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Geht auch ganz einfach:

Ferrari 458 Spider vs. McLaren 12C Spider: Vergleich Großes Kino

Die Hauptdarsteller: Ferrari 458 Spider und McLaren 12C Spider. Die Kulisse: Südfrankreich, der türkisblaue Lac de Sainte-Croix und der spektakuläre Gorges du Verdon sowie herrlich kurvige Landstraßen und Sonne satt. Der Kameramann: Willy Bister

Selbst eine Verfilmung dieser Szene mit Angelina Jolie und Brad Pitt könnte nicht fesselnder sein. Jedenfalls nicht für mich. Denn ich erlebe sie gerade live  und  in Farbe: Über mir die wärmende Sonne am südfranzösischen Himmel, vor mir unzählige Kurven in allen möglichen Radien entlang kaum befahrener Straßen, in der Nase den würzigen Duft provencalischer Kräuter, im Haar den frischen Fahrtwind, in den Ohren den feurigen V8-Sound, im Rückspiegel den McLaren 12C Spider und in den Händen das griffige Lenkrad eines Ferrari 458 Spider.

Na gut, Fotograf Willy Bister auf dem Beifahrersitz hält dem direkten Vergleich mit Angelina Jolie optisch nur bedingt Stand, doch dafür ist er frei von jeglichen Starallüren und Garant dafür, dass die faszinierendsten Aspekte dieser Tour detailgetreu dokumentiert werden. Ich kann mich also voll und ganz dem Fahrer-lebnis mit den beiden Spider-Typen hingeben. Vom ersten Kontakt an schlägt mich der 570 PS starke Ferrari in seinen Bann: Das unkonventionell gestylte Cockpit und das mit Knöpfen gespickte Lenkrad verlangen volle Konzentration. Zündschlüssel einfädeln, drehen – nichts.

Ach ja, der Startknopf sitzt im Lenkrad, genau wie die Drucktasten für Blinker, Scheibenwischer, Fernlicht, Dämpfer-Set-up und die Hupe. Auch der aus rot eloxiertem Alu gefräste Drehschalter für die verschiedenen Fahrmodi, genannt Manettino, befi ndet sich direkt am Lenkrad, das zudem noch eine LED-Lichtleiste integriert, die zum Hochschalten auffordert. Doch kaum habe ich all das registriert und den Starter betätigt, verdrängt der einzigartig kehlige Ferrari-V8 schlagartig alle anderen Eindrücke.

 

Ferrari 458 Spider: FALTDACH IM NU GEÖFFNET

Schon im Stand röchelt und rumort der 4,5 Liter große Sauger mit Direkteinspritzung so verheißungsvoll, dass ich nur mühsam genug Geduld aufbringe, um das Verdeck zu öffnen, obwohl der Vorgang lediglich 14 Sekunden währt. Doch gemessen an den Beschleunigungswerten des Spider ist das Dach regelrecht träge: 3,4 Sekunden soll der Spurt von null auf 100 km/h dauern, die 200er-Marke nach nur zehn Sekunden fallen – da braucht das Verdeck immer noch vier Sekunden! Weil bei geschlossenen Fenstern und aufgestelltem Windschott aber nur ein laues Lüftchen durch das erstaunlich geräumige Interieur weht, bleibt das Klappdach einfach permanent geöffnet.

Weitere Wartepausen entfallen. Bereits nach wenigen Kilometern Fahrt schwindet zudem die Ehrfurcht vor der recht unübersichtlichen Karosserie, da der 458 mit begeisternder Agilität jedem noch so kleinen Lenkimpuls folgt und sich mit höchster Präzision dirigieren lässt. In den Kurven, die sich von Aups zum Lac de Sainte-Croix hinaufwinden, taste ich mich mit kindlichem Vergnügen an den Grenzbereich heran, während Willy nach professioneller Schleichfahrt verlangt, damit ihm bloß keine Foto-Location entgeht. Also gut. Tempo runter, Testprotokoll raus: Tumbe Lenkbewegungen und ruppige Gasstöße quittiert der 458 tendenziell mit Untersteuern.

Er verlangt nach sensiblen Fingern, verschmilzt jedoch dafür mit den Händen eines talentierten Fahrers zu einer extrem dynamischen Einheit, woran auch das sensationelle V8-Aggregat und das blitzschnell, aber samtweich agierende F1-Doppelkupplungsgetriebe ihren Anteil haben. Der Ferrari ist im besten Sinne ein Fahrerauto, das aktiv gesteuert und pilotiert werden will und entsprechende Sorg-falt mit einem einzigartigen Fahrerlebnis honoriert. Kaum ein anderer Motor hängt derartig gierig am Gas und dreht so hemmungslos bis über 9000 Touren. Zugleich überzeugt der V8 mit einem nahezu vibrationslosen Lauf und einer kontinuierlichen Kraftentfaltung.

Selbst im Drehzahlkeller schiebt der Ferrari schon druckvoll los, bevor er seine Kräfte bei Vollgas von Umdrehung zu Umdrehung scheinbar endlos steigert und  jederzeit einen furiosen Sound entfesselt. Der Reiz, jede Felswand und jeden Tunnel als Klangverstärker zu nutzen, ist extrem hoch – genauso wie das Verlangen, den Supersportler mit einem deftigen Gasstoß im Drift um die Ecke zu zirkeln. Je mehr Spaß ich habe, desto vehementer reklamiert Willy, dass wir das Auto wechseln sollten. Der Perspektive wegen, natürlich.

DER 12C LIEFERT PURE DYNAMIK

Der Umstieg ändert nicht nur den Blickwinkel, sondern der McLaren fühlt sich auch ganz anders an: Er ist enger geschnitten und erscheint kompakter, wirkt aber zugleich auch weniger agil. Der Motor reagiert unterhalb von 2500 Touren viel zögerlicher auf Gasbefehle, und die Lenkung geht deutlich schwerer. Doch nach wenigen Minuten im potenten Briten stelle ich fest, dass er mich noch besser in alle Abläufe einbindet als der Italiener. Wie auf Schienen folgt der 12C dem eingeschlagenen Kurs. Untersteuern? Kennt der McLaren nicht. Leistungsübersteuern? Funktioniert nur mit der Brechstange.

Statt unter grandiosem Soundspektakel um die Kurve zu driften, schießt der leichtgewichtige Brite stets unbeirrbar stabil um die Ecke und legt dabei jederzeit ein berauschendes Tempo vor. Sein Biturbo-V8 klingt völlig anders als der extrovertierte Ferrari-Motor: Untenherum blubbert der McLaren wie ein Powerboot mit mindestens doppelt so viel Hubraum. Einmal unter Druck, blasen dann die zwei Lader derart vehement zum Angriff, dass der 12C bei Vollgas vor Power regelrecht zu platzen scheint. Überdruck entweicht zischend aus den Wastegate-Ventilen – von wegen Turbos hätten keinen Sound! Tatsächlich leistet der V8 im 12C Spider 55 PS mehr als der Antrieb des 458, und der McLaren wiegt über 50 Kilo weniger.

Deshalb verwundert es auch nicht, dass der Brite noch schneller auf 100 km/h sprinten (3,1 Sekunden) und sogar noch eine Sekunde zackiger auf Tempo 200 beschleunigen soll. Sogar in der Höchstgeschwindigkeit legt der 12C mit 329 km/h noch mal neun Stundenkilometer drauf. Um sein Dach aufzuklappen, benötigt die fast vollständig aus Karbon gefertigte Flunder zwar noch „länger“ (17 Sekunden) als der Rivale aus Maranello, doch dafür brilliert der McLaren mit einem extrem verwindungssteifen Aufbau, der auch mit gestripptem Dach und auf welligen Landstraßen keinen Deut nachgibt. Das steigert nicht nur den Qualitätseindruck, sondern fördert auch die Präzision, mit der sich das Fahrzeug dirigieren lässt.

Ich mag es kaum glauben, doch der Athlet aus Woking lenkt noch exakter ein und vermittelt wegen seiner straffer abgestimmten Lenkung noch mehr Rückmeldung im kleinen, sehr griffig geformten Lenkrad als der Ferrari. Ohne störende Eigenbewegung fegt der McLaren 12C Spider um alle Biegungen. Sein Limit lässt sich auf öffentlicher Straße nicht einmal mutwillig ausloten. Erstaunlich ist dabei, wie sensibel die Federung auf Unebenheiten anspricht und nicht nur für einen  verblüffend hohen Fahrkomfort sorgt, sondern auch dafür, dass seine phänomenale Traktion auf buckeligen Pisten nicht verloren geht.

JE SCHNELLER, DESTO ÄHNLICHER

Willy hat genug vom Streetcarving entlang der kolossalen Verdon-Schlucht. Er will zurück in den Ferrari und das warme Licht des Sonnen-untergangs einfangen. Ok. Doch das Tempo ist nach wenigen Kilometern Fahrer-Kalibrierung genauso hoch wie eben. Schien der 458 Spider vor ein paar Minuten noch deutlich größer, rasiere ich jetzt auch mit dem roten Racer im Millimeterabstand am Fahrbahnrand entlang.

War der McLaren wirklich schneller? Egal, das klären wir bei anderer Gelegenheit. Ohnehin ist Tempo relativ: Wo ich normalerweise panisch würde, werfe ich diese zwei Supersportler einfach um die Kurve. Wo ein Abflug ansonsten unvermeidlich wäre, regelt ein beherzter Tritt auf die Keramik-Stopper den Speed. Ferrari und McLaren geben jeweils eine Oscarreife Vorstellung als Action-Star und Charakterdarsteller: Zelebriert der 458 jeden Moment mit großer Geste, fokussiert sich der 12C auf maximale Effizienz. Die makellose Optik der beiden Spider macht die Show zu einem Fest für die Sinne – und den Kameramann.

TECHNIK
   

Ferrari 458 Spider
McLaren 12C Spider
Antrieb V8-Zylinder, 4-Ventiler, Direkteinspritzung,
Trockensumpfschmierung; Bohrung x Hub: 94,0 x
81,o mm; Verdichtung: 12,5:1; Hubraum: 4499 cm3; Leistung: 419 kW/570 PS bei 9000 /min; max. Drehmoment: 540 Nm bei 6000 /min; 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe; Hinterradantrieb
V8-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo, variable Ventilsteuerung
(Ein- und Auslass), Trockensumpfschmierung; Bohrung x Hub:
93,0 x 69,9 mm; Verdichtung: 8,7:1; Hubraum: 3799 cm3; Leistung: 460 kW/625 PS bei 7500 /min; max. Drehmoment: 600 Nm bei 3000 – 7000 /min; 7-Gang-Doppelkupplungsgetr.; Hinterradantrieb
Aufbau+Fahrwerk Alu-Chassis mit Alu-Karosserie; vorn: Doppelquerlenker, adaptive Dämpfer, Federn; hinten: Mehrfachlenkerachse, adaptive Dämpfer, Federn; CST (ESP); rundum: innenbelüftete, gelochte Scheiben (Karbon-Keramik); ABS, Bremsassistent Karbon-Monocoque mit Alu-Hilfsrahmen
und Karbonkarosserie; rundum: Doppelquerlenker, adaptive Dämpfer, Federn, aktive Wankstabilisierung; ESC (ESP); rundum: innenbelüftete, gelochte Scheiben; ABS, Bremsassistent
Eckdaten L/B/H: 4572/1937/1211 mm; Radstand: 2650 mm; Leergewicht: 1430 kg L/B/H: 4509/1908/1203 mm; Radstand: 2670 mm;
Leergewicht: 1376 kg
Messwerte Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 3,4 s; 100 - 200 km/h in 10,0 s; Höchstgeschw.: 320 km/h; Verbrauch: 11,8 l SP/100 km Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 3,1 s; 100 - 200 km/h in 9,0 s; Höchstgeschw.: 329 km/h; EU-Verbrauch: 11,7 l S/100 km
Grundpreis 221.589 Euro 231.650 Euro

Martin Urbanke

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