BMW M5 vs. Mercedes 500 E: Understatement mit Kraft
Die deutschen Erzrivalen BMW und Mercedes setzten sich das gleiche Ziel – ein Auto zu bauen, das äußerlich der Kunst des Weglassens huldigt und erst da so richtig zulangt, wo es keiner sieht: bei der Technik. Heraus kamen der BMW M5 und der Mercedes 500 E, jeder ein starkes Stück, jeder ein Typ für sich. Der BMW M5 bietet Renntechnik pur. BMW ließ bei der Tochterfirma Motorsport GmbH, nur einen Steinwurf vom Stammhaus entfernt, in Handarbeit Autos bauen, deren solvente Kundschaft eine nach oben offene Sonderwunsch-Skala zu schätzen weiß. Mercedes hat den Bau seines 500 E außer Haus, aber nicht außer Reichweite gegeben. Porsche, damals von Fremdaufträgen abhängig wie ein Kokser von der täglichen Dosis, kam das nachbarschaftliche Hilfeersuchen von Mercedes gerade recht.
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Der BMW M3 Touring (2022) im Video:
BMW M5 vs. Mercedes 500 E: Zwei Ansätze für maximale Fahrdynamik
In enger Kooperation mit dem Auftraggeber nahm im Entwicklungszentrum in Weissach der Mercedes 500 E Formen an. Bei Porsche wurde dieses Supermodell auch zusammengefügt: Im sogenannten Rößle-Bau, wo seinerzeit der Über-Porsche 959 gefertigt wurde, entstanden in Handarbeit täglich ein Dutzend Mercedes 500 E. Den BMW beflügelt die dritte Motorgeneration. Trotz phänomenaler Fahrleistungen war eine relative Durchzugsschwäche im unteren Drehzahlbereich nicht zu verkennen. Das bewog die Tüftler:innen der Motorsport-GmbH dazu, "den Keller auszubauen". Tiefgreifendste Maßnahme war eine Hubraumerhöhung auf 3,8 l durch eine langhubigere Kurbelwelle und größere Bohrungen.
Daneben kam jede Menge Renntechnik zum Zuge. Das reicht von einer 264-Grad-Nockenwelle über Renn-Ansaugtrichter mit je einer Drosselklappe pro Zylinder und einem Zweimassen-Schwungrad bis zur klassischen Frisur mit erweiterten Saugkanälen und größeren Ventilen. Besonderheiten des M5-Fahrwerks sind neben der Niveauregulierung eine weiterentwickelte Version des elektronischen Dämpferverstellungssystems, wobei die Regelelektronik je nach Fahrzustand zwischen drei Dämpferkennlinien hin- und herschaltet. Die Räder bestehen aus einem geschmiedeten Felgenkörper, auf den ein gegossener Alu-Aufsatz geschraubt ist.
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Fahreindruck im Vergleich: M5 emotional, 500 E souverän
Der Mercedes 500 E ist kaum weniger aufwendig. So unterscheidet sich der Rohbau erheblich von seiner Basis: Damit sich das V8-Triebwerk installieren ließ, musste der Motorraum erweitert werden, und für die Auspuffanlage mit den beiden Katalysatoren bekam die Bodengruppe ein entsprechendes Profil verpasst. Auch der Daimler beschäftigt pro Zylinder vier Ventile, wobei auf der Saugseite per Nockenwellenverstellung die Steuerzeiten variiert werden. Der BMW M5 verursacht schon nach der ersten Umdrehung des Zündschlüssels Adrenalinausschüttungen auf Prüfungsstress-Niveau. Feine Vibrationen künden von Ungeduld und Tatendrang. Was dann kommt, lässt sich mit den Vokabeln "unglaublich" oder "phänomenal" nur unzureichend umschreiben.
Die Nadel des Drehzahlmessers rast wie ein Projektil die Skala entlang, und das harte Verbrennungsgeräusch entfacht in Drehzahlregionen unterhalb von 4000/min hemmungsloses Brüllen. Darüber legt sich, wenn die Resonanzaufladung ihre Wirkung entfaltet, ein rennmäßig schriller Klangteppich. Ein Tick Gas zu viel, und der M5 rührt sich mit durchdrehenden Antriebsrädern gar nicht von der Stelle. Ein paar Umdrehungen zu wenig, und die sagenhafte Traktion frisst messtechnisch wertvolle Zehntelsekunden.
Umsteigen in den Mercedes. Hier läuft die gleiche Prozedur wie ein Kinderspiel ab: Das Automatikgetriebe befreit von der Suche nach der idealen Anfahrdrehzahl, eine Anti-Schlupf-Regelung begrenzt darüber hinaus die Leistungsabgabe auf jenes Maß, das die momentane Bodenhaftung zulässt. Der Motor holt seine Kraft fast gelangweilt und mit dezentem Grollen aus den Niederungen des Drehzahlkellers und sieht sich erst ab mittleren Drehzahlen genötigt, erwachendes Zusatzpotential mit aggressivem Fauchen zu untermalen.

Bei 250 km/h wird abgeriegelt
Deutlich weniger als 30 s reichen sowohl dem BMW als auch dem Mercedes, um den ersten Kilometer nach stehendem Start abzuspulen. Bei der Höchstgeschwindigkeit üben sich beide in freiwilliger Selbstbeschränkung und regeln bei etwa 250 km/h ab. Der Mercedes hielt sich im damaligen Test sehr exakt ans Limit, der BMW machte bei 256 km/h Schluss. Der M5 lässt sich dank seiner prächtigen Drehmomententfaltung auf geringstem Drehzahl und Geräuschniveau im vierten und sogar fünften Gang durch den Stadtverkehr bewegen. Bei freier Bahn erledigen sich Überholvorgänge stressfrei und in kürzester Zeit.
Viel Komfort im Mercedes, präziseres Fahren im BMW
Der Mercedes unterstützt eine komfortorientierte Fahrweise zusätzlich durch ein sensibel abgestimmtes Automatikgetriebe, dessen zwei Fahrprogramme die Fähigkeiten des V8 vorzüglich zur Geltung bringen. Steht der Wahlschalter in der Economy-Position, wird die immense Durchzugskraft des V8 ausgeschöpft, in der Sport-Stellung kommt die erstaunliche Drehfreude des schweren Fünf-Liter-Vierventilers voll zur Wirkung, ohne dass dabei unziemliche Hektik aufkommt.
Obwohl der BMW auf 45er Niederquerschnittsreifen rollt, hat er dank seiner variablen Dämpferkraftverstellung akzeptablen Fahrkomfort besonders in oberen Geschwindigkeitsbereichen zu bieten, auch wenn er im direkten Vergleich klar hinter der Geschmeidigkeit des Mercedes-Fahrwerks zurücksteht. Dafür liefert der M5 einen präziseren Straßenzustandsbericht ab und reagiert auch dank der ausgewogenen Gewichtsverteilung spontaner auf Lenkbefehle.

Niveauregulierung gehört zur Serienausstattung
Unter dem Strich ist der BMW M5 agiler als der kopflastigere Mercedes und bleibt trotz der hohen Leistung selbst ohne Anti-Schlupf-Regelung bemerkenswert brav – mit klarer Tendenz zum Untersteuern. Der Mercedes verhält sich im Handling zwar träger, die serienmäßige Anti-Schlupf-Regelung nimmt aber jedwede Brisanz auch aus forcierter Kurvenfahrt. Dies führt dazu, dass sich der Mercedes 500 E erstaunlich schnell durch enge Kurven scheuchen lässt. Kursänderungen bei hoher Geschwindigkeit bringen den BMW nicht im Geringsten aus der Ruhe.
Der Mercedes bleibt zwar ebenfalls gutmütig, hält aber die vorgegebene Spur nicht so präzise. Eine Folge der starken Seitenneigung der Karosserie, die zudem Zeit zum Ausschwingen braucht und dadurch die Lenkpräzision beeinträchtigt. Bei voller Zuladung schiebt der BMW noch ausgeprägter über die Vorderräder als sonst, außerdem neigt die Lenkung in schnellen Wechselkurven zum Verhärten. Der Mercedes, wie der BMW mit Niveauregulierung ab Werk ausgestattet, verändert sein Verhalten weniger deutlich, wird insgesamt aber unhandlicher. Fondpassagier:innen verkraften derlei hastige Richtungswechsel im BMW deutlich angenehmer als im Mercedes.
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Heiße Preise für beide Sportlimousinen
Der Preis war heiß, aber nicht maßgebend: Mit 116.500 Mark stand der BMW M5 in der Liste, der Mercedes 500 E kostete gar 144.324 Mark. Das waren Dimensionen, in denen die reine Preisdifferenz eine geringere Rolle spielte als der Reiz der unterschiedlichen Charaktere. Der BMW M5 ist das fahraktivere Sportgerät, ohne dass beim Fahrkomfort Zugeständnisse gefordert wären. Der Mercedes 500 E präsentiert sich mit Luxus-Attributen wie Anti-Schlupf-Regelung und Automatikgetriebe als Komfortlimousine höchster Kategorie, die bei Bedarf Fahrleistungen der ersten Sportwagengarnitur aus dem Ärmel schüttelt.
Technische Daten von BMW M5 und Mercedes 500 E
Classic Cars 02/2017 | BMW M5 (E34) | Mercedes 500 E |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 6/4 | 8/4 |
Hubraum | 3795 cm³ | 4973 cm³ |
Leistung | 250 kW/340 PS | 239 kW/326 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 400 Nm 4750/min | 480 Nm 3900/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad | 4-Stufen-Automatik/Hinterrad |
L/B/H | 4720/1751/1392 mm | 4740/1763/1431 mm |
Leergewicht | 1670 kg | 1710 kg |
Bauzeit | 1988-1995 | 1990-1993 |
Stückzahl | 11.989 | 10.479 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 5,8 s | 6,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 256 km/h | 250 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 9,6 l S | 11,9 l S |
Grundpreis (Jahr) | 116.500 Mark (1992) | 144.324 Mark (1992) |