sonnenstunden in der 
Sahara-Zone, in Saudi-Arabien oder in der 
Andenregion mit PV-Anlagen stärker genutzt und die Atlantik- sowie Nordsee-Stürme per Offshore-Technik effizient umgewandelt werden, dann stünden auch ausreichend Quellen für die nachhaltige Energieerzeugung bereit. Doch das passiert heute noch nicht: Ist die Stromerzeugung höher als der momentane Bedarf, dann werden derzeit die Windräder einfach abgeschaltet und weiter bezahlt. Die Kohleverstromung – in träge arbeitenden Kohlekraftwerken – läuft dagegen weiter.

Bei der Energiewende bietet die Wasserstoff-Technologie also noch enormes Potenzial. Mit dem Projekt „H2Mare“ arbeitet das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) schon an Grundlagen, um Offshore-Windenergie auch ohne Netzanbindung direkt 
auf hoher See per Wasserelektrolyse zur Wasserstoff-Produktion zu nutzen. Mit solchen Anlagen kann die bisher ungenutzte Überschuss-Windenergie, die sowieso anfällt, aber nachts nicht abgenommen wird (zum Beispiel von Nachtstürmen), gespeichert werden. 

 

Wie ergiebig ist Wasserstoff in einer Brennstoffzelle?

Eine Tonne Wasserstoff enthält eine Energiemenge von rund 33.330 kWh – so viel, wie elf Dreipersonen-Haushalte jährlich verbrauchen. Allerdings ist mit heutigen Verfahren die Effizienz bei der Herstellung von grünem Wasserstoff relativ gering. Die Verluste bei der Elektrolyse betragen rund 30 Prozent und die Transport- und Speicherverluste noch einmal etwa 26 Prozent. Kein Wunder, ist das Wasserstoff-Molekül (H2) doch das kleinste Element im Periodensystem und kann dadurch Werkstoffe mit geringer Dichte leicht durchdringen.

Summa summarum können von der eingesetzten Energie für die Erzeugung des CO2-freien Energieträgers später nur knapp 50 Prozent genutzt werden. Für die Verwendung in einer Brennstoffzelle kommen dann zusätzliche Wandlerverluste bei der katalytischen Stromgewinnung sowie elektrische Verluste in der Leistungselektronik dazu. Die Gesamteffizienz beträgt damit derzeit nur – von der Quelle bis zum Rad – rund 22 Prozent. Bei BEV sind es immerhin 65 bis 73 Prozent. Genau deshalb wird diese potenzielle Zukunftstechnik von vielen Entscheidungstragenden in der Politik und von an schnellen Gewinnen orientierten Industrie-Unternehmen nach wie vor stiefmütterlich behandelt.

 

Brennstoffzelle oder Verbrennungsmotor?

Für die Entwicklung von Wasserstoff-Antrieben kommen zwei unterschiedliche Wege in Frage. Zum einen kann man mit Wasserstoff in einer Brennstoffzelle Strom erzeugen, der dann über einen Elektromotor die Räder antreibt. Zum anderen kann Wasserstoff zusammen mit Luft auch als brennbares Gasgemisch in einem herkömmlichen Viertaktmotor direkt genutzt werden. Dazu müssen aber konstruktive Änderungen an Einspritzanlage, Brennraum und Abgasnachbehandlung vorgenommen werden. Die Abgase sind auch hier grundsätzlich sauber und CO2-frei. Je nach Verbrennungstemperatur entstehen jedoch Stickoxide, die zum Beispiel mit AdBlue dann im SCR-Kat unschädlich gemacht werden.

Größter Vorteil: Die Autoindustrie kennt sich bei Hubkolben-Motoren bestens aus, in puncto Materialversorgung, Produktionsverfahren sowie Zuverlässigkeit und Langlebigkeit gibt es ausreichend Erfahrung. Wertvolle und seltene Mineralien sowie große Kupfermengen werden für diese Motoren nicht gebraucht. Allerdings liegt hier der Wirkungsgrad "nur" auf Diesel-Niveau, was so schlecht eigentlich nicht ist. Etwas besser fällt er jedoch bei der Brennstoffzelle aus. Bei der industriellen Fertigung steht man aber noch in den Kinderschuhen – hier ist noch viel Lehrgeld zu investieren.

 

Wie lässt sich Wasserstoff lagern und transportieren?

Grundsätzlich kann Wasserstoff in gasförmigem, flüssigem oder chemisch gebundenem Zustand gespeichert und ohne Qualitätseinbußen sehr lange aufbewahrt werden. Für den Einsatz im Fahrzeug wird ausschließlich komprimiertes Druckgas (meist 700 bar) genutzt. In verflüssigtem Wasserstoff ist die Energiedichte zwar noch einmal erheblich höher, aber dazu muss das Gas auf minus 253 Grad Celsius gebracht und – schwieriger noch – auch gehalten werden, was in der Anwendung recht unpraktikabel ist. Das bewies im Jahr 2000 eine Versuchsflotte bei BMW – übrigens seinerzeit ein Pannen-Projekt von Herbert Diess, dem späteren VW-Boss.

In sogenannten Metallhydrid-Speichern kann zudem atomarer (also einwertiger) Wasserstoff eingelagert werden. Das ist recht effizient, doch die Speicher sind für mobile Anwendungen viel zu schwer. Darüber hinaus sind leicht lösbare Wasserstoff-Verbindungen – zum Beispiel als Ammoniak (NH3), Methangas (CH4: synthetisches Erdgas) oder eFuels – recht praktikabel und dann auch gut transportierbar: in Pipelines sowie in Zisternen-Transportern und -Schiffen mit LNG-ähnlichen Spezialaufbauten. Die Transportkosten sind auch über lange Distanzen dank der großen möglichen Beförderungsmengen vernachlässigbar gering.

 

Erzeugt der Wasserstoffantrieb Schadstoffe?

Nein – doch es gibt eine Ausnahme: Wird das Wasserstoff-Gas in einem herkömmlichen (dafür präparierten) Benzinmotor eingesetzt, dann läuft eine (fast) normale und sehr saubere Verbrennung ab. Es ist nicht einmal der Einsatz eines Abgaskatalysators oder eines Partikelfilters nötig, da im reinen Wasserstoff keine anderen Stoffe enthalten sind, die Asche oder andere Schadgase entstehen lassen. Allerdings handelt es sich hier um eine heiße Verbrennung – und damit wird auch die Ansaugluft "verbrannt". Der atmosphärische Stickstoff oxidiert, es entstehen NOX-Verbindungen, die sich kurzzeitig hinter dem Fahrzeug aufhalten, bis sie wieder von allein in normalen Stickstoff und Sauerstoff zerfallen.

Ein Derivat ist das dabei für wenige Augenblicke entstehende Schwefeldioxid, ein Reizgas, das – in zu hoher Konzentration aufgenommen – Atemwegserkrankungen hervorrufen kann. Bei der kalten katalytischen Umwandlung in einer Brennstoffzelle entstehen dagegen nur elektrische Energie und Wasserdampf, der noch im Abgastrakt zu chemisch reinem Wasser kondensiert und dann abtropft. Es ist nur ärgerlich, wenn das Wasser auf der winterlichen Fahrbahn anfriert …

 

Reicht der Vorrat, und wie teuer ist Wasserstoff?

Energie ist derzeit teuer, Grüne Energie erst recht, auch Grüner Wasserstoff. Doch das muss nicht so sein und wird auch nicht so bleiben. Gerade Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum. Er wird uns nie ausgehen. Zudem ist Wasserstoff nur ein Energieträger, der bei Umwandlungsprozessen Energie abgibt. Er ist also kein Verbrauchsstoff, der verlustig geht oder jemals knapp werden kann.

Da Grüner Wasserstoff, wenn einmal die Anlagen dazu stehen, kontinuierlich auch in großen Mengen gewonnen/erzeugt werden kann, sind lediglich die Starthürden zu überwinden. Diese sind allerdings derzeit groß. Für die Gewinnung benötigt man riesige Mengen erneuerbarer Energien. In unserer gemäßigten Klimazone mit dichter Besiedlung und relativ geringer Sonnenstundenzahl ist die gesellschaftliche Herausforderung enorm. Zudem prallen hier unterschiedlichste Befindlichkeiten, Ansichten und Ideologien aufeinander, die wie ein Hemmschuh Zukunftstechniken für eine Energiewende ausbremsen.

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