VW ID.3/VW Golf 2 CitySTROMer: Vergleich
Die Evolution vom E-Golf 2 zum ID.3
Fast vier Jahrzehnte trennen den VW Golf 2 CitySTROMer von dem VW ID.3. Trotzdem sind beide Wolfsburger reine Elektroautos. Ein Vergleich zweier kompakter Leisetreter.
Eine kurze Zeitreise, bevor wir zum Vergleich von VW Golf 2 CitySTROMer und VW ID.3 kommen: Als Volkswagen seiner Nummer eins in den 1970er-Jahren einen Elektromotor verpasste, war das die Sensation schlechthin. Ein Fahrzeug, das nahezu lautlos durch die Straßen summt und ohne Kraftstoff auskommt. Doch Volkswagen war mit seiner alternativen Antriebsart im Golf CitySTROMer der Zeit etwa vier Jahrzehnte voraus – und das Projekt "Elektro" lief nur schleppend an. Der E-Golf 1 wurde nur 25 Mal gebaut, der VW Golf 2 CitySTROMer ging mit 70 Fahrzeugen ebenfalls nicht in die Serienproduktion. Nun, fast 50 Jahre später, sind Elektrofahrzeuge nicht mehr aus dem Straßenbild wegzudenken – und auch Volkswagen setzt total auf Strom. Bis 2025 will der zweitgrößte Autobauer der Welt bis zu 35 Milliarden Euro in Elektrotechniken investieren. Ende des Jahrzehnts sollen in Europa dann sechs Gigafabriken für Batteriezellen von VW ID.3 & Co. entstehen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der VW ID.3 (2020) im Fahrbericht (Video):
VW ID.3 und VW Golf 2 CitySTROMer im Vergleich
Mit dem VW ID.3 demonstrierte der Autobauer zur Markteinführung im Oktober 2020, was fünf Jahrzehnte Arbeit und Tüftelei bewirkt haben. Im Jahr 2021 landete der "Golf des Elektrozeitalters" sogar auf Platz drei der meistverkauften Stromer mit 25.201 Neuzulassungen zwischen Januar und November in Deutschland. Wenn man nun den aktuellen VW ID.3 und den 1985 präsentierten VW Golf II CitySTROMer im Vergleich betrachtet, entdeckt man auf den ersten Blick keine Parallelen – auf den zweiten aber schon, denn der CitySTROMer ist quasi der Opa des ID.3. Und seine Gene hat er an seinen 4,26 Meter langen Enkel im Crossover-Gewand weitergegeben. Wenn man den Zündschlüssel eines fast 40 Jahre alten Golf herumdreht, erwartet man eigentlich einen nörgelnden Anlasser und dann den säuselnden Vierzylinder-Motor. Im dreitürigen VW Golf 2 CitySTROMer passiert erstmal nichts – wer jedoch genau lauscht, kann eher wie im VW ID.3 ein leises Summen erahnen. Das Interieur ist identisch mit dem eines konventionell angetriebenen VW Golf CL: Tachoinstrument mit Drehzahlmesser, ein Fünfgang-Handschaltgetriebe mit Kupplung und eine für die damalige Zeit übliche Zahnstangenlenkung. Mehr gibt es nicht.
VW Golf 2 CitySTROMer gerade einmal 21 PS (15 kW) stark
Im Kofferraum und unter der hinteren Sitzbank schlummert das Herzstück des VW Golf 2 CitySTROMers: die Blei-Säure-Batterie mit positiven Röhrenplatten. Der Akku erzeugt eine Leistung von rund 21 PS (15 kW). Damit ist der Oldie gewiss kein Beschleunigungswunder – wer mit dem Fahrzeug eine kleine Tour unternimmt, sollte also Zeit mitbringen. Die 70-km/h-Marke erreicht der Ur-Stromer erst nach etwa 30 Sekunden, bei Tempo 100 ist Schluss. Und bis er die Landstraßengeschwindigkeit erreicht hat, vergeht schon mal eine Minute. Zusätzlich besitzt der Golf einen Vier-Liter-Benzintank – nicht etwa für den Fall, dass dem Wagen der Saft ausgeht. Das Benzin wird für die Warmwasserheizung des Innenraums benötigt, damit es im Winter, wenn man die Heizung im Fahrzeug aufdreht, kuschelig warm wird. Wenn man den kleinen Akku fordert, schmälert das spürbar die Reichweite. Dann sind nur noch um die 40 bis 50 Kilometer möglich. Geladen werden kann der Akku ausschließlich über eine Haushaltssteckdose. Das Kabel versteckt sich im Kühlergrill, der sich wie ein Fach nach vorn klappen lässt. Und obwohl die Batterie klein ist, benötigt sie zwischen acht und zehn Stunden, bis sie wieder 100 Prozent erreicht hat. Das sind dann sechs bis acht Kilometer pro Stunde.
VW ID.3 lädt 37 Mal schneller
Darüber kann der VW ID.3 nur milde lächeln. Der moderne Wolfsburger speist über den CCS-Schnellladeanschluss maximal 135 kWh in den Akku ein, damit ist die Batterie bereits nach 33 Minuten wieder zu 80 Prozent gefüllt. Auch in anderen Disziplinen ist der ID.3 seinem Großvater verständlicherweise um Welten voraus. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h sowie einer Beschleunigung von 7,9 Sekunden auf Tempo 100 galoppiert der potente Stromer dem Oldtimer im Vergleich davon – und lässt ihn alt aussehen. Aber nicht nur die technischen Daten bekräftigen den Sprung, den VW innerhalb der letzten 50 Jahre in Sachen Elektromobilität hingelegt hat: Der luftige Innenraum überzeugt mit bequemen ergoActive-Sitzen, einer guten Sicht nach vorn sowie einem modernen Cockpit mit Touchscreens, Digitaltacho und berührungsempfindlichen Flächen am Lenkrad. Herkömmliche Knöpfe und Schalter wie beim VW Golf 2 CitySTROMer? Fehlanzeige. Für souveränen Komfort sorgen die adaptiven Dämpfer, und die leicht erhöhte Sitzposition verstärkt noch einmal den Eindruck, dass der VW ID.3 alle Unebenheiten gekonnt schluckt.
Puristische Charme trifft auf moderne Perfektion
Was aber verbindet VW ID.3 und VW Golf 2 CitySTROMer? – Das Herz, das unter der Haube der Stromer schlägt. Auch wenn mittlerweile keine Blei-Säure-Batterien, sondern Lithium-Ionen-Akkus zum Einsatz kommen, fahren beide Autos vollkommen (lokal) emissionsfrei – und gleiten im Vergleich zu Verbrennern lautlos durch die Straßen. Klar kann ein Elektroversuchsfahrzeug von 1985, das in Kleinstserie gefertigt wurde, nicht mit modernen E-Autos mithalten, dennoch ist es praktisch, kurze Wege in der Innenstadt damit zu erledigen. Der E-Golf versetzt einen zudem in gute Laune, weil nicht wie beim VW ID.3 alles automatisch funktioniert, sondern vieles noch eine Hand erfordert. Und auch das Schaltgetriebe in Kombination mit dem Elektroantrieb verleiht dem VW Golf 2 CitySTROMer einen ganz besonderen, puristischen Charme.
Von Paul Damm
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Technische Daten und Messwerte von VW ID.3 Pro S und VW Golf 2 CitySTROMer (Werksangaben)
AUTO ZEITUNG 17/2022 | VW ID.3 Pro S | VW Golf 2 CitySTROMer |
Technik | ||
Systemleistung | 150 kW/204 PS | 15 kW/21 PS bei 2170 U/min (Leistung variiert) |
Systemdrehmoment | 310 Nm | 140 Nm |
Messwerte | ||
Leergewicht | 1934 kg | 1390 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h | 7,9 s | ca. 70 s |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h | ca. 100 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 16,7 kWh | k.A. |
Kaufinformationionen | ||
Preis | 41.995 € | k.A. |