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Geht auch ganz einfach:

Direktes Duell: McLaren Artura Spider vs. Mercedes-AMG SL 63

Johannes Riegsinger Autor

Mercedes plus McLaren ist gleich SLR – 15 Jahre später zeigen McLaren Artura Spider und Mercedes-AMG SL 63, weshalb daraus keine Fortsetzungsgeschichte wurde.

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Inhalt
  1. Faszination: Mercedes SL 63 und McLaren Artura Spyder im Vergleich
  2. Sind die heutigen McLaren-Modelle SLR-Traumabewältigung?
  3. Der SL will zwei Autos in einem sein – ob das gutgehen kann?
  4. Der Artura – eine nachträgliche Lektion der McLaren-Ex-Kolleg:innen
  5. Der Mercedes SL belegt eine Nische, die kein anderer Hersteller besetzt
  6. Technische Daten von McLaren Artura Spyder und Mercedes-AMG SL 63 4Matic+

Höchstwahrscheinlich begann die Vorgeschichte dieses Vergleichs zwischen dem McLaren Artura Spider und Mercedes-AMG SL irgendwann in den wilden Monaten zwischen 1997 und 1998: Mit Mercedes hatte das englische Traditions-Rennteam McLaren einen ressourcenstarken Industriepartner gefunden, das britische Racing-Know-how sorgte umgekehrt für ein rasantes Aufschließen der Stuttgarter in der Motorsport-Königsklasse: Nach einem 40 Jahre dauernden Boxenstopp waren plötzlich die "Silberpfeile" zurück, so als seien sie nie weg gewesen. Erfolg, Glamour, Hightech, Highspeed – mit der McLaren-Mercedes-Kombi schien zusammenzuwachsen, was zusammengehörte.
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Der Ferrari 296 GTS (2024) im Fahrbericht (Video):

 
 

Faszination: Mercedes SL 63 und McLaren Artura Spyder im Vergleich

Klar, dass die Mercedes-Marketingmaschine umgehend anfing, nach Abstrahleffekt-Schätzen zu schürfen. Dass man aber weit mehr als das launig dekorierte "F1 Edition"-Sondermodell der 1999er A-Klasse vorhatte, wurde der Welt bei der Präsentation des Konzeptfahrzeugs "Vision SLR" schnell klar: Mercedes griff sich strotzend vor Selbstbewusstsein mit dem 300 SLR Uhlenhaut Coupé der 1950er-Jahre direkt das Marken-Kronjuwel als Vorbild. Dass da jetzt eigentlich nichts mehr schiefgehen durfte, war allen klar. Außer anscheinend Mercedes selbst …

Auf Konzernebene hielt man damals ja auch die Fusion von Daimler mit Chrysler für eine hervorragende Idee, eins weiter unten trieb nun der neue, superdynamische Racing-Partner die bisher grundsolide bodenhaftenden Schwaben ins Hypercar-Abenteuer. Schließlich hatte sich McLaren mit dem straßentauglichen F1 Mitte der 1990er bereits ein exklusives Denkmal gesetzt, das die Autoindustrie bis heute immer wieder zu sündhaft teuren Hightech-Leistungsbeweisen für klimatisierte Sammlergaragen inspiriert.

Blick auf die beiden fahrenden, offenen Sportwagen Mercedes-AMG SL 63 und McLaren Artura Spider.
Foto: Hardy Mutschler

Genau hierhin wollte Mercedes auch: einen Platz auf dem Auto-Olymp reklamieren, die VIP-Karte mit "Access All Areas"-Markierung einlösen und auf ewig die Champagnerkorken knallen lassen. Im Maschinenraum wurden also die Mercedes-Entwicklerteams auf McLaren-Ingenieur:innen gehetzt. Und das dürfte damals bedeutet haben: Langsam mahlende Konzern-Bürokratie trifft auf schnelle, respektlose Ergebnisorientierung. Komplexe Organigramme treffen auf flache Hierarchie. Jahrzehntelang gepflegtes Sicherheits-Credo trifft auf harten Adrenalin-Kick. Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle treffen auf Fish-and-Chips.

So sieht natürlich keine gute Kombi aus, sondern eine kulturelle Sollbruchstelle. Insider:innen der beteiligten Partner Mercedes, McLaren und AMG schweigen bis heute noch vielsagend über die zahllosen internen Verwicklungen des Projekts. Nach außen ist eines offensichtlich: Von den ursprünglich geplanten 3500 Exemplaren konnten am Ende nur 2157 verkauft und ausgeliefert werden. Die Partner dürften das Projekt bis 2009 einfach professionell durchgezogen haben – Verträge eingehalten, dann gesichtswahrendes Ende. Ade und Good Bye.

 

Sind die heutigen McLaren-Modelle SLR-Traumabewältigung?

Zum Aus des Mercedes SLR McLaren hatte der britische Partner bereits den MP4-12C in der Schublade, in dessen radikalem Mittelmotor-Konzept die DNA heutiger McLaren ebenso aufschien wie eine klare Botschaft: keine Lust mehr auf Mercedes. Die grazilen, fiebrigen Mittelmotor-Sportler aus Woking waren ein ganz anderes Kaliber als der bullige SLR mit Front-Mittelmotor-Layout, den Komfort- und Sicherheits-Ansprüchen, dem brachialen 5,5-l-Kompressor-V8.

Und auch auf der anderen Seite wurde das Beziehungs-Aus routiniert abgewickelt, ganz ohne Rosenkrieg, aber entschlossen: Mercedes-Motoren gingen in der F1 nun auch an McLaren-Rivalen, Ende 2009 wurde die seit 1995 laufende Partnerschaft beendet, bis 2011 hatte Mercedes – nach dem deutlich lauter knallenden DaimlerChrysler-Aus nun wieder als Daimler AG firmierend – sämtliche McLaren-Anteile verkauft.

Dass mit dem SLR McLaren aber ein Geist aus der Flasche entwichen war, den man nie wieder hineinbekommen würde, schien Mercedes spätestens jetzt zu dämmern. Seit dem W113 von 1955 hatte Mercedes den SL als gravitätischen Luxus-Hedonisten oder offene S-Klasse mit zwei Sitzen interpretiert und das wilde Wesen der Rennsport-abgeleiteten 300 SL und 300 SLR über 50 Jahre hinweg für die wohltemperierte Ahnengalerie konserviert: "Wir könnten natürlich, wenn wir wollten". Nach dem SLR McLaren wusste die Welt: können die eben nicht …

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Der SL will zwei Autos in einem sein – ob das gutgehen kann?

An diesem wunden Punkt schälte sich ein ganz unerwarteter Player aus den Kulissen: Auftritt Mercedes-AMG. Der ehemalige Werkstuner und seit 2005 ganze Konzerntochter holte sich 2009 mit dem SLS AMG gegen einigen inneren Widerstand den Blanko-Scheck fürs Sportwagen-Entwickeln bei Mercedes und konnte diese Position mit dem GT so nachhaltig festigen, dass man mittlerweile selbst den SL zu AMG verfrachtet hat, wo er die Roadster-Version des AMG GT spielen soll.

Was für ein schöner Kompromiss! Theoretisch … In der Praxis fahren wir jetzt vielleicht doch lieber mal für eine kleine Bestandsaufnahme mit dem aktuellen McLaren Artura Spider und dem Mercedes-AMG SL um ein paar Ecken und überlegen dabei, wie kompromissloses Sportwagenbauen geht. Oder kompromissloses SL-bauen. Denn das ist ja etwas ganz anderes, wie man bei Mercedes seit 1955 wissen könnte.

Dass der SL nie eine räudige Ideallinien-Bestie war, hat gute 70 Jahre eigentlich niemand gestört, ganz im Gegenteil. Und wie er sich heute mit uns als Mercedes-AMG SL 63 4Matic+ um die erste Kurve stemmt und dafür zumindest nomenklatorisch ziemlich lange braucht, kommen wir ehrlich ins Grübeln: Hat Mercedes jetzt nicht statt eines guten Kompromisses einfach zwei Leerstellen im Programm? Ein kompromissloser Komfort-SL fehlt nun genauso wie ein kompromissloser Sportwagen, und die Position dazwischen nannte man doch bereits schon beim SLR McLaren "zwischen den Stühlen"?

 

Der Artura – eine nachträgliche Lektion der McLaren-Ex-Kolleg:innen

Dass wir den McLaren Artura Spider als Eichmeter zur Wahrheitsfindung im Sportwagen-Koordinatensystem nutzen, hat durchaus Sinn. Denn eigentlich darf man sich nur seine gegensätzliche Charakter-Spiegelung denken, quasi einen luxuriösen, schwelgerischen, sinnlichen Zwilling des Artura, und schon hat man das kompromisslose Abbild eines perfekten SL vor sich.

Statt der hellwachen Kopierfräsen-Lenkung des McLaren, die der Person am Steuer ein scharf ausgeleuchtetes 3D-Bild der Fahrbahn in die Finger pulst und gleichzeitig jeden Steuerimpuls feinnervig aufnimmt, müsste das beim SL so sein: souveräne Abbildung, aber über den Dingen schwebend. Williges Hineinschwenken in jeden Radius, perlend-leicht. Das Fahrzeuggewicht als angenehm spürbare Ahnung, wohlige Stabilität, aber mit gleichzeitig freudvoller Leichtfüßigkeit im Fahren. Sanft am Lenkrad aufgelegte Fingerspitzen sollten beim lässigen Kurven-Swing jederzeit reichen.

Blick auf die beiden offenen Sportwagen McLaren Artura Spider und Mercedes-AMG SL 63.
Foto: Hardy Mutschler

Dann das Fahrwerk: Wo der heutige AMG-SL im gleichzeitigen Bemühen um Nordschleifen-Kompatibilität, Autobahn-Stabilität und Cruising-Vibes oft nicht so richtig zu wissen scheint, was er denn nun sein will, zeigt der McLaren konsequente Reduktion aufs Wesentliche. Saugenden Aero-Abtrieb samt Höchstdosis an mechanischer Traktion, Bluthundgieriges Entlanghecheln auf der Ideallinie, pfeilschnelles Skalpell-Sein in langen Bögen, hartes Reinzucken in enge Ecken. Dass der Artura dabei nicht einmal unangenehm trocken fährt, sondern allein durch die fein ansprechenden Federelemente auch grieselige Landstraßen mit schönem Basiskomfort nimmt, passt zu seinem ausgewogenen Konzept.

Hier ist auch eine nachträgliche Lektion der McLaren-Ex-Kolleg:innen zu finden, wenn es bei Mercedes doch irgendwann wieder auf die Jagd nach dem Geist des legendären 300 SLR gehen sollte: Weniger ist mehr. Weniger Gewicht, geringere Bandbreite, Fokussierung auf eine Kernkompetenz. Dass ein Mercedes ohne Sicherheits- und Alltagstauglichkeits-Profil kein wahrer Mercedes sein könne, redet sich die Marke seit Jahrzehnten ein – dabei beweist ausgerechnet das ultimative Marken-Ikonen-Duo 300 SL und 300 SLR das Gegenteil!

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Der Mercedes SL belegt eine Nische, die kein anderer Hersteller besetzt

Übrigens wollte bereits der ehemalige Mercedes-Designchef Bruno Sacco (hier geht es zum Fahrbericht in dessen Mercedes SEC) im Zusammenziehen der Konzepte des sportlichen 300 SL und des komfortablen 190 SL im Mercedes SL (W 113) von 1963 einen Fehler gesehen haben, aber das ist nicht ganz korrekt: Kein anderer Automobilhersteller hat ein dem komfortablen, vielseitigen und freundlichen SL vergleichbares Konzept im Portfolio – oder es gar über 60 Jahre hinweg durchgehend gepflegt. Und diesen Charakter des Flügeltürers hat man bei Mercedes über Jahrzehnte hinweg ganz einfach ruhen lassen, er hatte es niemals in den SL geschafft ... Erst durch den missglückten SLR McLaren-Wiederbelebungsversuch gelangte er als Unruhegeist ans Tageslicht, mit dem die Marke erkennbar nicht umgehen kann.

Der rotzige SLS AMG hätte dicht am klassischen Thema sein können, war aber viel zu groß, ein heutiger AMG GT/AMG SL ist es mit seinen 4,70 m Länge erst recht. Vergleich: Der ganz und gar nicht zierliche McLaren Artura misst 16 cm weniger als der AMG SL 63 und wiegt trotz des zusätzlichen Hybrid-Technikpakets rund 400 kg weniger als sein deutscher Wettbewerber, den es übrigens auch als 225.000 Euro teuren SL 63 S E Performance 4Matic+ mit 816 PS (600 kW) und einem noch heftigeren Gewichts-Plus von 635 kg gibt … Bei McLaren dürfte man angesichts solcher Zahlen immer noch froh über das Beziehungs-Aus sein: Halbe Tonnen schwitzt man auch im Sportwagenbereich nicht einfach so aus, da muss es ans Eingemachte gehen.

Der AMG SL 63 schafft es übrigens, uns trotz des ganzen Hätte-Könnte-Müsste auf seine Weise abzuholen: Sein tiefbassig grantelnder Biturbo-V8 schlenzt uns mit großartiger Lässigkeit voran, und irgendwie freut einen auch das optische Muskelspiel der breiten Cockpit-Mittelkonsole, das Peilen über die lange Motorhaube ... Vielleicht sollte Mercedes ja gleich drei Autos in diesem Segment platzieren: einen AMG als hart bolzenden Drama-König mit Muscle-Car-Zügen, einen gern rein elektrischen SL voller Anmut und Komfort für die Sonntagnachmittage des Lebens und einen SLR – dicht und pur, schlackefrei und radikal. Die könnten das. Ganz bestimmt.

"Missglückte Wiederbelebung": der Mercedes SLR McLaren

Coupé und Roadster des Mercedes SLR McLaren sollten den Großteil der auf 3500 Exemplare angelegten Limitierung ausmachen, die Sondermodelle "722", "722 GT" und "Stirling Moss" für zusätzlichen Kick sorgen. Am Ende blieb das Auto trotzdem hinter allen Erwartungen zurück. Der brachiale Anriss des AMG-Kompressor-V8 mit seinem kernigen Bass verlieh dem SLR das Wesen eines Muscle-Cars: Untenrum mollig, brutal in der Drehzahlmitte, aber die funkensprühende Drehfreude eines echten Rassemotors hatte das Kraftpaket aus Affalterbach nie.

Mercedes SLR McLaren

Foto: Willy Bister

Breitbeiniges Handling mit tauber Lenkung sowie ein zwischen Bockigkeit und Alltagskompromissen schwankendes Fahrwerk und trockene Bremse – der SLR war polarisierend. Ein geradeaus unfassbar schneller Kumpeltyp, doch sobald Kurven kamen, wollte der SLR lieber Cruiser sein. Mercedes auf Steroiden – McLaren war hier ganz klar Juniorpartner ohne Stimmrecht.

 

Technische Daten von McLaren Artura Spyder und Mercedes-AMG SL 63 4Matic+

AUTO ZEITUNG 18/2024Mercedes-AMG SL 63 4Matic+McLaren Artura Spyder
Technische Daten 
Motor8-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo; 3982 cm³6-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo; 2993 cm³
Antrieb9-Stufen Automatik8-Gng Doppelkupplung
Leistung585 PS / 430 kW700 PS / 515 kW (Systemleistung)
Max. Drehmoment800 Nm720 Nm
Karosserie 
Außenmaße (L/B/H)4705 / 1915 / 1354 mm4539 / 1913 / 1193 mm
Leergewicht1970 kg1560 kg
Fahrleistungen 
Beschleunigung (0-100 km/h)3,6 s3,0 s
Höchstgeschwindigkeit315 km/h330 km/h
Verbrauch auf 100 km13,1 l SP4,8 l SP
Kaufinformationen 
Grundpreis196.142 €273.000 €
Alle Daten Werksangaben; *Breite mit Außenspiegel 

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