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Alle Tests zum Porsche 911

Porsche 911 - Vergleich: Carrera 3.2 vs. Turbo 3.3 Weiß und heiß

Blickt man auf 50 Jahre Porsche 911 zurück, stechen zwei Modellbezeichnungen besonders hervor: Carrera und Turbo. Wir reisten ins Jahr 1987, um 911 Carrera 3.2 mit Saugmotor und 911 Turbo 3.3 mit aufgeladenem Sechszylinder-Boxer-Triebwerk nochmals zu genießen

Vor 50 Jahren schuf Porsche den 911 und mit ihm den Inbegriff des Sportwagens. Was am Ende eines Fahrtages mit zwei luftgekühlten Elfern alter Schule – einem Carrera 3.2 und einem Turbo 3.3 – bleibt, sind vor allem die starken emotionalen Eindrücke, die einen luftgekühlten 911 schon immer ausmachten. Das vergleichsweise geringe Gewicht und die satte Motorleistung sorgen für begeisternden Vortrieb, das grundehrliche Fahrverhalten mit irgendwann auskeilendem Heck fordert noch den ganzen Kerl, und die Lustschreie,  die der Sechszylinder-Boxer bei jedem Öffnen der Drosselklappe ausstößt, schlagen jedes noch so tolle Musikstück um Längen. Doch der Reihe nach.

Auf der Internationalen Automobilausstellung 1963 in Frankfurt stellte Porsche den ersten Elfer vor, und 20 Jahre später präsentierte man den 911 Carrera mit 3,2-Liter-Motor, der nun 231 PS und damit stramme 101 PS mehr als sein Urahn leistete. Umfangreiche Modifikationen am Sechszylinder-Boxer steigerten die Leistung gegenüber dem direkten Vorgänger 911 SC 3.0 um 27 PS, und das Drehmoment kletterte von 267 auf 284 Nm. Gleichzeitig wuchs der Hubraum von 2994 auf 3164 cm3, indem man zwar die gleiche Zylinderbohrung von 95 Millimetern benutzte, aber den längeren Hub von 74,4 mm des 911 Turbo 3.3 anstelle der bisherigen 70,4 mm einsetzte.

 

Der Carrera 3.2 begeistert mit Harmonie und Drehfreude

Zwei Versionen des 3,2-Liter-Motors sind zunächst gebaut worden. Eine für Europa mit Hoch-Verdichtungs-Kolben und einem Verdichtungsverhältnis von 10,3:1 für verbleiten oder bleifreien Treibstoff mit 95 ROZ sowie eine zweite für die USA, Kanada und Japan mit einem geringeren Verdichtungsverhältnis von 9.5:1 für unverbleiten Kraftstoff mit einer Oktanzahl von mindestens 91 ROZ.

Das niedrig verdichtete Triebwerk leistet 207 PS bei 5900 /min und schickt ein Drehmoment von 265 Nm bei 4800 /min an die Kupplung. Obwohl der Unterschied zwischen den offiziellen Werten für die Höchstgeschwindigkeit mit 245 zu 235 km/h nicht dramatisch ausfällt, beschleunigt die 231-PS-Version jedoch nicht nur besser, sondern besitzt auch einen deutlich vitaleren Charakter und begeistert mit tollem Drehvermögen. Dies war für etliche Kunden der Grund, auf die 231-PS-Version zu setzen und dann später lieber einen Power-Katalysator nachzurüsten, um die schärferen Umweltanforderungen erfüllen zu können. Im Fall unseres Fotomodells wurde nachträglich ein Metallkat eingebaut, der die Leistung auf 239 Prüfstands-PS und die Höchstgeschwindigkeit auf 253 km/h klettern ließ.

Obwohl Porsche den Katalysator-Motor ab Mitte 1986 mit 217 PS und einer Spitze von 240 km/h offerierte, blieb die Umrüstung der 231-PS-Version auf Leistungskatalysatoren für die Kenner des 3,2-Liters stets erste Wahl. Warum gerade der 911 Carrera 3.2 bis heute zu den gefragtesten Elfern alter Zeitrechnung zählt, offenbart er neben der zeitlos schönen Formensprache seiner schmalen Karosserie vor allem im Fahrbetrieb. Füllige Drehmomentcharakteristik, kräftiger Biss bei höheren Drehzahlen und eine feine, direkte Gasannahme begeistern vom ersten Meter  an. 

Hat die Nadel des Drehzahlmessers die 4000er-Marke überschritten, stellt sich das unnachahmliche „Sägen“ ein, mit dem der Boxer seine Lust an sportlichen Umtrieben hinausbrüllt. Vergleichsweise dezent dagegen die Lebensäußerungen des 911 Turbo 3.3, der wie unser Carrera 3.2 1987 vom Zuffenhausener Band lief. Der Antrieb der Abgasturbine schluckt einen Teil der Abgasenergie und damit auch des Auspuffgeräuschs. Was  beim 911 Turbo 3.3 fahrdynamisch und emotional rüberkommt, könnte unterschiedlicher zum Carrera 3.2 nicht sein.

Während der Sauger Kurvenkombinationen mit der Präzision eines Skalpells durchschneidet und mit fülligem Drehmoment sowie Drehfreude begeistert, zeigt sich der Turbo 3.3 von fast schon brutalem Gemüt. Mächtig stemmt er sich mit seinem breiten Heck den Querkräften entgegen, agiert spürbar behäbiger, und an die Stelle von ausgeprägter Drehfreude tritt gewaltiger Antritt oberhalb von 2500 Touren. Was im vorliegenden Fall verblüfft, ist die Abstimmung  des Turbo-Triebwerks, das ja über nur einen Lader verfügt.

Entgegen der alten Mär vom Turboloch mit unvermeidlicher Gedenksekunde zieht dieser Turbo 3.3 überraschend sämig durch und gibt sich ungekannt willig in puncto Gasannahme. Kaum erwähnenswert, dass die 300 PS bei 5500 Touren im Verein mit stattlichen 430 Nm Drehmoment für einen selbst nach heutigen Maßstäben gesegneten Vortrieb sorgen. Hat der Carrera 3.2 die 100-km/h-Marke nach 6,1 Sekunden passiert, verstreichen beim Turbo nur 5,4 Sekunden, und mit 260 km/h gibt er ihm auch bei der Höchstgeschwindigkeit das Nachsehen. 

Optisch macht der Turbo 3.3 ebenfalls eine deutlich markigere Ansage. Nicht nur, dass er von Haus aus rundum über verbreiterte Kotflügel und größere Spurweiten verfügt. Unser Fotomodell tritt dazu noch im damals auf Wunsch erhältlichen Ornat von Porsche Exclusive auf, das mit Seitenschwellern, eigens im Werk dafür verlängerten Wagenheber-Aufnahmen sowie mächtigen Lufteinlässen in den hinteren Kotflügeln für ein besonders sportliches Statement sorgt.

Neben der spektakulären Optik und dem Ansprechverhalten begeistert dieser Turbo 3.3 aber auch mit einem Maß an Laufruhe und einer Zurückhaltung in Sachen mechanischer Geräusche, wie man sie selten erlebt. Frisch vom Band gelaufen, tat der Wagen zunächst bei der Porsche AG Dienst. Und wie Besitzer Hartwig Thaler herausfand, wurde er damals von Helmuth Bott bewegt – 1979 bis 1988 Porsche-Vorstand für den Unternehmensbereich Forschung und Entwicklung (gestorben 1994). Dass gerade er auf einen besonders feinen Motor vertrauen durfte, davon könnte man an dieser Stelle ausgehen.

Den wahren Elfer-Spirit vermitteln freilich beide  –  der brachiale Turbo wie der feinsinnige Sauger. Welchem von beiden man den Vorzug gibt, bleibt ausschließlich eine Geschmacksfrage. Runder, harmonischer ist zweifellos der 911 Carrera 3.2, doch wer den ultimativen Punch und die Grenzen des Beherrschbaren aufsuchen will, kommt am 911 Turbo 3.3 nicht vorbei.

TECHNIK
   

Porsche 911 Carrera 3.2
Porsche 911 Turbo 3.3
Antrieb 6-Zylinder-Boxer, 2-Ventiler, Kraftstoffeinspritzung; Bohrung x Hub: 95 x 74,4 mm; Verdichtung: 10,3 : 1; Hubraum: 3164 cm3; Leistung: 170 kW/231 PS bei 5900/min; max. Drehmoment: 284 nm bei 4800/min; Fünfganggetriebe; Hinterradantrieb 6-Zylinder-Boxer, 2-Ventiler,Turbolader, Einspritzung; Bohrung x Hub: 97 x 74,4 mm; Verdichtung: 7,0 : 1; Hubraum: 3299 cm3; Leistung: 220 kW/300 PS bei 5500 /min, max. Drehmoment: 430 nm bei 4000/min; Fünfganggetriebe; Hinterradantrieb
Aufbau+Fahrwerk Selbsttragende Ganzstahl-Karosserie; vorn: Querlenker und Drehstabfedern (längs); hinten: Schräglenker und Drehstabfedern (quer); v./h.: Dämpfer; Bremsen: v./h.: innenbel. Scheiben; Reifen: v.: 205/55 VR 16; h.: 225/50 VR 16 Selbsttragende Ganzstahl-Karosserie; vorn: Querlenker und Drehstabfedern (längs); hinten: Schräglenker und Drehstabfedern (quer); v./h.: Dämpfer; Bremsen: v./h.: innenbel. Scheiben; Reifen: v.: 205/55 VR 16; h.: 245/45 VR 16
Eckdaten L/B/H: 4291/1652/1320 mm; Radstand: 2272 mm; Leergewicht: 1210 kg; Zuladung: 320 kg  L/B/H: 4291/1775/1310 mm; Radstand: 2272 mm; Leergewicht: 1335 kg; Zuladung: 345 kg 
Messwerte Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 6,1 s; Höchstgeschw.: 245 km/h Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 5,4 s; Höchstgeschw.: 260 km/h;
Grundpreis 80.500 Mark (1987) 131.000 Mark (1987)

Jürgen Gassebner

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