Mercedes S500, BMW 750, Lexus LS 600 Technik-Reigen
Das stärkste Hybrid-System, kombiniert mit variablem Allradantrieb, ergänzt durch zahlreiche Komfort- und Assistenzsysteme – der neue Lexus LS 600h dürfte im Moment das am höchsten technisierte Serienfahrzeug der Welt sein. Zur Hightech-Orgie baten wir zudem die beiden deutschen Stars BMW 750i und Mercedes S 500
Bereits die Vorankündigungen und die ersten Fahrberichte dürften den deutschen Cheftechnikern einiges Kopfzerbrechen bereitet haben. Was die Lexus-Ingenieure da alles in ihr neues Topmodell LS 600h eingebaut haben, liest sich wie ein nicht enden wollendes Hightech-Register, gespickt mit einer für ein Serienfahrzeug bislang einzigartigen Fülle an Innovationen. Kernstück ist der überaus kräftige Hybridantrieb, der seine Systemleistung von 445 Pferdestärken variabel über alle vier Räder auf die Straße entlässt. Hinzu kommen zahlreiche Sicherheits- und Komfort-Systeme, über die wir bereits berichtet haben. Hier stellt sich nun die Frage, was der immerhin 99850 Euro teure Luxusliner von Lexus in der Praxis taugt. Als Messlatte dienen die prominenten deutschen Konkurrenten BMW 750i (367 PS, 81500 Euro) und Mercedes S 500 (388 PS, 92820 Euro). Beide haben ihre Qualitäten bereits in zahlreichen Tests unter Beweis gestellt und sind wahrlich keine einfach gestrickten Low-Budget-Produkte. Ob das deutsche Luxus-Duo aber gegen die konzentrierte japanische Technik-Offensive im LS 600h bestehen kann, wird sich in diesem Vergleich zeigen.
Karosserie
Wer es in die Luxus-Liga geschafft hat, muss sich nur wenig Sorgen um die Platzverhältnisse für sich und seine Passagiere machen. Fahrer und Beifahrer genießen im Mercedes die größte Raumfülle, im Fond Mitreisende schätzen die besonders üppige Kniefreiheit des Lexus. Bedeutend größer fallen die Unterschiede der Gepäckabteile aus. Da sich hinter der Rückbank des Lexus der Nickel-Metallhydrid-Akku für den Elektroantrieb breit macht, schrumpft das Ladevolumen auf magere 325 Liter. Das ist gerade mal unteres Kompaktklasse-Niveau und für ein Luxusauto schlicht inakzeptabel. Standesgemäße 500 Liter bietet der BMW, und das 560-Liter-Abteil der S-Klasse taugt sogar für das ganz große Reisegepäck. Noch ein gewichtiger Hinweis für Fernreisende: Für den Anhängerbetrieb ist der Lexus nicht geeignet, und auch die magere Zuladung des Testwagens von nur 281 Kilo schränkt die Alltagstauglichkeit des LS 600h stark ein.
Von seinem Fahrer fordert der Lexus eine gewisse Lernfähigkeit. Eine nahezu unüberschaubare Flut von Tasten, Schaltern und Displays im Cockpit verlangt nach einer gründlichen Einweisung. Ohne einen Trockenlauf im Stand sollte sich der frisch gebackene Lexus-Eigner nicht auf die Straße trauen. Aber erst nach vielen Kilometern hat man schließlich die Strukturierung des Touchscreen-Bediensystems und die zusätzlichen Funktionselemente einigermaßen begriffen. Um der Inflation der Knöpfchen, Tasten und Schalter Herr zu werden, setzen BMW und Mercedes auf integrierte Bediensysteme für Navi, HiFi, Telefon und sonstige Funktionen, menügesteuert aktiviert über einen zentralen Drück-/Drehknopf. Auch das will erst mal gelernt sein, braucht aber weniger Übung als im Lexus. Zudem sind die Zentralbildschirme im 7er und in der S-Klasse höher positioniert und liegen damit besser im Blickfeld des Fahrers.
Was an Sicherheits- und Assistenzsystemen derzeit machbar ist, demonstrieren alle drei Konkurrenten. Neben den obligatorischen Fahrdynamikhilfen und Rückhaltesystemen trumpft der Mercedes mit seinem Presafe-System auf, das einen drohenden Crash erkennt und vorsorglich die Gurte strafft und den Sitz in eine optimale Position fährt. Ein ähnliches System (Pre Crash) kostet bei Lexus 3500 Euro extra – inklusive radargesteuertem Abstandsregeltempomat. Die beiden Knieairbags vorn sind dagegen nur beim Japaner zu finden (Serie). Unverständlich: Die hinteren Seitenairbags (Serie bei BMW und Mercedes) gibt es nur in der Super-Luxus-Ausstattung Ambience – Aufpreis: 16400 Euro. Darüber hinaus lassen sich die Flaggschiffe auf Wunsch mit zahlreichen Ex-tras wie Nachtsichtassistent (BMW, Mercedes) oder Gesichtsfeldüberwachung und Notfall-Lenkassistent (Lexus) aufrüsten.
Noch ein paar Worte zur gebotenen Qualität: Der Lexus enttäuscht auf Holperstrecken mit einem zittrigen, knisternden Armaturenträger sowie Poltergeräuschen, und auch die Qualität der Kunststoffe im Innenraum könnte besser sein. Letzteres gilt auch für den BMW, der sich aber ansonsten so solide anfühlt wie der Mercedes.
Karosserie | Max. Punkte | Mercedes S-Klasse 500 | BMW 750 i | Lexus LS 600h |
---|---|---|---|---|
Raumangebot vorn | 100 | 94 | 92 | 92 |
Raumangebot hinten | 100 | 95 | 95 | 97 |
Übersichtlichkeit | 70 | 38 | 36 | 36 |
Bedienung/ Funktion | 100 | 80 | 80 | 66 |
Kofferraumvolumen | 100 | 48 | 41 | 20 |
Variabilität | 100 | 3 | 3 | |
Zuladung/ Anhängelast | 80 | 40 | 33 | 5 |
Sicherheit | 150 | 118 | 112 | 117 |
Qualität/ Verarbeitung | 200 | 194 | 191 | 188 |
Kapitelbewertung | 1000 | 710 | 683 | 621 |
Fahrkomfort
Kaum Wünsche offen lassen die Polstermöbel der drei Kandidaten. Vielfache Einstell- und Temperiermöglichkeiten – zum Teil gegen Aufpreis – sorgen vorn wie hinten für exzellenten Sitzkomfort. Während die Vordersitze der S-Klasse besonders üppig dimensioniert sind, reist man im Lexus hinten überaus bequem. Zum Komfort tragen auch die sehr aufwändigen Geräuschdämmungen bei. Der Lexus glänzt hier vor allem mit seinem Hybrid-Antrieb, der aus dem Stand heraus bei langsamer Fahrt im flüsterleisen Elektrobetrieb arbeitet. Aber auch der V8 läuft so leise, dass er von den deutlich hörbaren Abroll- und Fahrwerksgeräuschen leicht übertönt wird. Mercedes trumpft mit minimalen Wind- und der BMW mit sehr leisen Rollgeräuschen auf.
Deutlicher sind die Unterschiede im Federungskomfort. Hier patzt der über 2,4 Tonnen schwere Lexus mit eher widerwillig und poltrig ansprechenden Luftfederelementen auf Querfugen, Kanaldeckeln und Asphaltflicken. Vom sänftenartigen Komfort einer S-Klasse und erst recht eines 7er ist der Japaner weit entfernt. Das bessert sich auch kaum unter Ausnutzung der spärlichen Zuladung. Bei voller Last legt hingegen die Luftfederung des Mercedes nochmal zu und kontrolliert die Aufbaubewegungen selbst auf tiefen Bodenwellen besser als die Konkurrenz.
Fahrkomfort | Max. Punkte | Mercedes S-Klasse 500 | BMW 750 i | Lexus LS 600h |
---|---|---|---|---|
Sitzkomfort vorn | 150 | 140 | 135 | 138 |
Sitzkomfort hinten | 100 | 94 | 95 | 97 |
Ergonomie | 150 | 122 | 123 | 120 |
Innengeräusche | 50 | 46 | 44 | 50 |
Geräuscheindruck | 100 | 93 | 92 | 92 |
Klimatisierung | 50 | 49 | 49 | 50 |
Federung leer | 200 | 185 | 187 | 175 |
Federung beladen | 200 | 190 | 182 | 177 |
Kapitelbewertung | 1000 | 919 | 907 | 899 |
Motor und Getriebe
Mit dem LS 600h schlägt Lexus ein neues Kapitel in der Luxusklasse auf. Mit einer Systemleistung von 445 PS ist der komplexe Verbund aus Fünfliter-V8 (kombinierte Saugrohr-/Direkteinspritzung, 394 PS) und Elektromotor (165 kW/224 PS) den beiden V8-Benzinern von BMW (4,8 Liter, 367 PS) und Mercedes (5,5 Liter, 388 PS) zumindest auf dem Papier überlegen. Dennoch soll der Lexus mit einem Normverbrauch von 9,3 Liter Super pro 100 km deutlich sparsamer sein als BMW (11,4 Liter) und Mercedes (11,7 Liter).
Im Lexus arbeitet ein leistungsverzweigter Vollhybrid-Antrieb. Das heißt, der Antrieb kann bei niedriger Geschwindigkeit rein elektrisch erfolgen. Zudem arbeiten E-Motor und V8 drehzahl- und lastunabhängig voneinander. So können die Kraft- und Energieströme der jeweiligen Fahrsituation optimal angepasst werden. Das elektronische Hy-bridmanagement entscheidet dabei, wann der V8 abgeschaltet wird, wann wie viel Kraft für den separaten Generator abgezweigt wird, um die 288-Volt-Nickel-Metallhydrid-Batterie zu laden und wann der E-Motor daraus Strom für den Antrieb benötigt.
Dieses komplexe Zusammenspiel funktioniert ohne Zutun des Fahrers, und es funktioniert gut. An Leistung mangelt es nie, dank stufenloser Übersetzung passt der Hybrid spontan und ruckfrei die Drehzahl an, sodass immer reichlich Schub zur Verfügung steht. Nur bei der Beschleunigungsmessung aus dem Stand heraus scheint die elektronische Antriebssteuerung ein paar Zehntel Sekunden zu überlegen, wie denn mit dem abrupten Vollgasbefehl umzugehen sei. Deshalb ist der Lexus mit 6,6 Sekunden nicht ganz so flott auf Tempo 100 wie seine Konkurrenten (7er: 5,9, S 500: 6,0 Sekunden). Einmal in Fahrt, begeistert der Hybrid jedoch mit seinen gewaltigen Kraftreserven.
Wegen ihres klar niedrigeren Gewichts können Mercedes und BMW trotz Minderleistung gut mithalten. Der BMW begeistert mit einer hervorragenden, schnell und dennoch sanft schaltenden Sechsstufenautomatik. Das Siebenstufen-Pendant im S 500 reagiert etwas träge auf Gasbefehle, was aber durch den satten Durchzug des hubraumstarken V8 gut kompensiert wird.
Der Verbrauchsvorteil des Lexus schrumpft in der Praxis, also im AUTO ZEITUNG-Testzyklus, merklich zusammen. 12,1 Liter Super pro 100 Kilometer sind für ein 445-PS-Auto zwar aller Ehren wert, die bis zu 382 Kilogramm leichtere, konventionell angetriebene Konkurrenz steht mit 13,0 (Mercedes) und 12,9 Litern (BMW) aber nicht so viel schlechter da als erwartet.
Motor und Getriebe | Max. Punkte | Mercedes S-Klasse 500 | BMW 750 i | Lexus LS 600h |
---|---|---|---|---|
Beschleunigung | 150 | 175 | 176 | 169 |
Elastizität | 100 | |||
Höchstgeschwindigkeit | 150 | 120 | 120 | 120 |
Getriebeabstufung | 100 | 95 | 98 | 100 |
Kraftentfaltung | 50 | 46 | 45 | 50 |
Laufkultur | 100 | 97 | 93 | 98 |
Verbrauch | 325 | 125 | 126 | 136 |
Reichweite | 25 | 12 | 12 | 12 |
Kapitelbewertung | 1000 | 670 | 670 | 685 |
Fahrdynamik
Auf Grund seines hohen Gewichts (2449 Kilogramm) schiebt der LS 600h früh über die Vorderräder und übersteuert bei Lastwechseln deutlich stärker als seine Rivalen. Das führt zu starken Eingriffen des elektronischen Stabilitätsprogramms VDIM (Vehicle Dynamics Integrated Programm). Ein vollständiges Abschalten des Systems ist zwar wie beim BMW möglich, allerdings nicht ratsam. Nur mit viel Erfahrung lässt sich der LS dann wieder einfangen.
Sehr hilfreich ist hier der variable Allradantrieb des LS, der unter Last bis zu 50 Prozent der Antriebskraft an die Vorderräder leitet und so für die notwendige Richtungsstabilität sorgt. Fahrfreude sieht jedoch anders aus. Die elektronische Lenkung ist zu leichtgängig (variables Übersetzungsverhältnis) und die Karosserieneigung trotz automatischer Wankstabilisierung (Vehicle Posture Control) immer noch viel zu stark ausgeprägt. Wie angenehm sich ein über zwei Tonnen schweres Auto bewegen lässt, demonstriert der heckgetriebene BMW (2103 Kilogramm). Er bleibt auch bei deaktiviertem DSC (ESP) leicht beherrschbar und kündigt durch ein sanftes Untersteuern seinen sehr breiten Grenzbereich frühzeitig an. Ein kleiner Lupfer am Gaspedal genügt, und der 7er lässt sich problemlos über die vorbildliche Lenkung wieder sicher in die Spur zurückführen. Auch der ebenfalls nur über die Hinterräder angetriebene Mercedes ist ein extrem sicher zu fahrendes Auto. Ein vollständig abschaltbares ESP gibt es bei ihm nicht. Zwar lässt das Stabilitätsprogramm ein leichtes Übersteuern zu, schreitet aber im Ernstfall souverän ein.
Ebenso souverän agiert die Bremse des Mercedes. Während die Bremsanlage des BMW im kalten Zustand die Verzögerungswerte der beiden Mitstreiter nicht erreicht und die elektrohydraulische Bremse des Lexus bei warmem System nachlässt, zeigt die S-Klasse eine sehr konstante Bremsleistung.
Fahrdynamik | Max. Punkte | Mercedes S-Klasse 500 | BMW 750 i | Lexus LS 600h |
---|---|---|---|---|
Handling | 150 | 82 | 84 | 69 |
Slalom | 100 | 40 | 50 | 30 |
Lenkung | 100 | 70 | 72 | 55 |
Geradeauslauf | 50 | 40 | 42 | 45 |
Bremsdosierung | 30 | 18 | 22 | 19 |
Bremsweg kalt | 150 | 99 | 80 | 94 |
Bremsweg warm | 150 | 94 | 93 | 79 |
Traktion | 100 | 35 | 37 | 73 |
Fahrsicherheit | 150 | 135 | 132 | 122 |
Wendekreis | 20 | 8 | 4 | 4 |
Kapitelbewertung | 1000 | 621 | 616 | 590 |
Umwelt und Kosten
Unglaublich, aber wahr: Der BMW 750i ist mehr als 18000 Euro günstiger als der Lexus LS 600h. Selbst gegenüber dem Mercedes S 500 beträgt die Preisdifferenz mehr als 11000 Euro. Durch schlechte Versicherungseinstufungen und mäßige Garantiebedingungen schmilzt der Punktevorsprung des BMW allerdings wieder dahin. Der LS schließt mit geringeren Kraftstoffkosten und den besten Emissionswerten wieder zum Bayern auf. Die Punkte, die sich der Mercedes durch die vollständige AZ-Normausstattung sichert, verspielt er durch zu hohe Werkstattkosten
Kosten/Umwelt | Max. Punkte | Mercedes S-Klasse 500 | BMW 750 i | Lexus LS 600h |
---|---|---|---|---|
Bewerteter Preis | 675 | 49 | 62 | 43 |
Wertverlust | 50 | 5 | 5 | 4 |
Ausstattung | 25 | 25 | 14 | 15 |
Multimedia | 50 | |||
Garantie/Gewährleistung | 50 | 27 | 20 | 32 |
Werkstattkosten | 20 | 10 | 13 | 14 |
Steuer | 10 | 6 | 7 | 7 |
Versicherung | 40 | 15 | 18 | 12 |
Kraftstoff | 55 | 25 | 24 | 28 |
Emissionswerte | 25 | 81 | 80 | 86 |
Kapitelbewertung | 1000 | 243 | 243 | 241 |
Fazit
Ohne Frage, der Lexus LS 600h ist in seiner Komplexität eine technisch einzigartige Meisterleistung. Mit seinen schweren und zudem Platz beanspruchenden Hybrid-Komponenten handelt er sich aber einige Nachteile ein (kleines Ladevolumen, geringe Zuladung), die durch den nur begrenzt niedrigeren Verbrauch nicht kompensiert werden können.
Auch der Federungskomfort und die unausgewogenen Handlingeigenschaften werfen den Lexus hinter die zwar schwächere, aber preiswertere und bessere deutsche Konkurrenz zurück. So holt sich einmal mehr die S-Klasse den Sieg im Vergleichstest. Trotz komfortabler Abstimmung hat der solide gefertigte Mercedes einiges an fahrdynamischen Qualitäten zu bieten, nicht zuletzt wegen seines hubraumstarken V8-Motors. Dicht dahinter landet der BMW 750i auf Platz zwei. Er überzeugt mit seiner präzisen Lenkung sowie ausgewogenen Antriebs- und Komforteigenschaften.
Gesamtbewertung
Max. Punkte | Mercedes S-Klasse 500 | BMW 750 i | Lexus LS 600h | |
---|---|---|---|---|
Summe | 5000 | 3163 | 3119 | 3036 |
Platzierung | 1 | 2 | 3 |