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Alle Fakten zu Elektroautos Die Wahrheit über die Elektromobilität

Holger Ippen Freier Mitarbeiter
Inhalt
  1. Elektroautos: Privilegierte Technologie vs. Technologieoffenheit
  2. Ökostrom: Trotz Öko-Tarif nicht immer "grün"
  3. Reicht der Strom oder drohen Stromausfälle?
  4. Netzsteuerung und E-Autos als Stromspeicher
  5. Bleiben die Stromkosten bezahlbar?
  6. Das Problem mit dem Schnellladen
  7. Mehrgewicht kostet Reichweite
  8. Bessere Alternativen als E-Autos?
  9. Verbrauch und Emission der Fahrzeugproduktion
  10. Knappe Rohstoffreserven
  11. Die Hoffnung: Bergbau in Europa
  12. Recyceln statt Bergbau?
  13. Ausblick: Akku der Zukunft?

Die Elektromobilität wird kontrovers diskutiert. Zu Recht, denn es sind noch viele Probleme ungelöst. Wer die Fakten zu Elektroautos kennt, ist im Vorteil. Wir liefern sie!

Nach einem holprigen Fehlstart kam die E-Mobilität in den letzten drei Jahren doch noch ins Rollen. Staatliche Steuerförderungen, Umweltbonus und kommunale Lade-Rabatte fungierten als probate Anschub-Hilfe, schließlich soll ja das E-Auto Diesel- und Benzin-Verbrenner möglichst eher heute als morgen ablösen und fossile Kraftstoffe überflüssig machen. Kann das klappen? Die Bundesregierung will bis 2030 nicht weniger als 15 Millionen Elektro-Fahrzeuge auf die Straße bringen, und die EU-Kommission verkündete, ab 2035 keine Verbrenner als Neufahrzeuge mehr zuzulassen. Damit stehen Autoherstellern, Zulieferern, Energiewirtschaft, Netzbetreibern, aber auch Autokäufer:innen und Nutzer:innen gewaltige Änderungen bevor. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

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Was wäre, wenn alle E-Auto fahren (Video):

 
 

Elektroautos: Privilegierte Technologie vs. Technologieoffenheit

Ja, die Dekarbonisierung ist eine wichtige Herausforderung für alle Bereiche des Lebens. Und natürlich muss auch der Verkehrssektor seinen Beitrag leisten und die CO2-Emissionen drastisch senken. Aber ist es richtig, alles auf ein Pferd zu setzen und nur die batterieelektrischen Fahrzeuge zu privilegieren und mit staatlichen Verordnungen sowie Festlegungen zu bevorzugen? Derzeit gelten die Stecker-Autos vielerorts als alternativlos. Dabei wäre doch bei so einem gesellschaftlich relevanten Umbruch ein technologieoffener Denkansatz mit entsprechender Förderung wichtig.

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Ökostrom: Trotz Öko-Tarif nicht immer "grün"

Im vergangenen Jahr wurden 470.000 Elektroautos zugelassen – immerhin 17,7 Prozent aller im Jahr 2022 in Deutschland verkauften Autos. Das sind so viele wie nie zuvor. Damit gibt es jetzt ca. 897.500 E-Autos in Deutschland. Auch die Anzahl der Ladestationen wächst, wenn auch – mit derzeit gerade einmal 80.541 öffentlichen Ladepunkten – deutlich unterproportional zu jener der zu ladenden Autos. Doch zum Rückgang der CO2-Belastung tragen diese E-Autos nur dann bei, wenn der "getankte" Strom auch wirklich "grün" ist. Alles andere ist schlichtweg Schönfärberei.

Aber auch wer einen Ökostrom-Tarif abschließt, wird aus dem deutschen Strommix-Pool beliefert. Solar- und Windenergie stehen nicht immer zur Verfügung – Stichwort: Dunkel-Flaute. Ohne die Grundversorgung (Strom aus Kohle, Gas, Öl, Atomkraft) wäre keine Stromversorgung rund um die Uhr möglich. Im Klartext: In windstillen Nächten kommt an der Wallbox fast nur dieser Strom an, und das ist derzeit vor allem Kohlestrom. Aller guten Vorsätze zum Trotz fährt das E-Auto dann mit einer Klimagas-Emission von 300 g CO2/km – das ist doppelt so viel wie beim vergleichbaren Diesel.

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Reicht der Strom oder drohen Stromausfälle?

In Deutschland wurden 2022 insgesamt 557 Terawattstunden (TWh) Strom erzeugt, davon nur 47 Prozent aus Wind-, Wasser- oder Sonnenenergie. Für die übrigen 53 Prozent wurden weiterhin Kohle-, Gas und Kernkraftwerke genutzt. Die Bundesregierung will bis 2030 den Stromanteil aus regenerativen Energien auf 65 Prozent steigern. Doch nach Berechnungen des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWT) an der Uni Köln wird Deutschland dieses Ziel nicht erreichen. Die Denkfabrik Agora Energiewende rechnet bei einer Steigerung auf elf Millionen E-Fahrzeuge mit einem zusätzlichen Bedarf von 39 TWh, das entspricht acht bis neun Prozent des gesamten heutigen Strombedarfs. Und künftig braucht auch die Industrie gewaltige zusätzliche Strommengen. Haushalte ziehen in Kürze zum Beispiel mit Wärmepumpen – als Ersatz von Öl- und Gas-Heizungen – und immer stärkerer Streaming-Nutzung deutlich mehr elektrischen Strom aus dem öffentlichen Netz. Der für die Energiewende benötigte "grüne" Wasserstoff ist dabei noch nicht einmal eingerechnet. Der Bundesverband der Energie und Wasserwirtschaft rechnet für 2030 sogar mit einem Gesamtverbrauch von 700 TWh.

"Wenn weiter so viele Wärmepumpen und Ladestationen installiert werden, dann sind lokale Strom-Ausfälle im Verteilnetz zu befürchten, falls wir nicht handeln", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Wolfgang Müller der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Bundes-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) soll Müller beauftragt haben, sich dieses Problems anzunehmen. Laut eines Berichts wird derzeit diskutiert, bei Energieknappheit Haushalten nur noch Strom für drei Stunden zum Aufladen von E-Autos zur Verfügung zu stellen. Das entspräche dann einem Energie-Kontingent für etwa 50 Kilometer Reichweite. Im Entwurfspapier wird der 1. Januar 2024 als Starttermin genannt. Wollen wir das? In der Schweiz könnten die Einschränkungen noch drastischer sein: Dort wird bei drohendem Blackout über Fahrverbote für E-Autos nachgedacht.

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Netzsteuerung und E-Autos als Stromspeicher

Georg Brasseur, emeritierter Professor der TU Graz, sieht in einem unkontrollierten Zugang zu allen vorhandenen und geplanten Ladestationen eine drohende Gefahr, denn im Extremfall könnte das Netz in Hotspots zusammenbrechen. Deshalb ist eine intelligente Ladenetzregelung unvermeidlich, schließlich können nicht alle Autos, die abends abgestellt und angestöpselt werden, gleich mit dem Laden beginnen. Eine Laderegelung koordiniert, wann welches Auto so nachgeladen wird, dass es zur nächsten geplanten Fahrt wieder einsatzbereit ist. Zudem gilt als Lösung künftiger Netz-Probleme – also das Defizit zwischen Stromnachfrage und Netzauslastung – das sogenannte Smart Grid.

Unter Smart Grid versteht man die bidirektionale Nutzung des Fahrzeug-Akkus. E-Autos sollen künftig Belastungen im Stromnetz ausgleichen, indem sie überschüssige Energie aufnehmen und bei großer Lastanforderung wieder ins Netz einspeisen. Sind Millionen Autos angeschlossen, reichen für eine wirkungsvolle Netzunterstützung vier bis sechs Prozent der Batterie-Speicherkapazität aus. Also nur so viel pro Auto, dass dieses jederzeit über einen vorher vereinbarten Fahrstromanteil verfügt, um stets einsatzbereit zu sein. Der Stromkundschaft soll das über entsprechende Tarifmodelle schmackhaft gemacht werden. Doch das ist bisher nur Zukunftsmusik.

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Bleiben die Stromkosten bezahlbar?

Rechnet man mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr und einem Energieverbrauch von 20 kWh pro 100 Kilometer, dann muss man allein für ein E-Auto einen jährlichen Strombedarf von 2700 kWh einplanen. Faustregel: Das entspricht dem Jahresbedarf eines Zweipersonen-Haushalts. 60 bis 80 Prozent aller Ladevorgänge finden zu Hause statt. Natürlich ist es nur wenigen vergönnt, mit dem Solarstrom vom eigenen PV-Dach zu fahren. Lädt man an der Haussteckdose (230 V, max. 3,7 kW), dauert das zwar je nach Batteriegröße sehr lange, aber die Kosten entsprechen denen des abgeschlossenen Tarifs.

Derzeit mit staatlicher Kostendeckelung wären das 40 Cent pro kWh, also acht Euro pro 100 Kilometer. Schon mit einer heimischen Wallbox wird das teurer (Öko-Tarif erforderlich). Manche Discounter bieten noch das Laden während des Einkaufs an, aber immer öfter werden diese Angebote kostenpflichtig oder eingestellt. Bei öffentlichen Ladestationen wird man richtig zur Kasse gebeten, hier gibt es je nach Anbieter große Unterschiede. Für das langsame AC-Laden (11 bis 22 kW) werden ab 45 Cent pro kWh fällig, für das schnellere DC-Laden (50 bis 350 kW) können zum Beispiel an Autobahnraststätten schon mal 79 bis 89 Cent pro kWh oder mehr aufgerufen werden. Dann kosten 100 Kilometer direkt mal 16 Euro und mehr.

Doch die Entscheidung, wo ich lade, ist weniger eine Kosten- als eine Zeitfrage, denn beim AC-Normallader kann man in einer Stunde nur Energie für eine Reichweite von rund 50 Kilometern ziehen. Die DC-Ladesäule mit 50 kW liefert dagegen in der gleichen Zeit Strom für 250 Kilometer. Schnelllader mit 150 oder gar 350 kWh machen richtig Tempo. Allerdings entscheidet hier die Leistungselektronik des eigenen Autos, wann wie viel Energie abgerufen wird.

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Das Problem mit dem Schnellladen

Um der Fahrbatterie im Auto ein langes Leben zu ermöglichen, sorgt eine Ladekurve dafür, dass nur kurz die volle Ladeleistung anliegt. So kommt etwa bei den VW ID.-Modellen die volle Ladeleistung nur bei einem Füllstand von 20 bis 35 Prozent der maximalen Kapazität zum Einsatz. Danach geht das Laden mit gedrosselter Leistung deutlich langsamer voran. Besonders stark fällt die Ladekurve – bei allen E-Autos –, wenn die Ladekapazität von 80 Prozent erreicht ist. Der Hintergrund: Die Zellchemie der Lithium-Ionen-Batterien (Li-Io) verkraftet einen hohen Ladestrom in gut gefülltem Zustand deutlich schlechter. Deshalb dauert ein Vollladen von 80 auf 100 Prozent unverhältnismäßig lange und ist auch nicht zu empfehlen. Genau deshalb geben die Hersteller als Zeit für die Schnellladung nur den Bereich bis 80 Prozent der Batteriefüllung an. So kann dann auch das Schnellladen lange dauern …

Und wo bleiben die Schnellladesäulen? Wenn die Bundesregierung bis 2030 eine Million Ladepunkte bereitstellen will, muss das Kleckern zum Klotzen werden. Bisher stehen in Deutschland 80.541 öffentliche Ladepunkte, darunter nur 13.253 Schnelllader, zur Verfügung. Soll das Millionenziel erreicht werden, müssen jährlich fast doppelt so viele Stationen entstehen, wie es derzeit gibt – eine Mammut-Aufgabe. ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand sieht unter anderem die fehlenden Fortschritte bei der Ladeinfrastruktur als Hemmschuh bei der Mobilitätswende. Die E-Autos werden nur Akzeptanz finden, wenn das Laden so einfach wie das Tanken ist. Dazu gehören ein einfacher ad hoc-Zugang ohne Anmeldeformalitäten, vereinheitlichte Tankkarten und transparente Abrechnungen.

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Mehrgewicht kostet Reichweite

Mit 600 Kilogramm und mehr sind Li-Io-Batterien für einen Kompakt- oder Mittelklassewagen viel zu schwer. Der Physiker Prof. Harald Lesch rechnet vor: "Bei jeder Beschleunigung muss für den Energiespeicher das Zehnfache mehr als für einen vergleichbaren Verbrenner auf Tempo gebracht werden, denn dieser kommt mit einem viel kleineren Speicher aus. Sein 50- oder 60-Liter Tank beherbergt sogar Energie für 800 bis 1000 Kilometer Reichweite, während das Elektro-Pendant realistischerweise nur weniger als die Hälfte der Entfernung zurücklegen kann." Der Grund: Flüssigkraftstoffe haben eine enorme Energiedichte.

In einem Liter Benzin stecken acht kW, in einem Liter Diesel sogar neun kW. Damit entspricht ein 60-Liter-Diesel-Tank einem 540-kW-Akku. Auch Georg Brasseur, emeritierter Professor der TU Graz, sagt, der hohe Wirkungsgrad beim E-Auto komme vom elektrischen Antriebsstrang und nicht von der Batterie. Die Mitnahme der Energie müsse seiner Meinung nach besser von den Kraftstoffen kommen. Hier solle noch intensiver gearbeitet werden – und auch der Verbrenner mit "grünen" Flüssigkraftstoffen wie e-Fuels und die Brennstoffzelle sollten eine Chance haben.

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Bessere Alternativen als E-Autos?

Prof. Harald Lesch sieht zwei entscheidende Punkte, die dennoch klar für das Elektroauto sprechen. Zum einen sind elektrische Motoren im Vergleich zu herkömmlichen Verbrennern sehr viel einfacher aufgebaut, und zum anderen spricht die höhere Effizienz für das E-Auto – also die Ausnutzung der zugeführten Energie. So würden beim Stecker-Fahrzeug 73 Prozent der eingesetzten Energie für die tatsächliche Fortbewegung des Fahrzeugs genutzt werden können – beim Wasserstoff-Antrieb via Brennstoffzelle kämen nur 22 Prozent der Energie an den Rädern an. Das liegt allerdings hauptsächlich an der aufwendigen Erzeugung von grünem Wasserstoff. Würde allerdings die Wasserstoffproduktion künftig als "Abfallprodukt" – zum Beispiel von Offshore-Nachtstürmen oder Solaranlagen in der Sahara – stammen, dann bekäme der Einsatz von Wasserstoff auch in diesem Zusammenhang eine völlig neue Bedeutung.

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Verbrauch und Emission der Fahrzeugproduktion

Beim Streitpunkt, wie sauber die staatlich geförderten E-Autos wirklich sind, sorgen Studien immer wieder für neue Diskussion. Bei der CO2-Bilanz steht neben dem Strommix während des Betriebs auch die Produktion, vor allem die des Akkus, im Fokus. Und da ist es ein Unterschied, ob die Li-Io-Batterie in Europa oder in China mit sehr großem Kohlestromanteil hergestellt wird. In einer aktuellen Life Cycle Analyse (LCA) der JR Forschungsgesellschaft Graz schneiden E-Autos mit einer CO2-Emission von 115 Gramm pro Kilometer besser ab als Benziner (244 g/km) und Diesel (209 g/km). Das Bundesumweltamt ruft für die Verbrenner moderatere Zahlen auf: Benziner 179 g/km und Diesel 159 g/km.

Wie auch immer: Laut der LCA-Studie amortisiert sich die CO2-intensive Batterieproduktion bereits nach drei bis vier Jahren. VW gibt unter Berücksichtigung des EU-Strommixes von 2020 für den ID.3 mit 62-kWh-Batterie an, dass dieser nach 125.000 Kilometern klimafreundlicher als ein vergleichbarer Golf mit Benzinmotor fährt. Das entspricht bei 15.000 Kilometer Jahresleistung etwas mehr als acht Jahren. Diese CO2-Rucksack-Betrachtung geschieht allerdings unter der Annahme einer dynamischen Strommix-Entwicklung in Richtung Grünstrom, die derzeit ja durch den größeren Kohlestromanteil und die Fracking-Produkte bei der Gas-Verstromung temporär eher rückläufig ist. Doch all diese Studien vernachlässigen den erhöhten Stromverbrauch, der aus dem Ausbau der E-Mobilität resultiert. Prof. Dr. Ulrich Schmidt vom Institut für Weltwirtschaft Kiel (ifW) kommt zu folgendem Ergebnis: Berücksichtigt man diesen erhöhten Stromverbrauch, führen E-Autos tatsächlich zu einer um 73 Prozent höheren Treibhausgasemission als moderne Diesel-Pkw. Der Grund ist einfach: "Es ist umweltschonender, erneuerbare Energien zur Reduzierung der Verstromung von Kohle zu nutzen, als damit Elektroautos zu laden." Schmidt kommt zu dem Ergebnis, dass erst dann, wenn die Energiewende weit fortgeschritten ist und der Strom nahezu ausschließlich aus erneuerbaren Energien besteht, das Elektroauto umweltfreundlicher als moderne Diesel-Fahrzeuge ist.

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Knappe Rohstoffreserven

Bei der Material-Zusammensetzung stellen E-Autos die Hersteller vor neue Herausforderungen. So werden nach den Daten der International Energy Agency (IEA) für die Produktion batterieelektrischer Autos große Mengen verschiedener Materialressourcen verschlungen. Während Fahrzeuge mit Verbrenner mit 22 Kilogramm Kupfer und 11 Kilogramm Mangan auskommen, schluckt das E-Auto 53 bis 80 Kilogramm Kupfer und 25 bis 30 Kilogramm Mangan. Für die Batterie kommen noch 50 bis 70 Kilogramm Lithium, große Mengen Nickel und Graphit sowie Kobalt hinzu. Zudem werden für Motoren und Leistungselektronik sogenannte Seltene Erden benötigt. Kritisch ist, dass viele dieser Bodenschätze aus politisch und ökologisch problematischen Wirtschaftsregionen bezogen werden müssen – Kinderarbeit eingeschlossen.

Interne Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums lassen Befürchtungen zu, dass wegen eines Mangels an lieferbaren Rohstoffen das ehrgeizige Ziel, bis 2030 etwa 15 Millionen E-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, nicht zu schaffen ist – zumindest nicht mit den heute weltweit jährlichen Fördermengen von Lithium, Nickel und Kobalt. Auch wenn die Rohstoffreserven riesig sind, könnte es vor dem Hintergrund des stetig steigenden Bedarfs an diesen Grundstoffen zu ernsten Versorgungsproblemen kommen.

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Elektroauto kaufen Darauf unbedingt achten

 

Die Hoffnung: Bergbau in Europa

Lithium gilt als weißes Gold – kein Wunder, steigt doch der Bedarf allein durch die Mobilitätswende drastisch an. Die größten Lithium-Reserven lagern in China, Chile, Argentinien, Brasilien und Australien. Aber auch in Deutschland wurden Geolog:innen fündig: Im Oberrheingraben gibt es eine 350 Kilometer lange und 40 Kilometer breite Lagerstätte. Ein Bergbau-Konsortium beabsichtigt, 2026 mit der Förderung zu beginnen – falls es denn darf. Gerade formiert sich Widerstand: Bürgerinitiativen befürchten Umweltverschmutzung und drohende Erdbeben. Es ist wie so oft in deutschen Landen: Alles für die Nachhaltigkeit? Ja, aber bitte nicht vor meiner Haustür

Im Januar hat das staatliche Bergbauunternehmen LKAB in Kiruna im Norden Schwedens ein großes Vorkommen an Seltenen Erden entdeckt – also an jenen Mineralien, die für die Herstellung von Elektromotoren und Leistungselektronik wichtig sind: Mehr als eine Million Tonnen Metallerze und Mineralien könnten hier lagern. Doch vor 2030 ist an einen Abbau nicht zu denken.

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Recyceln statt Bergbau?

Li-Io-Akkus, die für den Betrieb im Auto nicht mehr leistungsfähig genug sind, können durchaus in einem zweiten "Leben" als stationärer Energiespeicher, zum Beispiel als Strom-Puffer in Windkraft-Parks, genutzt werden. Erst nach diesem Second Life folgt das Recycling. Erfreulicherweise kann ein Großteil der in der Batterie eingesetzten Materialien in aufbereiteter Form wiederverwendet werden. Die Prozessschritte sind zwar energieaufwendig und kostenintensiv, aber dennoch eine gute Alternative zur Erzaufbereitung und eine wichtige Chance zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Es gibt bereits Batterie-Recycling-Anlagen. Allerdings können diese Betriebe meist nur einen kleinen Teil der Batterien aufbereiten. Von der in der EU angestrebten Wiederverwertungsquote von 90 Prozent sind wir derzeit noch sehr weit entfernt. Expert:innen sehen ein wachsendes Interesse am Recyceln erst, wenn es wirtschaftlich interessant wird, sich die Rohstoffe auf diesem Weg kostengünstiger zu sichern.

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Ausblick: Akku der Zukunft?

Der Li-Io-Akku ist noch lange nicht ausgereizt. Dr. Stefanie Edelberg von der Batterie-Forschung bei Porsche: "Es gibt noch viele Optimierungsmöglichkeiten, zum Beispiel könnte an der Anode statt Graphit Silizium zum Einsatz kommen." Das ließe eine zehnfach höhere Strom-Speicherkapazität zu. Allerdings dehnen sich Siliziumpartikel bei der Lithium-Aufnahme um 300 Prozent aus – was den Techniker:innen erhebliche Probleme bereitet. Es ist also noch viel Grundlagenforschung nötig – und das dauert.

Bei künftigen Zellen wird erst einmal mehr Nickel und weniger Kobalt verwendet. Das macht die Batterien leistungsfähiger und sicherer. Viel versprechen sich Forschende von der Feststoffzelle (SSB – solid state battery). Diese kommt mit deutlich weniger Bauraum aus, hat eine um bis zu 50 Prozent höhere Energiedichte und lässt auf schnellere Ladezeiten bei geringerer Alterung hoffen. Was nach Utopie klingt, kann bald schon Wirklichkeit sein: BMW, Mercedes, Nio und VW investieren derzeit Milliardenbeträge in diese Technik.

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