Mercedes GLC-Kühlergrill: Designchef erklärt Kehrtwende
Kehrtwende bei Mercedes-Design
Nach Jahren des glatten, stromlinienförmigen Futurismus der EQ-Reihe hat Stuttgart eine Kehrtwende vollzogen – mit einer modernen Interpretation der traditionellen wie repräsentativen Front. Erstmals präsentiert wurde das neue Kühlergrill-Design am Mercedes GLC EQ auf der IAA 2025 in München: Es ist ein Geflecht aus 942 Lichtern und ein leuchtendes Statement – mit Wurzeln im Mercedes Simplex von 1902. Einen Tag nach der Enthüllung des Mercedes GLC sprechen wir mit Mercedes-Designchef Gordon Wagener über den Richtungswechsel. Für ihn ist der Schritt weniger eine Neuerfindung als eine Wiederentdeckung: "Die Idee hatte ich schon lange im Kopf", sagt er. "Es ist das bekannteste Element in der gesamten Automobilwelt und jedes Kind kennt es."
Gleichzeitig dachten die Verantwortlichen in Stuttgart über die Markenidentität nach – ein Thema, das im Zeitalter von Elektroantrieben und Touchscreen-dominierten Innenräumen noch drängender wird. Wie BMW, Audi und andere konzentrierte sich Mercedes auf die traditionellen Werte der Marke: "Wir fragten uns: Wie war Mercedes am Ende des letzten Jahrhunderts? Es ging um Respekt, um Status für jemanden, der im Leben etwas erreicht hatte. Wie können wir das mit einem Mercedes ausdrücken?"
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Der Mercedes CLA EQ (2025) im Fahrbericht (Video):
Retro-modern statt futuristisch
Diese Überlegung führte sein Team zu ähnlichen retro-modernen Lösungen wie bei den Wettbewerbern – und schließlich zum Kühlergrill selbst. Die aufrecht stehenden, schmalen Rahmen früherer Limousinen von Mercedes strahlten Autorität und Präsenz aus. Eine Formensprache, die sich in den 1970er- und 80er-Jahren zu flacheren, breiteren Designs wandelte. Der neue Grill des GLC, so Wagener, stelle nun einen Teil dieser früheren Würde wieder her: "Wir haben ihn im Prinzip wie das Original belassen und nur die Proportion feinjustiert."
Und die EQ-Reihe? Heute klar der Vergangenheit zugeordnet, betrachtet Mercedes sie nicht als Fehltritt, sondern als bewusste Abkehr von der Tradition, um eine sich wandelnde Industrie – und Kundschaft – zu bedienen. "Die Early Adopter wollten zeigen, dass sie anders sind", erklärt uns Mercedes-CTO Markus Schäfer am selben Tag. "Nun bewegen wir uns in den Massenmarkt, in die breite Akzeptanz. Und wenn man in diesen Bereich geht, wollen die Menschen nicht mehr demonstrieren, dass sie ein anderes Antriebskonzept haben."
Im Jahr 2025 müssen Elektroautos keine blauen Akzente mehr tragen und auch kein "i" oder "e" vor dem Modellnamen. "Kund:innen wollen die Form kaufen, egal ob sie einen Diesel, einen Hybrid, einen Benziner oder einen Plug-in-Hybriden fahren", führt Schäfer aus. "Sie wollen die Form, das Design kaufen." – "Beim nächsten Schritt, in der nächsten Generation, wird der Antrieb sozusagen weniger wichtig", ergänzt Wagener.

Allerdings räumt Wagener ein, dass die EQ-Reihe nicht in allen Punkten überzeugte. "Die Hauptkonkurrenten haben Kunststoff-Fronten eingesetzt", sagt er über jüngste Rivalen. "Was wir mit der EQ-Generation gemacht haben, war ehrlich gesagt nicht so gut, weil die Kundschaft schwarzen Kunststoff nicht mochte. Wir dachten, es sei futuristisch, wie ein Display. Das ist es auch, aber trotzdem fehlte der Kundschaft Chrom und Schmuckelemente." Beim GLC zeigt sich die Lehre aus der "gesichtslosen" EQ-Front deutlich. "Das war die Reaktion: etwas Wertvolles an die Front zu setzen. Das Auto wirkt dadurch einige 10.000 Euro teurer."
GLC markiert Start neuer Designsprache
Der GLC markiert den Beginn einer neuen Designsprache – und zugleich einer Strategie, die mehr Auswahl ohne technische Kompromisse ermöglichen soll. "Die Karosserie bleibt gleich, das MB.OS, die Intelligenz bleibt gleich, aber die Plattform differenziert sich", erläutert Schäfer. "Warum machen wir das? Weil man Kompromisse eingehen muss, wenn man alles in eine Plattform zwängen will – besonders, wenn man Längsmotoren einbaut. Dann verliert man sehr viel Platz für die Batterie. Das sieht man bei Mehrfach-Plattformen für verschiedene Antriebe."
"Das Ganze ist eigentlich sehr schnell passiert“, erinnert sich Wagener an den zündenden Moment. "Es war ein Telefonat mit Ola (Källenius, Mercedes-CEO). Er war in China, ich irgendwo südlich des Grand Canyon. Dann haben wir die Idee sehr schnell entwickelt und durchgesetzt." Dieses Gespräch hat den Kurs des Mercedes-Designs für mindestens ein Jahrzehnt verändert. Im Anschluss soll die neue Designsprache auf die gesamte Modellpalette ab C-Klasse aufwärts übertragen werden (der CLA gilt als eigenständiges Einstiegsmodell).
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Facelifts und schließlich neue Modelle werden nach und nach Verbrenner- und Elektro-Optik zusammenführen. "Das Auto ist präsentiert, wir sind also schon weit fortgeschritten in unserem Prozess", sagt Wagener über die neue Designausrichtung. "Wir arbeiten nun bereits an Konzepten, die ab 2030 starten und ins nächste Jahrzehnt hineinlaufen." Die Designvorgaben sind also langfristig fixiert. Und während die EQ-Phase entscheidend und notwendig war, konzentriert sich der Stern nun auf seine Kernwerte. "Was wir jetzt gerade tun, ist das Wichtigste: die Markenidentität betonen", so Wagener. "Der Mercedes: ein Luxusauto, das aus der Masse heraussticht."