Cadillac Lyriq im Test: Damit kann der Ami richtig punkten
Der Cadillac Lyriq im ersten Test
ATS, CTS, Escalade, XT4 – die Liste an Cadillac-Modellen, die in jüngerer Vergangenheit in Europa grandios gescheitert sind, ist lang. Mit dem Cadillac Lyriq, einem großen, Batterie-elektrischen SUV-Crossover, wagt die amerikanische Marke nun einen neuen Anlauf im Werben um Marktanteile. Ob dieser neue Anlauf tatsächlich funktionieren kann, soll unser Test klären. Neugierig schauen wir uns zunächst das Innere des Caddys an. Das loungeartige Ambiente wird geprägt vom großen Curved-Display mit gestochen scharfer Auflösung und einem augenschmeichelnden Mix aus Leder und Metall-Applikationen. Auf den ersten Blick wirkt alles edel sowie sorgsam zusammengebaut. Und auch die ein oder andere festere Griffprobe belegt: Nicht nur für einen Amerikaner kann sich die Materialqualität mehr als sehen lassen.
Nützliches Zubehör rund ums Elektroauto:
Das Raumangebot entspricht dem, was man von einem fünf Meter langen und fast zwei Meter breiten Auto erwartet darf. Sprich: Vorn wie hinten gibt es reichlich Raum zur freien Entfaltung – selbst für Großgewachsene. Ordentlich Platz für Gepäck bleibt ebenfalls: Der Laderaum schluckt 588 bis 1687 l. Einen Frunk gibt es allerdings nicht. Zudem ist der Innenraum des Cadillac Lyriq nicht sonderlich wandelbar. Die Rückbank lässt sich nicht verschieben, und die Fondsitzlehne kann man lediglich zweigeteilt umklappen, wodurch ein deutlich ansteigender Ladeboden entsteht. Auch eine Haltevorrichtung für das Gepäckraumrollo unter dem Ladeboden suchen wir hier vergebens. Damit ist die Variabilität des Lyriq – gemessen am direkten Wettbewerbsumfeld, in dem sich unter anderem der Kia EV9 oder der Volvo EX90 tummeln – eher unterentwickelt.
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Der Kia EV9 (2023) im Fahrbericht (Video):
Komfortables Reisen ist seine Kernkompetenz
Hochentwickelt hingegen ist der Komfort an Bord. Dick gepolsterte Sitze und eine ebenso gemütliche Rückbank laden regelrecht zum vielstündigen Kilometerfressen mit dem äußerst wirkungsvoll geräuschisolierten Cadillac Lyric ein. Dazu passt auch die softe Fahrwerksabstimmung. Der 2,7 t schwere Ami liegt satt auf der Straße und überspielt lange wie kurze Wellen bei Landstraßen- und Autobahn-Tempo sehr sanft. Der Abrollkomfort der 21 Zoll großen Räder ist bei langsamer Fahrt jedoch nicht immer der allerbeste, was sich zuweilen durch leicht ruppiges Anfedern auf Kanten bemerkbar macht.
Von der souveränen Sorte ist ferner der feinfühlig dosierbare Antrieb des Lyriq. Je eine an der Vorder- und Hinterachse montierte Synchronmaschine sorgen mit der gemeinsamen Kraft von 388 kW (528 PS) für standesgemäßen Vortrieb. Die zur Verfügung stehende Power entfaltet sich dabei druckvoll, linear und gleichmäßig. Für den Standardsprint aus dem Stand auf 100 km/h benötigt das Schwergewicht 5,4 s. Und auch darüber hinaus schieben die E-Motoren mit Nachdruck an – bis zum programmierten Höchsttempo von 210 km/h.
Die Konkurrenten:
Ebenso gut dosierbar wie das Antriebssystem ist die Bremsanlage, die den Crossover jederzeit vehement verzögert. Ein praktisches Feature: Der Cadillac Lyriq verfügt am Lenkrad über ein Paddel, über das sich die Rekuperation bedarfsgerecht einstellen lässt. Bei einem festen Druck rekuperiert der Antrieb stark, sodass die Fuhre entsprechend kräftig verzögert. Bei sanftem Druck fällt die Rekuperation – und damit die Verzögerung – maßvoll aus. So ersetzt das Lenkrad-Paddel mit ein bisschen vorausschauender Fahrweise in weiten Teilen das Bremspedal.
Wer mit gebremstem Schaum fährt, schafft derweil einen Durchschnittsverbrauch von 19,2 kWh je 100 km, was einer Reichweite von 531 km entspricht. Unsere Standard-Testrunde mit 14 Prozent Volllastanteil absolviert der Cadillac hingegen mit einem Energiebedarf von recht üppigen 27,0 kWh. Mehr als 378 km Aktionsradius sind dann nicht drin – trotz des großen Energiespeichers, der 102 kWh bunkert.
Nicht preiswert, aber seinen Preis wert
Das Stromfassen an der Schnellladesäule bringt dann aber ans Licht, dass das Lademanagement durchaus Raum für Verbesserungen bietet. Zwar steigt die Elektronik direkt mit einer Leistung von 175 kW ein und erreicht bereits nach wenigen Minuten ihren Peak von rund 187 kW. Das Laden von zehn bis 80 Prozent hat im Test dennoch gemächliche 47 min gedauert. Wer sein Fahrzeug komplett vollladen möchte, braucht noch mehr Geduld. So haben wir fürs Auftanken von 80 bis 100 Prozent des Akkus weitere geschlagene 49 min an der Säule verbracht.
Zeit genug, um sich die Preisliste genauer anzusehen. Der Cadillac Lyriq startet bei 81.000 Euro, stellt aber gewissermaßen ein Komplettangebot dar. Unter anderem gehören beheizbare Sitze rundum (vorn mit Belüftung und Massagefunktion), eine programmierbare Dreizonen-Klimaautomatik und ein ganzes Heer an Assistenzsystemen zum Serienumfang – ein weiteres dickes Pro für den Ami.
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Technische Daten & Messwerte des Cadillac Lyriq 600 E4 AWD
AUTO ZEITUNG 12/2025 | Cadillac Lyriq 600 E4 AWD |
Technik | |
Motor | Permanenterregte Synchronmaschinen (vorn/hinten) |
Leistung | 388 kW (528 PS) |
Max. Drehmoment | 610 Nm |
Getriebe | Konstantübersetzung |
Antrieb | Permanenter Allradantrieb |
Batterie | Lithium-Ionen |
Spannung | 400 V |
Kapazität (brutto/netto) | 102,0 / 102,0 kWh |
Ladeleistung AC/DC | 22 / 190 kW |
Gewichte | |
Leergewicht (Werk/Test) | 2704 / 2704 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht | 3200 kg |
Effektive Zuladung | 496 kg |
Fahrleistungen | |
0 - 100 km/h | 5,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 210 km/h (Werksangabe) |
Bremswege | |
100 - 0 km/h (kalt/warm) | 34,7 / 34,8 m |
50 - 0 / 150 - 0 km/h | 9,3 / 81,4 m |
Verbrauch & Reichweite | |
WLTP-Reichweite | 530 km |
WLTP-Verbrauch | 22,5 kWh/100 km |
Test-Reichweite | 378 km |
Test-Verbrauch | 27,0 kWh/100 km |
Ladevorgang | |
Ladeleistung (Durchschnitt) | Ø 102,0 kW |
Ladedauer 10-80 % SoC | 47 min |
Ø Ladeleistung | 102,0 kW |
Nachgeladene Energie | 81,2 kWh |
Nachgeladene Reichweite | 436 km |
Preise | |
Grundpreis | 81.000 € |
Testwagenpreis | 81.000 € |
Versicherung & Steuern | |
Typklassen (KH / VK / TK) | 21 / 31 / 25 |
Kfz-Steuer pro Jahr | 0 € |
Der Lyriq läutet mit erstaunlicher Reife das Elektro-Zeitalter der Marke Cadillac ein. Für typisch amerikanisches Flair sorgen der flauschige Fahrkomfort, der sanfte, aber dennoch druckvolle Antrieb und das großzügige Platzangebot im überraschend edlen Interieur. Verbesserungswürdig sind dagegen die Software für das Schnellladen sowie der maue DAB-Empfang. Immerhin: Für letzteres gelobt der Hersteller schnelle Abhilfe.