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Geht auch ganz einfach:

Lamborghini Egoista: Einsitzer-Studie mit Kampfjet-Optik und 600 PS Star Wars

Sportwagen, Kampfjet oder Krieg der Sterne? Walter de Silva, Chef-Designer des VW-Konzerns, hat zum 50. Geburtstag von Lamborghini einen Extremsportler geschaffen, der die physikalischen Grenzen zwischen Fliegen und Fahren bewusst verwischt

Tatort irgendwo in Niedersachsen. In einer Stadt, nennen wir sie einmal B., sind wir Zeuge eines wahrhaft galaktischen Spektakels. In der Galaxie der Sportwagen leuchten manche Sportwagenkometen am Firmament. Doch der Lamborghini Egoista scheint aus einem anderen automobilen Sternensystem zu kommen.

Walter de Silva, längst zum (Jedi-)Ritter geschlagener Primus inter Pares, und Chef-Designer des VW-Konzerns, hat sich zum 50. Geburtstag von Lamborghini ein besonderes Geschenk einfallen lassen. Was glatt als Dienstwagen – oder besser: Dienstflugzeug von Darth Vader – durchgehen könnte, stellt in seiner Radikalität und Kompromisslosigkeit alles Bisherige, was nur irgendwie nach Fahrzeug aussah, in den Schatten. Der Egoista nutzt die Plattform des Gallardo, der bullige Zehnzylinder mit fünf Liter Hubraum mobilisiert hier aber noch mehr Schub als in der Serie.

 

Lamborghini Egoista Studie: Sportwagen oder Kampfjet?

600 PS sollen den Tiefflieger in etwa 2,8 Sekunden auf 100 katapultieren. Doch das, was als Hülle diese Technik verbirgt, hat mehr mit einem Tarnkappenbomber, denn mit einem Sportwagen zu tun. „Jeder Lamborghini muss provozieren und anders sein, insbesondere der Egoista ist eine Revolution, er darf keinen Regeln folgen“, schwärmt Walter de Silva. Mit jeder Faser lebt der Italiener sein Auto. „Ich liebe Lamborghini." Doch was schenkt man einer derart emotionalen Marke, die seit jeher für das Extreme und Exaltierte steht, zum 50. Geburtstag? „Es musste das ultimative Auto werden“, gestikuliert Walter de Silva.

Und langsam kristallisierte sich die Vision des Egosita heraus, nämlich die Extreme des Flugzeugbaus mit der Königsklasse des Automobilbaus der Formel 1 in einer Studie zu verbinden. So ist der Egoista inspiriert vom Formenbau eines Jagdflugzeugs und als Einsitzer mit zentraler Sitzposition auch vom Monoposto.

Der Egoista sieht nicht nur schnell aus, er wurde auch in kürzester Zeit auf die Räder gestellt. Von der ersten Zeichnung bis zur Fertigstellung vergingen gerade einmal sechs Monate, die Fertigung selbst nahm sogar nur die Hälfte dieser Zeit in Anspruch. Die Karosserie besteht aus Fiberglas, und wie beim Düsenjäger fehlen auch hier die Türen. Zum Ein- und Aussteigen öffnet sich wie beim Jet hydraulisch eine Luke aus orange getöntem Kunststoff. Als Rahmen dieser Abdeckung dient eine Alu-Karbon-Struktur. Sie ist perfekt in die Linienführung des Autos integriert. Apropos Linien, der Egoista ist jetzt schon der Weltmeister der Ecken und Kanten.

Bei der Frontgestaltung haben es Walter de Silva und sein Team auf die Spitze getrieben und den Egoista quasi in drei unterschiedliche, keilförmig zulaufende Elemente geteilt. Lufteinlässe, fast so groß wie Garagentore, ein riesiger Karbon-Frontspoiler, der gleichzeitig als stabilisierendes Element der Karosserie dient, und der Grill, groß wie ein Schlund, geben dem Lamborghini ein furchterregendes Äußeres. Die böse blickenden Scheinwerfer sitzen weit hinten in den Lufteinlässen.

So verleiht das Frontdesign dem Egoista zum einen die Aura eines außerirdischen Insekts, zum anderen aber auch die martialische Bedrohung eines Stealthbombers. Dazu passen eine grüne und eine rote Positionslampe auf dem Dach und die Lackierung von Boeing, die vom Radar nicht erfasst werden soll. Das matte Blaugrau der Lackierung kontrastiert bewusst mit den orangefarbenen Karosserie-Applikationen und den gleichfarbigen Aluminiumfelgen mit Karboneinsätzen.

Das Heck ist in Sachen Material eine Verzichtserklärung. Es besteht fast nur aus vier kanonenrohrdicken Auspuffenden, riesigen Reifenwalzen und Aussparungen für die Luftzufuhr. Ach ja, und dann sind da auch noch die zwei kleinen Kameras, die die Rückspiegel ersetzen und alles Wesentliche ins Wageninnere auf die Bildschirme übertragen. Der Heckspoiler fährt erst bei höheren Geschwindigkeiten hydraulisch aus, dann öffnen sich auch die seitlichen Lufteinlässe für den nach Sauerstoff schnappenden Zehnzylinder.

Ganz Flugobjekt wird der Lamborghini Egoista dann im Interieur. Wer die nur gut ein Meter hohe Flunder entern möchte, sollte gelenkig sein. Mit dem Allerwertesten nimmt man auf dem Seitenteil der Karosserie Platz, hebt dann die Beine, dreht sich Richtung Inte rieur und fädelt in das Cockpit ein. Das Lenkrad wird für diese Turnübung abgenommen.

Im Innenraum könnte dann Stanley Kubricks Film „Uhrwerk Orange“ Pate gestanden haben. Sitz und Seitenteilverkleidung sind in der gleichnamigen Farbe gestaltet, und die Präzision in der Umsetzung erinnert – wie auch im Exterieur – an ein Uhrwerk. Der Sitz schmiegt sich wie angegossen an den Körper und besteht ebenso wie die Gurte, die aus einem Hubschrauber stammen, sowie die Seitenverkleidung aus feuerfestem Material. Der Instrumententräger, der gleichzeitig der Karosseriestabilität dient, ist aus Aluminium und Karbon gefertigt.

Darauf sitzt ein Multifunktionsdisplay, das allerlei Informationen anzeigt. Und auf dem wiederum eine achteckige Kunststoffscheibe in Form eines Visiers, die als Head-up-Display fungiert. Das Minilenkrad erinnert eher an eine Spielkonsole oder an einen Düsenjäger als an ein Auto. Die Lenkung aus dem Gallardo wurde entsprechend der zentralen Sitzposition des Fahrers in die Mitte versetzt.

Das gesamte Monocoque besteht aus Karbon, daran angeschraubt wird das Heck aus Aluminiumprofilen. Sobald das Dach geschlossen wird, kommt man sich als Fahrer vor wie in einer Pilotenkanzel. Die Sitzposition ist weit nach hinten in die Wagenmitte versetzt, der Kopfraum äußerst knapp bemessen. Die scheinbar unendlich weit nach vorne gezogene Kanzel lässt von den vorderen Ausmaßen des Autos nur vage Vorstellungen aufkommen.

Auf Sicht fahren ist hier so gut wie unmöglich. Gestaltet hat das Interieur übrigens Stefan Sielaff, Leiter Interieur-Design des VW-Konzerns, und sein Team. Wer das besonders geformte Gaspedal bis zum Boden durchdrücken darf, beschleunigt den zwischen 1000 und 1100 Kilo schweren Egoista bis auf Geschwindigkeiten bis über 330 km/h.

Warum der Name Egoista? „Er ist antidemokratisch, weil immer nur eine Person Platz hat, er ist extrem und entspricht nicht den Regeln“, lächelt de Silva. Was mit dem Unikat passiert, steht noch in den Sternen. „Natürlich gibt es Anfragen für das Auto.“ Für Kunden, die sich für dieses Kunstobjekt auf Rädern interessieren, spielt der Preis sicherlich keine Rolle. Eine Kleinserie des Egoista würde die Galaxie der Sportwagen jedenfalls um einen weiteren Fixstern bereichern.

Volker Koerdt

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