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Geht auch ganz einfach:

Ford T-Modell Der erste Wagen fürs Volk

1908 schickte Henry Ford eine Legende auf die Straße: Sein T-Modell lief in hoher Stückzahl kostengünstig vom Fließband und machte nicht nur in den USA die Massen mobil. Geburtstags-Ausfahrt mit einer der wenigen noch verbliebenen Tin Lizzy

 

Eckdaten
PS-kW19 PS (14 kW)
AntriebHinterrad, 6 Gang manuell
0-100 km/hk.A.
Höchstgeschwindigkeit65 km/h
Preisk.A.

 

Es ist ein denkwürdiger Abend Ende des Jahres 1906, als Henry Ford mit den beiden Arbeitern Harold Wills und Charles Sorensen sowie dem Ingenieur Jozsef Galamp zusammensitzt. Die vier Männer sprechen über Fords Leidenschaft: Automobile und die Mobilisierung der Bevölkerung. Zu selten sind Anfang des vergangenen Jahrhunderts motorgetriebene Fahrzeuge auf den Straßen zu sehen. Seine Idee: Autos müssen kostengünstig und in hohen Stückzahlen produziert werden, um vom Luxusobjekt zu einem gewöhnlichen Gegenstand zu werden. Er will sein Versprechen endlich einlösen, dass er bei der Unternehmensgründung der Ford Motor Company im Juni 1903 in Detroit gegeben hatte: Ich werde ein Fahrzeug für die Massen bauen, und sein Preis wird so erschwinglich sein, dass es sich jeder leisten kann.

Die vier Männer fassen den Plan, ein simples Auto zu konstruieren. 1908 ist es so weit: Das T-Modell steht auf einem Leiterrahmen aus vernieteten U-Stahlprofilen, der Motor, Achsen, Getriebe und Karosserie aufnimmt. Natürlich in Schwarz, denn das ist die erste Farbe, die industriell hergestellt wird und lange hält. Außerdem trocknet sie schnell – ideal für die Massenproduktion. Die übrigen Komponenten müssen vor allem eines sein: praktisch. Das Auto besitzt keine Gangschaltung, sondern ein halbautomatisches Zweigang-Planetengetriebe. Der seitengesteuerte Vierzylinder-Motor mit 2,9 Liter Hubraum leistet bei 1800/min 20 PS und verzichtet auf Wasserpumpe, Ölfilter, Peilstab und Benzinpumpe. Benzin läuft aus dem Tank durch ein Gefälle in den Vergaser.

Die Technik des T-Modells ist so simpel, dass fast alle Reparaturen ohne Spezialwerkzeug erledigt werden können. Die Achsen bestehen aus zähem Vanadium-Stahl, den jeder Dorfschmied notfalls wiederrichten kann. Die Qualität und die Ausführung des robusten und langlebigen Ford lassen allerdings aus damaliger europäischer Sicht einiges zu wünschen übrig. Es ist zwar nicht das beste Auto, das man heute bauen kann, aber es ist das erschwinglichste, sagt der Firmengründer. Doch es geht ihm nicht nur ums Produkt. Ford verdoppelt 1914 den Mindestlohn pro Tag auf fünf Dollar. Sein Kalkül: Je mehr Arbeiter sich ein Auto leisten können, desto mehr werden es auch tun.

Die Rechnung geht auf, insgesamt 15456868 Mal wird die verlässliche Tin Lizzy (Blech-Liesel) verkauft. Anfangs kostet die offene Touring-Variante (Fotos) 850 Dollar, 1918 nur noch 360 Dollar – dank revolutionärer Fertigungsweise am Fließband. Im letzten Produktionsjahr 1927 ist die zweitürige Limousine für 495 Dollar zu haben. Geschäftsleute, Handwerker, aber auch Arbeiter kaufen die Lizzy. Bis 1913 ist jedes zweite in den USA zugelassene Auto ein Ford. Auch in Deutschland wird das T-Modell montiert: Zwischen 1926 und 1927 entstehen im Werk in Berlin 3771 Fahrzeuge. Preis: 4450 Reichsmark. Die Grundmerkmale werden in der 20-jährigen Bauzeit nicht verändert. Lediglich ab 1919 ersetzt elektrisches Licht die Karbidlampen, und ein Anlasser macht das Kurbeln überflüssig.

Wahre T-Fahrer legen aber Hand an. Unser T-Modell mit der Fahrgestell-Nr. 335539 ist aus dem Jahr 1914. Nur der Lack ist aufbereitet und die Blinker sind nachgerüstet, Motor und Getriebe sind unverändert. Mit einem Ruck an der Kurbel springt der Vierzylinder an, spuckt kurz und tuckert vor sich hin. Wir nehmen hinter dem großen Holzlenkrad auf der dick gepolsterten Büffellederbank Platz. Beim Anfahren hält der linke Fuß die Kupplung auf der Mittelstellung, die Feststellbremse wird mit einem Ratsch gelöst. Wir ziehen den zwischen Zeige- und Mittelfinger steckenden Handgashebel nach hinten. Der Motor heult auf, unter Schnaufen und Schütteln setzt sich der T flott in Bewegung. Klopft der Motor, wird der Zündzeitpunkt per Schalter am Armaturenbrett zurückgenommen. Die Fahrt berauscht – im offenen Touring herrscht trotz großer Scheibe Orkanstärke. Bei Tempo 20 schalten wir: linkes Pedal bis zur Mitte treten, Handgas zurückstellen, Pedal loslassen und wieder Gas geben – die Zündung bei Klopfgeräuschen nicht vernachlässigen. Stress pur.
Die harte Blattfederung massiert im Zusammenspiel mit den Hochdruckreifen derweil die Wirbelsäule. Vorsicht ist angesagt: Ein hektischer Ruck an der direkten Lenkung mit ihrer kurzen 1:4-Übersetzung würde den Oldie glatt zum Kippen bringen. Entspannung tritt erst nach einiger Zeit ein, der Spaß an der urtümlichen Fortbewegung überwiegt. Das tief brummende Horn scheucht die Spatzen von der Fahrbahn, Zuschauer winken. Doch dann, im dichten Stadtverkehr, bereitet uns die kaum vorhandene Bremswirkung Sorgen – die Bremse wirkt nur mit einem Lederband auf das Getriebe. Wir müssen sehr vorausschauend fahren, denn der Anhalteweg gleicht fast dem eines Tankers auf See. Aber die vielen Autos auf den Straßen sind letztendlich auch das Ergebnis von Henry Fords Ideen. Das wollte er mit dem T-Modell erreichen. Und er hats geschafft.
Fabian Hoberg

 

Technische Daten
Motor 
ZylinderR4 / 2
Hubraum2884
Leistung
kW/PS
1/Min

14/19
1800 U/min
Max. Drehmom. (Nm)
bei 1/Min
null
k.A.
Kraftübertragung 
Getriebe6 Gang manuell
AntriebHinterrad
Fahrwerk 
Messwerte
Gewichte (kg) 
Leergewicht (Werk)625
Beschleunigung/Zwischenspurt 
0-100 km/h (s)k.A.
Höchstgeschwindigkeit (km/h)65
Verbrauch 
Testverbrauchk.A.
EU-Verbrauchk.A.
Reichweitek.A.
Abgas-Emissionen 
Kohlendioxid CO2 (g/km)k.A.

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