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Geht auch ganz einfach:

Akkus von gebrauchten E-Autos: Test So lange hält eine E-Auto-Batterie

Stefan Novitski
Inhalt
  1. Akku-Energie von gebrauchten E-Autos im Test
  2. Elektroautos zwischen fünf und zehn Jahre alt
  3. So funktioniert der Akku-Test bei E-Autos
  4. So viel Kapazität haben gebrauchte E-Autos noch
  5. Erklärung für das gute Testergebnis
  6. So die Lebensdauer einer E-Auto-Batterie beeinflussen
  7. Entwicklung und Einsatzgebiet des Akku-Testers (Interview)

Macht uns die Batterie einen vorzeitigen Strich durch die Rechnung, wenn es um die Haltbarkeit von Elektroautos geht? Wir haben sieben gebrauchte E-Autos analysiert, um zu sehen, wie es um die Akku-Kapazität im Alter bestellt ist. Das ist das Testergebnis!

Mittendrin stecken wir nun in der Mobilitätswende, der Paradigmenwechsel hin zur Fortbewegung frei von fossilen Energieträgern hat inzwischen beachtliche Fahrt aufgenommen. Wesentlicher Dreh- und Angelpunkt im Wandel hin zur Elektromobilität ist dabei der Antriebs-Akku für E-Autos. Fortschritte der Akkutechnologie der letzten Jahrzehnte haben diesen Wandel überhaupt erst möglich gemacht, entscheidet doch der Hochvolt-Akku über Kernfaktoren der Leistungsfähigkeit von Elektrofahrzeugen – und damit eben über deren Praktikabilität für uns Nutzer:innen. Vor allem welche Strecke so ein Elektroauto in einem Rutsch schafft, ist besonders für erfahrene Kundschaft entscheidend, die sich an die großzügigen Reichweiten der Verbrennerantriebe gewöhnt haben.

Einiges an Wissen hat sich diesbezüglich inzwischen manifestiert, zum Beispiel, dass die größten Batterien mit einer Energie von über 100 kWh auch 2,5 Tonnen schweren SUV zu Reichweiten von über 400 Kilometer verhelfen können. Und in weniger als einer Viertelstunde lässt sich – im optimalen Fall – Strom für weitere rund 200 Kilometer oder mehr nachladen. Allerdings sind die bis zu 700 Kilogramm schweren Brocken auch ein wesentliche Faktor, wenn es um die Kosten für ein Elektroauto geht. 15 bis 20 kWh mehr Akku-Energie lassen den Anschaffungspreis von Stromern ohne Weiteres um mehrere tausend Euro in die Höhe schnellen. Wer beim besonders beliebten Tesla Model Y etwa rund 90 Kilometer mehr WLTP-Reichweite wünscht, muss die "Long Range"-Ausführung wählen. Diese verfügt dann zwar direkt auch über Allradantrieb und mehr Power (durch einen weiteren Motor), kostet allerdings auch satte 10.000 Euro mehr als die Basisvariante. Über einem wichtigen Punkt schwebt allerdings nach wie vor der dunkle Schatten der Ungewissheit: Wie lange hält so ein Akku überhaupt? Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Die 4in1-E-Achse von Schaeffler im Video:

 
 

Akku-Energie von gebrauchten E-Autos im Test

Traut man dem, was sich die vermeintlichen Experten am Stammtisch zu erzählen wissen, sieht die Zukunft düster aus. "Nach wenigen Jahren kann man so ein Elektroauto doch komplett abschreiben", lautet eine besonders verbreitete Weisheit. Denn dann sei doch der Akku "am Ende". Das kenne man ja bereits von den Smartphones, in denen eine ähnliche Akkutechnologie steckt. An dem Punkt ist etwas dran, denn die zum Teil rapide abnehmende Energie von Smartphone-Akkus scheint kein gutes Omen für Elektroautos zu sein. Einerseits erscheinen E-Autos als Segen, weil die immer komplexer gewordene und dadurch anfälligere Technik der Verbrennungsmotoren entfällt. Andererseits kann ein defekter Hochvolt-Akku schnell zum teuren Fluch werden, denn die Kosten für den Einbau eines neuen Antriebsakkus fallen tatsächlich so hoch aus, dass sie den Restwert eines E-Autos schon nach wenigen Jahren übersteigen können. Das Resultat wäre folglich ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Den Faktor Unsicherheit haben die Hersteller von E-Mobilen einigermaßen in den Griff bekommen, indem sie gesonderte Garantien auf die Batterien der Fahrzeuge vergeben. In der Regel gelten diese für acht bis zehn Jahre oder 160.000 bis 250.000 Kilometer Laufleistung. Meist sind es nach dieser Zeit oder Laufleistung etwa 70 Prozent nutzbare Restenergie, für die die Hersteller einstehen. Andernfalls gibt es eine entsprechende Reparatur oder gar die Erneuerung des Akkus. Und nach der Garantie?

 

Elektroautos zwischen fünf und zehn Jahre alt

Um der Sache auf den Grund zu gehen, haben wir uns sieben gebrauchte Elektroautos angesehen, die in puncto Laufleistung oder Alter (oder auch in beiden Aspekten) einiges auf dem Buckel haben. Im Klartext: Unsere elektrischen Testkandidaten sind fünf bis zehn Jahre alt und haben in ihrem bisherigen Leben zwischen knapp 66.000 und 208.000 Kilometer abgespult. Sie alle bitten wir, mit einer Ausnahme, zum Test beim TÜV Nord in Hamburg-Stellingen, denn der TÜV arbeitet mit dem Unternehmen Aviloo zusammen. Das österreichische Unternehmen erkannte frühzeitig den Bedarf einer Batteriediagnose für gebrauchte Elektrofahrzeuge und entwickelt ihr System seit 2017 fortwährend weiter. Mit großem Erfolg, denn inzwischen lässt sich mit der Hard- und Software von Aviloo nahezu jedes E-Auto auslesen, was neben dem TÜV auch die Aviloo-Kundschaft auf der ganzen Welt zu schätzen weiß.

Nur einer der Kandidaten kann es zum Testtag beim TÜV Nord nicht einrichten. Doch auch Alexander Dansczyk hat seinen VW e-Golf mit einer Laufleistung von 126.500 Kilometern zur Vorbereitung auf den inzwischen erfolgten Verkauf einem Akku-Test unterzogen, allerdings bei der Prüfgesellschaft DEKRA. Erster Teilnehmer beim TÜV-Test ist Andreas Bartels, der seinen knapp zehn Jahre alten Smart Electric Drive mit einer Laufleistung von 83.500 Kilometern zum Verkauf anbietet (inzwischen verkauft). Es ist klar, dass die Akku-Garantie ausgelaufen ist. Jedoch stellt sich die Frage, ob die Akku-Miete (99 Euro pro Monat) fortgeführt werden soll oder für einen Aufpreis der Akku mit dem Fahrzeug erworben wird. "Erst recht für solche Fälle eignet sich der Akku-Test", erklärt Phillip Wollenweber. Der Teamleiter bei der Autoservice GmbH des TÜV Nord führt die Tests an den Elektroautos mit dem Diagnosetool von Aviloo für uns durch.

 

So funktioniert der Akku-Test bei E-Autos

Mehrere hundert E-Autos haben Wollenweber und sein Team inzwischen getestet. Keines der getesteten E-Autos bestätigt die Stammtischweisheiten. Für Wollenweber ist klar: Etablierte Bewertungsansätze wie Laufleistung, Alter, Erscheinungszustand des Fahrzeugs oder Seriosität von Verkäufer:innen können beim gebrauchten E-Auto-Kauf keine ausschlaggebenden Faktoren sein, die für oder gegen den Kauf eines Stromers aus zweiter Hand sprechen. Denn all diese Dinge sagen nichts über den Zustand des Akkus aus.

Der schnelle, sogenannte Flash-Test dauert nur etwa fünf Minuten, über die OBD-Schnittstelle wertet die Diagnosebox das bisherige Fahr- und Ladeverhalten (max. 50 Punkte), Zellspannung und Modultemperatur (max. 30 Punkte), das Hochspannungsbatterie-Steuergerät (maximal zehn Punkte), das Niederspannungssystem (max. fünf Punkte) und die Fahrzeugkommunikations-Schnittstelle (max. fünf Punkte) aus. Wer es genauer wissen will, führt einen ausführlicheren Test von Aviloo durch (Premium-Test), bei dem das Diagnosegerät am Fahrzeug angeschlossen bleibt, während der Akku von 100 auf 10 Prozent leergefahren wird. "Doch schon der Flash-Test liefert unter Umständen tiefgreifendere Erkenntnisse, als es die Hersteller mit ihren eigenen Schnell-Tests auszulesen vermögen", sagt Phillip Wollenweber.

 

So viel Kapazität haben gebrauchte E-Autos noch

Smart Electric Drive & VW e-Up

Der Smart Electric Drive von Andreas Bartels kann sich sehen lassen: Die Analyse des Aviloo Flash-Test ergibt bei seinem Smart einen Score von 91 von 100 Punkten – überragend angesichts des Alters und der Laufleistung. Nächster Testkandidat ist ein VW e-Up der Multilease GmbH aus Hamburg. Verkäufer Rashid M. Chaudhry hat sich mit seinem Unternehmen auf gebrauchte Elektroautos spezialisiert, der e-Up hat 104.000 Kilometer gelaufen und ist dazu neun Jahre alt. Das klingt nach Lebensabend für so einen kleinen Stromer, doch Chaudhry beteuert: "Der Akku schafft locker über 100 Kilometer mit einer Ladung, der Kleine ist noch fit und brauchbar." Der Test der Batterie bestätigt die Aussage des Verkäufers: Mit einem Scoring von immerhin 84 Punkten wäre der e-Up noch längst kein Fall für die Garantie, wenn er denn noch eine hätte.

Smart Fortwo Electric Drive

Es folgt ein weiterer Smart Fortwo Electric Drive. Der Besitzer Ralf Waitschies, Vorsitzender des Smart-Club Deutschland e.V., unternahm mit seinem kleinen Stromer bereits Fernreisen von Frankreich bis zum Nordkap in Norwegen. Der elektrische Smart Fortwo hat daher eine beachtliche Laufleistung von knapp 70.000 Kilometern vorzuweisen. Auch alle weiteren Testteilnehmer haben wir im Übrigen dem begeisterten Elektroautomobilisten zu verdanken, denn Ralf Waitschies unterstützte uns mit seinem guten Netzwerk, organisierte im Vorfeld zusätzlich zwei Tesla Model S und fährt am Nachmittag noch mit seinem BMW i3 vor.

Tesla Model S & BMW i3

Das Erstaunliche: Alle Ergebnisse der Schnelltest-Diagnose von Aviloo liegen bei mindestens 90 Prozent. Besonderes Aufsehen erregt dabei der Tesla von Michael Baeck, denn das Tesla Model S 85 hat in acht Jahren beachtliche 208.000 Kilometer abgespult. Doch auch bei diesem Akku ermittelt der Flash-Test von Aviloo einen Score von 91 Punkten. Obendrein fährt der sieben Jahre alte BMW i3 von Ralf Waitschies mit 66.000 Kilometer Laufleistung volle 100 Punkte ein. Das Ergebnis ist aber mit Vorsicht zu genießen, auf Nachfrage bestätigt Nikolaus Mayerhofer, Gründer von Aviloo, dass speziell der BMW i3 in der 94-Ah-Version einen besonders großen Puffer besitzt. Das Batteriemanagementsystem stellt von Beginn an etwa 20 Prozent weniger Akku-Kapazität zur Verfügung, als der i3 tatsächlich besitzt und kann so die tatsächliche nutzbare Reichweite auch im Alter konstant halten, wenn der Puffer längst keine 20 Prozent mehr beträgt. Dennoch: Auch im schlechtesten Fall läge die tatsächliche Kapazität noch bei mindestens 80 Prozent. Weitere Testergebnisse in der Bildergalerie (siehe oben).

 

Erklärung für das gute Testergebnis

Selbst Philipp Wollenweber ist über das durchweg positive Ergebnis der getesteten Fahrzeuge erstaunt: "Die Erkenntnisse sind für mich neu, denn normalerweise teste ich mit meinem Team deutlich jüngere Elektroautos". Die in der Regel zwischen drei und fünf Jahre alten Leasing-Rückläufer würden laut Wollenweber beim Aviloo-Scoring im Mittel etwas schlechtere Werte erzielen, etwa zwischen 75 und 85 Punkten. Wie kann das sein?

Vornehmlich zwei Dinge kommen hier wahrscheinlich zum Tragen: Die Testteilnehmer befassten sich seit Langem mit der Elektromobilität und legten ein Nutzungsverhalten an den Tag, dass die Batterien ihrer Fahrzeuge schonte. Bedeutet: Sie vermieden etwa ein längeres Abstellen ihrer Fahrzeuge mit einem Ladezustand (SoC) von mehr als 80 oder weniger als 20 Prozent und übten sich zudem in Zurückhaltung an der Schnellladesäule – nicht zuletzt, weil Modelle wie e-Up, Fortwo E.D. und auch der i3 keine hohen Ladeströme zuließen. Und bekamen die Tesla-Akkus doch mal eine "Druckbetankung", wurde der zugeführte Strom anschließend auch wieder schnell entnommen, um dann den nächsten Ladevorgang möglichst wieder mit geringer Ladeleistung durchzuführen. Bei neueren Autos sind höhere Ladeströme verbreiteter. Und nicht jede Person, die sich derzeit einen Stromer zulegt, kennt auch die Technik, sondern nutzt sie oft einfach nur. Zwei Dinge sind am Ende klar: Mit ein wenig Achtsamkeit kann so ein Akku sehr lange halten. Und gebrauchte E-Autos kauft man natürlich nur nach einem zertifizierten Akku-Test.

 

So die Lebensdauer einer E-Auto-Batterie beeinflussen

So verlängert man die Akku-Lebensdauer

  • Fahren im Eco-Modus

  • Bei längeren Fahrpausen das Fahrzeug mit halbvollem Akku abstellen

  • Vorausschauendes Fahren

  • Einhaltung der Service-Intervalle

  • Regelmäßige Installation von Software-Updates

  • Vermeidung der Entladung des Akkus auf unter 10 Prozent

So verkürzt man die Akku-Lebensdauer

  • Häufiges Schnellladen

  • Häufiges, sehr schnelles Fahren und Beschleunigen

  • Regelmäßiges Laden auf 100 Prozent

  • Längere Standzeiten mit vollem Akku

  • Häufiges leerfahren des Akkus auf 0 Prozent

  • Extreme Temperaturschwankungen

 

Entwicklung und Einsatzgebiet des Akku-Testers (Interview)

Nikolas Mayerhofer gründete 2017 das Unternehmen Aviloo und gibt Antworten im AUTO ZEITUNG-Interview:

Welche Vorteile hat ein Batterietest von Aviloo?
Unsere Diagnose kann nicht nur die Antriebs-Akkus von Elektroautos prüfen, sondern auch von Plug-in-Hybriden. Permanent beschäftigt sich ein Dreierteam in der Entwicklung damit, die Analyse von neuen Modellen zu ermöglichen. Dadurch können wir einen Großteil der auf dem Markt befindlichen Fahrzeuge diagnostizieren.

Ist die Akku-Diagnose nur für Gebrauchtfahrzeuge sinnvoll?
Nein, denn die Batterie ist mit mehreren tausend Zellen ein sehr sensibles Bauteil. Auch bei neuen oder fast neuen Fahrzeugen kann es Abweichungen zur vom Hersteller angegebenen Kapazität geben. Jedoch existieren keinerlei Fehlercodes für die Antriebs-Akkus von Elektroautos. Auch wenn ein Akku einen Defekt aufweist, wird man darüber nicht durch ein Kontrolllämpchen informiert. Unser Test kann da für die Kundschaft Klarheit schaffen.

Wie unterscheidet sich der Flash-Test vom aufwendigeren Premium-Test?
Der Premium-Test ist Grundlage für unsere Knowledge, denn die hier im Fahrbetrieb gesammelten Rohdaten über die jeweiligen Fahrzeugbatterien bilden unsere Datenbasis. Aufgrund der so gesammelten Informationen kann der State of Health des Akkus ermittelt werden. Und dank Künstlicher Intelligenz lernt das System immer besser, je mehr Autos im Premium-Test geprüft wurden, was anschließend auch den Flash-Test für die jeweiligen Modelle ermöglicht. Wurden ausreichend Daten über einen Fahrzeugtyp gesammelt, kann der Akku eines Elektroautos oder Plug-in-Hybrids dann auch im Schnellcheck, also dem Flash-Test, geprüft werden. Weil unser cloudbasiertes System mit jedem Premium-Test dazulernt, gibt es etwa alle zwei Wochen bei Aviloo ein Software-Release.

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