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Geht auch ganz einfach:

Mit einem BMW 125i Coupé über die Alpen Der Letzte seiner Art

Nach dem BMW 125i Coupé wird es wohl keinen kompakten Sechszylinder mehr geben – er ist der letzte seiner Art. Zeit für eine Ausfahrt in die Alpen

Es ist ein Jammer. Da bauen sie bei BMW 70 Jahre lang Reihensechszylinder, gewinnen damit Rennen, Vergleichstests und die Herzen der Fans. Diese Fans müssen jetzt ganz tapfer sein. Denn die Tage des frei saugenden Reihensechsers sind gezählt.

Ein Vierzylinder-Turbo soll in Einser und Dreier seine Nachfolge antreten. Im BMW X1 hat der Downsizing-Motor schon den Dreiliter-Sauger abgelöst. In Z4 und Fünfer steht der Wechsel kurz bevor. Die Gründe? Mehr Drehmoment, weniger Verbrauch. Ganz undiplomatisch gesagt: Der Neue kann vieles besser. Er hat jede Menge Kraft, läuft kultiviert und liefert das Extra-Drehmoment auch noch aus dem Keller: Bei 1250 U/min liegen 350 Newtonmeter an. Ungewohnte Zahlen für die Fans der Reihensechszylinder.

Zwar ist dank Hightech der Drehmomentbuckel mit jeder Evolutionsstufe nach unten gewandert. Doch traditionell entwickelt der Reihensechser ab 4000 U/min sein Feuer. Nicht, dass er untenrum schwächlich wäre, drei Liter Hubraum sind bei 1408 Kilo Leergewicht ein Wort.

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Wer das Drehvermögen nicht auskostet, schaltet bei 3000 U/min in den nächsten Gang und surft auf einer Drehmomentwelle durch die Gegend. Doch wer das Gaspedal einmal durchgetreten und die Drehzahlmessernadel in die Sechstausender gejagt hat, wird immer wieder erleben wollen, wie der Motor dann dreht und geht.

 

BMW 125i Coupé: Fahrspaß in den Alpen

Sobald die Viertausender-Marke fällt, dreht, geht und klingt der große Motor im kleinen Auto genau so, wie ein BMW eben drehen, gehen und klingen muss. Da kann der strebsame Turbo-Vierzylinder einpacken. Auch wenn der zunächst Meter gut gemacht hat und vielleicht später an die Tankstelle muss: Sahniges Hochdrehen, bissiges Zupacken und herzergreifendes Schmettern, das kann in dieser Form nur ein Sechszylinder-Saugmotor.

Weswegen wir ein BMW 125i Coupé genommen haben, um damit ein wenig in den Alpen zu spielen. Von München aus geht es kurz über die Autobahn Richtung Süden, schon ab Kochel am See ist die Landstraße dran. Über Mittenwald und Sölden bummeln wir mit dem kleinen Bayern Richtung Timmelsjoch. Zügig führt der Pass mit spitzen Kehren und steilen Rampen von der Mautstelle Hochgurgl hoch auf 2491 Meter.

Links Österreich, rechts Italien. Wir fahren auf die Südseite der Alpen und dennoch nicht nach Italien, denn die Südtiroler fühlen sich eben als Südtiroler. Als Anfang des Jahrhunderts in Dorf Tirol bei Meran zum ersten Mal eine Gemeindeverfassung in italienischer Sprache formuliert wurde, hat sie keiner ratifiziert – so steht es heute in der Touristenbroschüre. Wer einen Espresso auf Italienisch bestellt, wird zurechtgewiesen: „Italien ist weiter unten.“

Mittagspause, Fotostopps und die genussorientierte Streckenführung verlängern den Trip auf über sieben Stunden. Normalerweise ist München – Meran in viereinhalb zu schaffen.

Zeit sollte auch keine Rolle spielen, wenn das Stilfser Joch ansteht. Von Dorf Tirol quälen wir uns im Stau nach Meran hinein, dort gibt es ausführliches Stop an Go und aus Meran heraus fließt der Verkehr dann sehr zäh. Als wir zum Stilfser Joch abbiegen, ist die Straße zunächst frei. Bis der erste Pulk Rennradfahrer auftaucht. Da hilft nur Überholen auf Tirolerisch: Beherzt Gas geben und fest daran glauben, dass kein Gegenverkehr kommt. Selten sind die Straßen übersichtlich. Der Sechszylinder hilft nach Kräften, die Überholwege kurz zu halten, Steinwände reflektieren sein Jubeln beim Hochdrehen.

In den ersten der 48 Kehren lernen wir dann, dass der erste Gang nicht nur zum Anfahren gut ist. Manche Kehren sind so eng und einige Rampen so steil, dass im Zweiten der Motor verhungern würde. Also runterschalten, einlenken, rum, Gas, raufschalten. Kurz darf der Sechszylinder jubeln, schon kommt die nächste Kehre, der nächste Radfahrer oder ein Wohnmobil. Auch Busse besteigen das Stilfser Joch, sie passen in den Kehren genau zwischen die Begrenzungen.

Oben, auf 2758 Metern, geht es zu wie bei einem Volksfest. Abgekämpfte Rennradfahrer schlängeln sich zwischen Motorrädern, Fußgängern und Autos hindurch. Die Radfahrer grinsen, denn sie haben den Aufstieg geschafft und eine spektakuläre Abfahrt vor sich.

Wir wählen für die Abfahrt den Abzweig in die Schweiz über den Umbrailpass. Der ist zwar stellenweise nur eine Schotterpiste, dafür ist hier deutlich weniger los. Schnell geht es hinunter zu den Bäumen, das Tal ist eng, die Blicke sind schön. Unten angekommen, fahren wir durch enge Dörfer, passieren den Zoll unkontrolliert und nehmen wieder Kurs Richtung Südtirol.

In den nächsten Tagen stehen Jaufenpass und Penser Joch an. Der Jaufen ist mit 2094 Metern nicht der höchste Pass, bietet jedoch sehr schöne Ausblicke ins Tal und feine Kurven. Mehrmals darf der Dreiliter bassig grummelnd das 1er Coupé im Zweiten ums Eck werfen. Einlenken, rum, Gas geben. Da gibt es keine Verzögerung. Immer wieder herrlich, wie der Motor am Gas hängt, schnell hochdreht und dabei seine Tonlage verändert. Am schönsten klingt er im hohen Gang bei Dreiviertelgas. Furios wird es, wenn es bei Vollgas über die 4000 Touren hinaus geht. Dann legen Klang und Kraft noch einnmal zu. Hier fühlt sich der Motor richtig wohl.

Lust macht auch das Getriebe. Es schaltet sich sehr definiert, der metallene Schaltknauf wird bei längeren Passfahrten mit ständigem Rauf- und Runterschalten warm – die Maschine informiert den Menschen. Die Lenkung irritiert in langsamen Kehren mit ihrer Leichtgängigkeit – vielleicht denkt sie, der Fahrer wolle einparken. Oberhalb von 40 km/h passen Leichtgängigkeit und Rückmeldung besser zum Kurvenwedeln.

Weil der Motor weit hinten eingebaut ist und die Batterie unter dem Kofferraumboden Platz genommen hat, ergibt sich eine fast paritätische Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse. Als Schmankerl dürfen sich die Vorderräder allein mit Lenken beschäftigen. Die Hinterräder pressen derweil Newtonmeter und Pferdestärken auf den Asphalt. Nur ab und zu pfeift kurz das kurveninnere Rad, die Traktion ist sehr gut.

Vom Jaufenpass geht es nach Sterzing, einer kleinen, altertümlichen Stadt mit einer Fußgängerzone, für die man sich Zeit nehmen sollte. Auf den Gewürztraminer im Weinlokal verzichtet der Fahrer. Er muss wieder zurück über den Jaufenpass. Flow statt Rausch: Auch keine schlechte Alternative.
Andreas Of

AUTO ZEITUNG

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