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Fakten zu e-Fuels: Das muss man wissen! Die Wahrheit über e-Fuels

AUTO ZEITUNG
Inhalt
  1. Was sind eigentlich e-Fuels?
  2. Ist eine Alternative zum elektrischen Antrieb überhaupt sinnvoll?
  3. Wer kann e-Fuels nutzen und wie wird getankt?
  4. E-Fuels-Herstellung in ausreichender Menge möglich?
  5. Haben e-Fuels eine bessere CO2-Bilanz?
  6. Steht uns genug regenerativer Ökostrom zur Verfügung?
  7. Wie teuer sind e-Fuels?
  8. E-Fuel als cleverer Energiespeicher?
  9. Pro & Contra – berechtigte Skepsis?
  10. Wer produziert e-Fuels?
  11. Wie steht die EU und Deutschland zu e-Fuels?

Was treibt künftig Autos an? Neben der Elektromobilität gibt es auch Stimmen, die in synthetischen Kraftstoffen eine Alternative zum Strom sehen – vor allem für Bestandsfahrzeuge. Wir klären über das Thema e-Fuels auf!

 

Was sind eigentlich e-Fuels?

Der Name e-Fuels hat sich als Sammelbegriff für synthetische Kraftstoffe, die aus elektrischer Energie hergestellt werden, etabliert. Es handelt sich also um einen Zukunftssprit, der sowohl Diesel und Benzin als auch Kerosin mit den herkömmlichen Funktions- sowie Qualitätsanforderungen ersetzen kann. Besonderheit: e-Fuel als Kraftstoff verzichtet komplett auf fossile Ausgangsstoffe, stattdessen basiert er auf nachhaltig erzeugtem elektrischen Strom sowie Wasser und Kohlendioxid, das in der Industrie oder Landwirtschaft als "Abfallprodukt" anfällt. Im besten Fall wird es aus der Umgebungsluft gefiltert. Anlagen dazu gibt es bereits, und diese sind – wenn sie im Industriemaßstab eingesetzt werden –, weder kompliziert noch wartungsintensiv. Damit haben e-Fuels ein reales und gleichermaßen enormes Potenzial bei der Dekarbonisierung künftiger und sogar auch schon heutiger Antriebe. Durch einen speziellen Herstellungsprozess, der kurz Power-to-Fuel genannt wird, entsteht der nachhaltige Kraftstoff – ohne dass zusätzliches Klimagas CO2 in die Atmosphäre gelangt. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

So setzt sich der Spritpreis zusammen (Video):

 
 

Ist eine Alternative zum elektrischen Antrieb überhaupt sinnvoll?

Die Grundsatzdiskussion ist nach wie vor in vieler Munde: Wie sollen unsere Autos in Zukunft angetrieben werden: mit Batterie-Elektrik, Brennstoffzelle, direkter Wasserstoff-Verbrennung, herkömmlichem Benzin und Diesel mit kräftig gesteigertem Bio-Anteil oder mit synthetischem Kraftstoff? Die Mehrheit der Autokäufer:innen (je nach Studie zwischen 69 und 72 Prozent) lehnt derzeit ein E-Auto ab. Die Gründe sind klar: zu kurze Real-Reichweiten, viel zu lange Ladezeiten, hohe Anschaffungskosten und große Verluste beim Wiederverkauf durch rasch alternde Akkus. Die meisten Fachleute von Hochschulen und Industrie sehen in der E-Mobilität jedoch die derzeit effizienteste Lösung für klimaneutrales Autofahren. Das veranlasste die Brüsseler EU-Kommission zu einem für 2035 geplanten generellen Verbrennerverbot bei Neuwagen. Doch dieses "kategorische Aus" ist seit März 2023 vom Tisch – zugunsten technologieoffener Lösungen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) möchte e-Fuels auch steuerlich besser stellen. Dazu ist eine Reform der Kfz-Steuer geplant, die vorgibt, Autos, die mit synthetischen Kraftstoffen fahren, geringer zu besteuern, als Autos, die auf gewöhnliche Otto- und Dieselkraftstoffe zurückgreifen. Lindner räumte aber gleichzeitig ein, dass es noch dauern werde, bis wir tatsächlich Autos mit e-Fuels auf den Straßen hätten. Aktuell ist noch unklar, wie sich Autos mit Verbrennungsmotoren für e-Fuels von gewöhnlichen Verbrennern unterscheiden werden, denn grundsätzlich funktionieren sie identisch.

 

Wer kann e-Fuels nutzen und wie wird getankt?

Diese modernen, synthetischen, aus erneuerbaren Energien hergestellten Kraftstoffe können nicht nur – wie es der Kompromiss-Vorschlag in Brüssel derzeit vorsieht – in speziellen künftig hergestellten Motoren ("e-Fuels-Only") eingesetzt werden, sondern auch in vielen Triebwerken von Millionen Bestandsfahrzeugen. Sobald der Kraftstoff verfügbar ist, könnten alle konventionellen Benzin- und Dieselmotoren ohne konstruktive Änderungen mit entsprechenden e-Fuels betankt und betrieben werden. So wird selbst ein alter VW Käfer klimaneutral. Einzige Ausnahme: Zweitakter-Fahrzeuge wie Trabant und Wartburg bleiben – wegen der notwendigen Schmierölbeimischung – das, was sie schon immer waren: alte Stinker. Die nüchterne Gewissheit: Selbst dann, wenn – wie von der Bundesregierung angestrebt – im Jahr 2030 mehr als 15 Millionen E-Autos zugelassen sind, werden noch immer mindestens 34 Millionen Pkw mit Benzin- oder Dieselmotor allein in Deutschland unterwegs sein und gewiss auch weitere 20, 25 und mehr Jahre auf unseren Straßen rollen. Nicht vergessen sollte man auch, dass Nutzfahrzeuge, also Transporter, Lkw und Baumaschinen, die nicht elektrifiziert werden können, ebenfalls betankt werden müssen. Bei dieser Überlegung wird klar, dass man künftig nicht auf "grünen Sprit" verzichten kann.

Auch BMW-Chef Oliver Zipse sieht für die rund 260 Millionen Bestandsfahrzeuge in Europa e-Fuels als einzige Möglichkeit, dass diese ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Ein großer Vorteil: Schon jetzt könnte man e-Fuels in beliebigem Verhältnis mineralischen Kraftstoffen beimischen. Nach Tests des ADAC und verschiedener Autohersteller ist die Motoren-Verträglichkeit sehr gut und das Roh-Abgas sogar deutlich sauberer. In puncto Reichweite, Verbrauch und CO2-Emission ist bei vergleichbarer Energiedichte zudem kein Unterschied messbar. Die Besonderheit aber ist, dass die ausgestoßene CO2-Emission der vorher bei der Herstellung des synthetischen Kraftstoffs gebundenen Menge (Kreislaufwirtschaft) entspricht und damit keine zusätzliche Klimabelastung verursacht. Schon eine wirkungsvolle Beimischung von e-Fuels mit zehn, 30 oder 50 Prozent zum konventionellen Kraftstoff kann die CO2-Emission durch den Straßenverkehr beträchtlich senken. Das gilt als realistische Chance, die nicht ungenutzt bleiben sollte, zumal dafür keinerlei infrastrukturelle Kraftanstrengungen nötig wären, denn auch die Tankstellen können wie gehabt weiter genutzt werden.

 

E-Fuels-Herstellung in ausreichender Menge möglich?

Es ist – wie so oft – eine Frage der Energie. Die Grundstoffe Wasser und Kohlendioxid sind sowieso vorhanden. Doch um daraus einen flüssigen Sprit zu gewinnen, bedarf es eines aufwendigen chemischen Umwandlungsprozesses. Zuerst muss per Elektrolyse das Wasser zerlegt werden. Wasser ist eine sehr stabile Verbindung, deshalb muss zum Aufspalten viel "Kraft per Strom" angewendet werden. Danach läuft ein chemischer Synthese-Prozess ab, um die nötigen Kohlen-Wasserstoff-Verbindungen herzustellen. Das alles verschlingt sehr viel Energie. In Zahlen: Während ein E-Auto rund 70 bis 73 Prozent der zugeführten elektrischen Energie in Vortrieb umsetzen kann, sind es beim mit e-Fuel betankten Verbrennungsmotor nur rund 13 bis 22 Prozent. Das liegt daran, dass hier die elektrische Energie erst in chemische Energie umgewandelt werden muss, was nur mit Verlusten gelingt. Erst danach wird bei der Verbrennung wiederum aus chemischer Energie mechanische Antriebsarbeit gewonnen. Auch das ist verlustbehaftet: Hier beträgt der maximale motorische Wirkungsgrad zwischen 25 bis 30 Prozent beim Benziner und 43 bis 46 Prozent beim Diesel. Anders ausgedrückt: Ein e-Fuels-Auto braucht für die gleiche Strecke drei- bis fünfmal mehr elektrische Energie als ein E-Auto, das den Strom direkt nutzt. Summa summarum liegt die Effizienz des Antriebs mit e-Fuels also deutlich unter der des E-Autos.

Laut einer Studie, die der ARD exklusiv vorliegt, wird die Nachfrage nach e-Fuels bis 2035 nicht gedeckt werden können. So erklärt Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gegenüber der ARD: "Wir haben festgestellt, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die e-Fuels, die wir 2035 global zur Verfügung haben, nicht ausreichen, um die unverzichtbaren Nachfragen in Deutschland zu decken". Dabei gehe es weniger um die Nachfrage im Individualverkehr, sondern vielmehr in Sektoren wie dem Flugverkehr, dem Schiffsverkehr und der Chemieindustrie, wo aufgrund der hohen benötigten Energiedichte keine Elektrifizierung möglich sei. Für Pkw bliebe dem Experten zufolge am Ende schlicht nichts übrig. Selbst in einem Best-Case-Szenario mit Fortschritten und Produktionsvolumina wie in der Photovoltaik könne in Deutschland bis 2035 gerade mal die Hälfte der unverzichtbaren Nachfrage gedeckt werden.

 

Haben e-Fuels eine bessere CO2-Bilanz?

Mit e-Fuels lässt sich eine große Menge Treibhausgas einsparen. Bosch-Expert:innen haben ausgerechnet: Bis 2050 könnte der konsequente Einsatz von synthetischen Kraftstoffen – ergänzend zur Elektrifizierung – bis zu 2,8 Gigatonnen einsparen helfen (anders ausgedrückt: 2.800.000.000.000 Kilogramm CO2). Das entspricht der dreifachen Menge des Kohlendioxid-Ausstoßes von Deutschland im Jahr 2016. Eine Studie des ADAC 2022 zeigt, dass ideal ausgelegte e-Fuels sogar einen positiven Effekt auf die Luftreinhaltung haben könnte, da zum Beispiel ein reduzierter Aromatenanteil im Kraftstoff für geringere Partikelemissionen sorgen kann. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass weiter optimierte e-Fuels das Potenzial haben, bei der bestehenden Fahrzeugflotte nicht nur die CO2-Bilanz zu verbessern, sondern auch die Schadstoffemissionen zu reduzieren. Dafür müsste man nicht die Erneuerung der gesamten Flotte abwarten", kommentiert Karsten Schulze, ADAC-Technikpräsident.

In von Transport and Environment (T&E) in Auftrag gegebenen Tests verschmutzte ein mit e-Fuel betanktes Fahrzeug mit Benzinmotor die Luft genauso stark wie mit fossilem Kraftstoff. Wie das ausführende, französische Forschungsinstitut IFP Énergies nouvelles (IFPEN) im Juni 2022 mitteilte, war der Ausstoß an giftigen Stickoxiden (NOx) auf einem ähnlichen hohen Niveau. Zudem entstand bei der Verbrennung des synthetischen Benzins dreimal so viel Kohlenmonoxid und bis zu zweimal mehr Ammoniak als mit fossilem Benzin. Deutlich besser sah es beim Partikelausstoß aus, der bei der e-Fuel-Verbrennung deutlich niedriger ausfiel. Prozentual noch besser soll die e-Fuel-Partikelbilanz bei älteren Fahrzeugen ohne Partikelfilter ausfallen. Da es zur Zeit des Tests noch kein e-Fuel auf dem freien Markt zu kaufen gab, hat IFPEN die Herstellung des e-Fuel für die Tests selbst übernommen.

Doch bei der CO2-Betrachtung – um die es ja letztlich geht – gibt es noch einen wichtigen Vorteil für den Antrieb mit e-Fuels: Während das E-Auto einen gewaltigen CO2-Rucksack – durch die klimagasintensive Batteriezellen-Produktion – mit an den Start bringt, fährt das Verbrenner-Auto ab der ersten e-Fuel-Tankfüllung nahezu CO2-neutral. Das schafft ein batterieelektrisch angetriebenes E-Auto – wenn es stets mit 100 Prozent Ökostrom geladen wird – im Durchschnitt erst nach rund 125.000 Kilometern, also erstmals nach etwa acht Jahren. Und dann beginnen viele Batterien bereits zu schwächeln.

 

Steht uns genug regenerativer Ökostrom zur Verfügung?

Bei Weitem nicht, jedenfalls noch nicht. In Deutschland können wir den Bedarf an erneuerbaren Energien für Industrie, Haushalt und Verkehr nicht decken. Zusätzlich zu den geplanten rund 1800 neuen Windrädern, die jährlich aufgestellt werden müssen, bedarf es großer Importmengen an grüner Energie für Industrie, Verkehr, Digitalisierung und jene Haushalte, die künftig elektrisch mit Wärmepumpen statt mit Öl und Gas heizen. Setzt Deutschland auf die e-Fuel-Produktion, dann steigt der Bedarf an regenerativer Energie noch weiter an, und diese müsste zusätzlich beschafft beziehungsweise eingekauft werden. Ist das überhaupt zu schaffen?

 

Wie teuer sind e-Fuels?

In Deutschland ist der reguläre Strom für derartige Zusatz-Projekte viel zu teuer. Prädestiniert dafür sind dagegen Anlagen zum Beispiel in Wüstenstaaten. Beim grün gewonnenen Solarstrom – etwa in der Sahara, der unter Einrechnung aller Kosten derzeit zwischen ein und zwei Cent pro Kilowattstunde liegt – ließe sich auch gleich an Ort und Stelle die chemische Umwandlung zum Öko-Kraftstoff vornehmen. Der so besonders günstig hergestellte Wüsten-Sprit kann deutlich einfacher und verlustfreier via Pipeline oder Tankschiff nach Europa transportiert werden im Vergleich zum elektrischen Strom (als Rohenergie). Übrigens wäre das kein schlechtes Geschäftsmodell für die dortigen Erdöl-Förderländer, die sich langfristig gesehen sowieso vom stetig wachsenden Öl-Export verabschieden müssen. Auch Anlagen in den chilenischen Anden, an der französischen Atlantikküste oder in der Nordsee können das Energiedefizit ausgleichen helfen. Heute kostet dieser Ökosprit aus Chile pro Liter zwei Dollar, also 1,87 Euro. Wenn e-Fuel zum Massenprodukt wird, dann lassen sich auch die Produktionskosten skalieren und die Liter-Preise drastisch senken. Schließlich muss hier kein knapper Rohstoff gefördert und bearbeitet, sondern nur Energie – viel Energie – eingesetzt werden. Und die stellt uns die Sonne kostenlos zur Verfügung. Einen ganz besonderen Charme haben die vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) projektierten dezentralen Offshore-Anlagen, bei denen das Windrad die Energie nicht per Kabel ans Festland liefert, sondern bereits auf hoher See die gewonnene Energie in synthetischen Kraftstoff umwandelt. Das minimiert die Übertragungsverluste. Zudem lassen sich flüssige Kraftstoffe problemlos und fast verlustfrei transportieren.

 

E-Fuel als cleverer Energiespeicher?

Ganz real ließen sich schon heute Überschuss-Energien für die e-Fuel-Produktion nutzen – sozusagen um sowieso anfallende Energie zu speichern. Denn immer, wenn heute die Stromerzeugung höher als der momentane Bedarf ist, werden derzeit die Windräder einfach abgeschaltet, um die Übertragungsnetze nicht zu überlasten. Damit die Anlagenbetreiber nicht murren oder einen Aufstand proben, bekommen sie für den "Geisterstrom" eine finanzielle Entschädigung in üblicher Höhe. Kurz: Auch wenn kein Strom fließt, fließt Geld, das letztlich wir alle als Strom-Kundschaft in Deutschland mitbezahlen. Der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft schätzt, dass so allein 2022 gut drei Milliarden Kilowattstunden Windkraft abgeregelt worden sind. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden schon im Jahr 2021 mehr als 800 Millionen Euro für Geisterstrom bezahlt. Mit dem weiteren Ausbau der Erzeugungskapazitäten – der ja mit Hochdruck erfolgen soll – ist ein weiterer Anstieg des Geisterstroms zu erwarten. Energie, die derzeit ungenutzt am stehenden Windrad "vorbeiweht", uns aber viel Geld kostet. Hier ist die Politik gefragt: Es bedarf dringend einer gesetzlichen Regelung, was mit den ungenutzten Kapazitäten passiert. Die e-Fuel-Produktion wäre eine praktikable und probate Lösung, um sozusagen ganz nebenbei sowieso anfallende Energie für die Kraftstoffproduktion zu ernten.

 

Pro & Contra – berechtigte Skepsis?

Befürworter:innen und Gegner:innen der neuen Kraftstoffe führen auf Kongressen und im World Wide Web einen harten Disput. Während die einen synthetische Kraftstoffe für zu teuer und Energieverschwendung halten, sehen die anderen darin eine große Chance. Ein Wissenschaftsteam unter Leitung des Potsdam-Instituts für Klimaforschung (PIK) sieht zum Beispiel den breiten Einsatz, um fossile Brennstoffe zu ersetzen, skeptisch. Sie wollen, dass Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis auf diejenigen Anwendungen beschränkt bleiben, die kaum elektrifizierbar seien, also Flugzeuge und Schiffe. Dafür braucht man bereits viele Milliarden Tonnen. Kritische Stimmen meinen, es bleiben dann keine Reserven für den Autoverkehr – was sich aber durchaus widerlegen lässt. Zu den großen Vorteilen der e-Fuels zählt die hohe Energiedichte flüssiger Kraftstoffe, was das zusätzliche Beschleunigen großer Massen bei E-Autos (Batteriegewicht durchschnittlich 600 bis 800 kg) unnötig macht. Befürworter:innen hingegen geht es darum, jede Möglichkeit zu nutzen, um die Erderwärmung zu bremsen. Nichts sollte unversucht bleiben, was sinnvoll und technisch machbar ist. Wichtig: Auch Skeptiker:innen müssen erkennen, dass die Natur uns ohnehin genug Primärenergie durch Sonne, Wind und Gezeiten zur Verfügung stellt. Doch wir sollten sie uns nutzbar machen. Allein eine Sahara-Fläche in der Größe des Berliner Stadtgebiets könnte den europäischen Energiehunger täglich stillen.

 

Wer produziert e-Fuels?

Bislang werden strombasierte Kraftstoffe (e-Fuels) vorwiegend im Forschungsmaßstab produziert, also in Pilot-Anlagen. Bereits 2019 nahm das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) das mit Bundesmitteln geförderte Kopernikus-Projekt in Betrieb. Inzwischen fließt hier der klimaneutrale Kraftstoff nicht nur tröpfchenweise, sondern erreicht in Zusammenarbeit mit IneraTEC eine Jahresproduktion von 3500 Tonnen e-Kerosin und e-Diesel – bis jetzt jedoch nur für Forschungszwecke. Porsche startete im Januar im chilenischen Punta Arenas seine erste eigene e-Fuel-Produktion – am südlichen Rand der Anden, wo immer kräftiger Wind weht. Heute kostet dieser Ökosprit pro Liter zwei Dollar, also 1,87 Euro. Wenn sich auch hier, wie geplant, eine echte Produktions-Infrastruktur entwickelt hat, soll der Preis kräftig sinken. Der clevere Hintergedanke: Porsche 911 & Co. zählen zu den weltweit wertbeständigsten Autos mit einer Haltedauer, die nicht in Jahren, sondern in Jahrzehnten gemessen wird. Klar, dass man bei Porsche dafür Sorge tragen will, dass auch jenseits aller Ökoschranken der Fahrspaß erhalten bleibt.

Auch im US-Bundesstaat Texas gehen derzeit mehrere e-Fuel-Synthese-Anlagen gleichzeitig an den Start. In der windreichen Gegend stehen bereits mehr als 15.000 Windturbinen sowie riesige Photovoltaik-Parks. In einer der größeren Sprit-Produktionsstätten sollen 14.000 Barrel pro Tag hergestellt werden, was einer Jahresleistung von 757 Millionen Litern entspricht. Auch bei der Norsk e-Fuel in Norwegen sollen bis 2030 die ersten drei Fertigungen in Betrieb genommen werden. Sie arbeiten mit Strom aus Wind- und Wasserkraftwerken und können jährlich 250 Millionen Liter e-Fuel produzieren. Das sind zwar nur kleine Mengen, ist aber immerhin ein Anfang. Audi betreibt gemeinsam mit den Partnern Ineratec GmbH und Energiedienst Holding AG in Laufenburg im Schweizer Kanton Aargau eine Pilotanlage zur Produktion von e-Diesel. In einer weiteren Fertigungsstätte in den chemischen Werken Leuna bei Halle/Bitterfeld wird seit längerem experimentiert.

 

Wie steht die EU und Deutschland zu e-Fuels?

Welche Kraftstoffe in Deutschland überhaupt in den Verkehr gebracht werden dürfen, regeln das Bundesimmissionsschutzgesetz und die darauf basierenden Verordnungen. Demnach müssen Ottokraftstoffe die Euronorm EN 228 und Dieselkraftstoffe die EN 590 erfüllen. Paraffinischer Dieselersatz, welcher der EN 15490 entspricht, darf in Deutschland – anders als den vielen anderen EU-Ländern – nicht verkauft werden. Der ADAC fordert zum einen die gleichen Modell-Freigaben in Deutschland, wie sie in anderen EU-Ländern bereits durchgeführt wurde und zum anderen die Zulassung für den regulären Verkauf von paraffinischen Dieselkraftstoffen der Norm EN 15940. Im Herbst 2022 hat das EU-Parlament im Rahmen der Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie die Mindestquote für sogenannter erneuerbarer Kraftstoffe nicht biologischen Ursprungs (RFNBOs) bis 2030 auf 5,7 Prozent im Verkehrssektor festgelegt. Die Abgeordneten haben auch eine Entscheidung zum Strombezug für die Produktion von Wasserstoff und e-Fuels getroffen.

Von Holger Ippen und Christina Finke

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